Titel: | Verfahren die Milch durch Bestimmung des Milchzuckers auf ihren Gehalt zu probiren; von Prof. Poggiale. |
Fundstelle: | Band 112, Jahrgang 1849, Nr. LXXVIII., S. 367 |
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LXXVIII.
Verfahren die Milch durch Bestimmung des
Milchzuckers auf ihren Gehalt zu probiren; von Prof. Poggiale.
Aus den Comptes rendus, April 1849, Nr.
16.
Poggiale's Verfahren die Milch auf ihren Gehalt zu
probiren.
Bis jetzt hatte man noch kein Verfahren, um den Gehalt der
Milch schnell und genau zu ermitteln; dazu genügt es aber, einen ihrer
Bestandtheile – den Zucker – nach der Methode der Volume, also ohne
Waage, schnell bestimmen zu können.
Ich erhielt bei der Analyse von zehn Proben reiner Kuhmilch im Mittel folgendes
Resultat:
Wasser
862,8
Butter
43,8
Milchzucker
52,7
Käsestoff
38,0
Salze
2,7
––––––
1000,0.
Nach meinen Versuchen enthalten also 1000 Gramme Milch 52,7 Gram. Zucker. Hr.
Boussingault hat bei einer
Reihe von Beobachtungen im Mittel 50 Gramme gefunden; der Unterschied rührt ohne
Zweifel von den verschiedenen Verfahrungsarten her, welche wir für diese Bestimmung
befolgt haben. Die Milch enthält also eine beträchtliche Menge Zucker, und bietet
außerdem nur geringe Abweichungen dar. Das Verfahren, welches ich zur Bestimmung des
Milchzuckers vorschlage, ist dasjenige von Barreswil. Der
Milchzucker reducirt wie das Glucos (Traubenzucker und Stärkezucker) die
Kupferoxydsalze, und läßt sich mittelst dieser Reaction leicht quantitativ
bestimmen. Die Menge des zersetzten Kupfersalzes steht mit derjenigen des
Milchzuckers in geradem Verhältnis.
Bereitung der
Probeflüssigkeit.
Um sie zu bereiten, versetzt man eine Auflösung von Kupfervitriol mit
doppelt-weinsteinsaurem Kali und löst den entstandenen Niederschlag mittelst
Aetzkali auf. Man bestimmt dann sorgfältig den Gehalt der alkalischen Auflösung,
indem man die Zuckermenge ermittelt, welche ein bekanntes Volum der Flüssigkeit
entfärbt; es versteht sich, daß man hiezu Milchzucker anwenden muß, keineswegs
Rohrzucker.
Ich habe einige Versuche angestellt, um die Bestimmung des Gehalts der
Kupferoxydlösung zu vermeiden, weil sie viel Zeit und große Genauigkeit erfordert.
Folgende Verhältnisse lieferten mir stets eine Flüssigkeit, von welcher 20
Kubikcentimeter 2 Decigrammen Molken entsprechen.
Krystallisirter Kupfervitriol
10 Gramme
Krystallisirtes doppelt-weinsteinsaures Kali
(Weinstein)
10 „
Aetzkali
30 „
Destillirtes Wasser
200 „
Die Flüssigkeit ist nach dem Filtriren klar und von dunkelbrauner Farbe.
Bereitung der Molken.
Um den Milchzucker quantitativ zu bestimmen, ist es durchaus nöthig, das Fett und den
Käsestoff durch das Gerinnen abzuscheiden. Man bringt nämlich 50 oder 60 Gramme
Milch in einen kleinen Kolben, setzt einige Tropfen Essigsäure zu und erhöht dann
die Temperatur auf 32 oder 40° Reaumur. Durch das Filtriren erhält man eine
durchsichtige Flüssigkeit. 1000 Gramme Milch liefern nach meinen Versuchen 923
Gramme Molken; dieß ergibt für 1000 Gramme Molken nahezu 57 Gramme Zucker.
Probiren der Molken.
Man nimmt mit einer Pipette 20 Kubikcentimeter Probeflüssigkeit und bringt sie in
einen kleinen Kolben (ein solcher ist einer Porzellanschale vorzuziehen, weil er die
Flüssigkeit von unten nach oben zu beobachten gestattet, so daß man mit der größten
Leichtigkeit den Zeitpunkt erkennt, wo die Entfärbung vollständig ist). Man erhitzt
dann die Flüssigkeit bis zum Kochen. Andererseits füllt man ein Maaßgläschen (burette), an welchem jede Abtheilung einem
Fünftels-Kubikcentimeter entspricht, mit Molken, und läßt die Molken
tropfenweise in die Probeflüssigkeit fallen, indem man letztere beständig schüttelt
und sie nach jedem Zusatz von Molken erhitzt. So fährt man fort, bis die blaue Farbe
ganz verschwunden ist. Es bildet sich anfangs ein gelber Niederschlag von
Kupferoxydulhydrat, welcher aber bald roth wird und sich auf den Boden des Kolbens
begibt. Nach beendigter Operation liest man an dem Maaßgläschen die angewandte Menge
Molken ab und berechnet das Gewicht des in 1000 Grammen Molken enthaltenen
Zuckers.
Ich habe oben bemerkt, daß 1000 Gramme Molken 57 Gramme Zucker enthalten; man darf
jedoch einige Gramme nachsehen. Die meisten Betrügereien bestehen lediglich im
Verdünnen der Milch mit Wasser, und lassen sich daher durch Bestimmung des
Milchzuckers leicht entdecken. Es könnte jedoch vorkommen, daß man den Rahm
abschöpfte ohne Wasser zuzusetzen, oder auch daß man Stärkezucker oder Milchzucker
zusetzte. In diesem Falle bestimme ich auf eine einfache und schnell ausführbare
Weise den Gehalt an Fett, indem ich die kochende Milch mit Essigsäure versetze und
sie nach dem Erkalten mit Aether schüttle, welcher ihr die Butter entzieht. Man
gießt die ätherische Flüssigkeit ab und läßt sie verdunsten.