Titel: | Ueber Abhämmerung, Steifung und Elasticität des gelben Messings; von G. Oeri, Mechaniker in Zürich. |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XI., S. 51 |
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XI.
Ueber Abhämmerung, Steifung und Elasticität des
gelben Messings; von G.
Oeri, Mechaniker in Zürich.
Aus den Verhandlungen der technischen Gesellschaft in
Zürich, 1849.
Oeri, über Abhämmerung, Steifung und Elasticität des gelben
Messings.
Im vorigen Jahre wurde von mir ein messingener Waagebalken vorgewiesen, welcher mit
besonderer Sorgfalt (nicht nach der gewöhnlichen Manier) ausgeschmiedet und steif
gemacht worden ist, und eben deßhalb so leicht und gefällig ausgearbeitet werden
konnte, daß er bei einem nicht mehr als 1/2 Pfund betragenden Gewicht auf jeder
Seite 4 Pfund zu tragen vermochte und zwar unbeschadet seiner normalen Form in Bezug
auf die durch den Unterstützungspunkt und die Aufhängepunkte gehende Linie.
Die gute Eigenschaft jedes wohlgearbeiteten Waagebalkens besteht darin, daß er bei
Auflegung der Maximallast seine Form nicht im mindesten verändere, weil
bekanntermaßen die kleinste Biegung eine Unempfindlichkeit in größerem oder
geringerem Grade zur Folge hat. Schon damals wurde bemerkt, daß das gelbe Messing
beim Aushämmern und Ausstrecken weitaus mehr Steifigkeit und constantere Elasticität
erhalte, wenn es während dieser Manipulation möglichst wenig erhitzt werde, und daß
Versuche von mir zur Ermittlung des Verfahrens angestellt würden, wie dem Messing
der höchste Grad von Steifheit gegeben werden könne; die Resultate derselben sind in
Nachstehendem enthalten.
Das gelbe Messing ist unter den zusammengesetzten Metallen eines von denjenigen,
welche sowohl für hausräthliche als für eine Menge mechanischer Gegenstände am
meisten verwendet werden, indem es seiner leichten Bearbeitung sowohl, als auch der
Steifigkeit und Elasticität wegen, die man ihm zu geben vermag, sich zu vielfältigen
Arbeiten eignet und im Preise immer noch niedriger als das Kupfer steht, welchem
durch Schmieden niemals jene Eigenschaften des Messings in gleich hohem Grade
beigebracht werden können. Eisen, obwohl ein compacter und härterer Körper, kann
dennoch nicht durch bloßes Schmieden, sondern erst durch Verwandlung in Stahl und
Härtung in warmem Zustande, an Elasticität diejenige des Messings übertreffen. Auch
dem Silber und Neusilber können durch Abhämmern jene Eigenschaftem des Messings
beigebracht werden; das Neusilber wird sogar noch elastischer, ist aber zu theuer,
um das Messing mit Vortheil ersetzen zu können.
Das gelbe Messing wird in platter Form als gewalztes Blech, in runder Form als Draht
und endlich als Guß nach Modellen von den Metallarbeitern verbraucht. Das röthliche
Messing findet seltenere Anwendung. Das gute gelbe Messing besteht aus circa 9
Theilen Kupfer und 1 Th. Zink, je nach der Qualität des Kupfers; das röthliche ist
eine Mischung aus Kupfer und Zinn. Beide Sorten werden besonders gut in der Fabrik
von A. Beck und Comp. in Augsburg verfertigt. Die schöne
gelbe Farbe des erstern, seine Dauerhaftigkeit unter dem Hammer, seine Güte im Feuer
bei der Löthung mit hartem Schlagloth lassen, nichts zu wünschen übrig.
Die dicksten gewalzten Blechtafeln haben bei 4–5 Fuß Breite und bei
unbestimmter Länge eine Dicke von 20 Millimeter. Gewalzte Bleche unter 2 Millimeter
Dicke kommen im Handel unter der Benennung Bugmessing
vor, weil sie zur Versendung zusammengebogen werden.
Der Messingdraht variirt zwischen der Dicke eines Menschenhaares bis zu 20 Millimeter
Durchmesser. –
Bleche und Draht kommen im Handel gewöhnlich weich vor. Bei der Verarbeitung müssen
Bleche und Guß geschmiedet, der Draht im Drahtzug gezogen werden. Denn würde man das
Messing im weichen Zustande verarbeiten, so könnten die daraus gefertigten
Gegenstände sich leicht verbiegen und dadurch unnütz gemacht werden, wo hingegen bei
zweckmäßigem Abschmieden und Durchziehung aus der Bank dem Messing eine Federkraft
gegeben werden kann. Je besser nun das Messing, desto eher kann es jene Manipulation
vertragen, ohne auf irgend welche Art Schaben zu nehmen.
Die Härtung und Unbiegsamkeit hat ihre Gränzen, welche aber, so viel mir bekannt, nur
noch oberflächlich festgestellt sind; so daß bei sorgfältigem Abschneiden und
Dehnen des Messings weit mehr Steifheit und Elasticität erreicht werden könnte. Dieß
dürfte unter folgenden zwei Hauptbedingungen der Fall seyn:
1) das gelbe Messing soll in kaltem Zustande geschmiedet und ausgestreckt, und um zu
starke Erwärmung zu verhindern, öfter mit kaltem Wasser abgekühlt werden; das
Gleiche soll auch mit dem warm gewordenen Schmiedehammer geschehen;
2) das Messing darf nicht zu sehr ausgestreckt und also seine Molecüle nicht
allzustark zusammengepreßt werden, weil nur dannzumal das Stück seine größte
Elasticität und Steifheit erhält, ohne zu zerreißen.
Was das erste anbelangt, so weiß man, daß das Messing auch nur dunkelroth erhitzt,
unter dem Hammer in tausend Stücke zerspringt; folglich kann auch eine weniger
starke Erwärmung, die dennoch bei starkem und schnellem Abhämmern bis auf 40°
R. kommen dürfte, schon nachtheilig wirken, besonders wenn das Stück federhältig
seyn soll.
Der Messingdraht, zu schnell durch die Zieheisen gezogen, wird zu sehr erhitzt und
nach wiederholtem Durchziehen seine Federkraft geschwächt.
Was die zweite Bedingung betrifft, so könnte man glauben, wenn sich das betreffende
Stück nicht verlängere, so sey es genug gehämmert; allein dann könnte man schon zu
weit gegangen seyn. Der klangreichere Ton des Hammerschlags ist jedenfalls ein
sicheres Zeichen, daß das Stück fest geworden. Im Anfang bei noch weichem Messing
ist der Hammerschlag dumpf und der Hammer geht mühsam in die Höhe; allmählich wird
der Ton heller und der Hammer hüpft von selbst in die Höhe, was eine untrügliche
Anzeige ist, daß das Stück steif geworden. Zur Beendigung und Applanirung sind dann
kleine Hämmer und leichte Hammerschläge bei möglichst niedriger Temperatur
zweckmäßig in allen Fällen und bringen das Stück auf den höchsten Grad der Härte und
Federkraft.
Was den Messingdraht anbelangt, so habe ich gefunden, daß wenn durch den Zug einmal verlängert, dieß die Norm seyn möchte, um
demselben die constante Elasticität beizubringen, vorausgesetzt, daß er sich im
Ziehen nicht zu stark erhitze. Das Ausglühen des steif geschmiedeten Messings, um es
wieder weich zu machen und auf bestimmte Dimensionen auszudehnen, mag nur in
denjenigen Fällen anwendbar seyn, wo es sich nicht um den höchsten Grad der
Steifheit und Elasticität handelt, sondern mehr um die verlangte Größe. Denn das
Ausglühen ist dem Messing nachtheilig; es ist bei zweimaligem Abschmieden dem Zerreißen unterworfen und
wird an seinem innern Gehalte benachtheiligt. Oefters kommt es vor, daß z.B. eine
Messingfeder, sey sie gerade oder in Spiralform, an irgend einem Stück mittelst Zinn
muß angelöthet werden; aber gerade die zum Schmelzen des Zinns erforderliche Wärme
bewirkt, daß die Feder viel von ihrer constanten Elasticität verliert.
Die Versuche haben gezeigt, daß z.B. zwei Metallstreifen, wovon der eine ohne
Abkühlung warm geschmiedet und ausgestreckt worden, mehr Senkung für ein gleiches
Gewicht zeigte, als der andere kalt abgeschmiedete Streifen, der nur die Temperatur
des Zimmers, etwa 12° R., annehmen konnte. Nach sehr starker Belastung kam
der erstere nicht mehr ganz auf 0 zurück, hingegegen der kalt geschmiedete –
ein Beweis, daß die Behandlung des letztern vorzüglicher gewesen. Bei ganz dünnen
Messingstreifen tritt diese Erscheinung noch auffallender hervor; wogegen bei
starken Federn von großen Dimensionen die Verschiedenheit geringer ist.