Titel: | Bericht über Dampfkessel-Explosionen; von Edmund Burke, Patent-Commissär der Vereinigten Staaten erstattet. |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XVII., S. 81 |
Download: | XML |
XVII.
Bericht über Dampfkessel-Explosionen; von
Edmund Burke,
Patent-Commissär der Vereinigten Staaten erstattet.
Aus dem London Journal of arts, October und November
1849.
Burke's Bericht über die Explosionen von Dampfkesseln.
Folgender Bericht über Dampfkessel-Explosionen, von dem amerikanischen
Patent-Commissär in Folge eines Beschlusses des Senats der Vereinigten
Staaten erstattet, ist sehr interessant, da er den Gegenstand sowohl vom
wissenschaftlichen als praktischen Gesichtspunkt in Betrachtung zieht, die
verschiedenen Theorien, welche bisher über die Ursache der unter besondern Umständen
stattfindenden Explosionen aufgestellt wurden, einer Kritik unterzieht, und die
Vorzüge und Mängel der verschiedenen Vorschläge nachweist, welche behufs größerer
Sicherheit bei Anwendung der Dampfkessel gemacht worden sind. Dem Berichte, so wie
ihn der Senat drucken ließ, ist ein ausführlicher Anhang statistischen und andern
Inhalts nebst einer Anzahl Platten beigegeben, welche den Apparat darstellen, dessen
man sich zur Ermittelung der Stärke und Ausdehnbarkeit der Metalle mit Bezug auf die
Explosion bediente. Der Bericht lautet mit unbedeutenden Abkürzungen wie folgt:
Um der Entschließung des Senats möglichst zu entsprechen, erließ das
Patent-Bureau ein Circular an die Einnehmer (collectors) in allen Häfen der Vereinigten Staaten; man erhielt von
achtundsechzig derselben, sowie auch aus andern Quellen Mittheilungen über
Dampfkessel-Explosionen. Die Berichte sind hinsichtlich der Anzahl der
Schiffe, welche während der Periode, auf die sich die Untersuchung erstreckt, durch
Explosion ihrer Kessel verunglückten, offenbar unvollständig, und die Details der
Unglücksfälle, über welche berichtet wurde, sind mager; doch dürfte das Gegebene
hinreichen, um sich daraus eine ziemlich richtige Ansicht von der Größe des
Uebelstandes, den Ursachen desselben und den Mitteln bilden zu können, welche die
Gesetzgebung zu ihrer Abhülfe anzuwenden befugt ist. Ueber die auf Eisenbahnen stattgefundenen
Explosionen gingen so wenige und so unbefriedigende Nachrichten ein, daß wir sie in
diesem Bericht nicht mit in Betracht zogen.
Die eingelaufenen Berichte zählen 233 Explosionen von Dampfschiffskesseln auf; durch
diese Unglücksfälle wurden bei 164 Fällen in Summa 1805 Personen getödtet,
durchschnittlich also bei einem Unfall 11 Personen. Wenn für die 69 Fälle, wo die
Zahl der Getödteten nicht angegeben ist, dieselbe Durchschnittszahl angenommen wird,
so würden in den 233 Fällen im Ganzen 2563 Personen das Leben verloren haben.
Die Anzahl der in 111 Fällen Verwundeten ist 1015 – Durchschnittszahl 9. Nach
gleicher Berechnung wie oben würde sich die Gesammtzahl der Verwundeten zu 2097
ergeben; die Anzahl aller Verunglückten aber zu 4660.
Der Betrag des pecuniären Verlustes in 75 Fällen ist 997,650 Dollars, was eine
Durchschnittszahl von 13,302 Dollars für jede Explosion ergibt, welche, auf alle
Fälle ausgedehnt, den Belauf des ganzen Schadens zu 3,099,366 Dollars ergeben
würde.
Von den aufgezählten Explosionen fanden 202, oder 0,867 Proc. in den südlichen und
westlichen Gewässern; 146, oder 0,626 Proc. aus dem Mississippi-Strom und
seinen Nebenflüssen; 90, oder 0,386 Proc. auf dem Mississippi-Strom allein,
und 40, oder 0,172 Proc. auf dem Ohio statt.
Vom J. 1830 an bis jetzt beträgt die Anzahl der bekannt gewordenen Explosionen 198,
was durchschnittlich 10 per Jahr ergibt, mit
durchschnittlich 110 Lebensverlusten und 90 Verwundeten per Jahr. Die Anzahl sämmtlicher Verunglückten beträgt jährlich 200 und
der jährliche Geldverlust 133,020 Dollars.
Der Tonnengehalt der Dampfschiffe auf den Strömen im Westen im J. 1846 war 249,055
und der ganze Handelswerth dieser Schiffe 62,206,719 Dollars. Die Ausdehnung der
Dampfschifffahrt auf den westlichen Gewässern beträgt nach der Schätzung des
Ingenieur-Obrist Long 16,674 (engl.) Meilen. Die
Gesammtzahl der in den Vereinigten Staaten vom J. 1830 bis zum Jahr 1847 incl.
erbauten Dampfschiffe ist 1915. Die in derselben Zeit durch Explosion verlorenen
betragen nach den eingelaufenen Berichten 189, oder beiläufig 10 Procent.
Die schrecklichen Folgen der Dampfkessel-Explosionen haben das Publicum auf
die Meinung gebracht, daß die Dampfschiffe und Eisenbahnen gefährlichere
Beförderungsmittel sind als andere. Es ist zu bedauern, daß unsere Staatsregierung
nicht im Besitz von Material ist, um zwischen den Verlusten, welche bei der gewöhnlichen
Schifffahrt und denjenigen welche bei der Dampfschifffahrt stattfanden, eine Reihe
von Jahren umfassende Vergleichungen anstellen zu können.
Um eine vollkommen richtige Vergleichung anzustellen, müßte man eine gleiche Anzahl
von Dampfschiffen nehmen, die denselben Weg fahren und denselben Quellen von
Gefahren ausgesetzt sind, jene ausgenommen, die von der Anwendung des Dampfs als
Triebkraft herrühren. Dieß ist aber nicht wohl möglich; dagegen wollen wir eine
Vergleichung anstellen, die zwar nicht sehr streng ist, aber doch genügt, um die
falsche Ansicht zu berichtigen, welche unläugbar hinsichtlich der relativen
Sicherheit der beiderlei Schifffahrt obwaltet. Aus einer dem Congreß eingereichten
Denkschrift über diesen Gegenstand geht hervor, daß im Jahr 1839 die Anzahl der
durch die gewöhnliche Schifffahrt zu Verlust gegangenen amerikanischen Schiffe 1059
betrug, und daß im Monat December jenes Jahres allein 181 Schiffe und 179
Menschenleben ihren Untergang fanden. Demnach ist die Anzahl der in diesem Monat
umgekommenen Personen fast zweimal so groß als der durchschnittliche jährliche
Verlust an Menschenleben in Folge von Dampfschiff-Explosionen, wie er sich
nach obigen Berechnungen herausstellt. Eine Vergleichung der Anzahl der beiderlei
Schiffe würde keine richtige Schätzung der relativen Gefährlichkeit beider
Fortschaffungsmittel gestatten, weil die Anzahl der Personen, die den Gefahren der
Dampfschifffahrt ausgesetzt sind, im Verhältniß zu der Zahl dieser Schiffe viel
größer ist als bei der gewöhnlichen Schifffahrt.
Wenn ich mich so günstig über die relative Sicherheit der Dampfschifffahrt
ausspreche, so will ich damit keineswegs behaupten, daß der Dampf, wo er angewandt
wird, nicht in jedem einzelnen Fall die Gefahren des Fortschaffungsmittels um ein
neues Element vermehrt habe; wenn wir aber die absolute Gefahr bei jeder Art der
Schifffahrt abschätzen wollen, so müssen wir jede Quelle der Gefahr, welcher sie
ausgesetzt ist, in Rechnung ziehen, und dabei finden wir die Gefahr bei der
gewöhnlichen Schifffahrt größer als bei der Dampfschifffahrt. Bei ersterer ereignen
sich häufig Unglücksfälle in einer entlegenen Gegend, in Gegenwart von
verhältnißmäßig wenigen Zeugen, und viele derselben werden gar nicht bekannt. Man
betrachtet sie als etwas Natürliches, als Folge natürlicher Ursachen, die der Mensch
nicht in seiner Gewalt hat. Bei der Dampfschifffahrt hingegen tragen alle Umstände
dazu bei, den Eindruck auf die öffentliche Meinung zu übertreiben. Nur um ein
nachtheiliges Vorurtheil zu beseitigen, habe ich diese Vergleichung angestellt,
welche keinen Anspruch auf Genauigkeit macht.
In den fünf Jahren, welche mit dem J. 1828 zu Ende gingen, verhielten sich die
Explosionen zu der Zahl der Beförderten, welche von New-York aus mit
Dampfschiffen reisten, wie 1 zu 126,211. In den nächsten, mit dem J. 1833 endenden 5
Jahren verminderte sich das Verhältniß auf 1 zu 151,931; und in den darauffolgenden
5 Jahren bis auf 1 zu 1,985,787.
Das Resultat einer ähnlichen Berechnung hinsichtlich der westlichen Schifffahrt ist
weniger günstig. In der Denkschrift eines Comité's zu Cincinnati über die
Mißbräuche bei der Dampfschifffahrt, welche dem Congreß in seiner letzten Sitzung
vorgelegt wurde, ist die Anzahl der den Gefahren der Dampfschifffahrt jährlich
ausgesetzten Personen zu 8,185,000 angeschlagen. Nimmt man die jährliche
Durchschnittszahl verlorner Menschenleben auf diesen Gewässern zu 70 an, so finden
wir, daß auf 102,642 Personen 1 umkommt, und das Verhältniß der Explosionen zu der
Zahl der Reisenden wie 1 : 560,616.
Aus diesen Thatsachen geht hervor, daß die Gefahren der Dampfschifffahrt auf den
westlichen Gewässern, obwohl offenbar größer als auf den östlichen, dennoch den
Vergleich mit andern Fortschaffungsmitteln zu Wasser vortheilhaft aushalten. Dennoch
wurde durch solche Unglücksfälle im Publicum ein solcher Schrecken erzeugt, daß die
Verhütung derselben von denjenigen Völkern, welche von der mächtigen und nützlichen,
obgleich gefahrbringenden Dampfkraft am meisten Gebrauch machen, eine
Specialgesetzgebung mit Recht für nöthig gehalten wurde. Schon im J. 1817 wurde ein
Comité des brittischen Parlaments mit der Untersuchung der Ursachen der
Explosionen beauftragt und dadurch sehr schätzbare Aufschlüsse von den befragten
Sachverständigen erhalten. Dieses Comité fühlte und erkannte die
Unthunlichkeit „einer legislativen Einmischung in Privatangelegenheiten,
soweit sie nicht die öffentliche Sicherheit gebietet“, machte aber
geltend, „daß eine nähere Betrachtung dessen, was man der öffentlichen
Sicherheit schuldig ist, bei mehreren Gelegenheiten den Grundsatz bestätigt
habe, daß, wo diese Sicherheit durch Unwissenheit, Geiz, Unaufmerksamkeit
gefährdet wird, in der Art daß Einzelne, sey es aus Mangel an Kenntniß oder an
Kraft, sich selbst nicht schützen können, es Pflicht des Parlaments sey, sich
ins Mittel zu legen.“ Dieser Grundsatz wurde auch von der
französischen und von unserer Regierung anerkannt. Hinsichtlich des Bedürfnisses
einer solchen Gesetzgebung kann daher kein Zweifel mehr obwalten; es ist nur die
Frage, welcher Art diese Gesetzgebung seyn soll. Die Beantwortung dieser Frage
erheischt die Betrachtung der Ursachen dieser traurigen Vorfälle und der zu ihrer
Abhülfe vorgeschlagenen Mittel.
Der Umstand, daß die Dampfmaschinen in so allgemeinen Gebrauch kamen und von Leuten
geleitet werden, die in ihrer Bildung und Urtheilskraft sehr verschieden sind, unter
denen viele gar keinen wissenschaftlichen Unterricht genossen haben, hatte zur
Folge, daß vielerlei Hypothesen zur Erklärung der Dampfkessel-Explosionen
aufgestellt wurden. Die meisten derselben waren bloß rohe Speculationen, ohne alle
Begründung durch Thatsachen oder physikalische Analogien. Dahin gehören jene
Erklärungen, welche die Explosion dem Vorhandenseyn von Elektricität oder der
Bildung von Wasserstoffgas und dessen Vermischung in explosivem Verhältniß mit
Sauerstoff im Dampfkessel zuschreiben. Gegen erstere Hypothese brauche ich nur zu
bemerken, daß die Elektricität, wenn solche überhaupt vorhanden ist, sich auf der
Außenseite des Kessels befinden müßte; und gegen
letztere Hypothese, daß die nothwendigen Bedingungen, welche sie wahrscheinlich
machen würden, nicht vorhanden sind. Bei dem gewöhnlichen Zustande eines
Dampfkessels wird kein Wasserstoffgas entwickelt; und wäre solches auch vorhanden,
so fände es nicht die hinreichende Menge Sauerstoffs vor, um sich mit demselben in
explosivem Verhältniß vermischen zu können.Die Erzeugung von Wasserstoffgas wurde der Zersetzung des Wassers durch das
erhitzte Metall zugeschrieben. Das Comité des
Franklin-Instituts kam bei seinen Versuchen, „ob in einem
Dampfkessel, wenn das Metall intensiv erhitzt wird, elastische
Flüssigkeiten erzeugt werden“ zu den Schlüssen: 1)
„daß durch Eingießen von Wasser auf den Boden eines
Dampfkessels, welcher sich in hellem Rothglühen befindet, Stickgas mit
veränderlichen Mengen von Sauerstoff entwickelt wird, nämlich
atmosphärische Luft welche durch das erhitzte Metall mehr oder weniger
ihres Sauerstoffs beraubt ist; 2) daß diese Luft von dem in den Kessel
ziehenden Strom herrührt, wenn überhitzter Dampf sich zu bilden aufhörte
und der Kessel trocken gelassen wurde; in einem in Gang befindlichen
Kessel, wo die Luft von dem hineingegossenen kalten Wasser geliefert
werden muß, kann sich daher keine so große Menge Gas entwickeln; 3) daß
Wasser in Berührung mit dem erhitzten Eisen in einem Dampfkessel durch die Hitze nicht zersetzt wird, wenn die
Oberfläche des Metalls in ihrem gewöhnlichen Zustand, rein, aber nicht
polirt ist.“
Eine andere Hypothese erklärt die Explosion wie folgt: Wenn das Wasser im Kessel
unter die Feuerlinie sinkt, so wird der dadurch bloßgelegte Theil des Kessels
außerordentlich stark erhitzt und theilt seine Wärme dem Dampfe mit, welcher also
mit Wärme überladen wird. Nun folgt der Dampf, wenn er
von dem ihn erzeugenden Wasser getrennt erhitzt wird, dem Gesetz der Expansion der
gewöhnlichen Gase, d.h. er dehnt sich für jeden Fahrenheit'schen Grad über dem
Gefrierpunkt um 1/480 seines Volums aus. Die Zunahme an Expansivkraft ist also unter
diesen Umständen sehr gering im Verhältniß zur Temperaturzunahme; während der Dampf so überhitzt ist, pumpt man aber frisches Wasser in den
Kessel, der überhitzte Dampf verwandelt sich also mit einemmal in gesättigten Dampf von hoher Spannung und es erfolgt
Explosion. Diese Hypothese, so scharfsinnig sie ist und obgleich seit langer Zeit
als die richtige Erklärung der Erscheinung betrachtet, widerspricht dennoch den
Resultaten sorgfältiger und wiederholter Versuche. Das Comité des
Franklin-Instituts, welches beauftragt war, „nach den Ursachen der
Explosionen der Dampfkessel am Bord der Dampfschiffe zu forschen und die
wirksamsten Mittel anzugeben, um solche Unglücksfälle zu verhüten oder doch ihre
nachtheiligen Wirkungen zu vermindern“, auf dessen schätzbare
ArbeitenDer Bericht desselben wurde im polytechn. Journal, Jahrg. 1836 Bd. LXI S. 334
und 409 und Bd. LXII S. 84 mitgetheilt. ich in diesem Bericht öfter zurückkommen werde, stellte eine Reihe von
Versuchen an, um zu erforschen „ob intensiv erhitzter nicht gesättigter
(also überhitzter) Dampf in Berührung mit Wasser stark gespannten Dampf bilden
kann“, und überzeugte sich, daß in keinem Fall die Elasticität
gesteigert wurde durch Eingießen von Wasser in heißen ungesättigten (überhitzten)
Dampf, sondern umgekehrt, daß die Spannung des Dampfs sich um so mehr verminderte,
je mehr Wasser angewandt wurde.
Eine vierte Hypothese verdankt unser Patentamt einer Mittheilung des Hrn. N. Sawyer, Ingenieurs zu Baltimore; dieselbe verdient
vielleicht durch Versuche geprüft zu werden. Es wird dabei vorausgesetzt, daß das
Wasser in einem Dampfkessel sein Niveau beständig ändert, in Folge des ungleichen
Drucks auf seine Oberfläche, indem Dampf durch das Drosselventil an dem einen Ende
entweicht, wodurch der Druck auf diesem Punkt vermindert wird. Diese
Niveauveränderung bewirkt natürlich, daß ein Theil des Kessels zu stark erhitzt
wird; läßt man nun die Maschine stillestehen, so bringt die eintretende
Wiederherstellung des Niveau's eine Quantität Wasser in Berührung mit dem erhitzten
Metall und erzeugt stark gespannten Dampf, welcher, dem Verfasser zufolge, mit einer
Explosion austreten kann. Daß wirklich eine Verschiedenheit im Niveau stattfindet,
wie sie hier angenommen ist, bestätigt das Zeugniß des Hrn. C. Evans, welcher in einem Artikel über die Ursachen der Explosionen bemerkt,
„daß an der Stelle wo der Dampf für den Bedarf der Maschine aus dem
Kessel abzieht, immer das größte Aufwallen stattfindet und das Wasser höher als
irgend wo anders steht.“ Das Franklin-Comité stellte
Versuche an um zu ermitteln, ob, wenn man bis zum Siedepunkt oder darüber erhitztes
Wasser von seinem Druck befreit, dadurch eine Bewegung in der Flüssigkeit entstehe,
und fand, „daß wenn man eine Oeffnung in den Kessel macht, selbst wenn der
Druck zwei Atmosphären nicht übersteigt, an der Stelle des
Ausflusses ein örtliches Schäumen beginnt, dem bald ein im ganzen
Kessel verbreitetes Schäumen nachfolgt, welches um so heftiger wird, je größer
die Oeffnung gemacht wird.“ Obwohl nun der so hervorgebrachte
Niveau-Unterschied nicht hinreichen würde, um die Erzeugung einer Menge
Dampfs zu erklären, welche groß genug wäre um eine Explosion zur Folge zu haben, so
kann die mögliche Tragweite dieser Wirkung doch nur durch Versuche ermittelt
werden.
Eine Hypothese, die vor Kurzem aufgestellt, und für welche die Aufmerksamkeit des
Congresses in einem von John Wilder veröffentlichten
Schreiben an Hrn. John Davis, Mitglied des Senats, in
Anspruch genommen wurde, findet hier nur wegen letztern Umstandes Aufnahme. Diese
Erklärung der Explosion, soweit sie aus der betreffenden Flugschrift„The Causes and Effects of Explosions in
Steam Engines“ etc. by John
Wilder, New-York 1847. entnommen werden kann, schreibt die Erscheinung der Wirkung freien
Wärmestoffs zu, welcher durch Aufhebung des Drucks, unter dem allein seine
Verbindung mit Wasser möglich ist, in Freiheit gesetzt wurde. Diese Hypothese
scheint ihren Ursprung in der vorausgesetzten Unmöglichkeit zu haben, die
EXplosions-Erscheinungen durch eine allmählich zunehmende Spannkraft des
Dampfs bei Steigerung der Hitze zu erklären; daß aber eine allmähliche Zunahme des
Drucks alle Wirkungen der heftigsten Explosionen hervorbringen kann, wurde durch die
Versuche des Comité's des Franklin-Instituts entscheidend bewiesen;
dieselben ergaben, daß eben jene Wirkungen, von welchen in der erwähnten Flugschrift
vorausgesetzt wird, daß sie unmöglich aus dieser Ursache entspringen können,
wirklich durch eine allmählich zunehmende Spannung des Dampfes hervorgebracht
werden. Hypothesen, wie die erwähnte, welche durch keine Thatsachen unterstützt
werden, durch physikalische Analogie keine Begründung finden, und auf einer Annahme
beruhen, welche mit einem wohlbekannten physikalischen Gesetz in Widerspruch steht,
können offenbar nur dazu dienen, die Praktiker von den wahren Ursachen jener
Unglücksfälle abzulenken und dadurch die geeignete Abhülfe zu verzögern.
Die Frage über die Ursachen der Dampfkessel-Explosionen kann offenbar nur
durch Untersuchungen von Männern ächter Wissenschaft ihre Lösung finden. Die dazu
nöthigen Versuche erfordern zu große Auslagen, um von Privatleuten oder einzelnen
Instituten bestritten werden zu können; die schätzbarsten Beiträge zu unsern
Kenntnissen über die Ursachen der Dampfkessel-Explosionen lieferten die
wissenschaftlichen Arbeiten des Comité's des Franklin-Instituts,
welche auf Veranlassung unseres Schatzkammer-Departements im J. 1831 begonnen
wurden, welches auch die Kosten für die Apparate deckte. Das Comité
beanspruchte kein Honorar, obgleich diese Untersuchung sehr viel Zeit erforderte;
der Vorsitzende, Dr. A. D. Bache, gegenwärtig Vorstand der Küsten-Vermessungsarbeiten, widmete
vier Jahre lang den größten Theil seiner Muße dieser Untersuchung. Ohne Zweifel
würde eine neue Reihe von Versuchen über denselben Gegenstand, in demselben Sinn und
in eben so großem Maaßstab angestellt, wie jene des erwähnten Comité's, zur
Bestätigung der schon erworbenen Kenntnisse dienen und weiteres Licht auf diese
interessante und wichtige Frage werfen.
Die Ursachen der Explosionen, wie sie das Comité classificirte, sind:
1) Uebermäßiger Druck innerhalb des Kessels, indem der Druck allmählich zunimmt.
2) Das Vorhandenseyn zu stark erhitzten Metalls innerhalb des Kessels.
3) Fehler in der Construction des Kessels mit Zubehör.
4) Fahrlässigkeit oder Unwissenheit der mit der Behandlung der Dampfmaschine
betrauten Personen.
Die Ursachen, welche in den mir zugekommenen Berichten angegeben sind, können alle
unter die eine oder andere dieser Classen eingereiht werden.
Wie weit diese Ursachen richtig angegeben sind, kann der Berichterstatter nicht
sagen, weil die Art wie sie ermittelt wurden, dem Amt nicht bekannt ist. Es ist zu
wünschen, daß bei künftigen Explosionen dafür gesorgt werde, daß man vollständige
und genaue Kenntniß von der Natur ihrer Ursachen erhalte. Volles Vertrauen kann der
Aussage gewöhnlicher Augenzeugen, mögen sie auch die redlichsten Absichten haben,
nicht geschenkt werden; noch weniger kann man jener der Ingenieurs und übrigen
Beamten des Schiffs, auf welchem das Unglück sich ereignete, vertrauen, weil es in
ihrem Interesse liegt zu zeigen, daß dasselbe nicht Folge einer Pflichtversäumniß
von ihrer Seite war; aber abgesehen von so unlautern Triebfedern, sind Personen,
welche mit der Natur und den Eigenschaften des Dampfs und der Dampfmaschine nicht
bekannt sind, auch gar nicht befähigt, sich über die Ursachen einer Explosion eine Ansicht von
einigem Werthe zu bilden; nicht minder ungeeignet hiezu sind diejenigen Personen,
welche bloß eine praktische Kenntniß dieser Dinge haben; solche haben zu oft
vorgefaßte Meinungen, mit welchen sie Thatsachen in Einklang zu bringen sich
bemühen, und, ohne eben Täuschung zu beabsichtigen, sind sie im Stand, solche
Thatsachen festzuhalten, die ihren vorgefaßten Meinungen entsprechen, andere
hingegen von abweichender Richtung ganz unbeachtet zu lassen. Nur von den
Nachforschungen wissenschaftlich gebildeter Männer – für welche Hypothesen
nur so lange Werth haben, als sie mit Thatsachen übereinstimmen und zu ihrer
Erklärung beitragen, die solche aber gerne wieder aufgeben, wenn sie mit erwiesenen
Thatsachen in Widerspruch sind – erwarten wir befriedigende Angaben der
Ursachen dieser Unglücksfälle. Es könnte den Dampfkessel-Inspectoren zur
Pflicht gemacht werden, ein genaues Protokoll über die in ihren verschiedenen
Districten vorkommenden Explosionen zu führen – sie könnten beauftragt werden
in jedem solchen Fall durch Personen von der erforderlichen wissenschaftlichen
Befähigung eine Untersuchung anstellen zu lassen. Die Vergleichung solcher
Erhebungen würde ohne Zweifel zu schätzbaren Schlüssen führen und wäre auf eine
künftige Gesetzgebung in diesem Betreffe von wichtigem Einfluß. Bei dem größten
Theil der uns berichteten Fälle fand keine wissenschaftliche Untersuchung statt, und
die Berichte beruhen daher hinsichtlich der Ursachen der Explosionen wahrscheinlich
auf gewöhnlichen Aussagen oder bloßen Ansichten der Ingenieurs.
Daß „übermäßiger Druck innerhalb des Kessels, welcher
allmählich zunimmt“, eine der häufigsten Ursachen der
Explosionen ist, davon hat man sich sowohl durch berichtete Fälle, als durch die
Versuche des genannten Comité's überzeugt; letzteres berücksichtigte
besonders auch die Art und Weise des durch allmähliche Zunahme des Drucks erfolgten
Berstens, und kam durch entscheidende Versuche zu dem Schluß, daß alle die
heftigsten Explosionen begleitenden Umstände eintreten können, ohne eine plötzliche Zunahme des Drucks im Kessel. – Dieser
allmählich zunehmende Druck kann davon herrühren, daß der zu seiner Verminderung
bestimmte Apparat zufällig versagt, oder daß sorglose Heizer etc. ihn manchmal
absichtlich im Gange hindern. Von den 98 Fällen, wo die Ursache der Explosion in den
Berichten angegeben ist, werden 16 (also 16 1/3 Proc.) dieser Ursache
zugeschrieben.
Die Fälle, welche „dem Vorhandenseyn übermäßig
erhitzten Metalls innerhalb des Kessels“ zugeschrieben
werden, sind ebenfalls 16. Die Gefahr bei Ueberhitzung des Kessels entsteht durch
die verminderte Zähigkeit des Metalls, wo es dann unfähig wird dem gewöhnlichen Druck länger zu
widerstehen; ferner dadurch, daß das Metall selbst zu einem Wärme-Reservoir
wird, welches eine größere Menge stark gespannten Dampfs erzeugt, sobald Wasser mit
demselben in Berührung gebracht wird. Diese Ueberhitzung des Kessels kann eintreten,
wenn man das Wasser zu tief sinken läßt, oder wenn auf dem Kesselboden Niederschläge
sich ansammeln. Im erstem Fall wird ein Theil der Kesselwände, während er nicht von
Wasser bedeckt ist, der Einwirkung des Feuers ausgesetzt; im letztern Fall befindet
sich ein Körper von geringem Wärmeleitungsvermögen zwischen dem Feuer und dem
Wasser, so daß das Metall schneller Wärme aufnimmt, als es dieselbe dem Wasser
mittheilen kann. In beiden Fällen „verbrennt“ wie man sich
ausdrückt, das Metall; wenn nun auch zur Zeit, wo solches Verbrennen eintritt, nicht
sogleich traurige Folgen entstehen, so wird doch die Zähigkeit des Metalls dadurch
bleibend vermindertDie Verminderung der Zähigkeit durch Ueberhitzung fand das Untercomité
für die Stärke der Materialien gleich 1/3 der ursprünglichen Stärke des
Metalls.; auch nimmt es an Dicke ab, und die Gefahr einer Explosion ist daher sehr
viel größer. Bei Dampfkesseln mit Zügen ist das Einsinken derselben die gewöhnliche
Folge dieses Zustandes.
Der Wassermangel kann durch Verstopfung der Pumpen entstehen, so daß weniger als die
erforderliche Menge einläuft; ferner dadurch, daß die Pumpen erhitzt sind und Dampf
statt Wasser eintreiben; oder wenn sie nicht in Gang sind, während die Maschine
steht und Dampf ausgelassen wird. Die plötzliche Entfernung dieser Ursachen
mangelhafter Speisung kann, wenn zugleich die Intensität des Feuers nicht vermindert
wird, aus den angegebenen Gründen sehr sehr leicht eine Explosion veranlassen. Daher
die zahlreichen Unglücksfälle, welche unmittelbar nachdem die Maschine wieder in
Gang gesetzt wurde, vorkommen, wenn sie beim Landen oder behufs Reparaturen unthätig
gewesen war. Hr. Evans behauptet, daß „von 10
Explosionen 8 gerade bei dem Abfahren stattfinden, während die Maschine nur eine
oder zwei Umdrehungen machte.“
Die Krusten und Niederschläge in den Dampfkesseln müssen nach der Beschaffenheit des
angewandten Wassers verschieden seyn. In Kesseln, welche mit hartem Wasser gespeist
werden, bestehen sie hauptsächlich aus kohlensaurem Kalk und Eisenoxydul, vermengt
mit Eisenoxyd; außerdem enthalten sie noch die übrigen erdigen Salze des Wassers.
Krustenstücke aus den Kesseln des Dampfschiffes „Marcy“, welche
sich bei der Fahrt desselben über die Bahamabänke des atlantischen Meeres gebildet hatten, bestanden
nach Prof. Johnson's Analyse aus Gyps mit 1/2 Aequiv.
Wasser, daher er essigsaures Kali als Lösungsmittel vorschlug.Polytechn. Journal Bd. CVII S.
360.
Kommt Oel oder Fett in einen Dampfkessel, so entstehen Niederschläge, welche eine
Verbindung von Fettsäuren mit den erdigen Basen des Wassers sind; eine solche Kruste
entstand in einem Dampfkessel zu Burlington (New Jersey) und wurde von Prof. Johnson analysirt.
In Strömen, welche wie der Mississippi und seine Nebenflüsse, viertausend Meilen
durch angeschwemmtes Land fließen und der Hochfluth ausgesetzt sind, die nicht
selten Veränderungen in der Tiefe von 30 bis 50 Fuß hervorbringt, ist die Menge
erdig-kalkiger und anderer darin schwebend erhaltener Substanzen fast
unglaublich groß. H. Eist erwähnt nach der Angabe eines
geschickten Ingenieurs, daß bei einer 12tägigen Fahrt auf dem Mississippi die Menge
des in die Kessel gelangten Schlamms dem Maaß nach 51,600 Gallons, oder dem Gewicht
nach 200 Tonnen betrug. Diese Berechnung beruht auf der Annahme, daß der Bodensatz
im Wasser 10 Proc. betrug – ein Verhältniß, welches noch unter der
Wirklichkeit bleiben soll, wenigstens beim Mississippi. Der auf dem Boden eines
Kessels sich ansammelnde Bodensatz erhärtet wegen seines beträchtlichen Kalkgehalts
durch die Hitze oft so sehr, daß er nur mit dem Meißel und Hammer entfernt werden
kann. Er kann dann durch ungleiche Expansion oder andere Ursachen leicht Sprünge
bekommen, so daß er nun dem Wasser den Zutritt zu dem überhitzten und erweichten
Metall unter ihm gestattet. Es ist daher eine beständige Aufmerksamkeit auf den
Zustand der Kessel hinsichtlich ihres Niederschlages nöthig. Die Niederschläge
salz- und eisenhaltiger Wässer sind nicht minder gefährlich.
Die Ursachen übermäßiger Erhitzung eines in gewöhnlichem Gang befindlichen Kessels
sind ohne Zweifel die eben erwähnten. Doch gab das Franklin-Comité
nach den ihm mitgetheilten Thatsachen die Möglichkeit zu, daß das Metall eines
Kessels auch in Berührung mit Wasser übermäßig erhitzt werden könne; das Vorkommen
eines solchen Falles ist aber äußerst selten.
Etwa ein Drittheil der in den eingelaufenen Berichten angeführten Fälle wird der
„fehlerhaften Construction des Kessels und
seines Zubehörs“ zugeschrieben. Diese Fehler lassen sich in
drei Classen bringen: 1) Fehler in der Form des Kessels; 2) Verwendung ungeeigneten oder fehlerhaften
Materials zu demselben; 3) schlechte Arbeit. Die erste Classe kömmt in den
erstatteten Berichten nicht als Ursache einer Explosion vor; der zweiten gehören 15
Fälle an; der letzten 8. Bei 11 andern Explosionen ist die Art des Fehlers nicht
besonders angegeben.
Daß die Form eines Kessels auf seine Stärke von sehr großem Einfluß seyn muß, ist
einleuchtend. Die gewöhnlichsten Formen sind der Watt'sche Wagen- oder Kofferkessel und der cylindrische Kessel, beide
mit oder ohne Züge. Der Watt'sche Kessel eignet sich nur
für sehr niedrigen Dampfdruck. Von den cylindrischen Kesseln sind diejenigen ohne
Züge die sichersten; die mit Zügen versehenen erfordern aber weniger Brennmaterial.
Am sichersten sind diejenigen Züge, welche durch beide Kesselenden gehen. Kessel mit
engen Siederöhren wurden nicht für zweckmäßig befunden.
Die verbundenen Kessel, deren man sich auf unsern westlichen Dampfschiffen bedient,
sind einer eigenen Quelle von Gefahr ausgesetzt; eine bloße Veränderung der Stellung
kann nämlich zur Ursache der Explosion werden; denn die sie in Verbindung setzende
Wasserröhre befindet sich am Boden der Kessel; legt sich nun das Schiff auf die
Seite, so läuft das Wasser natürlich in den untern Kessel hinab, und läßt den obern
mehr oder weniger, während ihn kein Wasser bedeckt, der Einwirkung des Feuers
ausgesetzt. Nach der Ansicht des Franklin-Comité's sollte man die
Anwendung verbundener Schiffskessel aufgeben.
Dampfkessel mit Lförmigen Zügen bieten dieselbe Gefahr
dar; der Theil des Zuges, welcher sich über dem Wasserspiegel befindet, wird nach
und nach durch Ueberhitzung geschwächt und der Kessel kann dann leicht dem inneren
Druck nachgeben.
Kessel mit Dampfzügen werden noch angewandt, um den Dampf überhitzen zu können, damit
seine Verdichtung in der Dampfleitungsröhre und dem Cylinder verhindert wird. Sie
sind derselben Gefahr noch mehr ausgesetzt als die vorhergehenden. Zwei Explosionen
von solchen Dampfkesseln, welche Hr. Ewbank untersuchte,
waren in den dargebotenen Erscheinungen ganz identisch; der verticale Schenkel des
LZuges war in beiden Fällen auf gleiche Weise
zusammengefallen, so daß der Fehler in der Form liegen muß. Das
Franklin-Comité spricht sich gegen die fernere Anwendung dieser beiden
Kesselarten aus.
Auch mißräth es die Bildung kleiner Kammern, welche Wasser enthalten und vom Feuer
umgeben sind. In solchen Kammern sammeln sich gerne Niederschläge an und sie werden
auch leicht überhitzt, indem das Wasser bei der Dampfbildung aus ihnen hinausgetrieben
werden kann.
Dampfkessel von unregelmäßiger Form sind nothwendig schwach; die in ihnen nach allen
Richtungen gleichmäßig wirkende Kraft strebt sie in die Cylinder- oder
Kugelform zu bringen.
Es schien, die Anwendung von Gußeisen als Kesselmaterial sey ganz aufgegeben; nun
liegen aber 5 Fälle von Explosionen vor, wo die halbkugelförmigen Enden der Kessel
aus solchem bestanden. Mit der Frage über die Anwendbarkeit dieses Materials zu
Kesseln beschäftigte sich schon das Comité des brittischen Parlaments,
welches mit der Untersuchung der Ursachen der im Jahr 1817 erfolgten Explosionen
beauftragt war, und erklärte sich in dieser frühen Periode der Dampfschifffahrt
gegen dasselbe. Die Anwendung von Dampfkesseln oder Siederöhren aus Gußeisen wurde
im Jahr 1828 von der französischen Regierung geradezu verboten. Das Gießen ist bei
aller Aufmerksamkeit immer ein unsicherer Proceß, und da die zufälligen Fehler des
Gefüges sich dem Auge entziehen, so bleibt man über die wirkliche Stärke der
Gußstücke im Ungewissen. Eine noch größere Quelle von Gefahr bei gußeisernen
Kesselenden ist aber ihre ungleiche Ausdehnung im Vergleich mit dem Schmiedeisen, an
welches sie befestigt wurden, weßhalb das Gußeisen beständig dem Rissigwerden
ausgesetzt ist. Hr. Cist erwähnt in seiner schätzbaren
Mittheilung eines Falls, wo die Enden einer Reihe von 7 Kesseln beim Abnehmen von
denselben, in Stücken gefunden wurden, und bemerkt, daß dieß in der Regel der Fall
sey. Die Geschichte von 6 derartigen Kesseln, welche zu Shippingport verfertigt
wurden, liefert einen schlagenden Beweis der aus dem Gebrauch solcher Kesselenden
entspringenden Gefahr. Von diesen Kesseln kam einer auf den „Car of
Commerce“ und obwohl er der einzige neue Kessel auf dem Schiffe war,
war er es allein, der nicht hielt. Sein hinteres Ende wurde hinausgeschlagen und der
Kessel mehrere hundert Fuß weit über den Bug des Schiffs in den Fluß
hinausgeschleudert. Die 5 andern Kessel kamen auf den „Atlas“
und explodirten zur selben Zeit auf ähnliche Weise. Der Fall mit dem
„Helen M'Gregor“ war gleicher Art. Das eine Ende dieses
Schiffkessels wurde hinausgeschlagen und zerbrach in viele kleine Stücke, tödtete
mehrere Personen und verwundete andere. Die Vorsicht erheischt also gebieterisch das
Aufgeben des Gußeisens als Material für die Kesselenden.
Die Frage über die relative Festigkeit der Materialien in Bezug auf ihre Anwendung zu
Dampfkesseln war der Gegenstand einer Reihe umfassender Versuche eines
Unter-Comité's des Franklin-Instituts, welchem Professor Johnson präsidirte. Bei diesen Untersuchungen wurde der
Zusammenhang der Temperatur und Zähigkeit zum erstenmal in seiner vollen Bedeutung in Betracht gezogen.
Der praktische Werth dieser langwierigen und mühevollen Untersuchung hat bei den
Männern der Wissenschaft überall Anerkennung gefunden. Wir begnügen uns hier einige
aus den Versuchen gezogene Schlüsse mitzutheilen.
Die Versuche betrafen erstens den relativen Werth des Kupfers und Eisens als Material
für Dampfkessel. Die Vorzüge des erstern sind seine größere Dauerhaftigkeit, sein
großes Wärmeleitungsvermögen, abgesehen von dem bleibenden Werth des alten Kupfers;
andererseits aber fand man, daß ein Steigen der Temperatur jedesmal eine
Verminderung seiner Festigkeit zur Folge hat; die Quadrate der Abnahme an Festigkeit
verhalten sich wie die Kubusse der Temperaturen. Zwischen dem Gefrier- und
dem Siedepunkt verliert das Kupfer 5 Proc. seiner Stärke; bei 550° Fahrenh.
(231° R.) verliert es ein Viertheil; bei 850° F. (364° R.) die
Hälfte, und bei 1300° F. (564° R.) wird es zu einer klebrigen,
körnigen, unzusammenhängenden Masse, der es an aller Zähigkeit gebricht, obwohl das
Metall unter 2000° F. (875° R.) nicht vollständig schmilzt.
Das Eisen hingegen zeigt gerade das entgegengesetzte Verhalten; es nimmt mit der
steigenden Temperatur an Zähigkeit zu, bis es das mittlere Maximum seiner Stärke bei
570° F. (239° R.) erreicht, bei welcher Temperatur es um 16 Proc.
fester ist als im kalten Zustande. Wenn jedoch diese Temperatur überschritten wird,
so nimmt seine Haltbarkeit schnell ab. Eine Erklärung dieser Wirkung wird unten
gegeben werden. Auch zeigte sich, daß die verschiedenen Bereitungsweisen des Eisens
ebenfalls einen großen Einfluß auf die Zähigkeit desselben haben. Wiederholtes
Zusammenschweißen erhöht seine Stärke sehr. Roheisen von weißem Bruch gab Stangen
von der größten Cohäsion; lebhaft graues, todtgraues und scheckiges Eisen gab
Stangen, welche um 1–5 Proc. jenen nachstanden; und eine Mischung von allen
Arten gab das ungünstigste Resultat, eine um 5–10 Proc. geringere Zähigkeit.
Der Unterschied einer der Länge nach und einer der Quere nach geschnittenen
Kesselplatte betrug etwa 6 Proc. zu Gunsten der der Länge nach geschnittenen. Das
Nieten verminderte die Festigkeit um ein Drittheil. Langer Gebrauch des Eisens
vermindert seine Festigkeit sehr. Ueberhitzen vermindert ebenfalls die Zähigkeit
bleibend um ein Drittheil. Das Schwächen der eisernen Kesselplatten durch Druck war
ebenfalls Gegenstand sorgfältiger Untersuchung; es ergab sich zu 16 1/2 Proc. der
ganzen Fläche; beim erhitzten Eisen war es geringer als beim kalten, und von großer Abnahme der
Stärke begleitet. Brüche traten bei hohen Temperaturen plötzlich ein; die
Bruchfläche war zart, und die Theile spitz zusammenlaufend. Ein wichtiges
praktisches Resultat dieser Untersuchung ist, daß Kesseleisen mit Sicherheit keinem
größern Druck ausgesetzt werden kann als dem fünften
Theile seiner Normalfestigkeit entspricht: ein Zug von 12,500 Pfd. auf den
Quadratzoll Fläche dürfte das Maximum der einem Dampfkessel zuzumuthenden Spannung
seyn.
Eine Erklärung der erwähnten scheinbaren Anomalie hinsichtlich der Zähigkeit des
Eisens verdankt man der gründlichen Untersuchung dieses Gegenstandes durch Prof. Johnson. Wenn nämlich Eisen, welches auf eine Temperatur
von nicht mehr als 500 bis 600° F. (208–253° R.) erhitzt ist,
einem Zuge unterworfen wird, welcher der ganzen Zähigkeit des Metalls vor seiner Erhitzung gleichkömmt, so zeigt es, nachdem es
wieder bis zur gewöhnlichen Temperatur der Luft abgekühlt ist, nicht nur eine
größere Festigkeit als es vor dem Erhitzen besaß, sondern
auch eine größere als es während der Erhitzung hatte. Es
beweist dieß, daß die Zunahme an Zähigkeit nicht der Wärme zu zuschreiben ist, indem
sie auch nach der Abkühlung des Metalls verbleibt; sondern wahrscheinlich irgend
einer Molecular-Veränderung, welche in höherer Temperatur durch die Spannung
hervorgebracht werden kann. Auf dieses Princip gründen sich mehrere Verbesserungen
in der Fabrication von Eisen und Eisenwaaren (wie Ketten, Verbindungsstangen
etc.)Polytechn. Journal Bd. LXXIV S.
155.; es ist aber nicht minder wichtig für die Dampfkessel, insofern es
feststellt, daß die Spannung, welche ein Dampfkessel bei hoher Temperatur
auszuhalten hat, ihn nicht so schwächt, daß er später bei geringerer Kraft
zersprengt werden könnte. Dieselben Versuche beweisen, daß wenn obenerwähnte
Temperaturen weit überschritten werden, das Eisen sehr schnell nicht nur den
erlangten Zuwachs an Festigkeit verliert, sondern auch diejenige, welche es im
kalten Zustande besaß, wie es vom Hammer oder den Walzen kömmt.
Noch in einer andern Beziehung ist der Einfluß der Wärme auf das Eisen, innerhalb der
angegebenen Temperatur-Gränzen, von Wichtigkeit. In einem hierüber dem
Marine-Ministerium im J. 1843 erstatteten Bericht ist die interessante
Thatsache mitgetheilt, daß eine Stange (oder ein Bolzen) von gutem Eisen, wenn sie
der Länge nach einem Zuge unterworfen wird, der sie im kalten Zustand zerreißt, in
der Regel vor dem wirklichen Zerreißen sich um 16 1/2 Proc. ihrer ursprünglichen
Länge ausdehnt; daß aber
dasselbe Eisen bei hoher, jedoch 400° F. (164° R.) nicht
übersteigender Temperatur derselben Kraft unterworfen, wie im kalten Zustand, sich
nur um 5 3/4 Proc., oder etwa den dritten Theil der Ausdehnung im kalten Zustande
verlängert. Dieses Princip, auf Dampfkessel angewandt, zeigt, daß es mit keiner
Gefahr verbunden ist, die Eisenplatten so dünn zu nehmen, daß sie durch den Druck
des Dampfes in eine Spannung gerathen, welche sie in kaltem Zustande aushalten würden.
Gewiß würde eine Verbreitung der ganzen Untersuchung des
Franklin-Comité's unter unseren ausübenden Ingenieurs der öffentlichen
Sicherheit einen großen Dienst leisten.
Wenn aber auch das Material zu Dampfkesseln seiner allgemeinen Natur nach das beste
ist, so kann es doch noch im Einzelnen fehlerhafter Qualität seyn. Hr. Cist meint, daß im Westen (Nordamerika's) viel
Kesseleisen aus schlechten Erzen bereitet werde, und es demselben an Nerv und
Zähigkeit fehle. Als Beispiel wird der Fall des „Louis Whetzel“
angeführt, wo die Kessel schon auf der ersten Fahrt unter gewöhnlichem Druck
nachgaben, und zwar während sie genug Wasser enthielten, so daß sie nicht durch
Hitze erweicht werden konnten. Die wiederholte Forderung einer gesetzlich
vorzuschreibenden Probe hinsichtlich der Qualität des zu den Kesseln zu verwendenden
Eisens, beweist schon die herrschende Ueberzeugung, daß die dazu verwendete Qualität
oft in gefährlichem Grade eine geringere ist. Es werden viele Beispiele angeführt,
wo die Kessel oder Züge nicht die gehörige Metalldicke hatten, z.B. bei dem
„Clyde“, dem „B. Gilman“, dem
„Persian“, „Oronoco“,
„Superior“, „Missouri“,
„Alton“, „Majestic“ etc., in welchen
Fällen kein Mangel an Wasser im Kessel gewesen zu seyn scheint. Das Dampfschiff
„Cutter“ lieferte ein auffallendes Beispiel der von
unzureichender Dicke des Eisens herrührenden Gefahr; das Schiff legte sich auf die
Seite, eine Stellung, welche bei Wassermangel für den obern Kessel immer gefährlich
ist; und doch sank der untere Zug (welcher sich als der dünnere zeigte), obwohl ganz
unter Wasser, zusammen, während die dickern andern Züge, obschon übermäßig erhitzt,
nicht nachgaben.
Schlechte Arbeit ist ohne Zweifel häufig eine Quelle von Unglücksfällen; doch kann
man der Natur der Sache nach darüber nicht leicht volle Aufklärung erhalten. In den
meisten Fällen wo eine solche Ursache direct nachgewiesen ist, fehlten vielmehr
wichtige Theile, als daß die Arbeit mangelhaft war. Hinsichtlich der Reparaturen ist
es aber erwiesen, daß sie häufig in zu großer Eile und ohne die gehörige Rücksicht
auf Sicherheit, vorgenommen werden. Es liegt ein Fall vor, wo ein eiserner Kessel mit
kupfernen Nietnägeln geflickt wurde, und einer, wo Reparaturen von unerfahrenen
Lehrjungen vorgenommen wurden, weil gute Arbeiter nicht sogleich zu haben waren.
Die in dem Bericht des Franklin-Instituts angegebene vierte Ursache von
Explosionen ist die „Nachlässigkeit und Unwissenheit
der mit der Aufsicht über die Maschine Betrauten“, und dieß
ist, nach der wohlerwogenen Ansicht des Verfassers, bei der großen Mehrheit dieser
traurigen Ereignisse, die wirkende Ursache. Die dieser Ursache ausdrücklich
zugeschriebenen Explosionen betragen 32 1/2 Proc. von sämmtlichen, wo die Ursache
angegeben ist. Aber selbst dieses bedeutende Verhältniß gibt uns noch keine richtige
Vorstellung, wie häufig diese Ursache die Schuld trägt; denn auch die anderen
Ursachen müssen zum größten Theil strafbarer Nachlässigkeit, Unwissenheit, oder
irgend einer Fahrlässigkeit zugeschrieben werden. Uebermäßiger Druck in dem Kessel,
welcher allmählich die Gränze der ihm zuzumuthenden Haltbarkeit überschreitet (ein
Punkt der sehr weit über dem richtigen Arbeitsdruck liegt), während zu gleicher Zeit
Wasser in hinreichender Menge vorhanden ist, kann nicht leicht anders entstehen als
durch Nachlässigkeit, indem man das Sicherheitsventil an seinem Sitz anfressen läßt,
oder absichtlich übermäßig belastet. Das Vorhandenseyn übermäßig erhitzten Metalls
in einem Kessel ist entweder mangelhafter Speisung mit Wasser zuzuschreiben, wodurch
ein Theil des Metalls, welcher in Berührung mit dem Feuer ist, seine Bedeckung
verliert; oder Niederschlägen, welche sich als nicht leitende Substanz zwischen das
Metall und das Wasser legen, so daß sich ersteres überhitzt und dadurch an Zähigkeit
verliert. Nun liegen aber die Mittel gegen diese beiden Uebelstände in der Hand des
Ingenieurs, und es ist strafbare Nachlässigkeit, wenn er sie nicht anwendet.
Mangelhafte Construction des Kessels und seines Zubehörs ist Folge der
Gewissenlosigkeit des Verfertigers, oder falscher Sparsamkeit der Eigenthümer,
welche mit ihm contrahirten.
Es könnte hienach scheinen, daß alle Ursachen der Explosionen, welche unsere
Autorität ausstellt, sich auf eine einzige zurückführen lassen, nämlich die
Fahrlässigkeit oder Unwissenheit derjenigen, welchen die Beaufsichtigung oder die
Verfertigung des Kessels anvertraut wird. Die ganze Schuld kann man jedoch nicht in
allen Fällen auf den Maschinisten werfen; es ist nur zu gewiß, daß die
Schiffscapitäne sich oft auf die unverantwortlichste Weise in die Obliegenheiten des
Maschinisten einmischen, und ihn zwingen, ein Verhalten zu beobachten, welches er
nach seinem Wissen und Gewissen verwerfen muß. Die hier aufgestellte Ansicht von der
schrecklichen Ausdehnung, in welcher diese Ursache der Explosionen wirkt, ist nicht nur
aus der vorliegenden Statistik gefolgert, sondern geht auch aus dem Zeugniß vieler
einsichtsvollen erfahrenen Männer hervor, welche dem Bureau ihre Ansichten
mittheilten.
Nachdem hiemit die Ursachen der Dampfkessel-Explosionen kurz in Betrachtung
gezogen wurden, wollen wir die bis jetzt vorgeschlagenen Mittel ihrer Abhülfe
betrachten. Diese sind entweder mechanische oder gesetzliche.
Die verschiedenen Erfindungen zur Verhütung von Explosionen durch mechanische Mittel
sind unter dem Namen der „Sicherheit-Apparate“ der
Maschine bekannt. Diese Vorrichtungen wurden folgendermaßen eingetheilt: 1) in
solche, welche bloß die Gefahr anzeigen, ohne sie zu beseitigen; 2) solche, welche
durch die Wirkung des Drucks allein oder bloß der Temperatur in Thätigkeit gesetzt
werden und den Kessel vom Uebermaaß an Dampf befreien; 3) solche, welche durch den
Wassermangel in Verbindung mit dem Druck in Thätigkeit gesetzt werden; 4) solche,
welche den Kessel mit Wasser speisen, ohne den Druck oder die Temperatur
anzuzeigen.
In die erste Classe gehören das gewöhnliche Heber-Manometer für
Niederdruckmaschinen, das Manometer für Hochdruckmaschinen, das gläserne
Wasser-Manometer, das zusammengesetzte Wasser-Manometer oder Altometer
von Quinby, dessen Allarm-Altometer und
Vaporimeter, das Stoß-Wasser-Manometer von Worthington und Baker, in Verbindung mit den
gewöhnlichen Probirhähnen, und alle jene Instrumente, welche auf dem Oeffnen kleiner
Ventile beruhen, um einen Allarm (ein Lärmzeichen) ertönen zu lassen.
In die zweite Classe gehören das gewöhnliche Sicherheitsventil, Evans' Sicherheitsvorrichtung, die in Frankreich üblichen
leichtschmelzbaren Scheiben und Wright's
Expansions-Sicherheitsvorrichtung.
In die dritte Classe gehören Raub's
Sicherheits-Apparat, Duff's hydrostatisches Ventil
und Easton's inneres Sicherheitsventil.
In die vierte Classe gehören die gewöhnliche Druckpumpe, das auf vielen Dampfschiffen
gebräuchliche Hülfspumpwerk und Barnham's selbstwirkendes
Pumpwerk.
Die Register des Patent-Bureau zeigen, daß sich Genie und Erfindungsgeist mit
großem Eifer auf die Erfindung oder Verbesserung von Sicherheit-Vorrichtungen
für Dampfkessel gerichtet hat; und doch kann man in Wahrheit nicht sagen, daß eine
dieser Erfindungen den Ansprüchen des Publicums an eine vollkommene Sicherung gegen
die, besonders auf den westlichen Gewässern (Amerika's) so häufig vorkommenden
Explosionen genügt. Eine solche müßte rasch, sicher und unwiderstehlich unter allen Umständen und bei
allen Temperaturen wirken; sie dürfte keinem zufälligen Hinderniß unterworfen und
müßte außer dem Bereich jeder ungeeigneten Einmischung stehen; sie müßte das
Herannahen sowohl als das Vorhandenseyn einer Gefahr durch ein unzweideutiges
Warnungszeichen anzeigen; den Wärmegrad und daraus folgenden Druck im Kessel vom
Siedepunkt an bis zum höchstzulässigen Punkt anzeigen, und augenblicklich Kenntniß
von eintretendem Wassermangel geben. Ihre Anzeigen müßten augenfällig und deutlich
seyn; sie müßte sich selbst adjustiren und leicht adjustirbar seyn; ferner einfach,
dauerhaft und nicht zu kostspielig in ihrer Construction seyn.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)