Titel: | Bemerkungen über Hochdruckdampfmaschinen, meine neueren Beobachtungen, Erfahrungen, Versuche, Erfindungen und Verbesserungen auf dem Felde derselben berührend; von Dr. Ernst Alban in Plan (Mecklenburg-Schwerin). |
Autor: | Dr. Ernst Alban [GND] |
Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. I., S. 1 |
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I.
Bemerkungen über Hochdruckdampfmaschinen, meine
neueren Beobachtungen, Erfahrungen, Versuche, Erfindungen und Verbesserungen auf dem
Felde derselben berührend; von Dr.
Ernst Alban in
Plan (Mecklenburg-Schwerin).
Alban, über Hochdruckdampfmaschinen.
Schon früher (s. polytechn. Journal Band CVIII.
Seite 169 in der Note) habe ich angeführt, daß eine Fortsetzung meines vor
5 Jahren erschienenen Werkes über Hochdruckdampfmaschinen in meinem Plane lag, daß
ich aber, wahrscheinlich in Folge der neuesten revolutionären Bewegungen in
Deutschland, keinen Verleger dazu habe finden können. Ich beabsichtige nun den
größten Theil des Inhaltes dieser Fortsetzung nach und nach in dieses vielgelesene
Journal einrücken zu lassen, um sie dem technischen Publicum nicht länger
vorzuenthalten, indem ich hoffe, daß in demselben mancher Gegenstand von allgemeinem
und wichtigen Interesse behandelt werden dürfte. Der Beifall womit im Ganzen mein
Hauptwerk über Hochdruckdampfmaschinen aufgenommen ist, und die geistigen Urtheile
mancher Sachkenner darüber,Siehe Gewerbeblatt für das Königreich Hannover II. Jahrgang, Heft I, S. 26.
Ferner in den Mittheilungen des Gewerbevereins für das Königreich Hannover
4842, 31ste Lieferung. Seite 267, die eine ausführliche Recension meines
Werkes enthalten. so wie die Erfahrung, daß selbst die Engländer ihm durch seine
UebersetzungSie ist im J. 1847 in London bei John Weale unter
dem Titel: The
high-pressure steam engine, investigated, an exposition of its comparative merits
and an essay towards an improved system of constructions, adapted
specially to secure society and economy an its use, by Dr. Ernst
Alban
, herausgekommen. in ihrer Sprache ihre Aufmerksamkeit bewiesen haben, und endlich der
Umstand, daß meine neuesten Erfindungen und Verbesserungen im Felde dieser
interessanten Dampfmaschinen von immer günstigeren Erfolgen begleitet waren, mögen
mich entschuldigen, wenn ich auf diese Fortsetzung und die darin berührten
Bemühungen vielleicht mehr Werth legen sollte, als sie verdienen.
Vor allen Dingen habe ich zu erklären, daß ich in Absicht auf das Princip meiner
Hochdruckdampfmaschinen meinen frühern Ansichten vollkommen treu geblieben bin, und
daß ich aus meinen bisherigen Erfahrungen mich auch nicht eines einzigen Umstandes
erinnere, der diese wankend hätte machen können, daß ich vielmehr viele
Beobachtungen gesammelt habe, die mich immermehr von der Gültigkeit und den großen
Vortheile desselben überzeugt haben. Ich arbeite noch immer mit einem Dampfdrucke
von 7 bis 8 Atmosphären und habe diese in neuester Zeit, seit meine Kessel immer
vollkommener und sicherer wurden, oft bis auf 10 Atmosphären gebracht; dieß jedoch
nur ausnahmsweise indem ich, wie die Folge lehren wird, durch Umstände besonderer
Art dazu aufgefordert wurde. Fortwährend habe ich die Bemerkung machen müssen, daß
aus Gründen, die ich in meinem Hauptwerke (Seite 48 seq.
und 80 seq.) entwickelt habe, die Ersparung an
Brennmaterial mit Anwendung eines höhern Drucks, nicht allein mit Hinblick auf die
Entwicklung der Dämpfe im Kessel, sondern auch in Absicht auf ihre Verwendung in der
Maschine, in einem sehr günstigen Verhältnisse wachse, und daß die Dampfentwicklung
um so rascher vor sich gehe, je kleinere Wassermengen mit größern und möglichst
günstig gegen das Feuer gestellten Feuerberührungsflächen in Berührung kommen, habe
die Röhrenform für die Kessel immer mehr schätzen gelernt, insofern dieser Zweck
dadurch vollkommener als bei jeder andern Form erreicht wird, und durch viele neuere
Erfahrungen bestätigt gefunden, daß die Gefahr sich in dem Grade vermindere, als der
Durchmesser und die Metallstärke dieser Röhren vorzüglich da, wo sie die
eigentlichen Entwicklungsorgane bilden, und so die dem Feuer ausgesetzte Partie des
Kessels darstellen, sich vermindern; habe endlich neue schlagende Beweise für die
aus der Anwendung des Expansionsprincipes entspringenden großen Vortheile in Absicht
auf Dampf- und Brennmaterialverbrauch aus manchen interessanten Beobachtungen
geschöpft, von denen ich später eine der interessantesten anführen und darüber
umfänglicher berichten werde.
So sehr diese Sätze früher auch angefochten worden sind, und zum Theil noch
angefochten werden, so scheint sich die Richtigkeit derselben doch immer mehr durch
die Erfahrung zu bestätigen, und diese den Gründen, die ich in meinem Hauptwerke
darüber aufgestellt habe, immer mehr Geltung zu verschaffen. Ich habe schon früher
eingestanden, daß manche derselben allerdings paradox erscheinen, insofern sie allen
bisher aufgestellten
Grundsätzen mehr oder weniger entgegenstehen, aber bei genauerer Beleuchtung des
Gegenstandes wird das Auffallende derselben immer mehr verschwinden, sie sogar den
Mechanikern der alten Schule, die in den Grundlehren unserer Vorfahren noch befangen
sind, allmählich freundlich näher treten. Auch erscheint ein längeres Festhalten an
den alten Meinungen und Vorurtheilen hier nachgerade als eine Fährdung hoher
Interessen.
Vorzüglich hat aber derjenige der eben gegebenen Sätze, welcher Entwicklungsröhren
mit dünnen Metallwänden für sicherer als diejenigen mit starken Wänden erklärt, mehr
Angriffe erfahren, ja hat sogar Gelegenheit gegeben, mich in neuerer Zeit beim Bau
einer Maschine in Rostock zum Märtyrer meiner Ansichten zu stempeln, insofern ich
durch seine Vertretung die Gerichte gegen mich in Bewegung setzte. In dieser Stadt
nahm man nämlich die preußische Verordnung für die Sicherstellung der Dampfkessel
gerade zu jener Zeit an, als ich den Bau übernahm, und mit dem Besteller bereits
schon alle Einleitungen zum Contracte gemacht hatte. Ich habe mich früher schon
öfter über solche Verordnungen ausgesprochen, und kann es immer nur mit einiger
Indignation thun, insofern die meisten derjenigen Bestimmungen, die sie enthalten,
bei dem jetzigen unvollkommenen Stande der Wissenschaft nur immer auf vagen
unerwiesenen Annahmen beruhen können, welche die folgende Zeit viel öfter wieder
umstößt, als sie bestätigt. Man denke hier nur an die französische Verordnung, die
schmelzbaren Scheiben betreffend, die sich als auf durchaus irrigen Ansichten basirt
herausgestellt hat, und die Gefahr eher vermehrt als vermindert. Auf so unsicherm
Grunde aber den Fortstrebenden zu brandschatzen, ist himmelschreiend und beugt und
lähmt den Muth und Eifer der Wohlmeinenden. Als Oliver Evans dem Kongresse der nordamerikanischen Freistaaten zuerst den Plan zu
einem Dampfwagen vorlegte, erklärte derselbe ihn für verrückt, wies ihn ohne
weiteres ab, und verzögerte dadurch die Ausführung der ersten
Hochdruckdampfmaschinen und Dampfwagen beinahe um 20 Jahre. Was würden nun
diejenigen, von welchen solche den Fortschritt hemmende und zum strafwürdigen
Verbrechen stempelnde Verordnungen ausgehen, sagen, wenn man nach 20 Jahren von
ihnen eben das dächte und urtheilte, was jeder unbefangene Techniker und
Nichttechniker jetzt von jenem nordamerikanischen Kongresse urtheilen muß? Mir
kommen solche Verordnungen nichts besser vor, als wenn die Medicinalgesetze die
Anwendung der homöopathischen Curmethode, die Anwendung des thierischen Magnetismus
und die Wasserheilcurmethode verbieten wollten, weil sie mit den Ansichten unserer
gewöhnlichen Aerzte nicht
übereinstimmen. Eben so wenig als der Arzt das eigentliche Wesen der Krankheiten,
und die chemischen und dynamischen Wirkungen der Arzneimittel kennen und beurtheilen
kann, eben so wenig kennen wir die Ursachen der Explosionen der Dampfkessel, und
sind über diese völlig im Klaren; jeder voreilige Eingriff in diese Geheimnisse,
jede gewaltsame Folgerung aus denselben, ist daher Anmaßung, Barbarei. Wie unwahr
und ungerecht des nordamerikanischen Congresses Urtheil über Oliver Evans erste Dampfwagenidee war, weiß nun schon jeder
Laie, der nur einmal von Eisenbahnen und Locomotiven hörte; ob ich die in dem oben
angeführten Falle gezahlte Buße von hundert und einigen dreißig Thalern
widerrechtlich bezahlt habe, wird eine nicht gar ferne Zeit lehren, der ich mit
freudigem Vorgefühle, wenigstens mit sehr gemüthlicher Ruhe entgegensehe, und
hoffentlich wird der Himmel mir doppelt lohnen für das Märtyrthum, dem man mich ohne
Gnade überlieferte.Wie es aber mit dergleichen Gesetzen geht, beweiset eine andere nach meinem
Principe in Rostock gebaute Maschine, zu deren Kessel auch so, wie bei der
eben genannten, stärkere Röhren nachgeliefert werden mußten, welche neue
Röhren aber nie angeschroben wurden, sondern, ruhig auf dem Boden liegend,
der Zeit harren, wo die ersten dünnern unbarmherzig gerichteten verbraucht
sind. So wird jede Untersuchungscommission bei der legalen Besichtigung die
Dampfkessel immer in Ordnung finden, während man hinter ihrem Rücken über
ihre Verordnungen lacht und thut was man will; denn nichts ist leichter, als
solchen Commissionen ein X vor einem U zu machen, wenn man Lust dazu hat. In dem
angeführten Beispiel zeigt sich, wie himmelschreiend zum Theil die Behörden
die Gesetze handhaben. Der arme Maschinenbauer, mit dem besten Willen, der
Menschheit wahrhaft zu dienen, muß hier dem Gesetz ein schweres und völlig
unnützes Opfer bringen, während der Besitzer der gelieferten Maschine einen
namhaften Gewinn daraus zieht, daß er sich nicht daran kehrt, und auch
weiter nicht controlirt wird, d.h. zwei Kessel für einen gewinnt.
Ich bleibe also bei meinem oben aufgestellten Satze, daß enge und dünne
Entwickelungsröhren an Dampfkesseln sicherer sind, als starke, trotz dem über meinem
Haupte hängenden Schwerte der Gerechtigkeit, halte es sogar für eine Gewissenssache,
nicht von diesem Satze zu lassen, sondern ihn vor aller Welt zu bekennen, trotz des
Verlustes anderer 130 Rthlr., obgleich ich deren nur wenige habe. Ich soll die
Gefahr der Dampfkessel vermindern, so spricht das Gesetz der Menschlichkeit, und
dieß thue ich nur, wenn ich jenen Grundsatz festhalte. Mehr als hundert Erfahrungen
der neuesten Zeit, theils von mir selbst an meinen Kesseln, theils von anderen
Mechanikern an den Locomotiven gemacht, haben mich wieder von der Nichtigkeit
desselben überzeugt, und müssen jeden Unbefangenen davon überzeugen.Ich habe in meinem Hauptwerke schon angeführt, daß Perkins statt eines Sicherheitsventils einen dünnen kupfernen von
ihm sogenannten Sicherheitssack (safety bulb), und zwar mit Erfolg, anwandte (s. Gill's
technical Repository. Aug. 1823. Seite 90, oder
polytechn. Journal, Band XII, Seite
7), und daß in Frankreich Clement
Desormes dünne Kupferplatten als Sicherheitsventile vorgeschlagen
habe, die man über größere Oeffnungen an Kesseln schrauben sollte. Werden
alle solche Künsteleien durch dünne Röhren von kleinem Durchmesser nicht
vollkommen ersetzt, und wird ihre Anwendung hiernach nicht mehr ein Schutz
gegen Gefahr als ein Beförderungsmittel derselben? – Ich würde gewissenlos handeln, wenn ich anders spräche, meine Meinung änderte.
Trotz des hohen Druckes den ich anwende, trotz so mancher großen und mächtigen
Kessel, die ich nach meinen neuern Principien baute, ist noch nirgends ein
Menschenleben dabei in Gefahr gekommen, und ich lebe ruhiger in der Nachbarschaft
meiner Kessel als denen der Maschine mit niederm Drucke, überzeugt daß ich mich
wenigerer Gefahr bei den erstern als bei den letztern aussetze. Nicht genug kann ich
das gewerbetreibende Publicum auf diesen Satz aufmerksam machen. Er ist nach meiner
Ueberzeugung der fruchtbringendste, segenreichste, den ich in meinem Gehirne geboren
habe. Er wird solange bestehen, solange Dampfmaschinen gebaut werden; er wird, je
länger beherzigt, gepflegt, je mehr theoretisch und praktisch beleuchtet, um so
überzeugender hervortreten. Nicht genug habe ich mich darüber wundern können, daß in
der Recension meines HauptwerkesSiehe die oben schon angeführten Mittheilungen des Gewerbevereins für das
Königreich Hannover. seiner gar nicht gedacht, daß er nicht besonders hervorgehoben ist; schon
seiner scheinbaren Paradoxität wegen dünkt mich, müßte er doch Aufmerksamkeit erregt
haben.
Was die Anwendung eines höhern Dampfdruckes als den bisher gewöhnlich versuchten
anbelangt, so haben sich die Vortheile desselben mit seiner Steigerung so klar
herausgestellt, daß ich, je mehr die Spanne Zeit die mir noch zugemessen ist,
verrinnt, immer mehr bedauern muß, daß meine äußeren Verhältnisse und meine Stellung
als Maschinenbauer in einem Lande, wo man für die Industrie, wenigstens für
diejenige, die unsere Ritterschaft nicht selbst betreibt, wie unsere früheren
Landtage bewiesen haben, nichts thun will, mir nicht gestatten wollen, umfassendere,
aber auch freilich kostspieligere Versuche über diesen interessanten Punkt
anzustellen, und doch dürften solche Versuche mit Hinblick auf die
Eisenbahnangelegenheit, die jetzt auch Mecklenburg in Bewegung bringt, in diesem
Augenblicke gerade von entschiedenem, vielleicht gar nicht zu berechnendem Nutzen
seyn.Ich kann meine Versuche nur immer an Dampfmaschinen machen, die bei mir auf
Bestellung gearbeitet werden, darf daher nicht so sehr vom gewöhnlichen
sichern Wege abgehen. Wie manche Gefahr ich jedoch unter solchen Umständen
laufe, kann sich jeder denken. Aber diese Gefahr würzt mir gerade meine
Bauten, und die Spannung, in der ich dabei lebe, ist ein so nothwendiges
Lebensanregungs- und Erhaltungsmittel für mich geworden, daß ich ohne
selbiges versauern würde. Ich bin bei meinen Versuchen um so kühner
geworden, um so mehr ich inne wurde, daß der Weg der Versuche mich immer
mehr befähigte, denselben zu wandeln, und mich immer sicherer in meinen
Berechnungen und glücklicher in meinen Erfolgen machte. Was ich aber mit
Glück zum Nutzen der Welt treibe, ist nach meiner Ueberzeugung auch mein
Beruf. Mich zu Versuchen auf einem ganz neuen aber auch darum unsichern
Felde, auf dem noch die Erfahrung fehlt, auszurüsten, ist Sache des Staats
oder begüterter weiser Beförderer der Kunst und Wissenschaft, oder
erleuchteter Vereine. Daß ich mit mancherlei Erfahrungen und vielleicht auch mit einigem Talente
dazu ausgerüstet sey, hat
man bei meinen frühern Bemühungen, dieß Feld zu cultiviren, öffentlichS. Bernoulli's Handbuch der Dampfmaschinenlehre S.
362. unten. anerkannt; in meinem Vaterlande Mecklenburg stehe ich jedoch fortwährend
unbeachtet und verlassen von allen Hülfsquellen für diesen Zweck da. Hier scheint
die Regierung wenig, das Land noch viel weniger für mich thun zu wollen.Vielleicht daß nach den jetzigen Umwälzungen und nach Einführung der in
Aussicht stehenden neuen Repräsentativverfassung in Mecklenburg mehr für die
Gewerbe und für mich geschieht, als bisher geschehen ist.
Also hoher Druck ist und bleibt bei mir die Losung, und wenn sich auch noch so viele
Stimmen dagegen erheben. Es hat freilich den Schein, und wird auch von vielen
Mechanikern den Maschinen mit höherm Drucke vorgeworfen, daß sie besser und genauer
gebaut, und fleißiger und aufmerksamer bedient werden müssen, als solche mit weniger
hohem, oder gar mit niederm Drucke, aber dieß dürfte ebensowenig ein genügender
Einwand dagegen seyn, als wenn jemand behaupten wollte, daß ein mit größerer
Genauigkeit gebauter Chronometer, weil er eine sorgfältigere Beachtung erfordert als
eine hölzerne Schwarzwälder Uhr, aus diesem Grunde verwerflich sey, und man sein
Heil allein in Schwarzwälder Uhren suchen müsse. Bei Licht besehen, ist aber auch
jener, den Maschinen mit höherm Drucke gemachte Vorwurf nicht einmal wahr. Meine
Maschinen gehen, wenn sie nur einigermaßen leidlich besorgt und beachtet werden, bei
erstaunlich weniger Pflege und Wartung untadelhaft, und mit wenigem Aufwande von
dazu nöthigem Materiale. Dieß ergibt ja nun schon eine so lange Erfahrung und es
bestätigt sich täglich mehr. Selten wird eine Reparatur bei ihnen nöthig, und diese
nie kostspielig und zeitraubend. Bei ihrer so sehr einfachen Construction ist es
beinahe auch nicht anders möglich. Man vergleiche sie hierin nur mit den Maschinen
von niederm Drucke. Enthalten sie doch kaum den vierten Theil der vielen Organe und
beweglichen und unbeweglichen Theile dieser, sind sie doch bei ihrem kleinen Formate
viel stärker, stabiler und dauerhafter zu bauen, und Reparaturen, als an Theilen von
weit geringerm Umfange, viel leichter hergestellt, und in kleinern Werkstätten besorgt. Will man aber
eine größere Gefahr denselben zum Vorwurfe machen, so habe ich in meinem Hauptwerke
schon dargethan, daß ihre Kessel sicherer hergestellt werden können, als die mit
niederm Drucke, ja daß selbst entstehende Berstungen an ihnen fast ganz unschädlich
zu machen sind. Wer könnte dieß von den Kesseln der gewöhnlichen Maschinen behaupten
wollen, die noch immer ihre voluminöse Form haben, und bei denen diese unzweckmäßige
Form wegen der Gefahr des Ueberkochens des Wassers in die Maschine auch nicht einmal
gut auf die Seite gesetzt werden kann? Ich werde später dem Leser Kessel vorführen,
worin er mein Princip, Gefahrlosigkeit zu erzielen, noch deutlicher ausgeprägt
finden wird, als im Hauptwerke selbst.
Aber, so argumentiren viele Maschinenbauer: wozu der so hohe Druck, wo ich von einem
niedrigem dieselben Vortheile habe? – haben sie darin aber recht? Ich muß das
nach meinen Erfahrungen sehr bezweifeln; denn Hochdruckdampf enthält auf jeden Fall
im Verhältnisse zu seinem mechanischen Effecte weniger Wasser und Wärmestoff, als
der mit niederm Drucke, indem er durch den größern Antheil freier Wärme mehr
ausgedehnt ist, als er im Verhältniß seiner Dichtigkeit seyn sollte. Ich verweise
hier auf mein Hauptwerk Seite 48 seq. und 80 seq., wo man die wissenschaftlichen Gründe dafür so
ziemlich erörtert findet. Hier will ich nur folgende interessante Punkte anführen,
die meiner neuern Erfahrung entnommen sind.
a) Man wird gewiß mit mir einverstanden seyn, daß
diejenige Quantität Wassers, die ich für den Betrieb meiner Maschinen in den Kessel
fördere, ungewöhnlich klein (man sehe hier das Hauptwerk S. 512), wenigstens viel
geringer sey, als diejenigen, welche die Maschine mit weniger hohem, Mittlern und
niederm Drucke gebrauchen. Man vergleiche hier nur die an den Locomotiven im
Verhältnisse zu ihrem Dampfcylinderdurchmesser nöthigen Mengen, und dennoch haben
sie sich für alle meine Hochdruckmaschinen immer mehr als genügend erwiesen, wenn
die Dämpfe mit gesetzlichem Drucke im Kessel und in der Maschine arbeiten, und diese
den gesetzlichen Effect, und das Feuer den gehörigen Grad der Intensität hat. Wäre
dieß möglich, wenn diese Quantitäten, in Dampf von hohem Drucke verwandelt,
geringere Resultate gäben, als bei ihrer Umgestaltung in Niederdruckdampf? Und daß
hier nicht allein eine bessere ökonomischere Verwendung des Dampfes in der Maschine
schuld sey, beweiset der Umstand, daß die Erscheinung in dem Falle dieselbe bleibt,
wo eine bessere Verwendung wegfällt, wenn gleich in einem geringern Maaße,
namentlich da, wo die Maschine ohne Expansion arbeitet. Ich habe diese Erfahrung nie
deutlicher vor Augen gehabt, als auf unserem hiesigen Dampfschiffe,Man vergleiche hier meine Abhandlung über das Planer Dampfschiff im
polytechn. Journal Bd. CIX S. 1,
81, 161, 241 und 321. dessen Maschine einer nöthigen Erhöhung ihrer Kraft wegen jetzt ohne
Expansion arbeitet, und deren Kessel und Rostflächen, so wie die nöthige Quantität
Speisewasser bei weitem nicht in dem Maaße vergrößert worden sind, als Dampf mehr
verbraucht wird.
b. Fast noch mehr als das eben Angeführte scheint aber
noch für jene Behauptung der Fall zu sprechen, daß diejenigen Quantitäten
Speisewasser, die meinen Maschinen bei Anwendung eines höhern Druckes völlig
genügen, sich gewöhnlich als unzureichend ausweisen, wenn der Druck im Kessel fällt,
die Dampfentwicklung in niederen Temperaturen stattfindet, und die Maschine
bedeutend unter ihrem gesetzlichen Effect wirkt. Ich sollte glauben, daß wo weniger
Effect von der Maschine hervorgebracht werde, auch weniger Dampfverbrauch, und mit
diesem verhältnißmäßig weniger Wasserverbrauch eintreten müsse. Dem scheint aber
nicht so zu seyn. Der Dampf von niedrigerm Drucke, als der für die Maschine
gesetzliche, braucht mehr Wasser, er ist nicht durch die freie Wärme in dem Maaße
ausgedehnt, als jener. Verstärkt man nun das Feuer und vermehrt dadurch die
Entwicklung der Dämpfe im Kessel, um wieder eine höhere Spannung derselben
hervorzurufen, so wird man bald inne werden, daß man mit dem durch die Speisepumpe
geförderten Wasserquantum wieder besser auskomme. Sehr häufig haben meine
Maschinenmeister darüber geklagt, daß sie die Speisepumpe viel öfter bei gesunkenem
Drucke als bei höherm in Thätigkeit setzen müssen. Mir schien dieß erst unglaublich,
aber ich habe mich selbst davon überzeugt, selbst bei niedrigem Wasserstande im
Kessel, wobei ein Ueberkochen des Wassers in die Maschine unmöglich war, und hier
also nicht gut als Erklärungsgrund angenommen werden konnte. Noch ein anderer wohl
zu würdigender Punkt ist folgender:
c. Daß man beim Arbeiten mit höherm Drucke in einer
stehenden Maschine nicht in dem Verhältnisse mehr Feuerung gebrauche, als man an
Effect gewinnt. Ich habe dieß früher in meinem Hauptwerke l.
c. schon ausführlicher auseinandergesetzt, welches ich hier zu
berücksichtigen bitte. Vielfältig habe ich gefunden, daß die Maschinen, einmal mit
höherer Dampfspannung und einem derselben entsprechenden Effecte im Gange sich
befindend, lange des Brennmaterials nicht bedürfen, als bei weniger hohem Drucke,
und meine Maschinenmeister sind mit dieser Erscheinung zum Theil so bekannt, daß sie
selbst dann, wenn sie nur einen geringen Nutzeffect der Maschine anzuwenden haben, doch
wohl darauf achten, den Druck im Kessel durch größern Schluß der Drosselklappe immer
auf der gesetzlichen Höhe zu erhalten.Hr. von Valcour legt auf die Erhaltung eines
höhern Druckes im Kessel ein so großes Gewicht, daß er die Kessel mit einem
eigenen Ventile zu versehen vorschlägt, welches er ein regulirendes Ventil nennt, im Dampfrohre anzubringen, und mit
einem geringern Gewichte als das Sicherheitsventil zu belasten räth. Der
Dampf kann bei dieser Einrichtung erst immer unter einem bestimmten Drucke
ins Dampfrohr treten und zur Maschine gehen. Man sehe hier dessen im Bulletin de la Societe d'encouragement März 1821
und im polytechnischen Journal, Band VI
Seite 144 von Hr. Baillet zum Bericht
gekommene Denkschrift über Dampfmaschinen mit hoher Pressung. Ueber die
Vortheile einer Dampfentwicklung in höhern Druckgraden hat Oliver Evans Berechnungen gegeben (Manuel de l'ingenieur mécanicien constructeur
de machines à vapeur, par Ol.
Evans, traduit de
l'anglais par J.
Doolittle, Edit II.
seq.), die etwas zu außerordentlich klingen, um ganz richtig sehn
zu können. Ich für meinen Theil habe sie nirgends bestätigt gefunden,
wenigstens bei weitem in dem Grade nicht, als sie von ihm bezeichnet
werden.Die Einrichtung des v. Valcour'schen regulirenden
Ventils scheint mir übrigens unrichtig zu seyn. Dasselbe kann nach einer
Meinung nicht so stark belastet werden, als Hr. Valcour angibt, weil der Dampf im Dampfrohr auf die obere größere
Fläche desselben einen Gegendruck ausübt, der in der Regel nicht viel
verschieden ist von dem unter demselben befindlichen. Diese Differenz gäbe
dann das nöthige Belastungsgewicht für dieses Ventil. Würde dasselbe nur mit
einigen Pfunden weniger als das Sicherheitsventil beschwert, so würde der
Druck im Kessel den im Dampfrohre so viel übersteigen, als das Gewicht
bezeichnet, der Druck im Kessel also viel zu hoch gegen den gehalten werden,
der in die Maschine strömt, d.h. er würde beinahe den doppelten Druck im
Kessel erreichen, den er in der Maschine hat, und dieß hat Hr. Valcour schwerlich beabsichtigt. Er hat
augenscheinlich vergessen, daß regulirendes Ventil und Sicherheitsventil
unter ganz verschiedenen Umständen in Wirksamkeit treten, ersteres unter
einem Gegendruck der Dämpfe im Dampfrohre, der nur wenig dem des Dampfes im
Kessel nachsteht, letzteres nur unter dem Gegendrucke der äußern
Atmosphäre.
d. Eine sonderbare Erscheinung ist es für mich immer
gewesen, daß beim Anheizen meiner Hochdruckmaschinenkessel das Monometer fast ganz
gleichmäßig steigt, so daß das Quecksilber in gleichen Zeiten fast gleiche Räume
durchläuft, während die Scale an demselben doch die Spannungsgrade in abnehmenden
Erfernungen von unten an gerechnet bezeichnet. Hiernach sollte es scheinen, als wenn
in den höhern Spannungsgraden weniger Wärmestoff nöthig sey als in niedern, indem
sonst das Quecksilber die verschiedenen Entfernungen der Tensionsbeziehungen in
verhältnißmäßigen Zeiten durchlaufen würde. Wirklich überraschend ist diese
Erscheinung auch oft während des Ganges der Maschine. Ist das Quecksilber erst bis
unter 3 Atmosphären gefallen, so hat man große Mühe, braucht lange Zeit und muß das
Feuer ungewöhnlich verstärken, um wieder ein Steigen desselben zu bewirken, während
es oft bei weit geringerer Feuerung von 6 bis auf 8 Atmosphären in einem sehr kurzen
Zeitraume aufsteigt.
Ich habe diese vier Erscheinungen so oft und vielfältig nicht allein selbst
beobachtet, sondern meine Maschinenmeister haben sie mir auch vielfältig bestätigt,
selbst in dem Falle, daß ich sie vorher gar nicht darauf aufmerksam machte, in Folge
ihrer eigenen längern Erfahrung. Recht sehr empfehle ich jedem Physiker, diese
sonderbaren Erscheinungen zu prüfen. So weit meine Kenntnisse und meine Erfahrungen
reichen, weiß ich keinen andern triftigen und erschöpfenden Grund derselben
anzugeben, als denjenigen, den ich oben angedeutet habe. Weiß jemand mich eines
bessern zu belehren, so wird es mir sehr angenehm seyn, und ich werde ihm dafür
großen Dank wissen.
e. Aber endlich spricht auch noch die große Menge
Wasser, die meine neuesten Kessel mit 1 Pfunde Steinkohlen verdampfen, für den
Vortheil der Verwandlung des Wassers in Dampf von höherm Drucke. Man vergleiche
hier, was ich in dieser Beziehung weiter unten von meinem Dampfschiffkessel sagen
werde, und die früher schon (polytechnisches Journal Band CIX. S. 330) gegebenen Berechnungen.
Wenn sich nach denselben erwiesen hat, daß derselbe bei Entwicklung der Dämpfe bei
einem Drucke von 8 bis 10 Atmosphären mit 1 Pfund Steinkohle 10,7 Pfund kalten
(nicht vorgewärmten) Wassers verdampfe, so wird jeder Maschinenbauer, der mit den
Leistungen der alten Kessel in diesem Punkte bekannt ist, mit mir einverstanden
seyn, daß dieses Resultat alles übertreffe, was bis jetzt von Dampfkesseln geleistet
worden ist.Ich habe früher selbst nicht geglaubt, daß aus der Entwickelung sehr hoch
drückender Dämpfe im Kessel wirklich ein Vortheil für den
Brennmaterialverbrauch erwachse. Man vergleiche hier mein Hauptwerk S. 92,
unten die Note; meine spätern Erfahrungen haben meinen Glauben daran aber
immer mehr in Ueberzeugung verwandelt.
(Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)