Titel: | Ueber die Zusammensetzung des Weizens – Erwiederung auf Bemerkungen des Hrn. Peligot; von Hrn. Millon. |
Fundstelle: | Band 112, Jahrgang 1849, Nr. XXXI., S. 142 |
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XXXI.
Ueber die Zusammensetzung des Weizens –
Erwiederung auf Bemerkungen des Hrn. Peligot; von Hrn. Millon.
Aus den Comptes rendus, Februar 1849, Nr.
8.
Millon, über die Zusammensetzung des Weizens.
In einer frühern AbhandlungPolytechn. Journal Bd. CXI S.
386. theilte ich mit, daß der Holzstoff in dem Weizen und seiner Kleie bei weitem
nicht so viel betrage, als man anzunehmen pflegt. Einige Zeit darauf erklärte Hr.
Peligot
Polytechn. Journal Bd. CXI S.
446., daß er bei der Analyse des Weizens sowohl als der Kleie zwar dieselben
Resultate erhalten habe, aber den von mir gezogenen Schluß bestreite, daß die Kleie
eine wesentlich nahrhafte Substanz sey und deßhalb mehr benutzt werden sollte, als
dieß bei der Brodbereitung gegenwärtig geschieht. Hr. Peligot hält die Ausscheidung der Kleie für zweckmäßig, und glaubt daß man
sie beibehalten müsse, weil sie zur Entfernung der Fettsubstanz des Weizens
beiträgt.
Es ist dieß das erstemal, daß behauptet wird, es sey zweckmäßig, die in einem
Nahrungsmittel enthaltene Fettsubstanz zu entfernen und behufs der Ausscheidung
dieses höchstens ein Procent betragenden Stoffes, 15 bis 20 oder 25 Proc. seines
ursprünglichen Werthes zu opfern. Dieses Opfer beträgt beim Weizen, dem ersten
Nahrungsmittel des Menschen, dem Hauptreichthum Frankreichs, nahezu zwei Milliarden
Franken.
Wenn Hr. Peligot die Güte des nach meiner Angabe aus nicht
gebeuteltem Mehl, dessen Kleie wieder gemahlen wurde, bereiteten Brods bezweifelt,
so kann ich nur meine durch viele Zeugen bestätigte Behauptung wiederholen, daß
nämlich dieses Schwarzbrod gut zu bereiten und nichts an ihm auszusetzen ist.
Zwischen so von einander abweichenden Schlüssen möge die Akademie der Wissenschaften
entscheiden.
Man muß wissen, daß über die Frage der Beutelung stets nur durch die unbegründetste
Willkür entschieden wurde. Eine Verordnung Ludwigs XIV. vom J. 1658 verbot bei
schwerer Geldstrafe die Kleie wieder zu mahlen und dem Mehle zuzusetzen; bei den
damaligen Mahlvorrichtungen verursachte dieß einen Verlust von mehr als 40
Proc.Dieser Fuß der Beutelung erklärt, daß Vauban die
jährliche Consumtion für den Soldaten zu 3 Setiers (circa 12 1/3 bayer. Metzen) anschlagen konnte, fast das Doppelte
der gegenwärtigen Consumtion beim Militär. Die ungeheure Masse Kleie, welche
auf diese Weise vornhin weggenommen wurde, mußte zur Mästung des Viehes
beitragen und folglich die Fleischconsumtion erhöhen, dessen damalige
Einfuhr in Paris wirklich fast das Doppelte im Verhältniß zur Bevölkerung
betrug.
Heutzutage verschmähen in den großen Städten (Frankreichs) die ärmern Classen aus
Vorurtheil das Schwarzbrod; die sparsamem Landleute gaben ihm lange Zeit den Vorzug;
aber die Vorurtheile greifen um sich und gegenwärtig beuteln beinahe alle Bauern ihr
Mehl; in der Normandie wird auf dem Lande das Beuteln auf hohem Fuße getrieben. Das
Umsichgreifen dieses Vorurtheils bedroht uns mit einem jährlichen Verlust von
2–300 Millionen Franken. Wenn die Kleie ganz werthlos wäre, so würde der
Verlust täglich über eine Million betragen. Ich bin überzeugt, daß das von mir
bekämpfte Vorurtheil jetzt schon der arbeitenden Bevölkerung sehr theuer zu stehen
kömmt.
Bei der Bereitung des schwarzen Brodes gehen allerdings mehrere besondere
Betrügereien vor; aber eben diesen suchte ich durch meine Arbeit zu begegnen und
sichere Grundlagen für die Controle zu ermitteln.
Ich muß bei dieser Gelegenheit einen Fehler berichtigen, welcher sich in meiner
frühern Abhandlung einschlich. Bei Angabe der in der Kleie enthaltenen Salze (S.
389) nämlich erhielt ein Koma eine falsche Stelle; man lese 5 Procente statt 0,5 und
schlage die Differenz sowohl aus das Stärkmehl als auf das durch die andern Ziffern
der Analyse ausgedrückte Deficit.