Titel: | Ueber das Verhalten des Weins in der Kälte; von Bussy. |
Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. XLIII., S. 229 |
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XLIII.
Ueber das Verhalten des Weins in der Kälte; von
Bussy.
Aus dem Moniteur industriel, 1848, Nr.
1297.
Bussy, über das Verhalten des Weins in der Kälte.
Die Einwirkung der Kälte auf den Wein wurde bisher noch nicht besonders studirt; wir
besitzen darüber nur unbestimmte, mehr auf theoretischen Schlüssen als auf Versuchen
beruhende Angaben. So wird allgemein angenommen, daß, wenn der Kälte ausgesetzter
Wein theilweise gefriert, es das Wasser sey, welches gefriere, der Wein aber in dem
Maaße reicher an Alkohol werde, als er durch das Gefrieren Wasser verliert.
Dieß ist aber nicht ganz richtig. Aus den Versuchen des Hrn. Vergnette zu Dijon geht hervor, daß
(Burgunder-) Wein, abnehmender Temperatur ausgesetzt, sich trübt, ehe er noch
bis auf 0° gesunken ist. Er bildet einen aus Weinstein, Färbestoffen und
stickstoffhaltigen Materien bestehenden Bodensatz, welcher mit dem Sinken der
Temperatur immer zunimmt. Erst bei 6° C. (4 8/10° R.) nimmt man ein
theilweises Gefrieren wahr; der nicht gefrorene Wein ist verhältnißmäßig reicher an
Alkohol, enthält aber bei weitem nicht allen Alkohol, welcher vorher im Wein
enthalten war; eine bedeutende Menge Alkohol bleibt mit dem gefrornen Wasser
verbunden, mit welchem er eine bestimmte Verbindung zu bilden scheint, welche die
Eigenschaft hat bei 6° C. vollkommen zu gefrieren. Aus dieser und andern
Erscheinungen will Hr. V. den Schluß ziehen, daß der durch Destillation des Weins
erhaltene Alkohol nur ein Product der Destillation, aber im Zustand seiner
Vermischung mit dem Wasser durchaus kein Bestandtheil des Weins sey (nicht als
Alkohol im Weine präexistire). Bekanntlich hat aber Gay-Lussac den Wein bei niederer Temperatur im luftleeren Raum
destillirt und Alkohol gewonnen; auch hat er, nachdem er den Wein mittelst
Bleiglätte entfärbt hatte, den Alkohol durch ein zerfließliches Salz, kohlensaures
Kali, ohne Beihülfe der Destillation isolirt. Die Gründe aber, welche Hr. V. gegen
diese Thatsachen zu Gunsten seiner neuen Ansicht anführt, scheinen letztere nicht
hinlänglich zu rechtfertigen. Warum sollte der Alkohol, in einem gewissen Verhältniß
mit Wasser vereinigt, bei einer gewissen Temperatur nicht eben so gut eine
krystallisirbare Verbindung bilden können, wie Schwefelsäure und gewisse Salze?
Der Verf. gibt folgende Tabelle über den Alkoholgehalt der Weine vor und nach dem
Gefrieren und den durch diesen Proceß entstehenden Verlust oder Abgang:
Textabbildung Bd. 111, S. 230
Ursprung des Weins; Alkoholgehalt
des Weins; Abgang in Folge des Gefrierens; vor; nach; Einwirkung der Kälte;
Erste Gewächse; Proc.; Erste Gewächse, weiß; Großordinär
Das Gefrierenlassen des Weins gelingt mit alten sowohl wie mit jungen, mit weißen wie
mit rothen Weinen; nur wäre es nicht vortheilhaft bei geringen Weinen (vins gamays), weil der Wein für den Arbeiter alle seine
Salze behalten und überdieß zu möglichst niederem Preise geliefert werden muß.
Die Weine ersten Gewächses besitzen in Jahrgängen, welche dem Wachsthum günstig sind,
alle Eigenschaften, welche man nur wünschen kann; die Anwendung dieses Verfahrens
wird sonach auch für diese Weine unnütz seyn.
Bei mittelmäßigen Producten ersten Gewächses hingegen, in gewissen ungünstigen
Jahren, und namentlich bei feinen, leichten Weinen, welche gegenwärtig schwierig
abzusetzen sind, ferner da wo ein gewisses Product in Mißcredit gekommen ist, kann
die Concentration durch Frost angewandt werden.
Da der Alkoholgehalt der besten Burgunderweine bei den rothen sich zwischen 12,50 und
13,50 Proc., und bei den weißen zwischen 13 und 15 Proc. hält, so genügt es für
Weine von 12 Proc. Gehalt, sie durch Gefrierenlassen um 7 bis 10 Proc. ihres frühern
Volums zu reduciren.
In der Regel wird man dieses Ziel erreichen, wenn man bei einem Thermometerstand von
9° C. (7° R.) unter Null, den Wein sechs- bis achtmal 24
Stunden der Kälte aussetzt, und halb so lang, wenn das Thermometer die Nacht über
sich auf 15° C. (12° R.) unter Null erhält.