Titel: Ueber Meßinstrumente mit constanten Winkeln (Linsen- und Prismenporrhometer). Von Dr. Hermann Schlagintweit aus München.
Autor: Dr. Hermann Alfred Rudolph Schlagintweit [GND]
Fundstelle: Band 112, Jahrgang 1849, Nr. XCI., S. 420
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XCI. Ueber Meßinstrumente mit constanten Winkeln (Linsen- und Prismenporrhometer). Von Dr. Hermann Schlagintweit aus München. Mit Abbildungen auf Tab. VI. (Beschluß von S. 356 des vorigen Hefts.) Schlagintweit, über Meßinstrumente mit constanten Winkeln. B. Das Prismenporrhometer. Erklärungen. Das Prismenporrhometer, ein kleines Reflexionsinstrument von 2,5 Par. Zoll Durchmesser, hat in Beziehung auf den Gang der Lichtstrahlen und das Ablesen der Theilung ungefähr dieselben Gesetze wie der Spiegelsextant. Hr. v. Steinheil, der Erfinder des Prismenkreises1) Neue Reflexionskreise. Astronom. Nachr. 1834 Bd. XI, S. 43.2) Theorie des Prismenkreises von Bessel. Ebendas. S. 229., hatte die Güte mir die Anwendung der Prismen statt der Spiegel auch für dieses Instrument zu empfehlen. Es sey mir erlaubt demselben für diese und viele andere freundliche Unterstützungen meinen verbindlichsten Dank hier auszusprechen. Auch bei diesem Instrumente wurden Einstellungslinien gewählt; aber zugleich wurde damit ein getheilter Kreis verbunden, welcher das Instrument auch als gewöhnliches Winkelinstrument zu gebrauchen erlaubt. Es ist mit einem Nonius versehen und auf 4° direct ablesbar. Den Einstellungsstrichen aber kann mit Sicherheit eine Genauigkeit von einer Minute zugesprochen werden. – Mit derselben Genauigkeit kann dieses Instrument auch als Nivellirinstrument, als Winkelspiegel und Distanzmesser angewandt werden; auch bei Triangulationen in kleinerem Umfange kann das Prismenporrhometer gelten. Doch das Nähere davon im praktischen Theile. In den folgenden Capiteln wollen wir zuerst betrachten, welche Unterstützung von Seite der Mechanik nöthig war, diese Bedingung richtig zu erfüllen. I. Construction. Als Grundlage dient dem Instrument eine Platte, welche aus Gußmessing gedreht ist. Ihr größter Durchmesser beträgt 28 Par. Linien. Da sie wenigstens am Rande auch noch unten eine Dimension von etwa 3 Linien haben muß, um nach oben das Schraubengewinde des Deckels, nach unten einen schützenden, etwas hervorspringenden Rand anbringen zu können, so ist sie von unten nach oben gesehen nicht ganz massiv, sondern in der Mitte bedeutend tiefer, um alle unnütze Schwere zu vermeiden. Auf der unteren Seite ist ein kleiner Stiel, eine Handhabe von 2 Zoll Länge; auf der unteren Fläche ist ferner eine kleine Schraube zu bemerken; der Cylinder, an dem sie aufgewunden werden kann, ist unbeweglich an den Nonius befestigt; da sie auf eine Metallfeder drückt, so dient sie dazu, die Beweglichkeit des Nonius zu mäßigen, oder denselben ganz einzustellen; zugleich vermag sie demselben in der Richtung des Zuschraubens eine sanfte Mikrometerbewegung zu verleihen. Die obere Fläche trägt die Prismen, welche nicht im Centrum stehen, sondern so weit der Peripherie genähert sind, daß der Kreisbogen von 45 bis 50°, welcher der Scala zu Grunde gelegt ist, das größte sey, welches wir einschreiben können. Die Scala ist direct in 1/2° getheilt, kann aber mittelst des Nonius in 4 Minuten abgelesen werden. 2 Linien hinter derselben befindet sich concentrisch mit ihr ein zweites Kreissegment, welches jedoch nicht in der gewöhnlichen Form getheilt ist, sondern nur einige wenige Einstellungsstriche trägt, von welchen weiter unten ausführlicher gehandelt werden soll. – Die wichtigste Frage für die genaue Construction des Instrumentes war die normale Stellung der Prismen, und ihre Bewegung um eine gemeinschaftliche Achse möglich zu machen. Um der geforderten Bewegung zu entsprechen, hätte es genügt, das eine Prisma auf die Platte des Instrumentes, das andere auf den Nonius aufzukitten; allein so einfach konnten wir nicht verfahren, weil wir sonst in Beziehung auf das Senkrechtstellen der Prismen und auf ihren gemeinschaftlichen Drehungspunkt lediglich von den Zufälligkeiten des auftrocknenden Kittes, von seinem etwas dickeren oder dünneren Polster abhängig geworden wären. Es wurden daher auf die Platte zwei dreiseitige Metallstücke aufgeschraubt, wovon das eine, das bewegliche, in einen Fortsatz auslief, welcher den Nonius trug. Der Drehungspunkt des beweglichen lag etwas im zweiten Drittheil; die beiden Metallstücke mußten daher nach hinten etwas ausgeschnitten seyn, um das Auseinandertreten ihrer vorderen Endpunkte nicht zu verhindern. Auf diese war ein zweites Paar von Metallplatten befestigt, welche durch Centrirschrauben, wovon drei Zug- und drei Druckschrauben waren, in die geforderte Lage gebracht werden konnten. Wären die Prismen unmittelbar auf die Platte befestigt worden, so hätten sie nur durch einen glücklichen Zufall senkrecht gestellt werden können. Um die Kanten so genau als möglich einander zu nähern, erhielt jedes Prisma noch eine Umgebung von Messing, in die es mit schwarzem Siegellack befestigt wurde; die Hülle hatte zwei Löcher zum Durchgange von Schrauben, welche in die zweiten Metallstückchen eingriffen. Die Löcher der Prismenhüllen hatten jedoch kein Gewinde, sondern ließen der Schraube etwas Spielraum; waren nun die Schrauben etwas angezogen, so konnten die Prismen noch etwas verrückt werden, bis sie die richtige Stelle einnahmen. Ob die Prismen richtig stehen oder nicht, können wir durch einen sehr einfachen Versuch controliren. Hängen wir nämlich zwei Pendel, und drehen nun die Prismen so, daß wir jeden dieser Pendel in einem anderen Prisma sehen, so müssen diese Pendel auch durch die Prismen gesehen seyn; sie müssen ferner, wenn wir die Prismen immer mehr einander nähern, endlich ganz gleichzeitig verschwinden, ohne sich an irgend einer Stelle zu durchschneiden. Der innere Kreisbogen trägt die Striche, die mit 0,25, 0,5, 1, 2, 3, 4, 8, 10, 90° bezeichnet sind. Diese werden vom Mechaniker nur provisorisch bestimmt. Er sucht nämlich mit der Scala des äußeren Kreises einen Winkel von 18° 26' 1'' herzustellen. Da die Scala mittelst des Nonius nur auf 18° 28' gestellt werden kann, so muß er durch Schätzen nachhelfen. Die Stella nun, welche diesen Stand des Instrumentes bezeichnet, wird mit 0,25 beziffert. 0,5 entspricht einem Winkel von 26° 33' 31'' 1 entspricht 45° 2 entspricht 63° 26' 29'' 3 entspricht 71° 38' 59'' 4 entspricht 75° 57' 59'' 8 entspricht 82° 52' 9'' 10 entspricht 84° 17' 0''. Sind nun diese Winkel so bestimmt, so werden sie mit einem Theodoliten nachgemessen; wir werden dadurch leicht finden, wie weit sie mit der geforderten Größe übereinstimmen oder nicht. Es ist natürlich ein vollkommenes Uebereinstimmen nicht zu erwarten; allein eine kleine Rechnung wird uns in diesem Falle leicht die genaueste Beobachtung des Instrumentes möglich machen. Gesetzt z.B. wir fänden, daß der Fehler 9 für einen Winkel + 3' betrage (ich kann dieß wohl als das Maximum betrachten, da ja das äußere Kreissegment in 4 mit dem Nonius abgelesen wird), so würde die Tangente dieses Winkels für die mit 4 bezeichnete nicht mehr 4, sondern 4,016 betragen; wir können aber diese Zahl sehr bequem für die Rechnung machen, wenn wir sie als Summe darzustellen suchen; wir sagen z.B. 4,016 = 4 + 1/100 + 6/1000 . . . 4,0451 = 4 + 1/25 + 1/200 + 1/1000 . . . In den meisten Fällen genügt uns 4 + 1/100; wollen wir noch größere Genauigkeit, so können wir noch die 6/1000 dazu fügen. In diesem Sinne sind in meinem Instrumente alle Winkel sorgfältig untersucht worden; die Correctionen wurden gleich auf das Instrument geschrieben. Sie müssen natürlich für jedes Instrument eigens bestimmt werden; es würde daher zwecklos seyn, wollte ich hier die Correctionen, welche ich für mein eigenes Instrument gefunden habe, anführen. II. Anwendung und Handhabung. Stehen die beiden Prismen so, daß ihre Hypotenusenflächen sich nicht berühren, so werden wir in jedem Prisma durch totale Reflexion das Bild eines Gegenstandes sehen, welcher auf der Seite des entsprechenden Prisma, aber mehr nach außen gelegen ist. Zugleich bemerken wir (besonders deutlich, wenn wir das ganze Instrument ganz sachte hin und her drehen), daß sich diese zwei Bilder an einer Linie decken, ja mit einiger Uebung gelingt es uns, daß wir einen Theil von dem einen durchsichtig über dem andern sehen. Zwei Theile dieser Bilder, welche hart aneinander, oder im letzteren Falle übereinander liegen, sind um das doppelte jenes Winkels von einander entfernt, welchen wir auf der äußeren Scala ablesen. In diesem Sinne gebraucht, wirkt das Instrument ganz wie ein Spiegelsextant. Wollen wir das Princip der constanten Winkel benutzen, so wird der Nonius auf einen Theilstrich der inneren Scala eingestellt. Wir nähern uns dann dem zu messenden Gegenstande so lange, bis seine Endpunkte auseinanderfalten. Dann verhält sich seine Größe zu unserer Entfernung wie 4 : 1, 3 : 1 etc. Die Art der Messung bleibt nun dieselbe wie bei dem Gebrauche des Linsenporrhometers. Der Vortheil dieser Art der Messung ist: weit größere Genauigkeit und größte Einfachheit der Rechnung. Da der Winkel, welchen die beiden Prismen mit einander bilden, nur die Hälfte des Winkels ist, welcher in der Wirklichkeit uns vorliegt, so müssen wir das Instrument so halten, daß die Halbirungslinie des Prismenwinkels mit der Halbirungslinie des Naturwinkels zusammenfällt. Ein anderer kleiner Vortheil bei der Handhabung des Instrumentes ist der, daß wir bei ungleicher Beleuchtung der Gegenstände immer den hellern auf dem dunkleren zu sehen trachten, da der scheinbar obere Gegenstand immer etwas an Licht verliert. Sehr wichtig ist es, die Prismen vor jedem Experimente möglichst rein zu erhalten, weil hier durch Staub etc. ungleich mehr Licht verloren wird, als bei ähnlichen Bedeckungen eines Objectives in einem Fernrohre. Die Vortheile dieser und mancher anderer kleiner Handgriffe wird man am leichtesten beim Gebrauche des Instrumentes selbst kennen lernen. III. Eigenschaften der Prismen. Sehen wir durch ein Prisma, so können wir zweierlei Erscheinungen beobachten. Wir sehen nämlich Gegenstände, welche von ihrer Stelle verrückt und mit farbigen Rändern umgeben sind; wir sehen auch andere, welche ebenfalls von der Stelle gerückt, aber in ungeschwächter Klarheit in den natürlichen Farben erscheinen. Im ersten Falle kam gebrochenes, im zweiten total reflectirtes Licht in unser Auge. Wir haben es bei unserem Instrumente nur mit dem letzteren zu thun; uns wirken die Prismen demnach ganz wie bei den Spiegeln eines Sextanten; aber während bei letzteren viel Licht verloren geht und die Intensität des Lichtes in dem Grade abnimmt, in welchem die Neigung des Spiegels wächst, wird bei unserem Instrument das Licht ungeschwächt reflectirt und die Stellung der Prismen ist in Beziehung auf die Intensität des reflectirten Strahles völlig bedeutungslos. Daher können wir hier ungleich genauer einstellen; wir können ohne Fernrohr zwei aufeinander durchsichtige Bilder erhalten; ein Umstand, der beim Spiegelsextanten nur dann eintritt, wenn ein Fernrohr damit verbunden ist. Ich habe schon im Vorhergehenden erwähnt, daß die Bewegung der Prismen halb so groß ist als der entsprechende Naturwinkel. Abstrahiren wir nämlich von allen Brechungen, welche der Strahl bei seinem Uebergange von Luft in das Glas des Prismas und bei seinem Austritte von Glas in Luft erleidet, so können wir die Hypotenusenflächen unserer Prismen als einfach spiegelnde betrachten, und die doppelte Bewegung erklärt sich dann bei unserem Instrumente eben so wie beim Spiegelsextanten. Eine andere Bedingung, welche die Genauigkeit des Instrumentes bedeutend unterstützt, ist die, daß die beiden Prismen anfänglich ein einziges bildeten und dann auseinander geschnitten so gestellt werden, daß die frühere Kante der einen Seite, welche wir a nennen wollen, mit der Kante b, mit jener der anderen Seite, zusammen komme. Textabbildung Bd. 112, S. 425 Wir können nämlich nicht annehmen, daß die beiden kleineren Winkel des Prisma mit absoluter Genauigkeit = 45° seyen. Durch das oben erwähnte Verfahren wird aber ein daraus resultirender Fehler der Reflexion aufgehoben. Es sey z.B. in dem Dreiecke der Fig. 13, welche uns den Durchschnitt eines Prisma's darstellt, die Verschiedenheit so groß, daß der Winkel α = 50, der Winkel β = 40 beträgt. Kommt nun ein Strahl senkrecht auf AB (um den einfachsten Fall zu setzen), so wird er ohne Brechung auf die Hypotenusenfläche AC treffen, und von dieser so reflectirt werden, daß er auch nach der Richtung C einen Winkel von 50° macht; er wird also auf die Fläche BC nicht mehr senkrecht treffen, folglich nur mit einer Brechung austreten können. Ziehen wir sein Einfallsloth, so wird er sich von diesem entfernen, weil er vom dichteren Medium in ein dünneres überging. Es wird so nach o' kommen, während er bei Gleichheit der beiden Winkel α und β nach o hätte kommen müssen. Gehen wir nun zum anderen Prisma über, welches, als ein früherer Theil des ersten, genau dieselben Winkel haben muß. Ist dieß so gestellt, daß der Winkel α am Winkel β liegt, also daß ein senkrecht einfallender Strahl senkrecht auf BC treffen müßte, so wird er zwar wieder abgelenkt, aber aus leicht begreiflichen Gründen nach der entgegengesetzten Richtung; wir können also beide Fehler mit plus und minus bezeichnen; beide heben sich in der angegebenen Stellung der Prismen auf, d.h. die beiden Strahlen werden jetzt etwa so genau parallel in unser Auge kommen, als ob die Prismenwinkel die größte mathematische Schärfe hätten. Bei umgekehrter Stellung aber würde sich dieser Fehler jedesmal verdoppeln. Die gewählte Differenz von 10° ist nur als Beispiel zu verstehen. Die wirkliche beträgt bei sorgfältiger Arbeit selten 10°. IV. Praktische Fälle. Construction senkrechter Linien. 1. (Nivellement.) Stellen wir den Nonius unseres Instrumentes auf 90° und halten das Instrument an eine senkrechte Stange in einer uns bekannten Höhe, so können wir in einer gewissen Lage unseres Porrhometers den Treffpunkt unserer Stange mit einem Punkte eines aufrechten Gegenstandes zusammenfallen sehen. Dieser Punkt hat dann dieselbe Höhe wie das Instrument selbst. Hielten wir nämlich die Stange genau senkrecht, was durch ein kleines Fadenpendel leicht zu prüfen ist, so mußte die Visionslinie, 90° mit der Senkrechten bildend, genau horizontal seyn. Wir werden dieser Operation bei der Bestimmung der Höhe senkrechter Gegenstände benöthigt seyn, um am bequemsten ein rechtwinkeliges Dreieck herzustellen, dessen eine Kathete die Entfernung, dessen zweite die Höhe des Gegenstandes – weniger der Höhe des Instrumentes ist. Verbinden wir eine Latte, welche getheilt ist ähnlich der Nivellirlatte des Distanzmessers, so kann man dieses Instrument als Nivellirinstrument gebrauchen. Die Einstellung des Winkels auf 90° hat dabei den Vortheil, daß sie ungleich bequemer und schneller ausgeführt werden kann, als das Horizontalstellen eines Diopters. Da uns kein Fernrohr zu Gebote steht (wenigstens nicht bei dem Instrumente der einfachsten Art, welches zunächst Gegenstand unserer Beschreibung ist), so können wir besonders auf größere Distanzen nicht genau ablesen, aber eine kleine Vorrichtung an der Latte kann diesem Uebelstande wenigstens theilweise abhelfen. Wir dürfen nur einen Index von gehöriger Breite und intensiver Schwärze vom Beobachter an der Latte nach Signalen auf und nieder schieben lassen, bis er die geforderte Stelle einnimmt; der Stand wird dann vom Beobachter abgelesen. Die Latte braucht deßhalb auch nur fein getheilt zu seyn, so daß sie in einiger Entfernung ganz weiß erscheint; dadurch kann der Contrast weit größer werden und die Einstellung muß um so genauer seyn. Da die Benutzung des Porrhometers auch weit weniger umständlich ist, so können wir das Nivelliren nach kurzen Stationen vornehmen und dadurch hinlänglich ersetzen, was etwa durch ungenaues Einstellen verloren würde. 2. Haben wir auf einer Linie in einem gegebenen Punkte ein Perpendikel zu errichten, so stellen wir auch hier das Instrument auf 90°; halten aber dießmal das Porrhometer horizontal. Wird ein Punkt in der Richtung der Standlinie von einem anderen der seitlich liegt, gedeckt, so müssen diese Punkte um 90° aus einander liegen, folglich ist die Linie, welche unseren Standpunkt und den seitlich beobachteten verbindet, ein Perpendikel auf der Standlinie. Unser Porrhometer kann demnach die Stelle des Winkelspiegels vollkommen ersetzen. 3. Schwieriger ist es auf eine Linie ein Perpendikel zu fällen (wenn sie an einem Ende zugänglich ist, so können wir die Aufgabe immer so stellen, daß wir in diesem Punkte ein Perpendikel errichten). Unser Prismenporrhometer vermag diese Aufgabe nicht zu lösen; beim Linsenporrhometer aber sahen wir, daß die beiden rechtwinkelig auf einander stehenden Durchmesser dazu benützt werden konnten, wenn die Nebenumstände gestatteten die Standebene als horizontal anzunehmen. Wir können auch hier diese Methode anwenden; wir dürfen nämlich nur eine Glasplatte mit zwei auf einander senkrechten Linien ausführen. Das Verfahren bleibt dabei ganz das oben beschriebene. – Wie man in Fällen verfährt, wo auch dieses Verfahren wegen der Neigung der Standebene nicht eingeschlagen werden kann, siehe unten bei der Triangulation. Die Construction paralleler Linien ist mit dem Errichten der Perpendikel ebenfalls möglich gemacht. Construiren wir auf einer Linie ein Perpendikel und dann ein zweites Perpendikel auf dem ersten, so muß dieses mit der gegebenen Linie parallel seyn. Halbiren einer Linie. Diese Aufgabe ist für uns besonders wichtig, weil dadurch die directe Messung bedeutend beschränkt wird. Wir können diese Aufgabe von zwei Standpunkten betrachten, je nachdem wir unsere Standlinie oder die andere Kathete unseres Visionsdreieckes halbiren wollen. Im ersten Fall verfahren wir als hätten wir auf der gegebenen Linie ein Perpendikel, und wählen unsere Stellung auf demselben so, daß uns die Linie unter einem unserer constanten Winkel erscheint, z.B. unter dem Winkel dem die Tangente 8 entspricht. Sehen wir jetzt vom selben Standpunkt auf die Linie unter jenem Winkel, welcher die Tangente 4 bedingt, so haben wir den Halbirungspunkt dieser Linie im Instrument. (Wählen wir andere Tangenten, so können wir die Linie auch nach andern Verhältnissen theilen). 1. Wollten wir unsere Standlinie halbiren, so ist das Verfahren ungefähr dasselbe. Aber anstatt unseren Standpunkt unverrückt zu lassen, nähern wir uns der Linie so lange, bis wir dieselbe unter dem Winkel sehen, dem die große Tangente entspricht. Wir sehen z.B. die Linie vom Standpunkt A unter einem Winkel, der mit 2 auf der inneren Scala bezeichnet ist. Wir gehen jetzt der Linie so nahe, bis wir sie unter dem Winkel 4 sehen; in diesem Falle ist die Standlinie halbirt. Diese Methode ist in zwei Fällen sehr wichtig. Erstens wenn die Standlinie nicht in ihrer ganzen Länge zugänglich ist, und das Hinderniß gerade in jenem Theile liegt, welcher der gegebenen Linie der nächste ist. Zweitens beim Messen aufrechter Gegenstände, Berge etc., welche von schiefen Ebenen begränzt sind. Textabbildung Bd. 112, S. 428 Es sey z.B. (Fig. 14) der schattirte Theil der beigegebenen Figur der Durchschnitt eines Berges. Wir finden zwar, daß wir ihn von P aus unter einem Winkel von 45° sehen, wissen daraus, daß PB' = AB' seyn muß, aber können PB' nicht direct messen, weil ein Theil davon in den Berg fiel. Messen wir aber so wie Fig. 17 zeigt, so werden wir die direct meßbare FF' = BF erhalten, und daraus leicht die Höhe von AB finden.Kehren wir das so eben beschriebene Verfahren um, so können wir die Verlängerung einer gegebenen Linie dieser gleich machen, eine Frage, welche ebenfalls im praktischen Leben häufig vorkommt. Zusätze. Außer diesen constructiven Fragen, welche wir soeben durchgegangen, auch die wichtigsten Fälle anzuführen welche bei der Benützung des Porrhometers Schwierigkeiten entgegenstellen, würde die Gränzen dieser Abhandlung weit überschreiten, und ist auch nicht wesentlich nöthig, da diese Hindernisse im allgemeinen dieselben sind, mit denen wir beim Gebrauche auch anderer Winkelinstrumente zu kämpfen haben. Eine kleine Skizze des Objectes der Messung und der begleitenden Verhältnisse, ein Entwurf unseres Operationsplanes ist das beste Mittel, auch in den complicirtesten Fällen sich zurechtzufinden. Hier will ich nur noch auf einige Verhältnisse aufmerksam machen, welchen wir beim Porrhometer vorzüglich begegnen. Textabbildung Bd. 112, S. 429 Textabbildung Bd. 112, S. 429 1. Fällen wir (Fig. 15) von P (Stand des Instrumentes) einen Perpendikel PA auf AB (einer Linie welche in unserer Standebene liegt), so ist dieser größer als die Linie AF, größer also als jene Linie, deren Dimension wir durch directes Messen bestimmen. Da APB unser Visionswinkel ist, so müssen wir bei der Berechnung von AB die Linie AP, nicht AF berücksichtigen. Ist die Linie AB an beiden Enden zugänglich, so thun wir am besten an beiden Enden Stangen einzustellen, diese zu nivelliren; wir erhalten dann (Fig. 16) das Dreieck a 'pb ', welches von diesem Fehler frei ist, da aF = a ' p, wenn überhaupt die Ebene horizontal ist. Dazu kömmt noch, daß wir mit den Stangen weit sicherer einstellen. Ist aber die Linie AB unzugänglich, oder finden wir es aus anderen Umständen, etwa weil die Punkte A und B durch tieferliegende Gegenstände kenntlich genug sind, überflüssig die Stangen dort aufzustellen, so können wir diesen kleinen Fehler leicht durch Rechnung vermeiden. In diesem Sinne wurde für die Höhe des Instrumentes von 5' in der beigegebenen Tabelle die Differenz von der gemessenen Entfernung und jener Linie, welche in die Rechnung aufgenommen werden soll, dargestellt. Tabelle Nr. II. Textabbildung Bd. 112, S. 430 AF; AP; Höhe des Instrumentes 5 Par. Fuß 2. Ein Fehler ähnlicher Art wird begangen, wenn wir auf einer schiefen Ebene arbeiten. Wir stehen dort nicht auf der schiefen Ebene senkrecht, sondern auf einer horizontal gedachten PCB. Sehen wir abwärts, wie es in der Figur 17 gezeichnet ist, so wird die Linie FB Textabbildung Bd. 112, S. 430 um das Stück Fx zu kurz; sehen wir nach aufwärts, so wird sie um dasselbe Stück zu lang werden. Der Werth dieses Fx bei einer Höhe des Instrumentes von 5' ist folgender: Tabelle Nr. III. Textabbildung Bd. 112, S. 431 Fx; Neigung; Decimal; Fuß; Zoll; Höhe des Instrumentes 5 Par. Fuß Die in den letzten Spalten angegebenen Werthe sind demnach dem Werthe, welchen wir durch Messung für FB gefunden haben, mit plus oder minus hinzuzufügen, je nachdem wir abwärts oder aufwärts messen. Aus der so berechneten Linie xB erhalten wir die Visionslinie C B nach dem vorletzten Schema. Wir können diese Tabelle auch umgekehrt benutzen, um die Neigung einer Linie gegen den Horizont zu bestimmen. Wir visiren nämlich nach aufwärts und abwärts mit einem beliebigen Winkel, doch darf er bei beiden Operationen nicht gewechselt werden. Wir werden die Höhe des Instrumentes nur meiner Linie von gewisser Größe nach beiden Seiten hin erblicken können; messen wir nun beide Theile, sowohl jenen nach abwärts, als jenen nach aufwärts, und subtrahiren den kleineren vom größeren, so wird uns das Fx zweimal als Rest bleiben. Denn   FB + Fx (FBFx) ––––––––––––––––––          2 Fx. Dividiren wir diesen Rest mit 2 und vergleichen das Resultat mit den Werthen von Fx in der vorausgehenden Tabelle, so werden wir dort die entsprechende Neigung finden. Diese Methode die Neigung zu finden, ist weit ungenauer als die oben angegebene durch Rechnung controlirte. Aber sie wird für geognostische Zwecke z.B. doch weit genauer seyn als die Neigungen, welche mit Anlegeklinometern bestimmt werden. V. Das Prismenporrhometer als Distanzmesser und Triangulationsinstrument. Wir haben schon oben gesehen, daß wir das Prismenporrhometer als Nivellirinstrument und Winkelspiegel benützen können. Es kann uns in gleicher Weise als Distanzmesser dienen. Stellen wir eine Latte in irgend einer uns bekannten Entfernung auf, so dürfen wir nur die Prismen in eine solche Lage bringen, daß der Strich, der uns die Entfernung auf der Latte angibt, und ihr Nullpunkt übereinanderfallen; wir bezeichnen uns nun den Stand des Instrumentes; sobald es wieder auf diesen Strich eingestellt ist, wird es dieselben Dienste leisten. Auch hier wie bei der Nivellirlatte wird es wegen des Ablesens besser seyn, einen schwarzen Index auf und nieder zu schieben. Doch wird es bei unserm Instrumente kaum nöthig werden, dasselbe als Distanzmesser zu benützen, da seine Handhabung als Porrhometer mir weit mehr Vortheile zu verschaffen scheint. Auch bei Triangulationen können wir uns der constanten Winkel unseres Instrumentes bedienen, wenn wir uns nur ein wenig in der Wahl der Standorte behelfen wollen. Wir haben von 18 bis 90° neun Winkel, deren Genauigkeit wir geprüft haben; können wir bei der Triangulation irgend einen derselben benützen, so haben wir dieselbe Genauigkeit wie bei den Aufgaben, welche wir früher behandelten. Die Forderung aber, einen von diesen Winkeln zu benützen, ist gewiß nicht unlöslich. Da in einem Dreiecke wenigstens zwei Winkel kleiner als 90° sind, da Winkel unter 18° auch leicht vermieden werden können, so läßt sich das Porrhometer auch zu diesem Zwecke mit Vortheil benützen. Textabbildung Bd. 112, S. 433 Es sey z.B. (Fig. 18) AB eine trigonometrische Basis. Wir können von A in der Richtung C leicht eine Linie finden, welche mit AB einen unserer Winkel macht; soll aber örtlicher Verhältnisse wegen der Punkt C ungefähr jene Lage haben, welche er in der beigefügten Zeichnung behauptet, so können wir den Winkel B nicht direct bestimmen, weil er über 90° beträgt. Man müßte denn auf AB in B ein Perpendikel errichten, den Fußpunkt y desselben markiren, und ein C wählen, auf der Linie AC eine Stange nähernd oder entfernend, bis es die geforderte Lage hat. Die Linie AC muß während der Beobachtung dadurch fixirt werden, daß man eine Stange ungefähr in der Mitte aufstellt. Einfacher ist die Arbeit, wenn wir von A nicht nach B, sondern gegen C gehen, und durch richtige Wahl desselben den Winkel bei C einem Winkel unseres Instrumentes gleich machen. Wir werden nach dieser Methode vielleicht genöthigt seyn, unser Dreieck hie und da etwas kleiner zu machen; allein es wird uns dieß bei der Bequemlichkeit unseres Instrumentes sehr leicht werden. Schluß. Man könnte das Princip der constanten Winkel auch noch auf Meßinstrumente von andern Formen anwenden. Die einfachste Art z.B. wäre ein Mikrometer wie im Linsenporrhometer, von etwa doppelt so großen Dimensionen. Würde man dieses auf einen kleinen Balken, der am untern Rand der Augenhöhle fest angesetzt wird, nähern oder entfernen, und die Stände für gewisse Winkel markiren, so hätte man ungefähr das einfachste, wenn auch nicht das exacteste Instrument dieser Art. Auch das Linsenporrhometer ließe sich in der Art abändern, daß statt der Concavlinse eine convexe angewandt würde. Wir erhielten dann ebenfalls (verkehrte) verkleinerte Bilder und könnten, da die vordere Vereinigungsweite hier nicht imaginär ist, das Mikrometer gerade in dieser aufstellen. Das letztere wäre in der Beziehung wichtig, weil dann keine Parallaxe und keine so große Anstrengung beim Zusammensehen von Bild und Mikrometer zu fürchten wäre. Allein entfernen wir das Mikrometer von der Linse, so können wir schwerlich einen Winkel von 63° etc. herstellen ohne bedeutend starke Verkleinerung; letztere würde dafür die Schärfe des Einstellens beeinträchtigen. Ich habe nach manchen Versuchen die beiden beschriebenen Instrumente, besonders das letztere, als die einfachsten und bequemsten erkannt. Bei vielen Experimenten habe ich das Prismenporrhometer praktisch untersucht und manche Kleinigkeit im Laufe der Untersuchungen geändert; an der gegenwärtigen Form konnte ich bis jetzt nichts Störendes und Unbequemes bemerken. Wollte man das Instrument vergrößern, so könnte man leicht einen kleinen Achromaten, etwa von achtfacher Vergrößerung, damit verbinden; dabei müßte aber auch der getheilte Kreis einen größeren Radius erhalten. Ich hoffe das Instrument wird bei seiner compendiösen Form und der Bequemlichkeit der Handhabung bald eine größere Verbreitung erlangen. Sollten Praktiker beim Gebrauch desselben Mängel entdecken, welche mir bisher entgiengen, so bitte ich um gefällige Mittheilung derselben. Abbildungen auf Tab. VI. Fig. 1, Linsenporrhometer; Fig. 2, Prismenporrhometer; beide in natürlicher Größe. Nr. IV. Tabelle der Sinusse und Tangenten. In der Spalte D 1'“ ist der mittlere Unterschied angegeben, welcher auf 1 Minute fällt. Die Einheiten der Minutenspalten haben den Werth 0,000 n. Grad. Sinus. D 1' Cosinus. D 1' Tangent. D 1' Cotangent. D 1' Grad.   0 0,0000 1,0000 0,0000 infinit. 90 2,9 0,03 2,9   1 0175 0,9998 0175 57,2900 89 2,9 0,08 2,9 4775,6   2 0349 9994 0349 28,6363 88 2,9 0,13 2,9 1759,2   3 0523 9986 0524 19,0811 87 2,9 0,18 2,9 794,7   4 0698 9976 0699 14,3007 86 2,9 0,23 2,9 478,4   5 0872 9962 0875 11,4301 85 2,9 0,28 2,9 319,4   6 1045 9945 1051 9,5144 84 2,9 0,33 2,9 228,3   7 1219 9925 1228 8,1443 83 2,9 0,38 3,0 171,6   8 1392 9903 1405 7,1154 82 2,9 0,43 3,0 133,6   9 1564 9877 1584 6,3138 81 2,9 0,48 3,0 107,1 10 1736 9848 1763 5,6713 80 2,9 0,53 3,0 87,9 11 1908 9816 1944 1446 79 2,9 0,58 3,0 73,3 12 2079 9781 2126 4,7046 78 2,8 0,63 3,1 62,6 13 2250 9744 2309 3315 77 2,8 0,68 3,1 53,6 14 2419 9703 2493 0108 76 2,8 0,73 3,1 46,5 15 2588 9659 2679 3,7321 75 2,8 0,78 3,1 40,8 16 2756 9613 2867 4874 74 2,8 0,83 3,2 36,1 17 2924 9563 3057 2709 73 2,8 0,88 3,2 32,2 18 3090 9511 3249 0777 72 2,8 0,92 3,2 29,0 19 3256 9455 3443 2,9042 71 2,7 0,97 3,3 26,1 20 3420 9397 3640 2,7475 70 2,7   1,0 3,3 23,7 21 3584 9336 3839 6051 69 2,7   1,1 3,4 21,7 Grad. Cosinus. D 1' Sinus. D 1' Cotangent. D 1' Tangent. D 1' Grad. Grad. Sinus. D 1' Cosinus. D' 1 Tangent. D 1' Cotangent. D 1' Grad. 22 0,3746 0,9272 0,4040 2,4751 68 2,7 1,1 3,4 19,4 23 3907 9205 4245 3559 67 2,7 1,2 3,5 18,3 24 4067 9135 4452 2460 66 2,6 1,2 3,5 16,9 25 4226 9063 4663 1445 65 2,6 1,3 3,6 15,7 26 4384 8988 4877 0503 64 2,6 1,3 3,6 14,6 27 4540 8910 5095 1,9626 63 2,6 1,3 3,7 13,6 28 4695 8829 5317 8807 62 2,6 1,4 3,8 12,8 29 4848 8746 5543 8040 61 2,5 1,4 3,8 11,5 30 5000 8660 5774 7321 60 2,5 1,5 3,9 11,3 31 5150 8572 6009 6643 59 2,5 1,5 4,0 10,7 32 5299 8480 6249 6003 58 2,5 1,6 4,1 10,0 33 5446 8387 6494 5399 57 2,4 1,6 4,2   9,6 34 5592 8290 6745 4826 56 2,4 1,6 4,3   9,0 35 5736 8192 7002 4281 55 2,4 1,7 4,4   8,6 36 5878 8090 7265 3764 54 2,3 1,7 4,5   8,2 37 6018 7986 7536 3270 53 2,3 1,8 4,6   7,8 38 6157 7880 7813 2799 52 2,3 1,8 4,7   7,5 39 6293 7771 8098 2349 51 2,2 1,8 4,9   7,2 40 6428 7660 8391 1918 50 2,2 1,9 5,0   6,9 41 6561 7547 8693 1504 49 2,2 1,9 5,2   6,6 42 6691 7431 9004 1106 48 2,1 2,0 5,3   6,4 43 6820 7314 9325 0724 47 2,1 2,0 5,5   6,2 44 6947 7193 9657 0355 46 2,1 2,0 5,7   5,9 45 0,7071 0,7071 0,0000 1,0000 45 Grad. Cosinus. D 1' Sinus. D 1' Cotangent. D 1' Tangent. D 1' Grad.

Tafeln

Tafel Tab.
									VI
Tab. VI