Titel: | Colorimetrische Probe zur Bestimmung des Kupfergehalts von Legirungen und Erzen. |
Fundstelle: | Band 112, Jahrgang 1849, Nr. X., S. 38 |
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X.
Colorimetrische Probe zur Bestimmung des
Kupfergehalts von Legirungen und Erzen.
Aus den Berichten über die Mittheilungen von Freunden der
Naturwissenschaften in Wien, Bd. IV.
Hubert, über die colorimetrische Probe zur Bestimmung des
Kupfergehalts.
Hr. Alois Edler v. Hubert theilte der Versammlung von
Freunden der Naturwissenschaften in Wien folgende Beschreibung eines neuen
Verfahrens, um den Kupfergehalt von Legirungen und Erzen schnell und sehr annähernd
zu bestimmen, mit.
Der französische Chemiker Jacquelain legte am 8 Junius
1846 der Akademie der Wissenschaften in Paris die Resultate eines neuen Verfahrens
vor, um den Kupfergehalt von Legirungen und Erzen schnell und genau zu ermitteln.
Sein Verfahren gründet sich auf colorimetrische Vergleichung der blauen
Farbenschattirungen gleich dicker Schichten der zu prüfenden kupferhaltigen,
ammoniakalischen Probeflüssigkeit mit einer dem Kupferhalte nach bekannten und
ebenfalls mit Ammoniak im Ueberschuß versetzten Normalflüssigkeit; gibt man zur Probeflüssigkeit
destillirtes Wasser zu bis zur vollkommenen Gleichheit der blauen Farbennüance mit
der Normalflüssigkeit, so berechnet sich leicht aus der Menge des dazu angewendeten
Wassers die Kupfermenge der zu prüfenden Legirungen oder Erze.
Obgleich die Principspriorität, worauf sich dieses Verfahren gründet, nicht dem
obengenannten französischen, sondern dem deutschen Chemiker Heine zukommt, indem dieser viel früher eine ähnliche Methode bekannt
gemacht hatte, so gebührt doch ersterem das Verdienst, dieser Methode jenen Grad von
Genauigkeit, schneller Ausführung und die Anwendung auf die Untersuchung jeder kupferhaltigen
Substanz verliehen zu haben, die man bei dem Verfahren von Heine vermißt.
Die Methode von Heine besteht darin, durch Auflösung von
chemisch-reinem Kupfer in Salpetersäure, in bestimmten steigenden Mengen,
Zugabe von Ammoniak im Ueberschuß und Verdünnung mit abgemessenen Quantitäten
destillirten Wassers, sich eine Reihe von Probeflüssigkeiten von verschiedener
blauer Farbe zu bereiten, die in gut verstopften, gleich großen, starken und weiten
Gläsern von einerlei Farbe und Glasmasse aufbewahrt werden.
Verändert man die zu untersuchende kupferhaltige Flüssigkeit, die früher mit Ammoniak
im Ueberschuß versetzt wurde, in eben denselben Gläsern, in welchen die
Probeflüssigkeiten enthalten sind, so lange mit destillirtem Wasser bis sie irgend
einer Probeflüssigkeit der blauen Farbe nach entspricht, so läßt sich ziemlich sicher aus der Farbe der erhaltenen Lösung und
der Quantität des zugegebenen Wassers der Kupfergehalt bestimmen.
Diese Methode eignet sich allerdings zur Kupferbestimmung solcher Legirungen und
Erze, die wenig Kupfer enthalten und insbesondere zur Prüfung der Kupferschlacken,
indem die dadurch erhaltenen, lichteren blauen Färbungen der Lösungen leicht eine
Vergleichung der Farbenüancen mit den Probeflüssigkeiten gestatten; sie paßt aber
nicht, sobald die zu untersuchenden Legirungen und Erze reich an Kupfer sind, indem
bei sehr dunkelblau gefärbten Schattirungen das Auge nicht mehr im Stande ist die
Gleichheit derselben zu bestimmen – ein Uebelstand, der durch die
colorimetrische Probe gänzlich aufgehoben wurde.
Das Verfahren von Jacquelain besteht darin, sich eine
einfür allemal bestimmte Normalflüssigkeit zu bereiten, durch Auflösung von 0,5
Grammen chemisch reinen Kupfers in schwacher Salpetersäure, Zugabe von Ammoniak im
Ueberfluß und Verdünnung mit destillirtem Wasser, bis das Ganze bei der Temperatur
von + 10° C. 1 Liter (= 1000 Kubik-Centimeter) beträgt. Man filtrirt nur
einen beliebigen Theil dieser Flüssigkeit, und bringt mittelst einer Pipette 5 K. C.
derselben in die eine kurze Röhre, die alsdann zugeschmolzen wird, damit die Nüance
der Normalflüssigkeit nicht geändert werde. Da nun 1000 K. C. 0,5 Kupfer
entsprechen, so hat man das Verhältniß 5 : 0,0025. Man löst nun die zu untersuchende
Legirung oder das Kupfererz in Salpetersäure, versetzt die Lösung mit Ammoniak im
Ueberschuß und verdünnt sie mit destillirtem Wasser, bis das Ganze bei der
obenerwähnten Temperatur von + 10° C. 200 K. C. oder nach Bedarf 150, 100
oder 50 K. C. beträgt.
Man nimmt von der auf ein gewisses Volum gemessenen Probeflüssigkeit wieder 5 K. C.,
bringt sie mit der Pipette in die lange, in Ganze und Zehntel K. C. graduirte Röhre,
indem man früher dieselbe mit einem Wischer von unten nach oben gut ausgewischt hat,
und verdünnt sie mit destillirtem Wasser bis zur Gleichheit der blauen
Farbenschattirung mit der Normalflüssigkeit. Die drei Röhren müssen von einem und
demselben weißen Glase, von gleichem inneren und äußeren Durchmesser seyn, und vom
Boden aus bis zum Theilstrich 5 K. C. messen, weßhalb sie auch aus einem und
demselben Stücke eines längeren Rohres verfertiget werden. Die Beurtheilung der
gleichen Farbennüancen geschieht einfach, indem man beide Röhren vor einen Bogen
weißen Papieres hält, wodurch die blaue Farbe deutlicher hervortritt. Man notirt die
Menge des zur Gleichheit der Farbennüancen angewendeten Wassers, fügt die 5 K. C.
noch dazu und berechnet leicht daraus die Kupfermenge der zu untersuchenden
Legirungen oder Erze.
Arbeitet man mit 1 Grm. 0,02 und auch 0,01 Kupfer, so beträgt die Genauigkeit der
Probe nach Jacquelain 0,003 und auch 0,002, wenn man sich
eines Schirms bedient, der mit einer Oeffnung von 2 Millimetern versehen ist und die
Beurtheilung in der Art geschieht, daß man das Licht auf die in geeigneter Lage
gegen dasselbe vor einen Bogen weißen Papiers befindlichen 2 Röhren einfallen läßt,
und nur durch die kleine Oeffnung auf dieselben hinsieht, wodurch das Auge geschützt
vor dem Einfluß des zerstreuten Lichts den geringsten Unterschied der Farbennüancen
anzugeben im Stande ist.
Ich habe durch viele Versuche mich überzeugt, daß die Genauigkeit ohne Anwendung des
Schirms, durch die bloße Beurtheilung vor einem Bogen weißen Papiers mit Sicherheit
auf 0,006 bei 2 Grm. des angewendeten Kupfererzes gebracht werden kann – eine
Größe die bei Kupferproben im allgemeinen gar nicht in Anschlag gebracht werden
darf.
Hat man es mit an Kupfer reicheren Legirungen und Erzen zu thun, so mißt man die
Probeflüssigkeit gewöhnlich auf 200 K. C., weil in diesem Fall die Probeflüssigkeit
immer dunkler als die Normalflüssigkeit ausfallen wird; bei armen zu untersuchenden
Substanzen, wo die mit Ammoniak im Ueberschusse versetzte Lösung eine schwächere
blaue Farbe als die Normalflüssigkeit zeigt, wird man gehalten seyn die
Probeflüssigkeit auf 150, 100 oder auch 50 K. C. zu messen, was leicht durch
gelindes Abdampfen derselben geschieht; damit die Probeflüssigkeit eine noch
deutlichere blaue Färbung besitze, wird die Vergleichung der Farbennüancen schärfer
vorgenommen werden können. Bei der Bestimmung des Kupfergehaltes armer Legirungen
und Erze wird man 5 K. C. der auf 150, 100, oder 50 K. C. gemessenen
Probeflüssigkeit in die zweite kurze Röhre bringen, während man 5 K. C. der
vorräthigen Normalflüssigkeit in die längere graduirte bringt, und diese nur bis zur
Gleichheit der Nüancen mit destillirtem Wasser verdünnt und abermals aus der
angewendeten Menge Wassers die Menge des Kupfers berechnet. Auf diese Art habe ich
die Hälfte sämmtlicher Erze und Hüttenproducte des Aerarial-Kupferbergwerkes
zu Agordo im Venezianischen bestimmt, und führe als Beleg des Verfahrens zwei
Beispiele an.
I.
2 Gramme des reichsten Kieses, die auf analytisch-quantitativem Wege durch
Berechnung aus dem Kupferoxyde 0,206 Kupfer, somit 10,3 Proc. Kupfer ergaben, wurden
in Salpetersäure aufgelöst, mit Ammoniak versetzt und auf 200 K. C. gemessen; 5 K.
C. davon verlangten zur Verdünnung bis zur Gleichheit der Farbennüancen mit der
Normalflüssigkeit 5,4 K. C., somit:
5 : 10,4
=
0,0025 : x
x
=
0,0051
und um das gesammte Kupfer zu berechnen:
5 : 200
=
0,0051 : x
x
=
0,204
und da 2 Gramme eingewogen wurden:
2 : 0,204
=
100 : x
x
=
10,2 Proc. Kupfer.
II.
2 Gramme des bleiischen Kieses, deren Kupfermenge analytischquantitativ = 0,0599,
daher der Procentgehalt = 2,995 gefunden wurde, wurden ebenso behandelt; die auf 150 K. C.
gemessene Flüssigkeit zeigte eine lichtere Farbe als die Normalflüssigkeit; 5 K. C.
der Normalflüssigkeit brauchten zu ihrer Verdünnung bis zur Gleichheit der Nüancen
mit der Probeflüssigkeit 1,3 K. C.; demnach
6,3 : 5
=
0,0025 : x
x
=
0,00198,
um sämmliches Kupfer zu berechnen:
5 : 150
=
0,00198 : x
x
=
0,0507
und da 2 Gramme eingewogen wurden:
2 : 0,05952
=
100 : x
x
=
2,976 Proc. Kupfer.
Insoweit stimmt die Genauigkeit der colorimetrischen Probe mit der auf
analytisch-quantitativem Wege erzielten. Um nun die Gränzen ersichtlich zu
machen, innerhalb welcher bei schneller Beurtheilung der Farbennüancen, ohne
Anwendung des Schirmes die hierbei möglichen Fehler schwanken können, habe ich
mehrere Versuche angestellt, deren Resultate ich ebenfalls vorlege.
Ich bereitete mir 4 Auflösungen im Halte von 0,1, 0,2, 0,3 und 0,4 chemisch reinen
Kupfers, welche sämmtlich auf 200 K. C. gemessen wurden; ich behielt die eine
Auflösung mit 0,1 Kupfergehalt als Normalflüssigkeit, welche mit der früher
erwähnten mit 0,5 Grammen Kupfer und auf 1000 K. C. gemessen identisch ist. Ich nahm
nun 5 K. C. der Probeflüssigkeit mit dem Halte von 0,2 Kupfer und gab in der langen
graduirten Röhre destillirtes Wasser zu bis zur Gleichheit der Farbennüancen und
blieb bei 4,8 K. C. stehen; somit ergibt sich:
5 : 9,8
=
0,0025 : x
x
=
0,0049
ferner
5 : 200
=
0,0049 : x
x
=
0,196
ich bestimmte daher den Kupfergehalt statt 0,2 mit 0,196,
somit fehlte ich um 0,004.
Da ich nun bei der Zugabe des destillirten Wassers um 2 Zehntel weniger zugab, da ich
10 K. C. gerade hätte anwenden müssen, um 0,2 Kupfer herauszubringen, so ergibt sich
daraus, daß der Fehler bei jedem Zehntel Wasser, um das ich mehr oder weniger
zugebe, 0,002 der in der Lösung enthaltenen Kupfermenge beträgt; und daß daher die
angewendeten Volumina Wasser proportional sind den Kupfererzen.
Dieselben Versuche stellte ich mit den zwei andern Flüssigkeiten im Halte von 0,3 und
0,4 Kupfer an, und fand daß die Fehler sich gleich und constant blieben. Da man bei
bloßer Beurtheilung ohne Schirm und einiger Uebung selten um 3 Zehntel fehlen kann,
so ergäbe sich hieraus eine Differenz von 0,006, eine Größe, die bei Kupferproben
ebenfalls gar nicht in Betracht zu ziehen ist.
Anmerkungen.
Die colorimetrische Probe erfordert jedenfalls eine vorläufige, qualitative Analyse
der zu untersuchenden Legirungen oder Erze, indem gewisse Metalle, deren Oxyde im
Ueberschuß von Ammoniak löslich sind und mit demselben gefärbte Lösungen geben, die
so eben erwähnte Probe nicht zulassen. Für die am häufigsten vorkommenden Metalle,
deren Oxyde durch Ammoniak entweder vollständig gefällt werden, oder mit demselben
farblose Lösungen geben, ist diese Probe geeignet; eine Ausnahme machen jedoch
Nickel, Kobalt, Mangan, Chrom und Platin. Hat man sich nun durch eine qualitative
Voruntersuchung von der Gegenwart eines oder des andern dieser Metalle überzeugt, so
geschieht die Trennung derselben vom Kupfer nach Jacquelain auf eine einfache Art, wodurch die Ausführung und Genauigkeit
der Probe gar nicht leidet und worüber in der Abhandlung von Jacquelain das Nöthige angeführt wird.
Was den hermetischen Verschluß der Normalflüssigkeit betrifft, so habe ich 5 K. C.
derselben durch 4 Tage in der einen kurzen Röhre offen stehen gelassen, und verglich
dann die Nüance derselben mit 5 K. C. einer und derselben Normalflüssigkeit, die in
der andern gut verkorkten Röhre aufbewahrt wurden und konnte nicht den geringsten
Unterschied in der Nüance der beiden bemerken, so daß bei dem Umstande, daß die
Bereitung der Normalflüssigkeit nicht mehr als 10 Minuten in Anspruch nimmt, und
deßhalb man sich dieselbe jedesmal von neuem bereiten kann, als man eine Reihe von
Proben vornimmt, der hermetische Verschluß der Röhre entbehrlich wird, wenn man
gerade nicht im Besitze eines Gebläses ist, um die Röhre an ihrem oberen Ende
zuzuschmelzen. Bei Bestimmung der Kupferhälte der Agorder Erze und Hüttenproducte
filtrirte ich die ammoniakalische Flüssigkeit von dem durch Ammoniak gefällten
Eisenoxyde ab, süßte dasselbe mit heißem Wasser aus, bis das Aussüßwasser farblos
erschien. Allein das so gefällte Eisenoxyd hält immer hartnäckig eine bei
analytischer, quantitativer Bestimmung des Kupfers nicht zu vernachlässigende Menge
Kupfer zurück, wovon man sich leicht dadurch überzeugt, daß man das ausgesüßte
Eisenoxyd nochmals in wenig verdünnter Salpetersäure oder Chlorwasserstoffsäure auflöst, die Lösung
wieder mit Ammoniak im Ueberschuß versetzt und den Niederschlag sich vollständig
absetzen läßt. Die Flüssigkeit erscheint, und zwar nach dem größeren oder geringeren
Eisengehalt mehr oder minder blau gefärbt. Ich überzeugte mich durch einen Versuch
von der Größe des Verlustes, den man erleidet, wenn man den Kupferhalt bei
einmaliger Fällung des Eisenoxyds durch Ammoniak bestimmt und fand, daß die
Kupfermenge so gering ist (0,007 bei 2 Grammen der angewendeten an Eisen sehr
reichen Erze und Hüttenproducte), daß sie bei Kupferproben, wo wenig Eisen vorhanden
ist, vernachlässigt werden kann, wodurch zugleich das Abdampfen der nun mehr
diluirten Flüssigkeit erspart wird, die durch die wiederholte Auflösung des
Eisenoxyds, Fällung mit Ammoniak und Aussüßen bedeutend vermehrt und nothwendig
wieder eingeengt werden müßte.
Was den Zeitaufwand betrifft, so kann man in einem Zeitraum von drei Stunden die
Auflösung einer Reihe von Proben auf einem Sandbade, das Filtriren der
Flüssigkeiten, und das Aussüßen des gefällten Eisenoxyds leicht vollenden; 3 Stunden
habe ich als Maximum angenommen; die Bestimmung des Kupferhaltes jeder einzelnen
Probe kann leicht in höchstens 10 Minuten erfolgen.
Mißlingt eine Probe, indem man durch Zugabe von mehr Wasser die Nüance der
Normalflüssigkeit überschreitet, so hat dieß nichts zu sagen, indem man von jeder
Probeflüssigkeit, je nachdem sie auf 200, 150, 100 oder 50 K. C. gemessen wurde, 40,
30 20 und 10 Proben nach einander vornehmen kann, ohne etwa die Auflösung des Erzes
von neuem wiederholen zu müssen. Vergleicht man die colorimetrische Probe mit den
bis jetzt bekannten Proben auf nassem Wege – nämlich der analytischen,
quantitativen Bestimmung, der schwedischen Kupferprobe nach Leval und der Probe nach Pelouze – so
ergibt sich, daß diese in Bezug der schnellen Ausführung, der Einfachheit, der
Genauigkeit, des geringen Zeitaufwandes und der geringen damit verbundenen Kosten,
vor allen den Vorzug verdient, demnach als die für das Probirwesen geeignetste und
genaueste mit Recht betrachtet und die gewöhnliche, bis jetzt übliche, dogmatische
Probe, deren Resultat ohnehin bei sehr armen Geschicken und namentlich Schlacken
sehr schwankend ist, verdrängen müsse.