Titel: | Ueber die Verbindungen der Schwefelsäure mit Wasser; von Hrn. Bineau. |
Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. XL., S. 208 |
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XL.
Ueber die Verbindungen der Schwefelsäure mit
Wasser; von Hrn. Bineau.
Im Auszug aus den Annales de Chimie et de Physique, Nov.
1848, S. 337.
Bineau, über die Verbindungen der Schwefelsäure mit
Wasser.
Mehrere Chemiker haben sich mit der Bestimmung des specifischen Gewichts der
Schwefelsäure bei verschiedenen Verdünnungsgraden beschäftigt; vergleicht man aber
ihre Resultate, so zeigen sich dieselben keineswegs so übereinstimmend, wie es bei
einer in wissenschaftlicher und technischer Hinsicht so wichtigen Säure zu wünschen
wäre.
Ich will vor allem das bei meinen Versuchen angewandte Verfahren beschreiben. Um die
zu untersuchenden Flüssigkeiten zu bereiten, habe ich destillirte Schwefelsäure
angewandt, welche ganz frei von Stickstoffverbindungen und Arsenik war. Die Synthese
benutzte ich bloß um die Zusammensetzung der Mischungen von Wasser und Schwefelsäure
annähernd zu erfahren. Um definitiv die Zusammensetzung der Flüssigkeiten zu
bestimmen, deren Dichtigkeit ich ermittelt hatte, hielt ich mich nur an die Analyse.
Die concentrirte oder nur wenig verdünnte Schwefelsäure zieht so begierig
Feuchtigkeit aus der Luft an, daß es schwierig wäre eine Veränderung ihrer
Zusammensetzung während des Experimentirens mit ihr zu verhüten. Mein analytisches
Verfahren bestand darin, ein bekanntes Gewicht Säure vorsichtig (um Verlust zu
vermeiden) mit reinem
und vollkommen ausgetrocknetem kohlensaurem Natron zu behandeln, wovon ich die für
eine annähernde Neutralisation erforderliche Menge anwandte. Nachdem alle
Kohlensäure durch anhaltendes Sieden der Flüssigkeit ausgetrieben worden war, wurde
der schwache Ueberschuß von Säure oder Alkali mittelst verdünnter Auflösungen von
bekanntem Gehalt quantitativ bestimmt.
Die unten aufgeführten Dichtigkeiten sind mit der Correction für den Einfluß der Luft
berechnet; ich hielt es für unnütz, die Resultate der Analysen auf den luftleeren
Raum zu reduciren. Ich habe für das Verhältniß der Aequivalente des trockenen
kohlensauren Natrons und der concentrirten Schwefelsäure die Zahl
1,0816 = 662,5/612,5 oder 52/49
angenommen, nach zwei Reihen von Versuchen, welche fast bis
auf 1/1000 übereinstimmend ergaben, daß die Menge Chlorwasserstoffsäure, welche
662,5 des erwähnten Natronsalzes neutralisirt, 1350 Silber präcipitirt.
Die Dichtigkeiten wurden mittelst ähnlicher Apparate bestimmt, wie sie Hr. Regnault anwendet.
Ich habe nach den Versuchen folgende Tabelle verfaßt.
Procente concentrirterSäure.
Dichtigkeit bei 15° C.(12°
R.)
Grad an Baumé'sAräometer bei 15°
C.
5
1,032
4,5
10
1,068
9,2
15
1,106
13,9
20
1,144
18,1
25
1,182
22,2
30
1,223
28,2
35
1,264
30,1
40
1,306
33,8
45
1,351
37,5
50
1,398
41,1
55
1,448
44,7
60
1,501
48,2
65
1,557
51,6
70
1,615
55,0
75
1,675
58,2
80
1,734
61,1
85
1,786
63,5
90
1,822
65,1
95
1,838
65,8
100
1,842
66,0.
Ich habe verschiedene Versuche angestellt, um die Schwefelsäure so weit zu
concentriren, daß sie ein einziges Atom Wasser enthält; es war mir aber nicht möglich, ein
Product zu erzielen, welches weniger als 1 Procent Wasser über die von der Theorie
angegebene Quantität hinaus enthält. Wahrscheinlich hatte die Säure bei ihrer großen
Verwandtschaft zu dem in der Luft enthaltenen Wasserdampf, solchen während des
Erkaltens ungeachtet der angewandten Vorsichtsmaßregeln angezogen. Selbst als ich
Schwefelsäure kochen ließ und den Rückstand destillirte, fand ich in der erhaltenen
Flüssigkeit ungefähr 1 Proc. überschüssiges Wasser. Für Versuche, welche eine sehr
große Genauigkeit erheischen, sind daher Probeflüssigkeiten mittelst concentrirter
Schwefelsäure (dieselbe als Monohydrat vorausgesetzt) schwierig zu bereiten.
Ich muß nun auf einen Umstand aufmerksam machen, welcher auch schon von andern
Chemikern bezeichnet worden ist; die Schwefelsäuren, welche sich dem Zustand der
größten Concentration nähern, zeigen nur einen geringen Unterschieb in ihren
Dichtigkeiten, daher es zweckmäßig ist, sie vorher mit Wasser zu verdünnen, wenn man
die Zusammensetzung ihrer Mischungen mit Wasser genau bestimmen will.
Wenn man eine ziemlich vollständig concentrirte Säure mit beiläufig dem dritten Theil
ihres Gewichts Wasser versetzt, so könnte man auf die entstehende Flüssigkeit die
Formel anwenden
a = d +
0,0006 t – 0,788In dieser Gleichung bezeichneta die in 1 Theil verdünnter Säure enthaltene
Quantität concentrirter Schwefelsäure;d die Dichtigkeit der verdünnten Säure;t die Temperatur (in Centesimalgraden), bei
welcher die Dichtigkeit d beobachtet wurde.
die sich auf Säuren bezieht, für welche d zwischen 1,60 und 1,75 liegt. Um sodann auf die in der ursprünglichen
Säure enthaltene Quantität Schwefelsäurehydrat zurückzugehen, brauchte man nur das
Gewicht der verdünnten Säure mit dem Werth von a zu
multipliciren.
Wir wollen nun sehen, wie weit man sich hiebei der Wahrheit nähert. Wenn man als
Basis die Dichtigkeit der verdünnten Säure annimmt, welche mittelst eines guten in
Zehntelsgrade getheilten Baumé'schen Aräometers bestimmt werden kann, so wird
ein Beobachtungsfehler von einem Zehntelsgrad in der Bestimmung der wasserfreien
Säure nur eine Ungenauigkeit von 2 Tausendsteln verursachen. Nimmt man hingegen als
Basis die Dichtigkeit der nicht verdünnten Säure, so wird ein Irrthum von einem
Zehntelsgrad unter demjenigen, welchen die vollständig concentrirte Säure zeigt, in den
Säuregehalt einen Fehler bringen welcher über 2 1/2 Procent beträgt.
Der Differenz von 1 Grad Baumé entspricht für die sehr concentrirten Säuren
eine Differenz von 10 bis 11 Proc. im Gehalt an wasserfreier Säure. Bedenkt man nun,
wie leicht man sich um 1 Aräometergrad irren kann, sey es aus Unachtsamkeit, oder
wegen Ungenauigkeit des Instruments, oder wegen unberücksichtigt gebliebener
Temperatur-Verschiedenheiten, oder wegen Unreinheit des Products, so begreift
man, daß Schwefelsäuren, welche man nach den Angaben des Aräometers als gleich stark
betrachtet, im Gehalt nicht unbedeutend differiren können.
Für den Handel ist dieser Umstand bei dem niedrigen Preis der Schwefelsäure von
keinem großen Belang, wohl aber für alkalimetrische Proben. Es wurde mir oft
Potasche zum Probiren übergeben, für welche verläßliche Personen sehr verschiedene
alkalimetrische Grade gefunden hatten, und nicht selten äußerten ausgezeichnete
Fabrikanten gegen mich ihre Verwunderung, daß sie bei ihren Proben für Sodasorten
einen Grad fanden, welcher den größten nach der Theorie möglichen Alkaligehalt
derselben bedeutend überschritt. Die Ursache dieser unerwarteten Resultate war, daß
die als Probeflüssigkeit angewandte Schwefelsäure nicht die vorgeschriebene
Zusammensetzung hatte. Aus demselben Grunde wird meines Wissens der Potasche und
Soda im Handel gewöhnlich ein höherer Alkaligehalt zugeschrieben, als er sich nach
genauen Analysen ergeben würde.
Ich habe noch eine Bemerkung mitzutheilen. Die Zahlen in meiner Tabelle, welche den
Gehalt an concentrirter Säure angeben, bezeichnen Säure von der höchsten
Concentration, nämlich mit einem einzigen Atom Wasser. Da nun die käufliche
concentrirte Schwefelsäure stets mehr Wasser enthält, so müssen diese Zahlen, wenn
man sie auf die käufliche Säure beziehen will, offenbar abgeändert, nämlich
vergrößert werden. Gute käufliche Säure enthält gewöhnlich etwa 5 Proc.
überschüssiges Wasser, also 95 Procente ihres Gewichts Schwefelsäure mit einem
einzigen Atom Wasser; um den in den Tabellen angegebenen Gehalt an concentrirter
Säure in den Gehalt an käuflicher Säure umzusetzen, müßte man folglich jenen mit
100/95 multipliciren, wo man dann folgende Ziffern erhält:
Textabbildung Bd. 111, S. 211
Grade am Baumé'schen
Aräometer; Dichtigkeit; Bei der Temperatur von 0°; Temperatur von
12° R.; Säure mit 1 At. Wasser; Gewöhnliche Säure; Procente.