Titel: | Ueber die Bereitung des Collodion, eines Kleb- und Heftmittels; von Soubeiran. |
Fundstelle: | Band 110, Jahrgang 1848, Nr. LXXVI., S. 415 |
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LXXVI.
Ueber die Bereitung des Collodion, eines
Kleb- und Heftmittels; von Soubeiran.
Aus dem Journal de Pharmacie, Oct. 1848, S.
263.
Soubeiran, über die Bereitung des Collodions.
Um die Ehre der Entdeckung des Collodions streiten sich Hr. Meynard, Stud. der Medicin in Boston, und Dr.
Bigelow. In Frankreich hat Hr. Mialhe das wesentliche des darüber bekannt Gewordenen gesammelt und die
beste Vorschrift zur Bereitung einer in Aether auflöslichen Schießbaumwolle zu
ermitteln gesucht.
Im Jahr 1846 bemerkten Ménard und Floris Domonte in einer Abhandlung über Schießbaumwolle, daß das Xyloidin
oder die Schießbaumwolle in Aether, welcher mit etwas Alkohol vermischt ist,
auflöslich sey; daß ferner die Auflösung immer erfolge, wenn man statt Baumwolle
Schießpapier nehme. Payen erlangte keine so entschiedenen
Resultate, bemerkte aber, daß das Verfahren besser gelingt, wenn man die Baumwolle
mit einer Mischung von Schwefelsäure und rauchender Salpetersäure behandelt. Diese
Beobachtungen wurden später von Hrn. GaudinPolytechn. Journal Bd. CIII S. 214. verfolgt,
welcher fand, daß man, je nachdem die Einwirkung mehr oder weniger stark war, in
Aether unauflösliche Schießwolle (Pyroxylin) und auflösliche Schießwolle
(Aetheroxylin) erhalte. Als ein beinahe immer gelingendes Verfahren gibt er an, die
Baumwolle in eine Mischung von 2 Theilen Kalisalpeter und 3 Theilen Schwefelsäure zu
tauchen, und dieses Verfahren ist es, welches auch Hrn. Mialhe gelang und das er bekannt machte. Es lautet:
Nimm
gepulverten Kalisalpeter
20
Theile,
Schwefelsäure von 66° B.
30
Theile,
kardirte Baumwolle
1
Theile,
Man vermengt den Salpeter mit der Schwefelsäure in einem Glas- oder
Porzellangefäß, setzt alsogleich die Baumwolle zu und rührt mittelst zweier Glasstäbchen 3
Minuten lang um, wascht die Baumwolle dann mit vielem Wasser aus, ohne sie vorher
auszupressen; wenn sie gut ausgewaschen ist, wird sie stark ausgepreßt und man läßt
sie in der Trockenkammer, nachdem man sie mit den Fingern zertheilt und ausgezogen
hat, trocknen. Aus der so erhaltenen Schießwolle wird das Collodion bereitet:
Nimm
Schießbaumwolle
1
Theil,
Schwefeläther
16
Theile,
rectificirten Alkohol
1
Theil.
Man bringt die Schießbaumwolle und den Aether in ein Glas, welches man gut verstopft,
schüttelt einige Minuten gut um, setzt dann den Alkohol zu und schüttelt wieder so
lang bis die Mischung eine gleichmäßige wird und eine syrupartige Consistenz
angenommen hat; man läßt sie dann unter Auspressen durch ein Tuch laufen und bewahrt
sie in einem hermetisch verschlossenen Glase auf.Man vergleiche auch Lassaigne's Vorschrift zur
Bereitung des Collodion, S. 65 in diesem Bande des polytechn.
Journals.
Das so bereitete Collodion besitzt eine merkwürdige Klebkraft; ein Zoll breites Stück
Leinwand, auf die hohle Hand gelegt, trug ein Gewicht von 15 Kilogr. ohne sich
abzulösen; eher zerreißt die Leinwand als daß sie sich ablöst.
In Amerika bedient man sich unmittelbar des Collodions; man drückt die Wundenränder
zusammen und überstreicht sie mittelst eines Pinsels mit Collodion, welches man auf
jeder Seite ½ Zoll darüber hinausgehen läßt; sobald dasselbe getrocknet ist,
ist die Vereinigung vollkommen und dauerhaft erfolgt. Die Zusammenziehung der
Substanz beim Trocknen zieht die Wundenränder stärker und gleichmäßiger zusammen als
dieß durch Nahten oder irgendein Heftpflaster bewerkstelligt werden könnte. Die
Wunde ist vollkommen vor der Luft geschützt, die Durchsichtigkeit des Ueberzugs
gestattet den Zustand der darunter liegenden Theile zu beurtheilen; wegen der
Unauflöslichkeit des Collodions kann man es abwaschen ohne daß sich etwas davon
ablöst.
In Frankreich bediente man sich bisher nur in Collodion getauchter Binden, die den
Verband wohl fester, aber undurchsichtiger machen. Nach Hrn. Debout könnte man sich wohl der Goldschlagerhäutchen statt der Leinwand
bedienen. Die Anwendung dieses Verbands ist eine sehr ausgedehnte; er eignet sich
vortrefflich zur Vereinigung sehr tiefer Schnittwunden. Hr. Simpson wandte ihn mit dem besten Erfolg bei gesprungenen Brüsten an;
das Säugen konnte ohne allen Nachtheil für das Kind fortgesetzt werden. Sein
Hauptvorzug bleibt aber immer für Verbände die großen Widerstand leisten sollen. So
benutzte Hr. Malgaigne das Collodion anstatt Dextrins;
die Festigkeit des Verbands gestattete ihm, die Glieder nur eine Strecke weit damit
zu umwickeln und so die mit einer allgemeinen und lange fortgesetzten
Zusammenpressung verbundenen Uebelstände zu vermeiden.
Einigen ist die Bereitung des Collodions nach Mialhe's
Vorschrift nicht gelungen, weil entweder der Salpeter nicht recht trocken war, oder
die Schwefelsäure Wasser angezogen hatte. Die Bildung von untersalpetersauren
Dämpfen bringt die Einwirkung auf die Baumwolle hervor; daher ist der Ueberschuß von
Schwefelsäure nothwendig. Hr. Salmon zieht ein Gemenge
von Schwefelsäure und Salpetersäure, jede mit 1 Atom Wasser verbunden, vor; das
Verfahren scheint aber weniger sicher zu gelingen und ist nicht so wohlfeil, weil
diese Salpetersäure in den Apotheken nicht vorräthig ist und erst bereitet werden
müßte.
Wenn Salpeter und Schwefelsäure genau so beschaffen sind, wie oben vorgeschrieben, so
wird die Auflösung der Schießbaumwolle durchsichtig. Ein sehr dünner Seidenzeug mit
dieser Schießwolle-Auflösung überzogen, wird nach dem Trocknen ein ganz
weicher, wasserdichter und geruchloser Zeug, der Farbe und Glanz der Seide
beibehält. Man könnte auf diese Weise Mäntel machen, von
nicht viel größerm Volum als ein großes indisches Foulardtuch, welche in die Tasche
geschoben und beim Bedarf herausgezogen werden können.