Titel: | Bemerkungen über Hochdruckdampfmaschinen, meine neueren Beobachtungen, Erfahrungen, Versuche, Erfindungen und Verbesserungen auf dem Felde derselben berührend; von Dr. Ernst Alban in Plau (Mecklenburg-Schwerin). |
Autor: | Dr. Ernst Alban [GND] |
Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. XV., S. 82 |
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XV.
Bemerkungen über Hochdruckdampfmaschinen, meine
neueren Beobachtungen, Erfahrungen, Versuche, Erfindungen und Verbesserungen auf dem
Felde derselben berührend; von Dr. Ernst Alban in Plau (Mecklenburg-Schwerin).
(Fortsetzung von
S. 10 des vorigen
Hefts.)
Alban, über Hochdruckdampfmaschinen.
Schon in meinem Hauptwerke habe ich bemerkt, wie unerklärbar es sey, daß die
Maschinenbauer neuerer Zeit noch immer an der Möglichkeit der Anwendung eines höhern
Dampfdruckes und an der wirklichen praktischen Ausführbarkeit und Brauchbarkeit
dadurch in Bewegung gesetzter Maschinen so sehr zweifeln, und wie sehr ich es
bewundere, daß nicht einer den Muth zu haben scheint, sich auf diesem Wege zu
versuchen. Man beschränkt sich immer noch auf einen Druck von 4 bis 5 Atmosphären,
und kein Wunder, daß man dann hinsichtlich der großen Vortheile der
Hochdruckmaschinen vor denen mit niederm Drucke, vorzüglich was den
Brennmaterialverbrauch derselben betrifft, in Zweifel bleibt. Man fühlt es, daß man
bei so niederm Drucke und bei Anwendung einer bedeutenden Expansion wenig an
kleinerm Cylinder-Durchmesser gewinne, und folglich dann durch die
Aufopferung der Leere einen bedeutenden Verlust erleide, und sucht sich nun dadurch
zu helfen, daß man Zwitter baut, halb Hoch-, halb
Niederdruck-Maschinen, die mit einem Condensator, der Luftpumpe und alle dem
durch die Anwendung dieser Theile herbeigeführten Geschleppe ausgerüstet sind, den
Hauptvortheil der Hochdruckmaschinen, größere Einfachheit und allgemeinere
Anwendbarkeit, also wieder vernichten. Ich habe wohl nicht nöthig, auf diesen
Hauptvortheil, den ich in meinem Hauptwerke so erschöpfend auseinandergesetzt habe,
hier näher zurückzukommen, sondern will nur daran erinnern, daß ich mit der
Einführung eines gewöhnlichen, an Niederdruckmaschinen gebräuchlichen, Condensators
theils dessen ganze Hindernißlast, theils die Hauptschwierigkeit, Herbeischaffung
einer genügenden
Quantität Condensationswassers, wieder zurückführe und auf die Hochdruckmaschinen
übertrage, theils die Benutzung der in der Hochdruckmaschine mechanisch verwendeten
Dämpfe zur Erwärmung von Räumen und Flüssigkeiten und zu vielen andern technischen
Zwecken, deren Wichtigkeit bis jetzt noch nicht einmal gehörig gewürdigt ist, wieder
aufgebe.
Liest man aber die gewöhnlichen neuern Nachrichten über Dampfmaschinen in den vielen
technischen Journalen und Haupt- und Nebenschriften, womit man jetzt das
Publicum wahrhaft überschwemmt, und die alle durch ein einigermaßen verständig
redigirtes, und die viele technische Spreu sichtendes Blatt füglich ersetzt werden
könnten, nun so kann man sich auf der andern Seite nicht wundern, daß unter den
praktischen Mechanikern der Glaube nicht so groß sey, um Berge dadurch versetzen zu
können, und daß meine Kunstverwandten meine Versicherung von der bequemen, leichten
und gefahrlosen Anwendung eines höhern Druckes so sehr in Zweifel ziehn, und mein
Beispiel sowenig nachahmen. Diese armen Leute müssen nämlich soviel Aberwitziges,
Unpraktisches, Erdichtetes und Erlogenes lesen, daß ihr Zweifelmuth hinreichend
Entschuldigung findet. Sie hören die Wahrheit so selten, daß sie sie am Ende auch da
verkennen, und daran zweifeln, wo sie ihnen rein und lauter dargeboten wird. Wie oft
habe ich zweifelnde Blicke, ein Achselzucken des Mißtrauens gefunden, wo ich die
reinste Wahrheit verkündete. Mein lebendiger Vortrag in Dingen, die mein Leben
durchdrungen, mein höchstes Interesse angeregt und gespannt haben, machte Leute
stutzig, die den Bombast, die Großsprecherei und Charlatanerie unseres Jahrhunderts
nicht selten als Ausschmückung der Lüge entdeckten, die den Eifer des Fortstrebenden
und für den Fortschritt Begeisterten inmitten unserer schlaffen, tagelöhnenden, sich
für nichts als für den Umsturz alles Bestehenden interessirenden und von demselben
bequemen Gewinn träumenden Generation mit Recht verkennen und mißdeuten lernten.
Aber auch die Gesetze mancher Länder verbieten hier den Fortschritt. Wir sollen an
dem alten Sauerteige klebend bleiben, wir sollen keine Hoffnung, keinen Muth
gewinnen, das Höhere zu erstreben, und die dem Erstreben desselben entgegenstehenden
Hindernisse zu besiegen. Von der Gesetzgebung geht der Zweifel an die
Unerschöpflichkeit und Unbesiegbarkeit des menschlichen Geistes aus, von ihr die
Lähmung der wenigen thatkräftige Hindernisse und Schwierigkeiten leicht
überwindenden Geister. Und das allerschlimmste ist, daß sogar der Versuch zur
Hinwegräumung dieser Schwierigkeiten dadurch gehindert wird, und Vorurtheile und unnöthige Furcht
vor Dingen erweckt werden, die fast nichts mehr als Fantome sind, daß man die
Bemühungen der Höherstrebenden dadurch endlich zu einem Verbrechen stempelt, welches
Bestrafung verdient. Armes deutsches Vaterland, wie sehr verkennst du die
Intelligenz, den Muth und die Kraft deiner Söhne! Lasse die Hochaufstrebenden
gewähren, und hindere nicht, wenn sie Blitze des Geistes schleudern, die wohl
zuweilen zünden, die aber auch die Fluren segnend befruchten, und Licht leuchten in
die Finsterniß der Nacht hinein, welche die Augen der Alltagsmenschen deckt. Niemand
legt in England und Amerika dem Fortstrebenden Hemmschuhe an. Frei muß sich das
Talent bewegen, wenn es glücklich wirken, und der Welt durch seine Schöpfungen Segen
bringen soll.Kaum kann ich mir es denken, daß in manchen Ländern Hochdruckmaschinen
überhaupt noch verboten seyn sollten. Gehört habe ich indessen immer noch
davon. Die Eisenbahnangelegenheit wird hoffentlich diesem Scandal ein Ende
machen.
In neuester Zeit ist den Gesetzen hinsichtlich der Dampfkessel doch endlich ein wohl
verdienter Streich versetzt worden dadurch, daß die Locomotivkessel allenthalben
eingeführt werden, und sie haben schweigen müssen, weil sie sonst das Geschrei der
ganzen Welt gegen sich gehabt hätten, die das von England und Amerika Kommende doch
immer für infallibel, für das Höchste hält, und hier einmal zu unserm Glücke. Ist es
aber nicht merkwürdig, daß selbst vor diesem Nimbus, der in Deutschland alles
Ausländische in ein schützendes unantastbares Kleid hüllt, das Gesetz das Gewehr
streckt? Man wende einmal die preußische Verordnung auf die Stärke und den
Durchmesser unserer bisherigen Locomotivröhren an, und man wird sehen, wie wahr ich
eben gesprochen habe. Die meisten Röhren dieser Kessel stehen nämlich unbezweifelt
unter der darin vorgeschriebenen Metallwandstärke, und dennoch erkennen die ersten
Mechaniker es jetzt schon an, daß sie der Hauptschutz für die mit den Locomotiven
Beförderten seyen, indem sie nach den bisherigen Erfahrungen fast die einzigen
Theile sind, die dem Bersten ausgesetzt waren, ohne große Gefahr zu verbreiten. Auch
unterliegt es keinem Zweifel, daß man seit Einführung dieser Röhren, wenige Fälle
ausgenommen, wo die Heizer oder Maschinenmeister bei ihrem Bersten durch das
Herausdringen von Dampf und Wasser verbrannt wurden, noch von keiner namhaften
größern Explosion der Hauptkessel und den damit verbundenen schrecklichen Folgen
gehört hat. Noch vor Kurzem schrieb einer unserer berühmtesten Mechaniker in
Deutschland an mich: „Ja Sie haben vollkommen Recht. Es gibt kein besseres
Schutzmittel gegen verheerende Explosionen der Dampfkessel, als Röhren von geringerem
Durchmesser und geringer Metalldicke. Sie nennen sie in Ihrem Werke über
Hochdruckmaschinen Sicherheitsventile für die Kessel in Fällen der Noth, und wie
wahr haben Sie gesprochen! Unsere Locomotivkessel mit ihren dünnen Röhren lehren
uns dieß alle Augenblicke.“
Und diese Röhren sind gewöhnlich nicht über 1/12 Zoll dick, ja ich habe manche
gesehen, und selbst unter Händen gehabt, die stellenweise kaum 1/16 Zoll stark
waren. Wie wollen nun diejenigen, die jene Verordnungen lieferten, dieß mit ihrer
Formel für die Dicke der Röhren zusammenreimen, wo wollen sie sich verbergen, um
solche Gräuel nicht zu sehen und zu hören?– Wenn solche Leute mit einem
Eisenbahnzuge fahren, und dieß thun sie doch gewiß auch zuweilen, und dann an dessen
Motor, der Locomotive, Kesselröhren von 2 Zoll Durchmesser und 1/16 Zoll
Metallstärke, und daneben ein großes Rohr, den äußern Zylinder des Kessels, von 3
bis 3 1/2 Fuß Durchmesser und nur 3/8 Zoll Metallstärke freundlich nebeneinander
bestehen sehen, wie muß ihnen da zu Muthe werden? Entweder sie müssen dann die Fahrt
in lauter Furcht und Angst um ihr Leben machen, oder sich ein wenig schämen, daß sie
hinter dem Studirtisch, hinter welchem heraus so manches Abenteuerliche und
Unpraktische in die Welt tritt, so widersinnige, in der Praxis völlig
Widersprechendes gebärende, unnöthige Furcht und Schrecken erregende, jeden
Fortschritt gewaltsam aufhaltende Formeln, deren Unpraktisches jeder Locomotivführer
und Heizer jetzt schon erkannt hat, aufgestellt haben. Aber die Welt wird jetzt vom
Studirtische aus regiert umgeformt und umgegossen, zum Theil von Leuten, die das
Leben und die Menschen nur von ihren vier Wänden aus kennen lernten, oder am Ende
noch gar nicht sahen, zum Theil von jungen unmündigen bartlosen Knaben. Wir ringen
nach politischer Freiheit, und sind solche Despoten ja Tyrannen auf dem technischen
Weltschauplatze. Ihr Herren Polytechniker, die ihr jetzt in alle
Staaten-Verfassungs- und Dynastienumwälzungen so gerne die Nase
hineinsteckt, hier ist ein würdiger Feind zu bekämpfen, gegen ihn vereinigt eure
geistigen Kräfte, hier sichtet das Praktische vom Unpraktischen, hier hebt die
Widersprüche, stellt das Licht der Erfahrung in die Finsterniß, und ihr werdet,
statt daß ihr dort eures Gleichen, eure armen Mitbrüder einer
Meinungsverschiedenheit wegen tödtet oder zum Krüppel macht, Leben, Freiheit und
Sicherheit für diejenigen bringen, die bisher mit Gefahr ihres Lebens eure
materiellen Interessen förderten, und euch im Fluge von einer Fundgrube des Wissens
zur andern führen, wohin euch sonst wegen der unüberwindlichen Schwierigkeiten,
große Entfernungen schnell und mit wenig Kostenaufwand zu durchlaufen, nur sehnsüchtig
eure Blicke zu wenden gestattet war.
Wenn ich oben anführte, daß meine spätem Erfahrungen die in meinem Hauptwerke schon
aufgestellte Behauptung, daß bei Anwendung eines höhern Dampfdrucks sich eine
größere Ersparung an Brennmaterial herausstelle, bestätigen und in der Ueberzeugung
immer fester gemacht haben, so kann ich dieß durch meine neuesten Kessel und
Maschinen, vorzugsweise aber durch erstere, die seit Herausgabe meines Hauptwerkes
wieder viele wichtige und durchgreifende Verbesserungen erfahren haben, beweisen.
Mein Schiffkessel gibt, wie ich früher in der oben angeführten Abhandlung schon
erzählt habe, und wie wir weiter unten noch ausführlicher hören werden, mit
derselben Feuerung und Rostfläche fast um ein Drittel mehr Dampf, als ich an meinen
frühern Kesseln, selbst bei Nro. 2. meines Hauptwerkes gewöhnt war. Die bei den
Kesseln angeordnete Stellung der Röhren über dem Feuer hat sich hier in einem Lichte
gezeigt, welches meine kühnsten Erwartungen übertraf, und zwar wohl in Folge des
Umstandes, daß ich die Röhren noch enger (von 2 Zoll Durchmesser) nahm und ihre
Speisung mit Wasser noch vollkommener und sicherer anordnete. Die Hitze er scheint
bei dieser Construction der Kessel so vollkommen absorbirt, daß schwerlich die Sache
weiter zu treiben seyn dürfte, indem derselbe, wie oben schon berichtet ist, nach
einer längern Erfahrung mit 1 Pfund Streikohlen 10 bis 11 Pfund Wasser verdampft und
in Dämpfe von 8 bis 9 Atmosphären Druck verwandelt. Ein Kessel, ähnlich der altern
Einrichtung (Nro. 2. meines Hauptwerkes), nur mit weitern Röhren, hatte bisher bei
mir für einen meiner vollkommensten Kessel gegolten, derselbe konnte bei derselben
Feuerberührungsfläche aber noch nicht 2/3 des von dem Schiffskessel producirten
Dampfes liefern.
Aber auch selbst die altern Kessel (Nro. 2.) haben immer mehr Ruhm sich erworben.
Derjenige, der die dreißigpferdekräftige Dampfmaschine in der hiesigen Walkmühle und
Tuchappreturanstalt in Bewegung setzt, betreibt diese jetzt mit geringerem
Torfaufwand, als früher. Versuche, die neuerdings mit dieser Maschine angestellt
wurden, haben dieß erwiesen! – Die Schiffdampfmaschine von 16–18
Pferdekräften braucht 5–6 Pfund pro Pferdekraft
in der Stunde wohl aus dem einfachen Grunde, weil sie nicht mit Expansion geht. Daß
sie solchen Effect noch unter diesen Umständen gibt, ist der beste Beweis, daß der
Kessel von vorzüglicher Wirkung sey, und also eine Bestätigung des oben
Gesagten.
Ich bemerkte früher, daß die bessere Wirkung dieses Kessels wohl hauptsächlich dem geringern
Durchmesser seiner Röhren und der bessern Speisung derselben mit Wasser
zuzuschreiben sey. Es ist dieß aus doppelten Gründen erklärlich, einmal, weil engere
Röhren im Verhältnisse zu ihrer Feuerberührungsfläche weniger Wasser enthalten als
weitere; zweitens, weil engere Röhren nicht so starke Wände zu haben brauchen als
weitere. In meinem Hauptwerke habe ich schon darauf aufmerksam gemacht, wie sehr
eine größere Metallstärke der Röhrenwände die Mittheilung der Hitze aus Wasser
vermindere, und wie sehr man aus diesem Gesichtspunkte betrachtet schon Ursache
habe, diese schwächer zu construiren: hier ist ein neuer Beleg dafür.
Aus Rücksichten, bequemer und billiger zu bauen, und genietete eiserne Röhren
anwenden zu können, habe ich eine Zeit lang Siederöhren von 7–8 Zoll
Durchmesser angewandt, und diese von 3/16 Zoll dicken Blechen zusammengenietet; die
Erfahrungen, die ich an dem Kessel der obengenannten 30pferdekräftigen Maschine hier
und an dem Dampfschiffkessel gesammelt habe, haben aber den Beweis gegeben, daß,
wenn die Resultate jener weitern Röhren auch nicht gering geachtet zu werden
verdienen, die engern und schwächern Röhren dennoch den Vorzug verdienen, weßhalb
ich auch nicht anstehe, sie bei allen jetzt zu bauenden Dampfkesseln anzuwenden.
Ueber die Kessel mit weitern genieteten eisernen Röhren werde ich später
umständlicher sprechen.
Meine frühern Kessel von der Gattung Nr. 2 sind alle, wie mein Hauptwerk besagt, mit
kupfernen Röhren ausgerüstet. Ich nehme zu den neuesten Kesseln nach dem Beispiel
des Dampfschiffkessels aber gezogene eiserne 2 englische Zoll im Durchmesser
haltende Locomotivröhren. Eisen ist zwar kein so guter Wärmeleiter als Kupfer, aber
der geringere Durchmesser der Röhren, ihre geringere Metallstärke, und die kleinere
Quantität Wasser darin scheint alles auszugleichen, auch ist bei ihnen keine
galvanische Wirkung (wenn man eine für möglich halten sollte) denkbar. Zudem habe
ich vor einigen Jahren erfahren, daß andere Mechaniker auch schon eiserne Röhren zu
meinen Kesseln mit Glück versucht haben. Hr. Schmidt,
Mechaniker in der in Breslau von der preußischen Seehandlung angelegten großen
Maschinenbauanstalt, erzählte mir, als ich ihn auf der großen Industrieausstellung
in Berlin kennen lernte, daß die Anstalt meine Kessel dort mit großen Glücke
nachzubauen versucht, und vierzöllige eiserne und mit Schlageloth gelöthete Röhren
genommen hatte, wegen der preußischen Verordnung deren Wände aber leider hätte
überflüssig dick bauen müssen: dennoch hätte aber gleich der erste Kessel, der statt
eines alten gewöhnlich construirten an einer schon bestehenden 10 pferdekräftigen
Dampfmaschine angelegt wäre, diese Maschine beinahe auf 20 Pferdekräfte gebracht, obgleich
die Feuerberührungsfläche desselben nur sehr wenig größer genommen wäre, als meine
Vorschrift für eine Maschine von 10 Pferdekräften bestimmt. Er erzählte mir ferner,
daß in der Anstalt damals schon bereits fünf Kessel nach meinem Principe angefertigt
wären, und daß ihre Leistungen allenthalben außerordentliche Zufriedenheit erregt
hätten. Wollte Gott, daß viele Maschinenbauer dem Beispiele dieser Anstalt folgten.
Sie würden sich bald überzeugen, wie wahr alles sey, was ich von diesen Kesseln
gesagt und an ihnen gerühmt habe. Vor allen Dingen empfehle ich ihnen aber meine
neuesten Kessel zum Nachbau, die nicht allein den Vortheil haben, daß sie mehr
leisten als die frühern, sondern auch einfacher und leichter anzufertigen sind als
jene.
Bei meinem neuen Schiffkessel habe ich in jeder Beziehung viele schätzbare
Erfahrungen gesammelt. Um in einem kleinen Raume recht viele Röhren mit ihrer
Heizung anbringen zu können, habe ich die Zwischenräume zwischen den Röhren, sowohl
die seitlichen als die zwischen 2 Röhrenlagen übereinander befindlichen, 1/4 Zoll
enger gemacht als bei einem Kessel dieser Art, der früher für dieß Schiff in
Anwendung war, und der trotz eines nur 14 Fuß hohen Schornsteins, einen ganz
vorzüglichen wahrhaft dröhnenden Zug hatte, aus gleichem Grunde aber auch die Roste
im Mittel circa nur 15 Zoll unter den untersten Röhrenlagen angebracht. Die Folge
dieser Maaßregel war, daß die Röhrenzwischenräume sich immer in sehr kurzer Zeit,
oft sogar schon in einer Stunde so mit Ruß verlegten, daß aller Zug vollständig
aufhörte und das Feuer kaum in Brand zu erhalten war. Mann kann denken, wie mich
dieser Umstand in Verlegenheit setzte, da das Schiff immer seine regelmäßigen
Fahrten zu machen hatte. Um einigermaßen Luft zu schaffen, ließ ich anfangs dann und
wann eine Patrone Pulver auf den Rost werfen, die nach wieder geschlossener Thür
verpuffte und durch die starke bei dieser Verpuffung stattfindende Luftentwicklung
eine heftige plötzliche Luftströmung im Ofen bewirkte, wodurch ein großer Theil des
Rußes durch den Schornstein entfernt wurde. Da dieses Mittel, obgleich völlig
unschädlich, bei den Passagieren jedoch einige Unruhe und für die
Dampfschifffahrtsgesellschaft unnöthige Kosten verursachte, so versuchte ich ein
anderes. Ich ließ nämlich Wasser durch eine Oeffnung in der Rauchbüchse zwischen die
Röhren hineinbrausen, wobei durch die zwischen den Röhren entstehende
Dampfentwicklung eine Dampfströmung entstand, die ebenfalls einen großen Theil Ruß
entfernte, so daß das Schiff doch immer seine regelmäßige Fahrten halten konnte,
wenn gleich es nicht so geschwinde fuhr, als es nach völliger Hebung dieses bösen Umstandes
gefahren seyn würde. Alle diese Mittel waren jedoch nur Palliativ und dabei
unbequem, und erregten Aufsehen und Verdacht bei den Passagieren, daß der Kessel in
Unordnung sey, und mit Gefahr drohe. Es war also durchaus ein radicales Mittel
nöthig das für immer Stand zu halten die Eigenschaften habe. Dieses zu finden sann
ich längere Zeit vergebens nach.
Mein guter Stern verließ mich indessen auch hier nicht, wie er mich denn überhaupt
nicht leicht verläßt, weil ich in dergleichen schwierigen Lagen immer meine Ruhe
behalte. Gewiß wird mancher meiner Leser begierig seyn, wie ich das Uebel radical
entfernte, ich sage radical, denn es wurde wirklich so gründlich gehoben, daß sich
später auch nie eine Spur wieder davon gezeigt hat. Dieß Mittel war bekannt und sehr
einfach, ich ließ den aus der Maschine ausstoßenden Dampf in den Schornstein blasen,
indem ich das Exhaustionsrohr dahin leitete, es innerhalb des Schornsteins nach oben
bog, und seine äußere Ausströmungsöffnung bis auf 3 Zoll zusammenzog. Auf diesem
Wege bewirkte ich eine stete Wiederholung solcher starken Luftströmungen durch den
Ofen, als ich durch die Anwendung des Pulvers und des zwischen die Röhren gebrachten
Wassers bewirkt hatte, und der Ruß fand nie Ruhe sich an die Röhren abzulagern.
Zugleich wurde der Zug im Ofen auf eine sehr günstige Weise befördert, indem die oft
wiederholten Strömungen, obgleich nur absatzweise (100 bis 120 in der Minute)
wirkend, dennoch einen ziemlich regelmäßigen Luftzug zu den Rosten bewirkten, weil
wahrscheinlich die Luft, einmal in Bewegung gebracht und den Gesetzen der Trägheit
gehorchend, in den Zwischenzeiten zwischen den einzelnen Stößen die Bewegung mit
größerer Geschwindigkeit fortsetzte, als es bei einem natürlichen Zuge geschehen
wäre.
Man wird bekennen müssen, daß dieser Fall, der mir so manche Verdrießlichkeiten und
so manche schlaflose Nacht brachte, in mancher Beziehung äußerst belehrend gewesen
sey. Ich für meinen Theil habe zwei sehr wichtige und auf den Bau der
Hochdruckmaschinen, vorzüglich der Locomotiven sehr einflußreiche Schlüsse daraus
gezogen:
1) Hat nämlich diese Erfahrung einen Beleg geliefert, daß ein starker Zug in einem
Dampfkesselofen auch durch ein mehr absatzweises Einblasen von Dampf in den
Schornstein bewirkt werden könne.
2) Daß man deßhalb die Dampfausströmungsöffnung am Exhaustionsrohr der Dampfmaschine
nicht in dem Maaße zu verengern brauche, wie es bisher geschehen ist.
In Beziehung auf den ersten Punkt muß ich hier noch erwähnen, daß ich anfangs in
Absicht auf den günstigen Erfolg des letztern Mittels insoferne zweifelhaft war, als
ich das in nicht ganz geringen Intervallen eintretende Ausblasen der Dämpfe in den
Schornstein (das Schiff hat, wie aus meiner frühern Abhandlung über dieses Schiff
bekannt ist, nur eine einzige Maschine, die zwischen 50 bis 60 Umgänge in der Minute
macht) für nicht genügend hielt, einen stärkern Zug im Ofen zu bewirken, wenn ich
gleich große Hoffnung hegte, daß durch die einzelnen dadurch bewirkten schnellen
Luftströmungen die Ablagerung von Ruß zum größten Theil verhindert würde. Um so
auffallender war es mir, als ich bei genauer Beobachtung des Feuers ein den
wiederholten Luftströmungen entsprechendes zuckendes Auflodern desselben nur wenig
bemerken konnte, im Gegentheil den Zug fast gleichmäßig vermehrt sah und im
Ausströmen des Rauches aus dem Schornstein weit mehr Regelmäßigkeit wahrnahm, als zu
vermuthen stand. Ich glaube nicht, daß meine obige Erklärung des Phänomens
Widerspruch finden dürfte, und es käme nur darauf an, bei den Locomotiven deßhalb
Versuche zu machen, wo der Erfolg um so gewisser erscheinen dürfte, als die
Intervallen zwischen den verschiedenen Ausströmungen der Dämpfe in den Schornstein
nur sehr klein sind, indem hier zwei Maschinen und mit sehr rapider Schnelligkeit
wirken. Herr de Pambour will zwar bei seinem Versuchen
über diesen Gegenstand manche Zweifel gegen diese meine Hoffnung erregen, deßhalb
ist sie jedoch ungetrübt, und es dürfte darauf ankommen, ob die Wiederholung der
Versuche unter andern Verhältnissen nicht andere Resultate geben würden.Man vergleiche hier das in meinem Hauptwerke S. 388 in der Note Gesagte. Hrn.
de Pambour's Versuche findet man bemerkt in
Comptes rendus de Academ. d. scienc. I. Semestr. Nr. 11. und im polytechn. Journal B. LXXIX S. 2: für meine Ansicht
sprechen die später auf der Hull-Selby-Eisenbahn zum Versuch
gestellten im Jahre 1840 patentirten Locomotiven von Gray (s. Civil engineers und
architect's Journal, Dec. 1840, p. 427
und polytechn. Journ. Bd. LXXIX S.
337). Sehr geneigt bleibe ich doch immer trotz jener seiner Versuche zu glauben,
daß auch in dem Falle, wo der Zug bei Anwendung weiterer Ausströmungsöffnungen etwa
gemindert erschiene, diesem Uebelstande dadurch reichlich werde abgeholfen werden,
daß der Dampf im Cylinder bei größern Ausströmungsöffnungen weniger Gegendruck auf
den Kolben fände, und so durch größern Effect den geringen Abbruch an Zug reichlich
ausgleiche; wobei aber derselbe Effect mit weniger Zug, also auch mit weniger
Brennmaterial erreicht würde. Hat einer meiner Leser je Versuche mit
Exhaustionsröhren und Oeffnungen von verschiedener Weite bei Hochdruckmaschinen
gemacht, so wird er sich
überzeugt haben, wie außerordentlich nachtheilig schon eine geringe Verengerung auf
den Gang und die Kraft der Maschine wirke, und mir in jener Vermuthung gerne
beistimmen.Man vergleiche hier das in meinem Hauptwerke S. 8. in der 2ten Note
Gesagte. Sollte ich noch einmal eine Locomotive bauen, so werde ich die Sache soviel
als möglich aufzuklären und zu einem erfreulichen Ziele zu führen suchen.
Hoffentlich werde ich ja noch eine Weile leben; denn Sorge und Mühe haben mich an
Körper und Geist in dem Maaße gestählt, daß aus einem schwächlichen Jünglinge ein
kräftiger Mann wurde, und so wäre ja noch einige Hoffnung vorhanden, daß ich dieses
höchste Ziel meiner Wünsche einmal erreiche.
Welchen Verlust an Kraft die Locomotiven aber durch die
starke Verengerung ihrer Exhaustionsöffnungen erfahren müssen, liegt schon dadurch
klar am Tage, daß Maschinen, deren Kesseln durch Exhaustoren ein starker Zug gegeben
wird, in ihrer Wirkung nicht nachbleiben gegen solche, bei denen wie bei den
Locomotiven verfahren wird, um diesen Zug künstlich zu verstärken; muß in diesem
Falle die Maschine doch auch den Exhaustor in Bewegung setzen, wozu wahrlich kein
ganz kleiner Kraftaufwand nöthig ist. Derselbe tritt aber dann immer in ein
bedeutendes Mißverhältniß zur Kraft der Maschine, wenn diese von minderer Größe und
geringerm Effecte ist. Exhaustoren, d.h. Centrifugalexhaustoren müssen nämlich eine
bestimmte Ausdehnung haben, wenn sie von Wirkung seyn sollen, verschlingen also bei
ihrem Betriebe einen nicht unbedeutenden Theil der Kraft der Maschine, selbst dann,
wenn sie von einem kleinern Durchmesser genommen werden. In diesem Falle muß
nämlich, was dem Widerstande der auszutreibenden Luft an den Flügeln abgeht, wieder
durch größere Geschwindigkeit dieser Flügel ersetzt werden, es wird also an
Kraftmoment zur nöthigen Ingangsetzung derselben wenig gewonnen.
Sollte Herr de Pambour durch seine Beobachtungen über die
vortheilhafteste Größe der Ausströmungsöffnungen bei Locomotiven über meine Ansicht
den Sieg davon tragen, so. dürfte die Sache auf folgende Weise zu erklären seyn:
Bei den Locomotivkesseln bildet die Summe sämmtlicher Siedröhrenmündungen des Kessels
wegen der sie bedeutend verengenden keilförmigen Cone nur eine Oeffnung von geringem
Areal, und durch diese Oeffnung wird die Luftströmung schon aus dem Grunde viel
geringer als bei einer einzigen gleichgroßen Oeffnung seyn, weil sie sich in viele
kleine Züge
vertheilen muß, in welchen die durchströmende Luft eingeengt wird, und durch Reibung
an den Wänden der vielen Röhren großen Abbruch an ihrer schnellen Bewegung erleidet.
Um alle diese Hindernisse für eine schnelle Luftströmung, also einen starken Zug zu
besiegen, ist ein stärkeres kräftiger wirkendes Mittel nöthig, als bei meinem
Kessel, wo zwar auch die zwischen den Röhren durchströmende erhitzte Luft
fortwährende Brechungen in ihrem Strome erfährt, dafür aber auf ein viel
bedeutenderes Areal von Durchströmungsöffnungen zwischen den Röhren trifft. Wieviel
Gewicht beiderlei Gattungen von Hindernissen für sich haben, und ob wegen dieses
größern Areals der Durchströmungswege zwischen den Röhren wirklich ein überwiegender
Vortheil auf Seite meines Kessels obwalte, können nur directe Versuche genügend
entscheiden.Ich bin völlig überzeugt, daß bei Anwendung meiner neuesten Kessel auf
Locomotiven ein künstlicher Zug in einer weit geringern Ausdehnung nöthig
werde, als bei den jetzt gebräuchlichen Kesseln, ja daß er sogar ganz
wegfallen könne und so eine Heizung meiner Kessel auf Locomotiven mit Torf
und Holz und Steinkohlen möglich sey und von gutem Erfolg seyn könne. Der
Gewinn hiebei würde nicht allein in Absicht auf Ersparung an Kraft der
Maschine wichtig werden, sondern auch in Beziehung auf eine mögliche
Anwendung anderer gewöhnlicherer Brennmaterialien als Kohks Beachtung
verdienen. Holz wendet man zwar schon auf manchen Bahnen mit Glück an, auf
der Braunschweig-Harzburger (polytechn. Journ. Bd. CXI S. 267) und auf der
München-Augsburger Bahn (polytechn. Journ. Bd. C S. 486) selbst schon Torf.
Versuche mit letzterem haben aber, selbst wenn man den Torf mit Steinkohlen
vermischte, noch immer nicht ganz günstige Resultate gegeben; dieselben
wurden von Herrn Klein angestellt.
Es stellt sich in diesem einfachen kunstlosen, wohlfeilen und kraftersparenden
Mittel, den Zug im Ofen künstlich zu vermehren, ein Vortheil der Hochdruckmaschinen
heraus, den ich in meinem Hauptwerke noch nicht einmal erwähnt habe, und der in
manchen Beziehungen größeres Gewicht gewinnt, als manche andere Vorzüge, die ich
dort angeführt habe. Die große Bequemlichkeit, unter allen Umständen bei diesen
Maschinen einen starken Zug im Ofen gewinnen zu können, ohne große und hohe
Schornsteine zu bauen, und ohne an Kraft der Maschine einzubüßen, ist (d.h. unter
der Voraussetzung, daß ich die Exhaustionsöffnung nicht in dem Maaße verengere, daß
dadurch ein merklicher Gegendruck auf den Kolben erhalten wird) von unschätzbarem
Werthe, und gibt ihnen ein neues unberechenbares Uebergewicht über
Condensationsmaschinen. Ich habe in dem Vorhergehenden gezeigt, wie weit man bei
dieser Verengerung gehen könne, ohne Nachtheil zu erleiden, und hege keinen Zweifel,
daß man darin noch günstigere Verhältnisse für die Maschine und ihre Kraft erzielen
könne. In dieser Rücksicht darf ich nicht unberührt lassen, daß auf dem hiesigen Dampfschiffe nach
Abschmelzen des obern sich innerhalb des Schornsteins bis auf 3 Zoll verengenden
Theils des zuerst versuchsweise von Weißblech construirten Ausblaserohres, die
Oeffnung auf 4 Zoll erweitert wurde, ohne daß ein besonders merklicher Unterschied
im Zuge des Ofens eintrat. Die Maschine behielt ihre regelmäßige Geschwindigkeit,
wie ich mich selbst überzeugt habe, da der Umstand gleich auf der ersten Reise
eintrat, die ich nach Anbringung dieser Vorrichtung mitmachte. Der Zug unter dem
Kessel verlor selbst dadurch nicht merklich an Intensität, daß der ausblasende Dampf
die gehörige Richtung in seiner Bewegung verlor, nicht mehr in der Achse des
Schornsteins in diesen hinausblies.
Ich muß, da ich nun einmal bei diesem Gegenstande verweile, noch eines merkwürdigen
Umstandes Erwähnung thun, der auf derselben Reise eintrat, und den ich meinen
geneigten Lesern hier zur Beachtung vorlegen will. Wir waren auf der Station Malchow
angekommen, und legten, wie gewöhnlich, vor der Zugbrücke an, um die Passagiere
auszuschiffen. Nach beschaffter Ausschiffung pflegt dann das Schiff langsam die
Brücke zu passiren, und auf der andern Seite die vorhandenen Passagiere aufzunehmen.
Bei diesem Durchgange, wo die Räder nur einige Schaufelschwingungen machen, die
Maschine also nur einige Dampfexhaustionen, und zwar in längern Interwallen, in den
Schornstein macht, wurde das weißblecherne Exhaustionsrohr plötzlich mit einem
bedeutenden Knall flach zusammengedrückt, ohne daß irgend eine Schädlichkeit von
außen darauf einwirkte. – Wie ist dieser Umstand zu erklären? Ich will meine
Meinung sagen. Schon in meinem Hauptwerke habe ich den sonderbaren Umstand
angegeben, daß nach jeder Exhaustion einer Hochdruckmaschine mit sehr hohem Drucke
ein Bestreben der äußern Luft eintritt, in den Cylinder zu dringen in Folge einer
geringen Leere, die durch die stattgehabte Exhaustion auf die von mir dort erklärte
Weise statt hat. Sollte dieser Fall nicht die nämliche Ursache haben? Die Spannung
der Dämpfe im Kessel war durch das Anhalten des Schiffs gerade gestiegen, und nun
wurden von diesem starken Dampfe nur einzelne Stöße der Maschine gegeben. Bei
schnellem Gange der Maschine wird das Exhaustionsrohr nie in dem Maaße von Dampf
leer, daß ein so starkes Vacuum, als zum Zusammendrücken des Rohres durch die äußere
Luft nöthig ist, entstehen kann; nach diesen einzelnen Stöße hatte der Dampf aber
Zeit, nach den Gesetzen der Trägheit in dem Maaße aus dem Exhaustionsrohre
auszutreten, daß eine das Zusammendrücken des Rohres bedingende gehörig kräftige
Verdünnung entstehen
konnte. Man kann sich denken, daß dieser Fall eine unangenehme Zögerung von circa
einer halben Stunde in der Abfahrt herbeiführte; zu welchen Betrachtungen gab er
aber nicht dem denkenden Physiker Veranlassung, und welchen Gewinn zieht vielleicht
die Zukunft daraus? Gerade dieß war aber auch Ursache, weßhalb bei mir Freude
erregend wirkte, was die andern Passagieren verdroß.
Da wir dem Rohr vorläufig nur einigermaßen seine vorige Rundung wieder geben konnten,
so wurde es bei der endlichen Weiterfahrt ein neuer Gegenstand einer sorgfältigen
Beobachtung von meiner Seite. Es fand sich nämlich, daß es nun einem athmenden
Thiere glich, indem es sich bei der Exhaustion plötzlich ausdehnte, während es
gleich darauf sich zusammenzog, und dieß, wie mir schien, wieder durch ein jedesmal
nach der Ausströmung entstehendes geringes Vacuum in demselben so lange fortdauerte,
bis wir es in Waren (auf der Mittagsstation) in dem Grade schnell ausbessern (mit
Ringen verstärken) ließen, daß es noch bis zur Vollendung des bei mir in meiner
Fabrik in Arbeit stehenden stärkern Rohres aushielt.
Hat Hr. de Pambour Recht, daß eine Verengerung der
Exhaustionsrohröffnung in dem Schornsteine der Locomotiven keinen Nachtheil auf den
Gang und die Kraft der Maschine übe, so gäbe der eben erzählte Fall, der wiederum
eine Bestätigung jenes in meinem Hauptwerke erzählten merkwürdigen Phänomens ist,
einigermaßen einen Schlüssel dazu. Durch die Verengerung der Oeffnung wird nämlich
die Geschwindigkeit des ausströmenden Dampfstrahls vermehrt und deßhalb die darnach
entstehende Verdünnung um so greller hervortreten. Ich habe vorhin bei dem Vortrage
jenes merkwürdigen Falles besonders hervorgehoben, daß vor der erfolgten
Zusammendrückung des Rohres der Dampf eine höhere Spannung im Kessel angenommen
habe. Ich urgirte dieß besonders, weil sich daraus eine größere Geschwindigkeit der
nun erfolgenden Ausströmung der Dämpfe aus der Exhaustionsöffnung im Schornstein
ergibt, und so die Entstehung eines so bedeutenden Vacuums, als zur Zusammendrückung
eines weißblechernen Rohres von 5 Zoll Durchmesser nöthig war, besser erklärt. Ob
gerade das in längern Intervallen stattfindende Ausströmen der Dämpfe in dem hier
angeführten Falle, nicht wesentlich war, insofern als dadurch zur Bildung eines
geringen Vacuums Zeit gewonnen ward, und bei so schnell aufeinander folgenden
Exhaustionen wie bei den Locomotiven, eine andere der Behauptung des Hrn. de Pambour nicht günstige Wendung nehme, überlasse ich
der Beurtheilung meiner Leser.
Ich hoffe, daß man mir die hier eingestreuten Abschweifungen von dem eigentlichen
gerade vorliegenden Gegenstande freundlich nachsehen werde. Möge das hohe Interesse,
was ihr Gegenstand erregen dürfte, mein Fürsprecher seyn. Gewiß ist es, daß nicht
genug gethan werden könne, um den zuletzt vorliegenden Punkt immer mehr aufzuklären
und Anhaltspunkten in der Erfahrung für seine richtige Erklärung und Würdigung
nachzuspüren. Ich kann deßhalb auch nicht genug denjenigen meiner Leser, die
Hochdruckmaschinen bauen oder unter Aufsicht haben, anempfehlen, meine Beobachtungen
über einen Gegenstand zu unterstützen, der mir schon früher so manches Räthsel
aufgegeben hatte. Unter diesen Räthseln will ich das nur hier noch schließlich
anführen, daß oft das Fett aus den von mir angewendeten Fettbüchsen für die
Lubrificirung des Cylinders, deren Einrichtung mit einem nach dem innern Raume des
Cylinders hin sich öffnenden Ventile ich in meinem Hauptwerke schon beschrieben
habe, nach und nach verschwand, ohne daß es auf eine andere Weise aus demselben
herausgekommen seyn konnte, da keine Spur von etwaigem Ueberfließen desselben über
den Rand der Büchse sich zeigte, die Wirkung der Maschine aber deutlich beurkundete,
daß es in den Cylinder eingedrungen sey. Wie war es in diesen hineingekommen?
– Doch nicht anders als durch das Fettventil, und wie konnte sich dieses
öffnen, wenn der Druck im Cylinder nicht oft unter den der äußern Atmosphäre sank?
– Diese Erscheinung zeigte sich vorzüglich da am häufigsten, wo das
Fettventil nur durch eine sehr schwache Feder angedrückt erhalten wurde.Wir beobachten diese merkwürdige Erscheinung an der in meiner Werkstätte
arbeitenden Hochdruckmaschine jetzt sehr häufig, und bei genauem Aufmerken
hört man auch bei jeder Exhaustion der Dämpfe aus dem obern Cylinderraum ein
kurzes zischendes Einströmen von Luft durch das Fettventil in den
Cylinder.
(Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)