Titel: | Schiele's Reibungscurve. |
Autor: | C. Schiele |
Fundstelle: | Band 112, Jahrgang 1849, Nr. LXXIII., S. 332 |
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LXXIII.
Schiele's Reibungscurve.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Schiele's Reibungscurve.
Ein bekannter Mangel flacher oder konischer Drehventile ist deren Undichtheit nach
einigem Gebrauche oder die zerstörende Reibung, denen dieselben unterworfen sind,
wenn die Dichtheit durch Druck erzwungen werden soll. An den konischen Zapfen eines
Wasserhahns z.B. ist die Abreibung an den beiden Enden verschieden: die am dickeren
ist stärker als die am dünneren, da der Weg der Reibung länger ist. Man macht daher solche Hahnen nahe
cylindrisch, um diesen Mißstand möglichst zu vermeiden, was folgende Nachtheile mit
sich bringt: 1) ein verhältnißmäßig geringer Druck bewirkt ein keilförmiges
Feststecken des Zapfens; 2) das Loch muß länglich gemacht werden, anstatt rund, und
erschwert somit den Durchfluß; 3) geringe Abreibung verursacht bedeutendes Sinken
des Zapfens im Hahnen; daher 4) ist es nothwendig, denselben lang und schwer zu
machen.
Die Reibung vertheilt sich in einem solchen Hahnen so, daß in allen Punkten der
bezüglichen Flächen das Product des Drucks multiplicirt mit der Länge des Weges, den
der Punkt zu durchgehen hat, dasselbe ist. Da der Weg am dickeren Ende länger ist,
so ist der Druck geringer; der Hahnen soll hier aber ebenso dicht halten, als am
dünneren Ende, deßhalb muß der Druck auf die anderen Theile so viel erhöht werden,
daß auch der dickere Theil den nöthigen Druck zum Dichthalten bekommt; daher die
zerstörende Reibung des dünneren Theils.
Da ein stumpfer Conus nicht soviel in seinem Sitz sinken würde bei einer gewissen
Abreibung als ein spitzerer, so nehme ich in richtigem Verhältnisse einen stumpferen
Conus für jeden dickeren Theil; solche Theile als unendlich schmale Ringe gedacht
und zusammengefügt geben eine Curvenfläche, die der Natur drehender Reibung
entspricht, und jedem Punkt gleichen Druck zukommen läßt.
Fig. 6 zeigt
eine solche Form. Die bildende Curve derselben hat die Haupteigenschaft, daß alle
Tangenten von derselben nach der Achse gezogen einander gleich sind. Hieraus ist der
Gebrauch des Instrumentes Fig. 7
A und B leicht zu ersehen.
Eine kleine Ziehfeder beschreibt die Curve auf einer horizontalen Fläche, wenn man
das Brettchen längs der Kante eines Lineals hinzieht.
Einige Beispiele praktischer Anwendung habe ich in folgenden Figuren angeführt:
Fig. 8, A und B sind zwei Hahnen, die keine der erwähnten Nachtheile der jetzigen
haben, dagegen den Hauptvortheil eines Strebens zum Dichterwerden durch
Gebrauch.
Fig. 9 ist ein
Theil eines Regulators für Locomotiven, um drehende Bewegung von der Außenseite des
Kessels zur inneren zu übertragen; der Dampfdruck regulirt hier selbst.
Fig. 10 ist
eine Achse für Meßinstrumente und dergl. Die verschiedenen ringförmigen Theile aa
,
bb
,
cc sind Theile derselben Curvenfläche, und die Art der Vertheilung soll
ein Beispiel der vielfältigen Anwendbarkeit des Princips vorführen; für die meisten
Fälle ist eine ununterbrochene Form, wie Fig. 6, andern
vorzuziehen.
Fig. 11 zeigt
die Anwendung des Princips zur Construction von Schraubengängen. Meine
Hauptverhältnisse sind: ab immer ein Viertel von
ac; und ac
immer 1/4, 1/6, 1/8, 1/10 oder 1/12 des Durchmessers der Schraube.
Als weitere Beispiele von Vorrichtungen für welche dieses Princip anwendbar ist, will
ich noch erwähnen: Drehventile für Regulatoren in Locomotiven; ähnliche Ventile
anstatt Schieber für Dampfcylinder, wodurch, wenn an jedem Ende eines, der Verlust
in Dampfkanälen wegfiele (eine veränderlich schnell drehende Bewegung würde dabei
besser seyn, als eine hin- und hergehende); drehende Verbindungen von Röhren;
Sicherheitsventile; Spindeln und Spitzen (Fig. 11
k) für Drehbänke; Stützenden für senkrechte Wellen;
Achsen für Drehscheiben auf Eisenbahnen; Verkupplungen; Ansätze von Schraubenköpfen
(Fig. 8B.
a und b); Thür- und
Fensterangeln; Glasstöpsel; kurz alle solche Vorrichtungen, wo zwei Flächen in
ähnlicher Weise gegen einander reiben, oder durch ähnliche Reibung zusammengepaßt
werden.
Die Reibung so angefertigter Vorrichtungen ist ein Minimum, und kann nach folgender
Formel berechnet werden:
8 GLNP/C(D² – d²), wo
P = den ganzen Druck, der auf den reibenden Flächen
ruht, in der Richtung der Achse; D = Durchmesser des
dickeren Theiles, d = Durchmesser des dünneren
Theiles; L = Länge der Curvenfläche in der Richtung
der Achse; G = Entfernung des Schwerpunktes der
bildenden Curvenlinie von der Achse; C = Coefficient der
Reibung; N = Anzahl der Umdrehungen; die Maaße nach
gleichen Einheiten genommen.
Ich habe in England und Schottland Patente auf die Anwendung dieses Princips
erhalten, verfertige alle darauf Bezug habenden Gegenstände, Instrumente zum
Zeichnen der Curve; Kupferplatten: Curven von allen Größen (in praktischen Gränzen)
darstellend, Schablonen zu denselben, und bestrebe mich alle Bestellungen
befriedigend auszuführen.In Hrn. C. Schiele's
Beschreibung seines Condensators für
Dampfmaschinen, im polytechn. Journal, Jahrgang 1847, Bd. CVI lese
man S. 331 Zeile 30 v. o.: „so zeigt es der Condensator sogleich
durch seine gestörte Wirksamkeit und heftiges Ausblasen von Dampf (statt
Luft) durch g an.A. d. R.
Manchester, im April 1849.
C.
Schiele, Mechanikus.