Titel: | Ueber die Farbstoffe des Krapps; von James Higgin. |
Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. XLII., S. 213 |
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XLII.
Ueber die Farbstoffe des Krapps; von James Higgin.
Aus dem Philosophical Magazine, Oct. 1848, S.
282.
Higgin, über die Farbstoffe des Krapps.
Die verschiedenen Analysen des Krapps, welche ich anstellte, führten mich zu
demselben Schlusse wie den Dr. Schunck in seiner unlängst veröffentlichten schätzbaren Abhandlung
„über die Farbstoffe im Krapp,“
Polytechn. Journal Bd. CX S. 40. daß nämlich drei besondere Farbstoffe in demselben enthalten sind: ein
gelber, das Xanthin; ein orangegelber, welchen er Rubiacin nennt, und ein rother, das
Alizarin; dem letztern allein schreibt er alles Färbevermögen des Krapps zu, welcher
Meinung ich mich nicht anschließen kann, und der Zweck meiner gegenwärtigen
Abhandlung ist, zu beweisen, daß unter gewissen Umständen die andern beiden
Farbstoffe einen großen Einfluß auf die färbenden Eigenschaften des Krapps
haben.
Ich glaube daß die Verschiedenheit in unsern Resultaten davon herrührt, daß in dem
einen Falle siedendes Wasser zum Extrahiren der Stoffe, und im andern kaltes oder
lauwarmes angewandt wurde; denn die Temperatur hat einen bedeutenden Einfluß auf die
erhaltenen Producte.
Ich will nun das Verfahren beschreiben, wonach ich die drei Farbstoffe von einander
trennte, bemerke jedoch, daß sie isolirt in ihren Eigenschaften von den Angaben des
Dr. Schunck wenig
abweichen. Alsdann werde ich zeigen, daß, so wie sie im Krapp enthalten sind und
unter den Umständen unter welchen sie beim Färben
angewandt werden, eigenthümliche Reactionen stattfinden, die
meines Wissens bisher noch nie beschrieben wurden.
Dasselbe Verfahren wurde für die verschiedenen Sorten Krapp angewandt, bei
holländischem, französischem, türkischem etc. und mit demselben Erfolge, nur war
natürlich das quantitative und relative Verhältniß der Farbstoffe verschieden.
Ich bringe den Krapp auf ein konisches Filter von weißem Baumwollzeug und wasche ihn
mit siedendem Wasser gut aus, bis die Flüssigkeit nur schwach gefärbt und ohne
besondern Geschmack abläuft. Ich bin ganz gegen das Kochen des Krapps im Wasser,
weil ich finde, daß dadurch Stoffe erhalten werden, welche im Krapp ursprünglich
nicht existiren, sondern Zersetzungsproducte sind, und ich glaube, daß die Operation
in möglichst kurzer Zeit ausgeführt werden soll. Das durch heißes Wasser erhaltene
Extract wird nach dem Erkalten mit Schwefelsäure angesäuert, die einen flockigen
Niederschlag erzeugt, welcher auf einem Filter gesammelt wird. Dieser Niederschlag
enthält Rubiacin und Alizarin mit etwas Pektin. Das dunkelgelbe Filtrat enthält
alles Xanthin, Spuren von Alizarin und Rubiacin, etwas Zucker und die verschiedenen
organischen und anorganischen Salze.
Das Filtrat wird mit kohlensaurem Natron neutralisirt und eine sehr geringe Menge
Thonerdehydrat zugesetzt; man läßt die Mischung bei einer Temperatur von 130°
F. (43 1/2° R.) eine halbe Stunde lang digeriren und filtrirt sie dann; auf
diese Weise werden die Spuren Rubiacins und Alizarins abgeschieden und das Xanthin
bleibt aufgelöst, wenn
nicht zu viel Thonerde angewandt wurde. Dem Filtrat wird Barytwasser zugesetzt, um
die Schwefelsäure und Phosphorsäure zu fällen; nach der Absonderung der Barytsalze
setzt man eine hinlängliche Menge basisch-essigsauren Bleies zu, um alles
Xanthin niederzuschlagen; etwas Chlorblei und ein organisches Salz werden mit
demselben niedergeschlagen. Der rothe Lack wird mit ein wenig kaltem Wasser
ausgewaschen, um etwas Chlorblei, Zucker etc. auszuziehen; hierauf wird er in Wasser
zertheilt und man läßt Schwefelwasserstoff hindurchströmen, wo dann das Xanthin in
dem Schwefelblei zurückbleibt. Dieses wird auf ein Filter gebracht und mit kaltem
Wasser ausgewaschen, um die organische Säure zu entfernen; hierauf wird es zu
wiederholtenmalen in Wasser gekocht und filtrirt. Das Xanthin löst sich dadurch mit
lebhaft gelber Farbe auf; die Auflösung wird im Wasserbade zur Syrupconsistenz
abgedampft und nöthigenfalls mit Baryt neutralisirt, vollends abgedampft und die
trockene Masse mit absolutem Alkohol behandelt. Reines Xanthin löst sich auf und
kann wieder zur Trockene abgedampft werden.
Auf diese Weise dargestellt, ist das Xanthin eine dunkelbraune, gummiartige,
zerfließliche und in Wasser vollkommen lösliche Masse; die gehörig verdünnte
Auflösung desselben ist schön gelb; sie hat einen eigenthümlich unangenehmen,
bittern Geschmack, weder einen zusammenziehenden noch süßen Nebengeschmack. In
Alkohol ist das Xanthin sehr leicht, in Aether nur spärlich auflöslich; in Alkalien
löst es sich mit purpurrother Farbe auf. Alaun schlägt aus denselben einen
mattrothen Lack nieder, welcher auch durch Zusatz einer großen Menge Thonerdehydrat
zur wässerigen Lösung erhalten werden kann. Säuren machen die wässerige Lösung
heller an Farbe, verursachen aber keinen Niederschlag. Wenn man die wässerige Lösung
des Xanthins mit etwas Schwefelsäure oder Salzsäure kocht, so fällt ein grünes
Pulver nieder; dieß ist das charakteristische Merkmal des Xanthins. Wenn die
Auflösung concentrirt ist und mit einer dieser Säuren stark angesäuert wird, so wird
sie in der Kälte allmählich grün. Das trockene Xanthin löst sich in concentrirter
Schwefelsäure mit schön orangerother Farbe auf, beim Erhitzen geht diese mehr ins
Karmesinrothe über, und wenn Wasser zugesetzt wird, schlägt sich aller Farbstoff in
gelben Flocken nieder, welche sich in Ammoniak leicht auflösen und eine schöne
karmesinrothe Farbe geben, die viel glänzender ist, als die durch Ammoniak mit dem
ursprünglichen Xanthin erzeugte. Die Flocken besitzen, soweit ich dieselben
untersuchte, die Eigenschaften des Rubiacins. Die Auflösung in Schwefelsäure, etwa
eine Stunde lang erhitzt, wird braun, und auf Zusatz von Wasser fällt ein braunes
Pulver nieder, welches sich in Ammoniak nicht auflöst und nicht von demselben
gefärbt wird. Das Xanthin wird durch neutrales essigsaures Blei nicht gefällt, durch
basisch-essigsaures aber vollständig; die Verbindung löst sich in kaltem
Wasser nur spärlich, mehr in heißem auf, ist aber sehr auflöslich in Essigsäure.
Beim Erhitzen schmilzt das Xanthin, schwärzt sich und schwillt zu einer voluminösen
Kohle auf, welche ohne allen Rückstand verbrennt. Auf gewöhnliche Weise mit
gebeiztem Zeug behandelt, färbt das reine Xanthin wenig oder gar nicht und ertheilt
der Thonerde nur einen orangegelben Ton.
Der aus dem wässerigen Krapp-Extract mittelst Schwefelsäure erhaltene
Niederschlag wird ausgewaschen und zwar zuerst mit Wasser welches mit Schwefelsäure
angesäuert ist und nachher mit ein wenig reinem Wasser. Hierauf wird etwa ein
gleiches Volum feiner Kreide damit vermengt und das Gemenge zu wiederholtenmalen in
Wasser gekocht und filtrirt, bis die, zuerst dunkelgefärbte, Flüssigkeit eine
schwache blaßrothe Farbe annimmt; die gemischten Lösungen werden mit Schwefelsäure
angesäuert und der grünlich gelbe Niederschlag gesammelt, ausgewaschen, um die Säure
zu beseitigen, und in Alkohol aufgelöst; die Auflösung wird bis auf ein Viertel
ihres Volums eingedampft und dann mit ihrem gleichen Volum Wasser versetzt. Das
niedergefallene Rubiacin kann wieder in heißem Alkohol aufgelöst und aus diesem
herauskrystallisirt werden. Das Rubiacin besitzt folgende
Eigenschaften: in kaltem Wasser ist es wenig, in heißem Wasser mehr auflöslich, die
Auflösung ist bernsteingelb; in Alkohol und Aether ist es sehr auflöslich. Kochende
Alaunlösung löst es auf und bildet eine hellorangefarbige Lösung mit keiner Spur von
Rosenroth; aus dieser Auflösung fällt es beim Erkalten nicht nieder, es sey denn daß
eine große Menge Alizarins mit ihm aufgelöst ist, wo dann beinahe alles Rubiacin
niederfällt. Schwefelsäure schlägt es aus der Alaunlösung vollständig in
grünlichgelben Flocken nieder. Seine Auflösung in Alkalien ist schön karmesinroth,
der Orseille ähnlich. Concentrirte Schwefelsäure löst es sogleich auf und gibt eine
schön orangegelbe Lösung; Wasser fällt es daraus unverändert; eine Zeit lang
erhitzt, wird die Auflösung braun, wo dann Wasser ein feines braunes Pulver daraus
niederschlägt, welches kein Färbevermögen besitzt. Das Rubiacin ist in angesäuertem
Wasser minder löslich als in reinem Wasser; mit Kalk bildet es eine Verbindung von
bedeutender Auflöslichkeit. In einer mit Ammoniak versetzten Auflösung von
schwefelsaurem Ammoniak ist das Rubiacin beim Erwärmen auflöslich – eine
Eigenschaft, welche ein Mittel darbietet, es vom Alizarin zu trennen, welches in diesem Menstruum bei
jeder Temperatur gänzlich unauflöslich ist. Das Rubiacin kann lange Zeit in
verdünnter Schwefelsäure gekocht werden, ohne sich zu verändern. Eine siedende
Auflösung von chlorsaurem Kali wirft nicht auf dasselbe. Beim Erhitzen schmilzt das
Rubiacin, wird schwarz und bildet orangegelbe Dämpfe welche sich zu einer
krystallinischen Masse verdichten. Ein gebeizter Zeug, auf gewöhnliche Weise
behandelt, wird durch Rubiacin nicht gefärbt.
Das Alizarin ist in der kreidigen Substanz enthalten,
welche nach Absonderung des Rubiacins zurückbleibt. Dieselbe wird bei mäßiger Wärme
mit verdünnter Salzsäure digerirt, abgekühlt, filtrirt, und wiederholt mit
verdünnter Salzsäure behandelt, alsdann auf einem Filter ausgewaschen, bis sie frei
von Säure ist; das Alizarin bleibt hiebei zurück und kann in Alkohol aufgelöst und
daraus in Krystallen gewonnen werden. In viel größerer Menge wird es aus dem Krapp
gewonnen, welchen man zuerst mit siedendem Wasser behandelte. Dieser ausgewaschene
Krapp enthält vorzüglich Alizarin mit einer kleinen Menge Rubiacin. Er wird
drei- bis viermal mit einer schwachen Alaunlösung gekocht, um das Rubiacin
abzusondern; hierauf wird er mit einer gesättigten Alaunlösung eine Viertelstunde
lang gekocht und filtrirt; diese Operation wiederholt man, bis der Krapp ganz
erschöpft und aschgrau geworden ist. Die zusammengegossenen Flüssigkeiten werden auf
90° F. (26° R.) abgekühlt und mit Schwefelsäure scharf angesäuert;
nach einigen Stunden hat sich das Alizarin abgeschieden; die Abscheidung desselben
kann durch öfteres Umrühren befördert werden. Der filtrirte Niederschlag kann auf
dieselbe Weise wie das Rubiacin gereinigt werden.
Das so erhaltene Alizarin ist in kaltem Wasser wenig, in
heißem weit mehr löslich; es löst sich sehr leicht in Alkohol und Aether, auch in
kochender Alaunflüssigkeit, mit welcher es eine glänzende, rein rosenrothe Auflösung
gibt. Beim Abkühlen scheidet es sich aus letzterer nicht stark ab; aber
Schwefelsäure schlägt es in einigen Stunden daraus vollständig in orangegelben
Flocken nieder; Alkali fällt aus der Alaunlösung einen schön rosenrothen Lack. Das
Alizarin ist in angesäuertem Wasser minder löslich als im reinen; concentrirte
Schwefelsäure löst es mit schön rother Farbe auf; diese Lösung kann stark erhitzt
werden, ohne sich zu zersetzen; zugesetztes Wasser fällt das Alizarin gänzlich aus
der Lösung. Aus der Auflösung von Alizarin in Alkohol schlägt Kalkwasser eine
dunkelrothe Verbindung von Alizarin und Kalk nieder, die in geringer Menge in reinem
Wasser löslich ist und
durch fortgesetztes Auswaschen ganz aufgelöst werden kann; in kalkhaltigem Wasser
aber ist diese Verbindung ganz unauflöslich. Kohlensaures Natron löst das Alizarin
auf; aber die Lösung setzt, wenn man sie stehen läßt, purpurrothe Flocken ab, die
sich in einer größern Menge Wassers auflösen; die Auflösung ist karmesinroth.
Ammoniak löst das Alizarin reichlich auf und bildet eine schön rosenrothe
Flüssigkeit; kohlensaures Kali löst es nur mit Beihülfe der Wärme auf. Alizarin mit
Kreide gekocht, löst etwas Kalk auf und färbt die Kreide roth. In jeder,
schwefelsaures Ammoniak oder schwefelsaures Kali enthaltenden Flüssigkeit, selbst
wenn solche durch Ammoniak stark alkalisch gemacht wurde, ist das Alizarin
unauflöslich; es wird bloß ein tiefpurpurrothes Pulver. Diese Unauflöslichkeit in
kochendem alkalischem schwefelsaurem Ammoniak ist für das Alizarin charakteristisch.
Beim Erhitzen schmilzt das Alizarin und sublimirt sich. Mit gebeiztem Zeug liefert
das Alizarin die gewöhnlichen Krappfarben, die jedoch viel schöner sind als man sie
mit Krapp erhält.
Nachdem ich nun die isolirten Farbstoffe beschrieben habe, will ich zu zeigen suchen,
daß die Einwirkung des kalten und lauwarmen Wassers auf den Krapp von
eigenthümlichen Wirkungen begleitet ist, und daß durch geeignete Behandlung des
Krapps alles Xanthin und der größte Theil des Rubiacins zum Verschwinden gebracht
werden können, wodurch man das Färbevermögen des Krapps erhöht, und da von den drei
Farbstoffen desselben das Alizarin allein zum Färben dient, so wird dadurch
bewiesen, daß das Alizarin und Rubiacin durch Veränderungen des Xanthins
entstehen.
Wenn man Krapp mit kaltem Wasser vermischt, ihn drei bis vier Minuten lang umrührt
und dann durch feinen Baumwollenzeug filtrirt, so erhält man eine
dunkelröthlichbraune Flüssigkeit, welche anfänglich süß, dann aber unangenehm bitter
schmeckt; ein Tropfen davon, den man auf weißen Calico fallen läßt, erzeugt einen
dunkelgelben Flecken, wie eine Auflösung von reinem Xanthin. Läßt man die
Flüssigkeit 1–2 Stunden stehen, so wird sie gallertartig, wenn die Auflösung
concentrirt war, und es sondert sich ein orangerother flockiger Niederschlag ab;
nachdem dieser abfiltrirt worden, scheint die Flüssigkeit eine Veränderung erlitten
zu haben und hat sehr an Intensität der Farbe verloren. Sie hat jetzt nur noch einen
süßen Geschmack und zeigt keine Spur mehr von der vorher so auffallenden Bitterkeit;
ein Tropfen derselben bringt auf Calico nur einen schwachröthlichen Flecken ohne
Spur von Gelb hervor. Das von der Flüssigkeit abfiltrirte Pulver hat eine sehr intensive
Färbekraft. Die abfiltrirte Flüssigkeit gibt, mit Schwefelsäure angesäuert, noch
mehr Niederschlag von derselben Beschaffenheit, und bleibt blaßgelb zurück, der
gesättigten Auflösung von Rubiacin und Alizarin in einer verdünnten Säure ähnlich.
Aus einer frisch filtrirten Krapplösung wurde Xanthin auf folgende Weise
abgeschieden: – es wurde basisch essigsaures Blei zugesetzt, um allen
Farbstoff niederzuschlagen; der Lack wurde ausgewaschen und durch
Schwefelwasserstoff zersetzt, die Schwefelverbindung einigemal in Wasser gekocht,
die zusammengegossenen Flüssigkeiten mit Ammoniak neutralisirt und ein wenig
Thonerdehydrat zugesetzt, die Mischung eine halbe Stunde lang digerirt und vom
Alizarin- und Rubiacin-Lack abfiltrirt; durch Verdampfung zur Trockne
und Behandlung mit Alkohol wurde eine reichliche Menge Xanthins von seiner
gewöhnlichen Beschaffenheit gewonnen. Das Filtrat der Krappflüssigkeit, die
gestanden hatte bis eine Veränderung eingetreten war, wurde in gleicher Weise auf
Xanthin geprüft, aber keines darin entdeckt. Das rothe Pulver, welches sich
abgesetzt hatte, wurde in Alkohol aufgelöst, mittelst basisch-essigsauren
Bleies niedergeschlagen und der Lack durch Schwefelwasserstoff zersetzt. Beim Kochen
der Schwefelverbindung in Wasser wurde eine orangegelbe Flüssigkeit erhalten, aus
welcher beim Erkalten Flocken von Rubiacin und Alizarin niederfielen: die blaß
orangegelbe Flüssigkeit enthielt so nach offenbar kein Xanthin. Die
Schwefelverbindung, in Alkohol gekocht, lieferte reichlich Alizarin und
Rubiacin.
Es ging aus diesem Versuch deutlich hervor, daß in der sich selbst überlassenen
Krappflüssigkeit alles Xanthin sich in irgend einen Farbstoff verwandelt hatte. Um
die Natur dieser Veränderung kennen zu lernen nahm ich ganz frisch in der Kälte
bereitete Krappflüssigkeit und versetzte sie mit ein wenig essigsaurem Kalk, welcher
das Alizarin niederschlägt. Nach dem Absondern des dunkelrothen Niederschlags von
Alizarinkalk blieb eine dunkelröthlichbraune Lösung; ein Theil derselben wurde mit
Salzsäure angesäuert, wodurch einige gelbe Flocken niederfielen, welche ausgewaschen
sich wie reines Rubiacin verhielten. Beim Versuche, gebeizten Zeug mit diesem Pulver
zu färben, wurden nur die schwächern Rubiacin-Nüancen erhalten. Die vom
Rubiacin abfiltrirte dunkelgelbe Flüssigkeit setzte, einige Stunden stehen gelassen,
keine Flocken mehr ab und wurde zuletzt grün, wie dieß bei der Auflösung des reinen
Xanthins unter denselben Umständen der Fall ist.
Ein anderer Theil der Flüssigkeit, welche von dem durch essigsauren Kalk
hervorgebrachten Niederschlag abfiltrirt worden war, wurde mit etwas Wasser verdünnt und
vier Stunden lang stehen gelassen; sie hatte alsdann die große Bitterkeit verloren
und nur den Geschmack des essigsauren Kalks behalten. Mit Salzsäure angesäuert,
setzte sie gelbe Flocken in großer Menge ab, nach deren Abfiltriren die Flüssigkeit
blaßgelb zurückblieb; die Flocken erwiesen sich als Rubiacin und färbten gebeizten
Zeug nicht. Das gelbe Filtrat wurde auf Xanthin geprüft, davon aber nur eine sehr
kleine Menge in ihm entdeckt.
Eine weitere Portion des ursprünglichen Filtrats wurde 8 Stunden bei Seite gesetzt,
worauf sich ein röthlich-orangegelbes Pulver abgesetzt und die überstehende
Flüssigkeit an Intensität der Farbe sehr abgenommen hatte. Der abfiltrirte
Niederschlag besaß, nachdem er mit verdünnter Salzsäure behandelt und ausgewaschen
worden war, ein bedeutendes Färbevermögen; er wurde in Alkohol aufgelöst, mit etwas
Wasser verdünnt und Kalkwasser zugesetzt; dadurch entstand ein dunkelrother
Niederschlag, welcher in einer rothen Flüssigkeit schwebte. Der abfiltrirte
Niederschlag, mit kochendem Wasser ausgewaschen und durch Salzsäure zersetzt, erwies
sich als reines Alizarin; das Filtrat davon, mit Salzsäure angesäuert, lieferte
gelbe Flocken von Rubiacin. Die im Pulver enthaltene Menge Alizarins war größer als
die des Rubiacins; die Flüssigkeit, aus welcher es sich abgesetzt hatte, wurde mit
Salzsäure angesäuert, wodurch noch eine weitere Quantität Pulvers gewonnen wurde,
welches sowohl aus Rubiacin als Alizarin bestund, doch mehr vom erstern enthielt.
Das Filtrat davon war blaßgelb und enthielt keine Spur Xanthins.
Bei diesen Versuchen hatte die Krappflüssigkeit, welcher alles Alizarin entzogen
worden war und die dann kein Färbevermögen mehr besaß, von selbst eine weitere
Portion Alizarin erzeugt und folglich ihr Färbevermögen wieder erlangt. Da das
Xanthin während des Processes ganz verschwunden war, so mußte die Bildung des
Alizarins auf dessen Kosten geschehen seyn. Dieß findet jedoch nicht unmittelbar
statt, denn wenn man dem Processe, noch ehe ein Niederschlag erfolgte, Einhalt thut,
so wird nur Rubiacin erhalten, während, wie oben, das Xanthin verschwunden ist. Es
leuchtet daher ein, daß das Xanthin vorher zu Rubiacin und dann zu Alizarin
wird.
Diese Reaction ist nicht Folge von Oxydation, denn ich überzeugte mich, daß sie
ebenso gut im luftleeren Raum stattfindet; da ferner zahlreiche Versuche mit der
reinen Substanz und verschiedenen oxydirenden Agentien durchaus kein Alizarin
erzeugten, so glaube ich daß dasselbe bei der Gährung entsteht, welche durch eine im
Krapp enthaltene eigenthümliche stickstoffhaltige Substanz hervorgerufen wird, und der Reaction
zwischen Stärke und Diastas ähnlich ist, bei welcher die Stärke bekanntlich zuerst
in Dextrin und nachher in Zucker verwandelt wird.
Diese Wirkungsweise erhält viel Wahrscheinlichkeit durch verschiedene Versuche,
welche ergaben, daß die mit dem Krapp vorgehenden Veränderungen am besten unter
Umständen hervorgerufen werden, welche der gewöhnlichen Wirkung der Fermente günstig
sind, hingegen durch solche Umstände, die deren Wirkung hindern, aufgehalten
werden.
Ich habe mich bei obenerwähnter Analyse siedenden Wassers zum Extrahiren der Stoffe
bedient, weil dadurch jeder fernem Einwirkung Einhalt gethan wird und die Farbstoffe
in demselben Mengenverhältniß erhalten werden, in welchem sie sich in Krapp
befanden; hätte ich mich falten Wassers bedient und die Lösung eine Zeit lang stehen
lassen, so hätte ich sehr wenig oder gar kein Xanthin, und mehr als die gehörige
Menge von Alizarin und Rubiacin erhalten.
Wird dem Krapp siedendes Wasser zugesetzt, so kann man die Mischung beliebige Zeit
lang stehen lassen, ohne daß sie ihre gelbe Farbe und ihren bittern Geschmack
verliert. Wird Krapp mit kaltem Wasser ausgewaschen und die klar abfiltrirte Lösung
zum Kochen gebracht, so wird sie trübe, schaumig, und voller flockigen Theilchen,
welche abfiltrirt und ausgewaschen, mit dem Geruch der Federn verbrennen. Mit
Aetzkali gekocht entwickeln sie reichlich Ammoniak; das Filtrat derselben verändert
sich beim Stehen nicht.
Wird einer kalten Krapplösung irgend eine Säure oder ein saures Salz zugesetzt, so
entsteht ein flockiger Niederschlag, der aus Alizarin und Rubiacin, Pektin und der
stickstoffhaltigen Materie besteht, während das Xanthin aufgelöst bleibt und sich
beim Stehen der Flüssigkeit nie verändert.
Wenn man einer sehr concentrirten Krapplösung, welche in der Kälte bereitet wurde,
eine hinreichende Menge Alkohols zusetzt, so scheidet sich eine gallertartige
Substanz ab, die zum Theil aus Pektin, zum Theil aus stickstoffhaltiger Materie
besteht; wird dieselbe abfiltrirt, so verändert sich die Flüssigkeit niemals; läßt
man sie aber darin und erwärmt die Flüssigkeit mäßig, um den Alkohol zu verjagen, so
findet in dem Maaße als sich die Flocken wieder auflösen, die Veränderung wie
gewöhnlich statt.
Meine Bemühungen, die stickstoffhaltige Materie rein darzustellen und deren Vermögen
eine Veränderung im Xanthin und Rubiacin hervorzurufen, experimentell nachzuweisen,
waren bisher noch von keinem Erfolge gekrönt. Ich war nicht im Stande sie im
auflöslichen, also wirksamem Zustande darzustellen. Ich verwandelte Krapp mit kaltem
Wasser in einen Teig, preßte diesen stark aus und setzte dann eine bedeutende Menge
Alkohols zu, welcher eine flockige Substanz niederschlug; diese wusch ich gut mit
Alkohol aus, um sie vom Farbstoff zu befreien, welchen sie mit niederreißt. Sie ist
nun eine braune Materie, welche beim Verbrennen den Geruch verbrennenden Fleisches
verbreitet und eine große Menge Asche zurückläßt; wahrscheinlich enthält sie auch
Pektin und Holzsubstanz, welche durch das Tuch gepreßt wurde. Sie ist in Wasser
unauflöslich. Mit Aetznatron gekocht gibt sie den charakteristischen Geruch, welchen
alle Proteïnverbindungen mit einem Alkali erzeugen. Salpetersäure damit
erhitzt, bildet eine gelbe Masse, welche dem Ammoniak eine rothe Farbe ertheilt;
Säuren schlagen ein gelbes Pulver daraus nieder, welches die Eigenschaften der
Xanthoproteïnsäure besitzt. In schwach alkalischen Flüssigkeiten ist die
Masse leicht auflöslich. Sie scheint in jeder Hinsicht dem geronnenen Pflanzeneiweiß
ähnlich zu seyn. Ich war nicht im Stande eine in Alkohol lösliche stickstoffhaltige
Materie aus dem Krapp zu ziehen und glaube, daß diese Substanz der einzige
stickstoffhaltige Bestandtheil desselben ist.
Bei obigen Versuchen beschrieb ich die im kalten Wasser vorgehenden Veränderungen des
Krapp-Extracs; wie bei allen andern Gährungen erzeugt auch hier eine
geeignete Temperatur-Erhöhung schnellere Resultate; die geeignetste ist
120°–130° F. (39–44° R.) Wird Krapp mit Wasser
gemischt auf dieser Temperatur erhalten, so verändert er schnell Aussehen und
Geschmack; er wird allmählich röther, verliert seinen bittern Geschmack und wird
süßer; das Gelb verschwindet und die Flüssigkeit, von Zeit zu Zeit durch Eintauchen
weißen Kattuns geprüft, nimmt beständig an Intensität der Farbe ab. Nach etwa einer
halben Stunde ist alles Xanthin verschwunden und man findet im Krapp, wenn man ihn
untersucht, einen großen Gehalt an Rubiacin und Alizarin; enthielt derselbe
ursprünglich viel Xanthin, so zeigt sich in diesem Stadium das Rubiacin so
vorherrschend, daß er mit Alaun gekocht eine orangegelbe Auflösung liefert. Läßt man
die Gährung fortdauern, so nimmt das Rubiacin abmählich ab und das Alizarin
verhältnißmäßig zu; nach 2 1/2 Stunden ist der Proceß beendigt, und wenn nun der
Krapp getrocknet wird, so findet man in ihm nur mehr eine kleine Menge Rubiacin und
die Farbe der Alaunlösung ist rosenroth, jedoch nicht so rein, wie vom reinen
Alizarin, weil ich auf diesem Wege die letzten Antheile des Rubiacin niemals
beseitigen konnte.
Zu dieser Reaction ist nur eine kleine Menge Wassers erforderlich; doch tritt sie
auch in einer verdünnten Lösung ein. Ich wiederholte sie oft mit gutem Erfolge auf
die Art, daß ich den Krapp mit Wasser zu einem dünnen Teig anmachte, sowohl mit als
ohne Erwärmung, und das verdunstende Wasser ersetzte. Wird dieser Proceß zu lange
fortgesetzt, so hängt sich das gebildete Alizarin an die Holzfaser und der Krapp
gibt dann wenig Farbe an das Wasser ab; Behandlung mit einer erwärmten Säure
versetzt das Alizarin wieder in auflöslichen Zustand.
Guter Krapp enthält hinreichend Ferment, um einen Ueberschuß von Xanthin in
unätzbaren Färbestoff zu verwandeln. Ich ermittelte durch Versuche, daß ein Zusatz
von 20 Procent Xanthin die größte Menge ist, welche der Krapp noch in Alizarin
verwandelt.
Um die Nützlichkeit des Xanthins beim Färben außer Zweifel zu setzen, stellte ich
folgende Versuche an:
1) Zwei gleiche Portionen derselben Krappsorte wurden genommen und jeder die gleiche
Menge Wassers von 120° F. (39° R.) zugesetzt. Der einen wurde noch ein
Zehntheil ihres Gewichts trockenen Xanthins zugesetzt. Sie wurden nun eine halbe
Stunde lang in gleicher Wärme gehalten, dann in jede eine gleiche Menge gebeizten
Zeugs von demselben Muster gebracht und allmählich im Sandbad erhitzt, wobei man
darauf achtete, daß die Temperatur beider Färbegefäße gleichmäßig stieg. Nach
Verlauf von 1 1/2 Stunden, wo die Wärme 180° F. (66° R.) betrug, nahm
ich den gefärbten Zeug heraus, wusch ihn aus und trocknete ihn; das mit 10 Proc.
Xanthin-Zusatz gefärbte Stückchen war viel dunkler und besser gefärbt als das
mit Krapp allein gefärbte; die weißen Stellen waren gleich gut.
2) Derselbe Versuch wurde mit 20 Procent Xanthin-Zusatz mit noch größerm
Vortheil wiederholt.
3) Es wurden zwei gleiche Quantitäten Krapp abgewogen; dem einen wurde eine gewisse
Menge siedenden Wassers zugesetzt und die Mischung dann erkalten gelassen; der
andern Portion wurde dieselbe Menge kalten Wassers zugesetzt. Es wurden nun zwei
gleiche Quantitäten gebeizten Zeugs hineingebracht bei gleicher Temperatur beider
Bäder, und das Ausfärben unter denselben Vorsichtsmaßregeln bewerkstelligt wie
zuvor; das Stückchen Zeug, welches mit der, mit kaltem Wasser behandelten Portion
gefärbt wurde, war ohne Vergleich besser als dasjenige von dem mit siedendem Wasser
behandelten Krapp und hatte schöne, dauerhafte Farben; das andere hingegen blasse,
magere und schmutzige
Farben. Auch die weißen Stellen waren bei ersterem gut, bei letzterem schlecht. Die
Flüssigkeiten wurden nach dem Ausfärben näher geprüft und von der Holzsubstanz
abfiltrirt; diejenige von der erwärmten Portion enthielt viel Xanthin, während die
andere keines enthielt.
4) Vorstehender Versuch wurde mit einer kleinen Abänderung wiederholt. Um zu
ermitteln ob bei der Einwirkung des siedenden Wassers das Alizarin nicht etwa bloß
in einen unlöslichen Zustand übergeführt und dadurch der Krapp in seinem
Färbevermögen geschwächt werde, beschloß ich, den Rückstand von jedem Ausfärben in
Garancin zu verwandeln und mit ihm gebeizten Zeug zu färben; ich setzte deßhalb,
nachdem ich den gefärbten Zeug herausgenommen hatte, jedem Rückstand dieselbe Menge
Schwefelsäure zu und ließ ihn eine halbe Stunde kochen, filtrirte dann und wusch
jeden mit derselben Menge Wassers aus. Die beiden Garancins wurden alsdann in eine
gleiche Menge Wassers gebracht und, wie zuvor, gebeizter Zeug in ihnen ausgefärbt.
Wäre nun das Alizarin durch das siedende Wasser bloß in einen unwirksamen Zustand
versetzt worden, so hätte die Verwandlung des Rückstandes in Garancin dessen
Thätigkeit gewiß wiederhergestellt und das Ausfärben von Zeug mit diesem Garancin
hätte ein besseres Resultat geliefert als das frühere Färben; gerade im Gegentheil
zeigte sich aber derselbe merkwürdige Unterschied wie im ersten Fall. Es ist hieraus
zu ersehen, daß in dem einen Fall das Färbevermögen von dem im Krapp ursprünglich
enthaltenen Alizarin herrührte; im andern aber das Xanthin eine weitere Portion
Alizarin geliefert hatte.
5) Es wurden abermals zwei gleiche Portionen Krapps genommen, der einen eine
Quantität Wasser von 120° F. (39° R.) zugesetzt und diese Wärme eine
halbe Stunde lang unterhalten; hierauf eine gewisse Menge verdünnte Schwefelsäure
zugesetzt, die Mischung filtrirt und die Masse mit einer bekannten Menge verdünnter
Schwefelsäure, und hierauf mit einer bekannten Menge Wassers ausgewaschen.
Die andere Portion Krapp wurde mit ebenso viel Wasser und verdünnter Schwefelsäure
vermischt, filtrirt und mit derselben Menge verdünnter Schwefelsäure und Wasser
ausgewaschen. Die beiden so behandelten Krapp-Portionen wurden zum Färben
gleicher Mengen gebeizten Zeugs unter den gewöhnlichen Vorsichtsmaßregeln verwendet.
Die eine, welche vor dem Auswaschen mit Säure der freiwilligen Wirkung überlassen
war, gab beim Färben volle und satte Farben; die andere aber, aus welcher das
Xanthin unverändert ausgewaschen wurde, lieferte viel schwächere Farben.
Bei diesem Versuche befanden sich die Heiden Krappe genau unter gleichen Umständen;
nur halte man bei dem einen das Xanthin in Gährung übergehen lassen; dennoch war die
Verschiedenheit des Resultats sehr bedeutend und sie konnte nur davon herrühren, daß
das Xanthin in nutzbaren Farbstoff verwandelt wurde. Ich betrachte diese fünf
Versuche als entscheidend über den Werth des Xanthins bei der Krappfärberei.
Der in diesem Falle angewandte Krapp war Ombro (ungeschälter, unberaubter Krapp),
eine sehr xanthinreiche Sorte, die sich daher vorzugsweise dazu eignete.
Mit dieser Theorie des Krapps wird der Färbeproceß viel begreiflicher. Bekanntlich
muß man, um gut mit Krapp zu färben, bei niedriger Temperatur anfangen und die Wärme
allmählich steigern. Die Anwendung der Theorie wird nun folgende seyn. Das Xanthin
beginnt, wenn man den Krapp in das Wasser bringt, sogleich sich zu zersetzen und
wird zu Rubiacin; dieses hinwiederum wird zu Alizarin und alsdann erfolgt die
Vereinigung zwischen letzterm und dem gebeizten Zeug. Das Färben beginnt mit dem im
Krapp schon vorhandenen Alizarin und wird mit dem sich fortwährend bildenden
Alizarin fortgesetzt. Die langsame Erwärmung der Flüssigkeit ist der eintretenden
Veränderung sehr günstig. In der Regel beträgt nach Verlauf der ersten Stunde die
Temperatur 130° F. (44° R.); lange vorher aber ist das Xanthin schon
zu Rubiacin geworden und ein Theil von diesem zu Alizarin, und während der übrigen
Zeit wird diese Umwandlung beendigt; daß das Alizarin sogleich nach seiner Bildung
aus der Flotte abgeschieden wird, beschleunigt wahrscheinlich die Umwandlung des
Rubiacins. Es ist dieß der letzte Proceß; und wenn die Beizen gesättigt sind, ist
immer noch ein kleiner Rest Rubiacin vorhanden, welches die Nüancen zu trüben
strebt; daher rührt der größere Glanz der mit Garancin, welches kein Rubiacin
enthält, erzielten Farben. Bei Untersuchung des rückständigen Färbebads findet man
in der Regel eine kleine Menge Rubiacin, welches dasselbe schillernd macht; auch ist
mit der Holzfaser und dem Kalk immer etwas Alizarin verbunden. Bei Untersuchung des
gefärbten Zeugs, gleichviel welcher Farbe, findet man, wie Schunck zeigte, nur Alizarin.
Zuweilen zeigt es sich vortheilhaft, eine geringere Krappsorte einer bessern
beizumengen, wo dann das Färberesultat nicht das Mittel der beiden Krappsorten
einzeln genommen ist, sondern dem Ergebniß der besseren Krappsorte beinahe
gleichkommt. Die geringere Sorte nämlich enthält soviel Xanthin, daß es sich in der
gegebenen Zeit nicht leicht in Alizarin verwandeln kann; da aber guter Krapp leicht
mehr Xanthin als er selbst enthält, in Alizarin verwandelt, so geht die Umwandlung
beinahe eben so gleichmäßig vor sich, als hätte man bloß guten Krapp angewandt.
Das Gähren und Besserwerden des Krapps, welchen man im Fasse läßt, ist leicht zu
erklären durch die Annahme, daß sich das Xanthin allmählich in Alizarin verwandelt;
vorzüglich gilt dieß von holländischem Krapp, welcher sehr viel Xanthin enthält.
Sehr viele Salze und andere Körper schwächen, wenn sie dem Krappbad zugesetzt
werden, dessen Färbevermögen bedeutend. Eine Untersuchung der rückständigen
Flüssigkeit zeigt in Uebereinstimmung hiemit, daß das Xanthin unverändert
zurückblieb und der Nutzeffect des Färbens war lediglich Folge des ursprünglich im
Krapp vorhanden gewesenen Alizarins.
Der Krapp enthält eine wandelbare Menge unkrystallisirbaren Zuckers, welcher auf
folgende Weise isolirt dargestellt werden kann: – man setzt der nach dem
Fällen des Xanthins bei obenerwähnter Analyse zurückbleibenden Krappflüssigkeit eine
hinreichende Menge verdünnter Schwefelsäure zu, um alles etwa in Ueberschuß
vorhandene Blei niederzuschlagen, dampft dann zur Trockne ab, löst den Zucker in
Alkohol auf, entfärbt ihn mittelst Thierkohle und dampft wieder zur Trockne ab; ging
die Abdampfung zu schnell vor sich, so ist der erhaltene Zucker schwach gefärbt,
bedient man sich aber eines mäßig erwärmten Wasserbads, so erhält man ihn ganz
farblos.
Die von Hrn. Schunck im Krapp
aufgefundenen Harze sind in demselben nach meiner Ueberzeugung ursprünglich nicht
enthalten, sondern bilden sich erst während des Kochens. Ich fand bei meinen
Versuchen über die Bestandtheile, welche aus dem Krapp bei lauwarmer Temperatur oder
durch kurzes Kochen erhalten wurden, nie eine Harzsubstanz; um dieß weiter
darzuthun, kochte ich Krapp zu wiederholtenmalen in Alkohol, bis er aschgrau wurde
und keinen Farbstoff mehr an den Alkohol abgab; die Flüssigkeiten wurden
zusammengegossen. Ihre Verdünnung mit Wasser erzeugte niemals eine milchige Trübung,
auch nach längerer Zeit nicht, wie es doch der Fall seyn müßte, wenn vom Alkohol
irgend ein Harz aufgelöst worden wäre. Versetzt man die Auflösung mit einer
Alaunlösung und kocht sie, so erhält man eine vollkommen klare Lösung, ohne daß sich
irgend eine Harzsubstanz absondert. Als die alkoholische Lösung beim Zutritt der
Luft zur Trockne verdampft und wieder mit Alkohol behandelt wurde, hinterließ sie
eine braune Substanz, welche in kochendem Alkohol, Ammoniak und Aetznatron unlöslich
war; etwas mehr von solcher blieb beim Abdampfen der zweiten Lösung zur Trockne
und Behandeln derselben mit Alkohol zurück. Das Pulver schien sich auf Kosten des
Xanthins gebildet zu haben, da sehr wenig desselben in der dritten Lösung
aufgefunden werden konnte; diese wurde mit Schwefelsäure angesäuert und mit Wasser
verdünnt und die dadurch entstehenden Flocken ausgewaschen und in Alaunlösung
gekocht. Diesesmal schied sich eine kleine Menge einer harzartigen Substanz aus,
welche sich aber in der ursprünglichen Lösung nicht befunden haben konnte.
Dieser Versuch beweist zugleich, daß der Farbstoff im Krapp in ganz freiem Zustand,
und nicht an Kalk gebunden vorhanden ist, weil er mit Alkohol so vollständig aus dem
Krapp ausgezogen werden kann, daß bloß ein aschgraues Pulver zurückbleibt. Die
Verbindung des Alizarins mit Kalk ist völlig unlöslich in kochendem Alkohol.
Kochende Alaunlösung entfärbt den Krapp noch schneller und besser als Alkohol. Wird
aber Krapp in Wasser gekocht, so kann der Farbstoff nachher mit Alkohol nicht
vollkommen ausgezogen werden; eine große Menge desselben verbleibt in einem Zustand,
wo er sowohl in Wasser als in Alkohol unauflöslich ist; der Grund davon ist
einerseits daß das Alizarin sich während des Kochens mit Kalk verbindet, und
andererseits daß die Holzfaser wie eine Beize wirkt und der Lösung Alizarin
entzieht; die Holzfaser hat nämlich eine große Verwandtschaft zu diesem Farbstoff
und wird, in dessen kochende Lösung gebracht, dunkelroth gefärbt. Ich habe einigemal
gefunden, daß der Krapp, nachdem ihm alle Kalksalze mittelst einer Säure entzogen
worden, wenn er bei zu hoher Temperatur getrocknet wird, sehr wenig Farbstoff an
Wasser abgibt und gebeizten Zeug nur sehr schwach färbt; der Krapp ist in diesem
Zustand dunkelroth; warme Säure trennt das Alizarin wieder von der Holzfaser. Diese
Thatsache erklärt, warum das Garancin durch zu starkes Austrocknen unergiebig
wird.
Nach dieser Auseinandersetzung meiner Versuche mit dem Krapp selbst, will ich noch
kurz jene beschreiben, die ich mit dem bekannten Präparat aus demselben, welches man
Garancin nennt, angestellt habe.
Ich finde, daß das Garancin nur einen Farbstoff, nämlich
Alizarin, enthält und ganz frei ist von Rubiacin, Xanthin, Pektin und der
stickstoffhaltigen Materie. Der vorzüglichste Nutzen des Garancins besteht darin,
daß aus ihm alle jene Stoffe entfernt sind, welche auf die Wirkung des Alizarins
einen nachtheiligen Einfluß haben.
Aus Schunck's Versuchen scheint
hervorzugehen, daß jede dieser Substanzen, in Verbindung mit reinem Alizarin
angewandt, nachtheilig auf die erzeugte Farbe wirkt und das Weiß verunreinigt. Bei der Bereitung des
Garancins werden diese Stoffe wirkungslos gemacht, wie folgende Versuche
beweisen:
1) Ich nahm Xanthin, löste es in ein wenig Schwefelsäure auf und erwärmte die Lösung
eine Zeit lang. Vom anfänglich glänzenden Orangegelb wurde sie allmählich
dunkelbraun; mit Wasser verdünnt, setzte sie ein braunes Pulver ab, welches
getrocknet allen Auflösungsmitteln widerstand, mit Ausnahme der Schwefelsäure.
2) Ich behandelte Rubiacin eben so und erhielt genau dieselben Resultate.
3) Alizarin, eben so behandelt, wurde auch durch langes Erwärmen nicht zersetzt,
sondern seine Auflösung in Schwefelsäure blieb satt roth und Wasser schlug aus ihr
allen Farbstoff nieder.
4) Ich bereitete nun ein Gemenge von Alizarin, Rubiacin und Xanthin, löste es in
Schwefelsäure auf und erwärmte einige Zeit lang. Die Auflösung desselben wurde
allmählich dunkelbraun; auf Zusatz von Wasser fiel ein braunes Pulver nieder,
welches ausgewaschen und getrocknet, eine zarte, sammetartige Substanz war, die ein
intensives Färbevermögen besaß; heißer Alkohol zog alles Alizarin aus und hinterließ
das vom Xanthin und Rubiacin erhaltene braune Pulver. Diese Verbindung von Alizarin
und der braunen Materie kann man als reines, von Holzfaser befreites Garancin
betrachten.
Hinsichtlich der verhältnißmäßig größeren Färbekraft des Garancins in Vergleich mit
dem Krapp, stimme ich mit der Meinung des Dr. Schunck überein, daß, weil die Kalksalze entfernt sind,
kein Alizarin mit Kalk verbunden zurückbleiben kann, und daß beim Färben mit
Garancin aller Farbstoff aufgebraucht wird, während beim Färben mit Krapp nur zwei
Drittheile des Farbstoffs verbraucht werden.
Vorstehende Versuche rechtfertigen, wie ich glaube, den Schluß, daß aller Farbstoff
des Krapps im Xanthin seinen Ursprung hat; eine Ansicht, welche Hr. Decaisne zuerst aufstellte, nachdem
er beobachtet hatte, daß frische Krappwurzeln bloß eine dunkelgelbe Flüssigkeit
enthielten und erst während des Trocknens ein körniges Ansehen erhielten.