Titel: | Die eiserne Röhrenbrücke über den Conway-Meerbusen in England. |
Fundstelle: | Band 110, Jahrgang 1848, Nr. LXXIII., S. 402 |
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LXXIII.
Die eiserne Röhrenbrücke über den
Conway-Meerbusen in England.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Die eiserne Röhrenbrücke über den Conway-Meerbusen in
England.
Eine der großartigsten Schöpfungen in der Technik, durch welche das in industrieller
Beziehung so allgewaltige England aufs neue zeigt, wie bewunderungswürdig groß seine
Macht ist und wie weit die Riesenbauten aller vergangenen Jahrhunderte überflügelt
werden durch die Schöpfungen der Jetztzeit, eine solche ist anerkanntermaßen wohl
der seit zwei Jahren beharrlich fortgesetzte Brückenbau, durch welchen die Insel
Anglesea an der Westküste von Wales mit dem englischen Eisenbahnnetze in Verbindung
gebracht werden soll. Es ist nicht allein das Großartige eines solchen Plans, das
die Bewunderung der Mit- und Nachwelt in so hohem Grade verdient, sondern
vorzugsweise auch die Kühnheit der hiefür erdachten Mittel, und für die Techniker im
Maschinenbau und Baufach kommt noch hinzu, daß dadurch die praktische Ausführbarkeit
eines ganz neuen und in mannichfacher Beziehung äußerst vortheilhaften
Ueberbrückungssystems auf eine großartige Weise dargethan werden wird.
Die Insel Anglesea ist von der englischen Küste an der zur Ueberbrückung ausgewählten
Stelle durch eine Meerenge von etwa 970 Fuß Breite geschieden. In der Mitte zwischen
beiden Ufern liegen die Britannia-Klippen, welche nur bei sehr niedriger Ebbe
aus dem Meere hervorsehen. Auf diese Klippen nun wird ein massenhafter Mittelpfeiler
von 230 Fuß Höhe errichtet, während an beiden Küsten entsprechend hohe Uferpfeiler
und von diesen noch weitere 250 Fuß entfernt die Schlußmauern der Eisenbahndämme
aufgeführt werden. Ueber diese vier gewaltigen Oeffnungen und in schwindelnder Höhe
— denn unten ziehen die Seeschiffe und Meereswogen vorüber — werden
neben einander je zwei aus schmiedeisernen Platten vierkantig zusammengenietete Röhren gelegt, von
solchen Dimensionen, daß sie nicht nur ihr eigenes Gewicht zu tragen und der Gewalt
der Stürme zu widerstehen vermögen, sondern auch noch die schwersten Eisenbahnzüge
durchpassiren lassen können, ohne daß irgend eine bedenkliche Schwankung wahrnehmbar
würde.
Obwohl die Techniker Englands schon Jahrhunderte lang vielfache Gelegenheit sowie die
materiellen Mittel fanden, ihren schöpferischen Geist durch immer neue, großartigere
Unternehmungen fortzubilden und zu schärfen, so ist die Britannia-Brücke über
den Menai-Canal doch ein zu riesiges und kostbares Werk, als daß nicht sehr
umfassende Prüfungen und Versuche vorangehen mußten, um die vollkommene
Ausführbarkeit der Unternehmung außer allen Zweifel zu stellen. Hr. Rob. Stephenson, dem wir neben andern technischen
Errungenschaften von hohem Werthe, auch diesen Fortschritt in der Baukunst
hauptsächlich bankendanken, und der mit den hervorragendsten Rotabilitäten der Baufächer die
ausgedehntesten Verhandlungen und strengen Prüfungen aller hiemit zusammenhängenden
Pläne bewirkte, hatte im Vereine mit diesen dennoch die Nothwendigkeit anerkannt,
vor der Ausführung jenes Riesenplanes eine Reihe allmählich an Umfang zunehmender
praktischer Versuche voranzuschicken, damit die dabei
zu gewinnenden Erfahrungen diesem Wunderwerk des 19ten Jahrhunderts zu gute kommen
könnten und der Ruf wie die Mittel der dabei Betheiligten nicht compromittirt
werde.
So entstanden bald eine beträchtliche Zahl von schmiedeisernen Röhrenbrücken, für
gewöhnliche Landstraßen und Canäle sowohl als auch besonders für Eisenbahnen, und
alle erwiesen die beachtungswerthen Vortheile dieses neuen Systems und
bewahrheiteten die Folgerungen ihrer Erfinder. Es würde zu weit führen, wenn in
diesen Blättern alle jene kleineren Vorarbeiten ausführlich abgehandelt werden
sollten, und da derselben an einigen andern Orten, namentlich in der
Eisenbahnzeitung Nr. 12 vom 20. März 1848 schon gedacht wurde, so gehen wir lieber
zu der speciellen Beschreibung eines kürzlich beendeten und vollkommen gelungenen
größeren Brückenbaues über, welcher, wenn auch viel zu großartig, um noch als eine
„Probe“ betrachtet werden zu können, doch immer nur ein
Vorläufer der noch viel größern Britannia-Brücke ist. Wir meinen die
Röhrenbrücke über die Conway-Bucht an der Westküste von Wales.
Die im Bau begriffene Eisenbahn von Chester (in England) nach Holyhead (auf Anglesea)
berührt bei dem Städtchen Conway den gegen 1 engl. Meile tief eingeschnittenen
Meerbusen gleichen Namens, welcher theils der Stadt, theils der Terrainverhältnisse
wegen an einer Stelle
von 394 Fuß Breite nach dem neuen System zu überbrücken beschlossen ward. Auf die
vorangegangenen befriedigenden Resultate aller kleineren Versuche bauend, wurde die
Ausführung dieser Röhrenbrücke muthig begonnen und so schnell gefördert, daß die
Aufstellung schon im vergangenen Frühjahr erfolgen konnte, und später, im Laufe des
Sommers, haben dann die Versuche und Probefahrten im Innern des Rohres
stattgefunden. Dieselben haben so überaus befriedigende Resultate geliefert, daß die
Unternehmung als durchaus gelungen betrachtet werden darf, und aller zukünftige
Brückenbau, nicht allein rücksichtlich des Britannia-Viaducts, sondern auch
ganz im Allgemeinen für jeden Architekten, hat dadurch einen mächtigen Fortschritt
zur weiteren Vollkommenheit auf eine Weise gethan, die jeder Bedenklichkeit, jedem
Zweifel den Boden entwindet und die Schranken der Architektur um ein Beträchtliches
zurückweichen macht vor dem schaffenden Geiste des Menschen.
Da die Ehester-Holyhead-Eisenbahn für zwei Geleise eingerichtet wird,
ein einziges Rohr aber stets einer einseitigen Belastung
unterworfen seyn würde, wenn die Züge auf dem einen oder andern Bahngeleise
hindurchrollen, so hat sich als das Oekonomischere der Bau von zwei besonderen
Eisenröhren ergeben, die auf den gemeinschaftlichen Uferpfeilern parallel neben
einander liegen. Was sonach in unserer Beschreibung die Construction und Aufstellung
des einen Brückenrohrs betrifft, bezieht sich in seinem ganzen Umfange auch auf das
zweite, dessen völlige Beendigung und Errichtung noch erfolgen soll.
Die Arbeiten bei dieser Ueberbrückung zerfallen ihrer Natur nach in drei wesentlich
von einander verschiedene Theile: die Anfertigung des
eisernen Rohres, die Versetzung desselben von dem
Anfertigungsorte an die Baustelle, und die Erhebung
desselben bis zum Niveau des Eisenbahndammes. Wir werden diese Abtheilungen der
leichteren Uebersicht wegen auch in unserer Beschreibung beibehalten.
Die Anfertigung des eisernen
Rohres.
Die ganze Länge desselben beträgt 412 Fuß, einschließlich jener 8 Fuß an jedem Ende,
mit denen es im Mauerwerk der Brückenpfeiler aufliegt. Außen an den Enden ist
dasselbe 22¼ Fuß hoch, in der Mitte dagegen 25½ Fuß. Die lichte Höhe
im Innern ist 18½ Fuß am Ende und 19¾ Fuß in der Mitte. Die äußere
Breite des ganzen Rohres beträgt 14 Fuß.
Fig. 1 unserer
Zeichnung gibt in A die äußere Ansicht einer Seitenwand
des Rohres; jede derselben ist aus walzeisernen Platten von 8 und resp. 4 Fuß Länge
und 2 Fuß Breite fest zusammengenietet. Diese Blechplatten haben gegen die Mitte des Rohrs (in seiner
Länge gemessen) eine Dicke von ½ während sie gegen die beiden Enden hin sich
allmählich verstärken und bis auf ⅝ zunehmen. Die Vereinigung der einzelnen
Platten wurde nicht durch gewöhnliches Uebereinandernieten bewirkt, sondern durch
ein an der inneren und äußeren Seite aufgenietetes
„Doppelwinkeleisen“, in der Weise wie Fig. 5 es andeutet.
Hiedurch wurde sowohl eine angemessene Steifigkeit in die Seitenwandung gebracht,
als auch die tragende Eisenmasse in eine einzige verticale Ebene gelegt.
Die obere und untere Wandung des Rohres empfing noch eine weitere Verstärkung, welche
man in dem Querdurchschnitt Fig. 2 erkennt; dieselbe
besteht an der oberen Seite aus einer Anzahl der ganzen Länge nach fortlaufenden 21
Zoll hohen Rippen von ½ bis ¾ Zoll starkem Walzeisen, welche durch
gewalztes Winkeleisen, entsprechende Unterlagsstreifen und gewöhnliche Nieten, mit
einer zweiten Deckplatte fest verbunden, eine Art kleinerer Röhren A, b, A, b bilden. Die untere Wandung erhielt zwar eine
geringere Anzahl solcher Rippen, dafür aber auch doppelte Böden und Deckplatten auf
der ganzen Länge des Rohrs, und dieselbe innige Verbindung aller Eisenplatten durch
auf beiden Seiten angenietetes Eckeisen. Hiedurch bildeten sich in gleicher Weise
wie oben die unteren Röhren A, c, A, c.
Nachdem wir hier in der Kürze die Bauart des Rohres angegeben haben, und die übrigen
Theile der Zeichnung für eine spätere Erklärung uns vorbehalten, berichten wir, daß
das dergestalt projektirte Rohr aus den einzelnen, vorher gehörig zugeschnittenen
und gleichmäßig gelochten Platten und Winkeleisen unmittelbar an der Seeküste und
nicht weit von der zu überbrückenden Stelle zusammengenietet wurde, wie dieß beim
Bau größerer Kesselschmiedarbeiten und besonders von eisernen Schiffen immer der
Fall ist. Zu diesem Zweck war ein starkes Gerüst angemessen erbaut und sammt der
Uferstelle so eingerichtet, daß an sechs in der Länge des ganzen Rohrs gleichmäßig
vertheilten Orten große, flache Schiffsgefäße, von 500 Tonnen Tragfähigkeit jedes,
bei niederm Wasserstande bequem untergeführt werden konnten.
Ehe indessen das beendete Rohr von dem Bauplatze entfernt wurde, mußten seine beiden
Enden sowohl für die Auflage im Brückenpfeiler, als auch besonders für die
vorzunehmende Hebung angemessen verstärkt werden. Für ersteren Zweck geschah dieß,
als das Rohr theilweise noch nicht geschlossen war, durch Annieten von gußeisernen
Verstärkungen A, d, A, d, Fig. 1, 2 und 3, welche eben so lang
gemacht wurden, als das Rohr aufliegen sollte. Um dagegen das Rohr seiner Zeit
sicher angreifen und
heben zu können, wurde eine Art gußeiserner Ausfütterung, ebenfalls auf die Länge
von 8 Fuß angebracht, deren Einrichtung wir aus Fig. 2 entnehmen. Sie
besteht nämlich aus A, e, Querlagern, welche mit den
Verstärkungen A, d fest verbolzt wurden, und deren
Mitten nur 2 Fuß von einander entfernt liegen. Gegen sie und gegen die Verstärkungen
A, d wurden aber auch die Seitenwände A, f fest verbolzt, und diese unter sich wieder durch
die eisernen Deckbalken A, g, A, g verbunden, so daß das
Ganze einen in sich und mit dem Rohre fest vereinigten Körper bilden mußte. In den
Seitenwänden A, f waren zugleich in angemessenen
Entfernungen passende Einschnitte reservirt, um die Tragbalken A, h, A, h, Fig. 2 und 3, anbolzen und festkeilen
zu können.
Nachdem das Rohr auf diese Weise vollendet und die Brückenpfeiler zur Aufnahme
desselben gehörig vorbereitet waren, wurde zur
Versetzung des Rohres
geschritten. Sowie die zunehmende Ebbe es erlaubte, wurden die
oben erwähnten sechs Schiffe unter das Rohr geführt, und die nächstfolgende Fluth
hob es sanft und gleichmäßig von seinem Balkengerüste ab, so daß das Ganze nur einen
einzigen, ruhig schwimmenden Körper bildete. So auf dem Wasser dahintreibend, wurde
es ohne Mühe und Zeitaufwand an die eigentliche Baustelle und in seine richtige
Lage, obwohl viel tiefer, gebracht, und dort, wieder mit der zunehmenden Ebbe, ohne
alle gewaltsamen Erschütterungen niedergelegt.
Nachdem dieß auf so höchst bewunderungswürdig einfache und sinnreiche Art glücklich
bewirkt worden war, mußte nun schließlich zur
Erhebung des Rohres
und zum Untermauern desselben, sowie zum Fertigmachen der
Pfeiler geschritten werden.
In ziemlich genauer Uebereinstimmung mit dem Voranschlage hatte sich durch die
einzeln zur Ablieferung und Verwendung kommenden Eisenquantitäten das Gesammtgewicht
des Rohres auf die ungeheure Summe von 26,000 Cntr. gestellt. Einen so schweren
Körper auf die sonst wohl übliche Weise durch Schrauben oder ähnliche mechanische
Hülfsmittel zu heben, wäre nicht allein ein ungemein theures und vielen Zeitaufwand
beanspruchendes Unternehmen gewesen, namentlich da man nur die beiden kurzen Enden
am Ufer dafür hätte verwenden können, während die Mitte, der unbeständigen
Wasserfläche wegen, gar nicht zu benutzen war, sondern auch theilweise gänzlich
unausführbar, da die Räume, wo die Winden möglicherweise hätten angesetzt werden können,
viel zu beschränkt dafür waren und wenn irgend möglich frei bleiben sollten zum
successiven Höhermauern des Pfeilers. Unter diesen Umständen entschloß man sich, den
Hebapparat über dem Rohr auf den um so viel zu erhöhenden
Brückenpfeiler anzulegen, und wählte als das billigste und vortheilhafteste Mittel
zum Heben dieses enormen Gewichtes den hydraulischen
Druck.
Dem Hebapparat zur Basis dienen zunächst zwei starke gußeiserne Unterlagen A, i; quer über diese wurden erst die langen Träger A, k, und dann die kürzeren A,
I gelegt; auf diese letzteren kam nun der eigentliche Träger A, m zu stehen, welcher den hydraulischen Druckcylinder
umschließen und tragen sollte. Der Cylinder, dessen inneren und äußeren Durchmesser
wir besonders in Fig. 3, dem Durchschnitt, deutlich erkennen, erhielt das zum Heben
erforderliche Wasser durch das ⅜ Zoll weite kupferne Injectionsrohr A, p, das dicht bei seiner Mündung in den Cylinder, noch
mit einem besonderen, auf der Zeichnung nicht angegebenen Ventile ausgestattet war,
zur Sicherheit für den möglichen Fall, daß das Rohr reißen oder undicht werden
könnte. In dem 18⅜ Zoll weiten Cylinder bewegte sich nun der Preßkolben A, o, auf dessen oberem Ende wieder der Querbalken A, q sicher aufgesetzt war. Dieser Querbalken empfing
eine Art Führung durch die schmiedeisernen Säulen A, r,
die einestheils im Cylinder A, n und oben in einem
besonderen Querbalken A, s angemessen befestigt
waren.
An den so eingerichteten Hebapparat wurde nun die zu hebende Last auf folgende Weise
angehängt. Der Querbalken A, q hatte an jeder Seite,
außerhalb der führenden Säulen, hinreichend weite, flache, verticale Löcher; über
jedem derselben befand sich eine Art Zange, welche, aus Kurbel, verzahnten Rädern,
linken und rechten Schraubenspindeln und zwei starken Becken bestehend, gegen die
Köpfe (A, o) der mehrfach zusammengesetzten
Schienenketten fest angedrückt und so zum unwandelbaren Aufhängungsmittel gemacht
werden konnte. Weiter unten, unmittelbar über dem Träger A,
I befand sich noch eine zweite Zange A, t,
genau derselben Art. Die Schienenkette, welche auf ihrer ganzen Länge abwechselnd
aus 7 und 8 Stück flachen Eisenstangen von 6 Fuß Länge, 7 Zoll Breite und 1¼
Zoll Dicke bestand, befestigte sich mit ihrem Kopfe B
gegen den oberen Tragbalken A, h, und ging dann mit
verringerter Zahl Kettenschienen herunter bis zum zweiten Tragbalken, wo sie sich
mit dem untersten Kopfe, B, d einhängte.
Die Pumpwerke, welche an jedem der beiden Ufer zur Ingangbringung dieser kolossalen
Apparate erforderlich waren, wurden durch zwei besondere Dampfmaschinen in Bewegung gesetzt, welche
auf den Pfeilern an den für das zweite Rohr reservirten Stellen sehr passenden Platz
fanden. Jede dieser Dampfmaschinen hatte einen Cylinder von 17 Zoll Durchmesser und
16 Zoll Hub, durch dessen Kolben zwei Druckpumpen in Bewegung gesetzt wurden von 16
Zoll Länge und 1 1/16 Zoll Durchmesser.
Die Höhe, auf welche das Rohr mittelst dieser Vorrichtungen gehoben werden mußte,
betrug etwas mehr als die Länge von 4 Kettengliedern, daher etwa 4½ Fuß. Dieß
wurde nun auf folgende Weise bewerkstelligt. Mit den Zangen A, t wurde zunächst der oberste Kopf von allen Ketten festgespannt,
während die unteren Zangen A, u weit geöffnet waren, so
daß der zweite Kopf frei hindurch gehen konnte. Die Pumpen begannen hierauf zu
spielen und hoben das Rohr allmählich so hoch, daß der dritte Kettenkopf über der
unteren Zange sich befand; diese Höhe erreicht, wurde diese Zange geschlossen, die
obere dagegen geöffnet, und da das Gewicht jetzt nicht mehr an dem Preßkolben hing,
sondern von den untern Zangen getragen wurde, so durfte das Wasser aus dem Cylinder
abgelassen und der Kolben in seiner anfänglichen Stellung 6 Fuß tief herunter
gelassen werden. Hiedurch kam aber die obere Zange unter den zweiten Kettenkopf zu
stehen; dieser ward nun auf gleiche Weise wie der oberste eingespannt, der dritte
dagegen losgelassen und dasselbe Spiel wie vorher wiederholt, und so fort bis das
Rohr hoch genug gehoben war.
Das beschriebene Verfahren war so glücklich erdacht und mit so vielem Erfolge und
ohne allen Unfall angewendet, daß wenn die Action des Rohrhebens die einzige Arbeit
dabei gewesen wäre, man kaum 2 Stunden ununterbrochener Arbeit bedurft haben würde,
um die erforderliche Höhe von 24½ Fuß zu erreichen. Gleichzeitig mit dem
Höhersteigen des Rohrs mußte aber auch der Lagerplatz im Brückenpfeiler an jedem
Ende nachgemauert werden, und diese 24 Fuß hohen, 8 Fuß langen und 14 Fuß breiten
Mauerwerke erforderten 4 Tage zu ihrer völligen Beendigung, in welchen aber noch die
Zeit mitbegriffen ist, welche zur Aufstellung von beweglichen Trag- und
Hängewerken erforderlich war, deren ausführliche Beschreibung wir nicht übergehen
dürfen.
Bei einem eisernen Rohr von 412 Fuß Länge mußte nämlich die gebührende Rücksicht auch
auf die Ausdehnung durch die Wärme genommen werden. Die Differenz der Längen dieses
Rohrs, bei strenger Winterkälte und großer Sommerhitze gemessen, beträgt in diesem
Falle nach genauer Rechnung nicht weniger als 8½ Zoll. Damit sich nun jedes
Ende 4¼ Zoll bequem hin- und herbewegen könne, wurde dasselbe auf eine Art Walzwerk
gelegt, dessen Einrichtung aus den Fig. 1, 2 und 3 deutlich entnommen
werden kann.
Unmittelbar auf das Mauerwerk wurde, zuerst eine eichene, 3 Zoll dicke Holzbedielung
B, c gelegt, damit die Last auf einem einigermaßen
nachgiebigen, sanft tragenden Körper ruhe. Auf diese kam an jeder Seite eine
gußeiserne, 4 Zoll starke und 6 Fuß breite Platte B, d
mit angemessenen Rändern; auf jeder derselben bewegte sich alsdann ein besonderer
eiserner Nahmen B, e, der 12 Paar schmiedeiserne Walzen
enthielt und mit einer zweiten Gußplatte B, f bedeckt
war. Auf dieser Platte B, f liegen nun die Enden des
Rohres und werden sich nach den Forderungen der Temperatur ihre angemessenste Lage
selber suchen.
Um aber diesen Walzen nicht gar so viel Last zu geben und auch sonst wohl dem Rohr zu
Hülfe zu kommen, daß es sich besser trage und die obere Wandung nicht zu schwer auf
die Seitenwände drücke, wurde noch eine Art bewegliches Hängewerk angewendet, dessen
Basis die miteingemauerten Träger B, g bilden. Ueber
diesen Trägern, deren Zahl aus den uns vorliegenden Plänen und Materialien leider
nicht ersichtlich ist, liegen lange, mit einer glatten Hohlkehle versehene
gußeiserne Betten, in welchen, durch einen schmiedeisernen Rahmen geführt, auf jeder
Seite sechs messingene Kugeln von 6 Zoll Durchmesser laufen. Diese Kugeln sind mit
der ebenfalls hohl ausgekehlten Schiene B, k bedeckt,
auf welcher dann die starken Querbalken B, I ruhen.
Solcher Querbalken sind ebenfalls sechs, und an jedem Ende derselben ist das
viereckige Rohr mittelst der stach angenieteten Schrauben B,
m getragen. Durch stärkeres oder schwächeres Anziehen der Schraubenmuttern
kann sonach das Gewicht des Rohres auf die oben und unten tragenden Walzen
angemessen vertheilt werden.
Wir zweifeln keinen Augenblick, daß es allen technisch gebildeten Lesern dieses
Journals wahrhafte Freude gemacht haben dürfte, in der Construction der
Conway-Brücke und der genialen Weise ihrer Ausführung so vielfache schöne
Ideen kennen zu lernen.
Mit gebührender Rücksicht auf die weiteren Fortschritte dieser in mehr als einer
Beziehung hochwichtigen Unternehmungen, werden wir auch ferner unsere Leser auf das
vollständigste davon benachrichtigen, und sind überzeugt, daß dieses Vorführen
großartiger Unternehmungen nur heilsam zurückwirken könne auf die industrielle
Entwickelung des eigenen Vaterlandes.