Titel: | Ueber die Methode des Hrn. Stahl in Paris, um mit Beihülfe des Zinkchlorids von anatomischen Präparaten und Kunstgegenständen Gypsabgüsse zu machen. |
Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. XIV., S. 71 |
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XIV.
Ueber die Methode des Hrn. Stahl in
Paris, um mit Beihülfe des Zinkchlorids von anatomischen
Präparaten und Kunstgegenständen Gypsabgüsse zu machen.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Nov. 1848, S. 675.
Stahl, über eine Methode Gypsabgüsse zu machen.
Beim Abformen sowohl von anatomischen Präparaten als auch von Kunstgegenständen in
Gyps, stellen sich Schwierigkeiten ein, welche unter der Benennung des Mehlens (farinage) bekannt sind und darin bestehen, daß Theile
des zum Abguß angewandten Gypses der Oberfläche der abzuformenden Stücke oder der
hohlen Formen anhängen und folglich die Treue und Feinheit der Abdrücke
beeinträchtigen. Diese Uebelstände finden hauptsächlich in folgenden Fällen statt:
wenn man von weichen noch frischen anatomischen Theilen einen Abdruck machen will,
in welchem Falle man sie mit einer Oelschicht überzieht; oder wenn diese Stücke
behufs ihrer Conservirung zuvor in Alkohol aufbewahrt wurden; oder wenn ein in Wachs
ausgeführter Gegenstand abgeformt werden soll; oder wenn man hohle Formen anwendet,
welche etwas alt sind und einige Zeit nicht mehr in Gebrauch waren.
Hr. Stahl, welcher die Gypsabgüsse für das
naturgeschichtliche Museum in Paris mit der größten Sorgfalt auszuführen bemüht ist,
forschte den Ursachen dieses Mehlens nach, und es gelang ihm auch ein Mittel dagegen
zu finden. Er bemerkte, daß dieser Uebelstand sich niemals zeigt, wenn man weiche
anatomische Präparate abformt, welche in einer Auflösung von Chlorzink (salzsaurem
Zinkoxyd) anstatt in Alkohol aufbewahrt worden sind; er schloß daraus, daß diese
Salzlösung, indem sie der Oberfläche der Präparate, womit sie in Berührung ist, eine
größere Festigkeit verleiht, sich der Adhärenz des Gypses sowohl an den
abzugießenden Gegenständen als an den Formen selbst widersetzt; durch zahlreiche Versuche ermittelte er
hierauf das geeignetste Verfahren und die zweckmäßigste Concentration der
Zinkauflösung für die verschiedenen Fälle.
Sollen weiche anatomische Präparate von kleinem Volum abgegossen werden, welche
entweder frisch sind oder mehr oder weniger lange in Alkohol aufbewahrt wurden, so
taucht er sie einige Stunden lang in eine Chlorzink-Auflösung von 20 bis
25° Baumé, worauf sie ohne alle weitere Zubereitung abgeformt werden
können.
Sind diese Theile aber von zu großem Volum, als daß man sie eintauchen könnte, so
genügt es sie mit derselben Auflösung zu tränken und zwar das ganze Stück auf
einmal, oder seine verschiedenen Theile nacheinander.
Letzteres Verfahren ist auch bei mehr oder weniger großen Figuren aus Wachs
anwendbar.
Will man endlich hohle Formen anwenden, nachdem man dieselben einige Stunden vor dem
Gießen geseift hat, so tränkt man sie ebenfalls mit einer Auflösung von Chlorzink,
welche aber eine Stärke von 50° Baumé haben muß, und hernach wie
gewöhnlich mit einer Schicht Oel.
Die Gypsabgüsse, welche Hr. Stahl der Société d'Encouragement vorgelegt hat,
zeichnen sich durch die außerordentliche Feinheit der Details aus, die sein
Verfahren wiederzugeben gestattet. Besondere Bewunderung erregte eine Sammlung
verschiedener anatomischer Präparate und ganzer Thiere, zum Theil von sehr großen
Dimensionen, welche nach ihrem Tode und dem Abziehen der Haut abgeformt worden
waren.
Die zartesten Details, z.B. die Schuppen der kleinsten Fische, die auf solchen
vorkommenden feinen Streifen etc. werden bei der beschriebenen Methode eben so treu
als vollständig copirt.
Der gegenwärtige Besitzer einer von dem berühmten Bildhauer Giraud schon vor vielen Jahren in Wachs ausgeführten schönen Studienfigur
wandte sich vergeblich an mehrere Gießer um eine Copie derselben in Gyps oder Bronze
zu erhalten; keiner wollte diese Arbeit übernehmen; Hr. Stahl formte diese Figur endlich nach seinem Verfahren auf ganz getreue
Weise in Gyps ab.