Titel: | Verfahren den Schwefelkies zur Umwandlung des Kochsalzes in Glaubersalz zu benutzen; von den Civilingenieuren Em. Thomas, Dellisse und Boucard. |
Fundstelle: | Band 112, Jahrgang 1849, Nr. XLV., S. 208 |
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XLV.
Verfahren den Schwefelkies zur Umwandlung des
Kochsalzes in Glaubersalz zu benutzen; von den Civilingenieuren Em. Thomas, Dellisse und Boucard.
Aus dem Technologiste, April 1849, S.
347.
Thomas' Verfahren den Schwefelkies zur Umwandlung des Kochsalzes in
Glaubersalz zu benutzen.
Wir wurden von mehreren Compagnien, welche große Lager von Schwefelkies besitzen,
aufgefordert ein vortheilhaftes Verfahren zu ermitteln, um den Schwefelkies zur
Umwandlung des Kochsalzes in Glaubersalz verwenden zu können. Wir gingen daher
zuerst die verschiedenen Methoden durch, welche zu diesem Zweck in einem im J. III
der Republik von Darcet, Pelletier, Lelièvre und
Giraud erstatteten Bericht angegeben wurden.
Zur Behandlung des Kochsalzes mit Eisensalzen gibt es dreierlei Methoden: 1)
Calcination des Steinsalzes mit Schwefelkies; 2) Calcination des Steinsalzes mit
Eisenvitriol; 3) Zersetzung des Kochsalzes mit Eisenvitriol, indem man die beiden
Salze mit Wasser befeuchtet und mittelst Umrührens und gelinder Wärme.
Das erste Verfahren gestattet keine technische Anwendung, theils wegen der großen
Menge Brennmaterial, welche die 48 bis 50 Stunden dauernde Calcination erheischt,
theils auch weil vor der Umwandlung des Kochsalzes in Glaubersalz eine beträchtliche
Menge Kochsalz durch Verflüchtigung verloren geht, endlich weil dabei viel Schwefel
in schweflige Säure verwandelt und von der Salzsäure mitgerissen wird, also
ebenfalls verloren geht.
Nach dem zweiten Verfahren kommt das Glaubersalz bedeutend höher zu stehen, als nach
der von uns entdeckten Methode. Man muß sich nämlich krystallisirten Eisenvitriol
verschaffen und die Calcination lange fortsetzen, überdieß muß man den Eisenvitriol
in Ueberschuß anwenden, weil sich ein Theil Schwefelsäure entbindet, ohne auf das
Kochsalz zu wirken; dazu kommt noch das lästige Mahlen der anzuwendenden
Substanzen.
Das dritte Verfahren gelang uns niemals, ungeachtet zahlreicher Versuche.
Wir gaben daher die beschriebenen Methoden auf und schlugen einen andern Weg ein. Es
gelang uns ein technisches Verfahren zu ermitteln, um das Glaubersalz sehr wohlfeil
mittelst Eisenvitriol zu bereiten; unsere Methode gründet sich auf folgende
Thatsachen:
1) wenn zwei Salze mit einander aufgelöst sind, und es kann sich durch den Austausch
der Säuren ein Salz bilden, welches weniger auflöslich ist als die ursprünglichen
beiden Salze, so wird sich dieses Salz bilden;
2) die Auflöslichkeit des Glaubersalzes ist nach der Temperatur verschieden; 100
Theile Wasser, welche bei 20° R. 100 Theile Glaubersalz auflösen, können bei
0° nur noch 12 Th. auflösen;
3) wenn zwei Salze derselben Basis mit einander aufgelöst sind, so schadet ein
Ueberschuß des einen der Auflöslichkeit des anderen, wenn weder eine gegenseitige
Zersetzung der Salze stattfinden, noch ein Doppelsalz sich bilden kann.
Wenn man folglich eine Auflösung von Kochsalz mit einer Auflösung von Eisenvitriol
bei niedriger Temperatur mischt, so muß sich – weil das Glaubersalz weniger
auflöslich ist als das Kochsalz – bei 0° Glaubersalz in Krystallen
bilden. Wendet man einen Ueberschuß von Kochsalz an, so vermindert man die
Auflöslichkeit des Glaubersalzes und erhält also von demselben eine größere
Menge.
Unser Verfahren ist folgendes:
Der Schwefelkies (Zweifach-Schwefeleisen) besteht aus 54,26 Th. Schwefel und
44,76 Eisen; in diesem Zustand oxydirt er sich sehr schwer, weil er einen Ueberschuß
von Schwefel enthält. Wir unterziehen daher die Schwefelkiese einer beschränkten
Destillation, so daß sie ungefähr 18 Proc. Schwefel verlieren. Nach dieser
unvollständigen Destillation werden die Schwefelkiese wie gewöhnlich in Hanfen der
Luft ausgesetzt, wo sie sich sehr schnell oxydiren, und von Zeit zu Zeit ausgelaugt.
Wir sammeln das Auswaschwasser in großen ausgemauerten Behältern, wenn es die Stärke
von 32° Baumé erreicht hat. Die Eisenvitriollösung ist dann fertig und
wird bis Anfangs Winter aufbewahrt.
Von dem Steinsalz bereitet man eine Auflösung, welche 25° B. zeigt; will man
Soole verwenden, so muß sie auf dieselbe Stärke gebracht werden.
Sobald die Temperatur niedrig genug ist, nämlich gegen 0°, kann man die
Operationen beginnen; man bringt den anzuwendenden Theil der Eisenvitriollösung
mittelst eines mit Oeffnungen versehenen Dampfrohrs auf etwa 12° R.
Temperatur und schüttet diese Flüssigkeit dann in den Behälter, auf dessen Boden man
vorher eine dünne Schicht Steinsalz ausgebreitet hat; hierauf wird die
Kochsalzlösung von 25° B. zugegossen. Man muß auf 1 Aequivalent Eisenvitriol
etwas mehr als 1 (etwa 1 1/4) Aequiv. Kochsalz anwenden. Nach einigen Stunden zieht
man die Mutterlauge von dem krystallisirten Glaubersalz ab. Letzteres sammelt man, um es später zu
reinigen, und schreitet zu neuen ähnlichen Operationen.
Es ist durchaus nöthig, die Eisenvitriollösung auf die Temperatur von 12° R.
zu bringen, weil sich sonst beim Vermischen der beiden Auflösungen das Glaubersalz
augenblicklich in sehr feinen Nadeln niederschlagen würde, von denen die Mutterlauge
nicht leicht ablaufen könnte. Auch würde ohne diese Vorsicht die Eisenvitriollösung
durch die Temperatur-Erniedrigung krystallisiren und nur noch 23° B.
zeigen.
In der Mutterlauge bleiben ungefähr 8 Proc. Glaubersalz und salzsaures Eisen zurück;
letzteres kann man wie den Eisenvitriol in der Färberei verwenden, oder zur
Salzsäure- oder Chlorbereitung.
Das erhaltene rohe Glaubersalz wird wieder im dritten Theil seines Gewichts Wasser
von 26° R. Temperatur aufgelöst; man versetzt die Auflösung mit 1 bis 2 Proc.
Kalkmilch und filtrirt schnell durch Vacuum-Filter, in welchen das
niedergeschlagene Eisenoxyd zurückbleibt.
Die filtrirte Flüssigkeit ist eine für technische Zwecke hinreichend reine Auflösung
von Glaubersalz. Man läßt dieses Salz entweder herauskrystallisiren oder verdampft
die Auflösung zur Trockne und entwässert das Salz.
Zum Schluß wollen wir die Gestehungskosten des Glaubersalzes nach dem in Marseille
üblichen Verfahren und nach dem unserigen vergleichen; wir nehmen bei letzterm die
Preise der Rohstoffe so an, wie sie sich in den Bergwerken zu Gouhenans (Dpt. Haute-Saône) und zu Grozon (im Jura)
stellen, wo der Schwefelkies zwischen den Steinkohlenschichten des salzführenden
Keupergebirges vorkommt.
Verfahren zu Marseille.
Kochsalz 3600 Kilogr., á 1
Fr.
36 Fr.
– Cent.
Schwefelsäure von 50° B., 4500 Kilogr., à 8 Fr.
360 „
– „
Steinkohlen, 20 Hektoliter, à 2 Fr.
40 „
– „
Handarbeit und allgemeine Unkosten
32 „
– „
––––––––––––––
468 Fr.
– Cent.
Man erhält 4400 Kilogr. unreines Glaubersalz, wovon die 100 Kilogr. auf 10 Fr. zu
stehen kommen. Dieser Gestehungspreis wäre das Minimum zu Gouhenans, wo der höhere
Preis des Schwefels durch den niedrigeren Preis der Steinkohlen compensirt würde.
Jenes unreine Glaubersalz, welches Eisen, Kohle, fremde Salze und einen Ueberschuß
von Schwefelsäure enthält, kann in Paris nur zu 12 Fr. verkauft werden, während man
für das gereinigte Glaubersalz wenigstens 19 bis 20 Fr. bezahlt.
Neues Verfahren zu Gouhenans.
Kochsalzlösung 2361 Kilogr.
– Fr.
94 Cent.
Eisenvitriollösung 2355 Kilogr.
6 „
28 „
Handarbeit, Reinigung etc.
7 „
– „
–––––––––––––––
14 Fr.
22 Cent.
Man erhält 1341 Kilogr. krystallisirtes Glaubersalz, wovon die 100 Kilogr. auf 1 Fr.
07 Cent. zu stehen kommen; oder 590 Kilogr. wasserfreies Glaubersalz, wovon die 100
Kilogr. sich auf 2 Fr. 40 Ct. stellen. Dieses wasserfreie Glaubersalz ist rein und
weiß und kann zu Paris um 19 bis 20 Fr. für Krystallfabriken abgesetzt werden.