Titel: | Verbesserungen im Oberbau der Eisenbahnen, durch welche die ursprüngliche richtige Lage der Schienen bei dem Langschwellensystem gesichert wird. |
Fundstelle: | Band 112, Jahrgang 1849, Nr. LXX., S. 324 |
Download: | XML |
LXX.
Verbesserungen im Oberbau der Eisenbahnen, durch
welche die ursprüngliche richtige Lage der Schienen bei dem Langschwellensystem
gesichert wird.
Aus dem Practical Mechanic's Journal, April 1849, S.
1.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Verbesserungen im Oberbau der Eisenbahnen.
Neben den großen Vortheilen, welche das neue Locomotivensystem darbietet, besteht der
nicht geringe Nachtheil, daß Bahnen, welche mit den kolossalen und schweren neuen
Maschinen befahren werden, sich unverhältnißmäßig schnell abnützen und unbrauchbar
werden. Es ist deßhalb an der Zeit, auf Mittel zu denken, durch welche dieser
Nachtheil von Grund aus gehoben wird, und wodurch diejenigen Bahnen, welche mit
Rücksicht auf diese Mittel gelegt oder umgelegt wurden, vor zu rascher Abnützung
geschützt werden, wobei zugleich ihre Beständigkeit (richtige Lage) gesichert seyn
muß, selbst wenn dieselben mit den heutzutage gebräuchlichen schweren Maschinen
befahren werden.
Dieses Ziel ist durch eine zweckmäßige Abänderung des Langschwellensystems zu
erreichen. Die Beantwortung der vorgelegten Frage scheint schwierig, wenn dieselbe
recht ins Auge gefaßt wird; denn wie sollte man erwarten können, daß 50, 60 oder
70pfündige Schienen, die für Maschinen von 10–14 Tonnen bestimmt sind, in den
Zustand zu versetzen seyen, daß sie die Stöße der neuen Maschinen, welche 25 Tonnen
wiegen, aushalten. Die Fingerzeige in Betreff der Zerstörung der Bahnen sind aber
bereits zu deutlich geworden, als daß sie noch länger übersehen werden könnten, und
in der That muß etwas gethan werden, um die ungeheuren Unterhaltungskosten der
Bahnen ein für allemal zu verringern.
Die bloße Achsenreibung der Wagen, oder die Kraft, um dieselben auf einer ganz
horizontalen Bahn zu bewegen, beträgt nicht über 4 Pfund per Tonne; in der Praxis
aber wurde gefunden, daß der Totalwiderstand sich auf 8–25, ja sogar auf 30 Pfund für die Tonne
beläuft. Auf diese Weise haben wir einen Verlust von 4–26 Pfund, welcher der
Reibung zwischen den Rädern und Schienen, der schlechten Schienenverbindung, dem
Durchbiegen der Schienen und überhaupt, Constructionsfehlern zuzuschreiben ist.
Ferner haben wir einen Theil dieses Verlustes der großen Eile zuzuschreiben, mit
welcher unsere schweren Locomotiven jetzt gehen; denn wenn die Bahnlinie einmal eine
Beschädigung erlitten hat, so nimmt das Uebel immer zu, weil die Räder von einer
Unebenheit auf die andere springen.
Bei allen Bahnlinien mit Querschwellen entsteht ein großer Verlust durch die
ungleiche Tragfähigkeit der verschiedenen Stellen. Versuche haben gezeigt, daß die
Durchbiegung der Schienen bei einer gegebenen Belastung auf den Zwischenschwellen
viermal so groß ist, als auf den Verbindungsschwellen, wodurch die hüpfende Bewegung
bedeutend vermehrt wird; denn es ist nicht möglich, daß ein Wagen sanft und ruhig
über eine Bahn gehen kann, deren Elasticität sich beständig ändert. Verhältnißmäßig
schwache Schienen mit gut construirter Vereinigung ihrer Enden (Fugen oder Stößen)
sind starken Schienen bei weitem vorzuziehen, bei welchen die Fugen mangelhaft
ausgeführt und nicht gehörig gesichert sind. So sind und bleiben die leichten
Schienen der breitspurigen Bahnen, welche auf Langschwellen liegen, immer mechanisch
vollkommener, als die schmalen Bahnen mit Schienenstühlen und Querschwellen. Ein
ungenügendes Unterrammen der Querschwellen trägt ebenfalls viel zu der schnellen
Zerstörung der Eisenbahnen bei. Die Querschwellen sind oft zu weit von einander
entfernt, und zu schmal, so daß sie bedeutend in den Bahnkörper einsinken, und die
kostspielige Operation des Unterrammens öfters nothwendig wird.
Zu diesen Fehlern kommt nun noch das Faulen der hölzernen Querschwellen, gegen
welches bis jetzt kein genügendes Schutzmittel angewandt wurde. Bei der
Eastern-Counties-Eisenbahn beträgt das Capital, welches allein in den
Schwellen steckt, nahezu an 200,000 Pfund Sterling; und bei der letzten Untersuchung
dieser Linie stellte sich heraus, daß alle diese Schwellen in fünf Jahren erneuert
werden müssen, was, die Schwelle mit dem Legen zu 5 Shilling gerechnet, eine Auslage
von circa 250,000 Pfd. Sterl. verursacht. Daß man sich bei diesem Abgange an
Schwellen nicht verrechnet hat, beweist die Thatsache, daß sie oft drei Jahre nach
dem Legen schon gänzlich verfault sind, besonders in der Kalkformation, oder da, wo
sie einem starken Wechsel von Nässe und Trockenheit ausgesetzt sind. Hr. Robert Stephenson war vollständig
von der Größe des herannahenden Schadens überzeugt, als er in dem Hause der Gemeinen erklärte, daß
wenn man das vermehrte Gewicht und die vergrößerte Eile auf den Eisenbahnen
beibehält, die Bahnlinien nothwendig bald neu gelegt werden müssen.
Es gibt nun zwei Mittel die fraglichen Schwierigkeiten zu verringern oder zu
beseitigen: entweder die Einführung von leichten Locomotiven, oder ein anderes Legen
der Bahnschienen. In Betreff der großen Locomotiven finden wir, daß dieselben
hinsichtlich ihrer Wirkung vortheilhafter sind, als die kleinen, vorausgesetzt daß
beide vollständig belastet sind. Es scheint daher, daß die ersteren in commercieller
Beziehung den Anforderungen besser entsprechen, wenn nämlich ihr Gewicht und ihre
Geschwindigkeit nicht größer sind, als sie der Beständigkeit und Dauer der Bahn
wegen seyn dürfen. Da aber große Maschinen nicht immer so viel zu ziehen haben, daß
ihre ganze Kraft angewendet werden könnte, so können leichte Maschinen für den
Transport oft zweckmäßiger seyn, während ihr zerstörender Einfluß auf die Bahn gegen
die großen Locomotiven fast als Null zu betrachten ist. Nach der commerciellen
Rechnung kann die Geschwindigkeit der Maschine in dem Maaße vergrößert werden, als
ihr Gewicht abnimmt, während schwere Maschinen immer ausschließlich für den
Gütertransport und andere langsame Züge gehalten werden sollen.
Da jedoch die schweren Maschinen bereits so häufig sind, so wollen wir zu der
Betrachtung der neuen Verbesserungen übergehen, durch welche die Stabilität und
Dauer der Bahn bedeutend gewinnt.
Für Bahnlinien, bei welchen Schienenstühle in Anwendung sind, müssen letztere lang
und schwer seyn, um der Hebelwirkung der Schienen widerstehen zu können, durch
welche die Stühle losgerissen werden, wenn die Schienen Seitenstöße von den
Treibrädern bekommen. Keine Anordnung der Schienenstühle, selbst eine ungemeine
Vergrößerung derselben, kann jedoch die Abnützung der Schienen in ihrem Lager
beseitigen. Um diesen Schaden zu heilen, muß mit den Schienenstühlen alles verworfen
werden.
Die Abbildungen Fig.
17–22 zeigen auf welche Weise eine sehr große Stabilität der Bahn erreicht
werden kann, und zwar mit Kosten, welche diejenigen der gewöhnlichen Bahnen wenig
überschreiten. Fig.
17 ist ein Querschnitt einer einzelnen Schiene mit ihrer hölzernen
Langschwelle. Letztere besteht aus zwei hölzernen Balken von 7 Zoll im Quadrat,
welche neben einander gelegt sind, und eine Nuth zur Aufnahme der Hauptmittelrippe
an der Schiene haben. Die Schiene hat einen kreuzförmigen Querschnitt und die beiden
Balken sind durch Schrauben mit einander verbunden, welche durch dieselben und die Hauptrippe
gehen, die auf solche Weise zwischen den beiden Balken festgespannt ist. Die
horizontale Flansche an der Schiene gibt derselben die beste Auflage auf dem
Holzwerke, während die Verbindung desselben mit der Mittelrippe, durch das Doppeleck
an der Rippe, und die Nuthen im Holze das Ganze so fest machen als wenn es
aus einem einzigen Stück bestünde. Um das Losewerden zu verhindern, welches so
gewöhnlich bei den eisernen Nägeln der Schienenstühle eintritt, müßte die ganze
tragende Oberfläche der Schiene in Theer gesetzt werden, damit die Verbindung des
Holzes mit dem Eisen eine solche wird, daß sich unmöglich Rost ansetzen kann.
Fig. 18 ist
ein Querdurchschnitt derselben Bahnlinie, aber durch die Stelle wo die Schienen
zusammenstoßen. Aus demselben sind die Endplatten ersichtlich, welche die
Verbindungsstellen noch mehr sichern. Diese Befestigungsweise ist eine Erfindung des
Hrn. Adams, welcher sich
dieselbe vor einiger Zeit patentiren ließ. Sie besteht aus 3/8zölligen geschmiedeten
Platten von 10 Zöll Länge, welche oben rechtwinkelig umgebogen sind, so daß sie 1
1/2 Zoll breit über die Kanten der Balken greifen. Dieser umgebogene Theil kommt so
zwischen das Holz und die Basis der Schiene zu liegen. Der verticale Theil ist so
hoch, daß er den Zwischenraum zwischen dem Doppeleck an der Hauptrippe der Schienen
und der auf dem Holze aufliegenden Schienenbasis ausfüllt. Eine Dreiviertelzoll
starke Schraube geht durch die Mitte der beiden Verbindungsplatten, wo sich die
Schienenfuge befindet, so daß die halbe Dicke der Schraube in der einen, und die
zweite Hälfte in der andern Schiene liegt. Die Dimensionen der vorgeschlagenen
Schienen sind: Breite der des Rad tragenden Oberfläche 2 3/4 Zoll; Breite der auf
dem Holze aufliegenden Basis 6 Zoll; Dicke der Hauptrippe 5/8 Zoll; Höhe der Schiene
über der Schwelle 2 1/2 Zoll; Höhe der ganzen Hauptrippe von der Schienenbasis an 4
6/10 Zoll.
Die perspectivische Ansicht, Fig. 19, stellt ein Stück
der Bahn mit den hölzernen Verbindungsbalken dar, welche mit Hülfe von eisernen
Verbindungsstangen die beiden Schienenreihen mit einander vereinigen. Diese
querliegenden Verbindungsbalken haben 7 Zoll im Quadrat, und sind je fünfzehn Fuß
weit von einander entfernt. Die Fugen oder der Stoß der Langschwellen wechselt mit
den Schienenfugen, so daß die Stärke dieser aus Holz und Eisen vereinigten Schienen
überall möglichst gleich wird. Statt der Erd- oder Verbindungsplatten am
Schienenstoße könnte man auch die Schienenenden so einrichten, daß sie sich
gegenseitig halten; man dürfte nämlich nur den vorstehenden Theil an der einen Schienenrippe in eine
gleiche Vertiefung der folgenden eintreten lassen. Für je 15 Fuß Bahnlänge sind ein
hölzerner Verbindungsbalken, eine eiserne Verbindungsstange und zehn
Verbindungsschrauben nothwendig.
Eine andere Anordnung des Langschwellensystems zeigen Fig. 20 und 21. Die
Schiene hat hier einen andern, einfach Tförmigen
Querschnitt, mit einer vier Zoll breiten Bodenplatte. In diesem Falle müßten die
Langschwellen 8 Zoll im Quadrat erhalten. Sie würden wie vorhin mit einander
verbunden, und jede müßte eine tiefe Nuth zur Aufnahme der Fußplatte der Schiene
bekommen. Die ganze Höhe der Schiene beträgt nur vier Zoll. Die Verbindungsplatten,
bei A, A punktirt dargestellt, sind 12 Zoll lang und
einen Zoll dick, weil sie weniger hoch als beim ersten Systeme sind.
Fig. 21 zeigt
einen Theil der Bahn in perspectivischer Ansicht. Die Verbindungsschrauben der
Langschwellen gehen durch die Mitte (d.h. auf halber Höhe) derselben; bei jeder
Schienenfuge aber geht die Schraube durch die Mitte der Schiene, wie dieß in Fig. 20 durch
punktirte Linien angezeigt ist. Das Wesentliche dieser Eisenbahnen ist die
Gleichmäßigkeit ihrer Tragkraft; denn jeder Zoll derselben ist gleich steif. Sind
dieselben einmal richtig und auf guten Grund gelegt, so ist kein Zweifel daß sie
eine sehr große Beständigkeit haben, so daß alle Unterhaltungskosten wegfallen. Es
wird keine losen Keile und Nägel mehr, noch wackelige Schienenstühle oder
zersprungene Querschwellen geben, wie eine solche in Fig. 22 abgebildet
ist.
Da bei allen Planen dieser Art die Kosten zuerst in Anschlag kommen, so theilen wir
folgende Vergleichung zwischen dem neuen Systeme und der jetzt in Süd-England
gebräuchlichen Art die Bahnen zu legen mit. Für beide Arten setzen wir gleiche
Umstände in Bezug auf die Lage der Bahn und die Schwere der Züge voraus.
Altes System.
Für je fünfzehn Fuß Bahnlänge:
Cwt.
Qrs.
Pfd.
Sh.
P. Pf. St.
Sh.
P.
2 fünfzehn Fuß lange
Schienen
(92 Pfd.)
8
0
24
à 6
6 = 2
19
1
2
Verbindungsschienenstühle
(55 Pfd.)
0
3
27
à 4
10 = 0
4
5
8 gewöhnliche
Schienenstühle
(30 Pfd.)
2
0
16
„
„ = 0
9
8
5 Schwellen
à 5
6 = 1
7
6
20 Nägel
2
2
10 Keile
1
0
––––––––––––––––––––––––––––––––
5 Pfd. Sterl. 3 Sh. 10 P.
Neues System.
Für je fünfzehn Fuß Länge:
Pfd. Sterl.
Sh.
Pence.
2 Langschwellen 15' (14'' × 7'') = (20',
5') à 2 Sh.
2
0
10
1 Querholz 4' (7'' × 7'') = (1', 4') à 2 Sh.
0
2
8 1/2
2 Schienen (100 Pfd. per Yard) 8
Cwt. 3 Qrs. 20 Pfd. à 10 Pfd. Sterl. 6 Sh.
2
16
3
4 Verbindungsstücke 12'' × 4 3/4'' × 1/2'', 32
Pfd. à 1 Pence
2
8
1 Verbindungsstange 6' 6'' lang, 11 Pfd. 10
Uz. à 1 1/2 Pence
1
5 1/2
8 Schrauben, 29 Pfd. à 1
5/8 Pence
0
3
11
––––––––––––––––––––––
Pfd. Sterl.
5
7
10
oder
1897 Pfd. St. 17 Sh. 4 Pence für die engl. Meile.
Wenige Ingenieure werden bestreiten, daß die beste jetzt existirende Bahn die
Great-Western Eisenbahn ist. Beim Entwurf dieser Bahn nahm sich Hr. Brunel vor, den möglich besten Weg
herzustellen, ohne auf die Kosten Rücksicht zu nehmen, und dieß ist ihm gelungen.
Sein Plan läßt indeß zwei Einwürfe zu, nämlich daß es schwierig ist diejenigen
Schrauben an ihrer Stelle zu erhalten, welche die Schienen niederhalten sollen, und
daß die angewandten Schienen nur einen kleinen Querschnitt haben. Durch den
beschriebenen neuen Plan werden alle von Hrn. Brunel erzielten Vortheile ohne so ungeheure
Kosten erreicht. Bis jetzt wurden die Mittel um die Schwellen vor zu raschem Faulen
zu schützen, noch nicht so berücksichtigt wie es seyn sollte. Wenn die
Eisenbahndirectoren aber nun die Entdeckung machen, daß das Fundament ihrer Bahnen unterwühlt ist,
werden sie sich wohl entschließen, auf eine conservirende Zubereitung der Schwellen
etwas zu verwenden.
Das für Bahnen dieser Art geeignetste Holz ist Quebec-Eiche, oder
amerikanische Pechtanne; keines von beiden kann jedoch bei ihrer Lage, halb in und
halb außer der Erde, lange einer eintretenden Fäulniß widerstehen.
Wir betrachteten schon längst das Langschwellensystem als ein wirksames Ersatzmittel
für die getrennten Steinblöcke, an welchen viele Ingenieure mit so großem Eigensinne
hingen. Steinunterlagen entbehren aller Elasticität, und nur ein ganz steinerner Weg
könnte noch härter seyn, mehr Stöße verursachen und die Reisenden noch mehr
belästigen. Wir bemerken noch, daß das neue System bereits auf einer kurzen,
regelmäßig befahrenen Strecke ausgeführt ist. Die Vergleichung der Anlagekosten mit
den Kosten des alten Systems zeigt, daß der Unterschied höchst unbedeutend ist,
während die Aussichten auf ein Verbleiben der Bahn in gutem Zustande verdoppelt
sind. Da sich die Probe erfolgreich zeigte, so dürfte der Zeitpunkt einer
verbreiteteren Einführung dieses Bahnsystems nicht mehr ferne seyn.