Titel: | Ueber die Fabrication des chlorsauren Kalis; von Professor Payen. |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XXIV., S. 125 |
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XXIV.
Ueber die Fabrication des chlorsauren Kalis; von
Professor Payen.
Aus dessen Précis de Chimie industrielle, Paris
1849.
Payen, über die Fabrication des chlorsauren Kalis.
Directe Bereitung.
Man leitet einen Ueberschuß von Chlor in eine Auflösung von Potasche (kohlensaurem
Kali), welche 35° Baumé stark ist (um dieselbe frei von schwefelsaurem Kali zu erhalten,
gießt man die erste in der Kälte bereitete Potasche-Auflösung, welche
45° B. zeigt, ab und verdünnt die klare Flüssigkeit dann bis auf 35°
B.): das Chlor erzeugt dann einerseits Chlorkalium und andererseits chlorsaures
Kali. Der Apparat besteht aus einem Chlorentbindungsgefäß, welches durch bleierne
Röhren mit mehreren Ballons aus Steinzeug verbunden wird; das chlorsaure Kali
sättigt bald die Auflösung und schlägt sich in dem Maaße nieder als es sich bildet;
nachdem es sich ganz abgesetzt hat, sammelt man es auf einem flachen Zeugfilter,
wascht es mit wenig Wasser aus, läßt es abtropfen, löst es dann in heißem Wasser
wieder auf, filtrirt und läßt es in irdenen Schalen krystallisiren. Nach beendigter
Krystallisation läßt man die Krystalle auf einem Filter abtropfen, wascht sie aus
und läßt sie trocknen, worauf das Product verkäuflich ist.
Verfahren mittelst doppelter
Zersetzung.
Wohlfeiler kann man dieses Product bereiten, indem man einen Brei von Kalkhydrat in
der Wärme mit Chlorgas sättigt, bis die Flüssigkeit an Baumé's Aräometer
8° zeigt; den Kalkbrei gibt man in einen bleiernen Cylinder, welcher
außerhalb mit Holz verkleidet und im Innern mit einem eisernen, mit Blei überzogenen
Rührer versehen ist. Dieser Cylinder ist geschlossen. Er ist mit einem weiten Hals
mit plattem Rand versehen, der ein Mannsloch bildet; ferner werden in denselben zwei
weite Röhren vertical gesteckt, um Flüssigkeiten eingießen zu können; endlich ist er
mit einem Hahn versehen, welcher den Stand der Flüssigkeit anzeigt, und mit einem
weiten Spund zum Ablassen des Inhalts.
In dem Maaße als die Flüssigkeit wärmer und concentrirter wird, bildet sich
chlorsaurer Kalk und Chlorcalcium. Wenn die Flüssigkeit 8° B. zeigt, versetzt
man sie mit Chlorkalium (salzsaurem Kali), bis sie am Aräometer 16° zeigt;
dann läßt man wieder Chlorgas einströmen bis zum Ueberschuß (oder der rosenrothen
Färbung); hierauf zieht man die Mischung aus dem Cylinder ab, um sie in einer
bleiernen Pfanne (mittelst Dampf) bis auf 25° B. abzudampfen; hiebei findet
ein Austausch statt, wodurch einerseits Chlorcalcium und andererseits chlorsaures
Kali entsteht. Nur letzteres Salz krystallisirt beim Erkalten der Flüssigkeit; man
läßt es abtropfen und reinigt es dann auf oben angegebene Weise.
Die unkrystallisirbaren Mutterlaugen bestehen (mit Ausnahme einiger Procente) aus
Chlorcalcium (salzsaurem Kalk), welches man zur Bereitung von Kältemischungen
für künstliches Eis, zum Begießen des Stallmists für trockene Felder etc. benutzen
kann. – Man könnte dieses Chlorcalcium mit schwefelsaurem Kali zersetzen; es
würde sich dann schwefelsaurer Kalk niederschlagen, welcher in den Papier-
und Tapetenfabriken verwendbar ist; die Auflösung enthielte das durch doppelte
Zersetzung gebildete Chlorkalium, welches bei einer folgenden Operation angewandt
werden könnte; hiebei würde man auch das in der Mutterlauge zurückgebliebene
chlorsaure Kali wieder gewinnen.
Verwendung des Rückstands von der
Chlorbereitung.
Man hat den Rückstand von der Chlorbereitung mittelst Braunstein und Salzsäure
(welcher außer salzsaurem Manganoxydul auch salzsauren Baryt, salzsauren Kalk und
salzsaures Eisenoxyd enthält) zum Schwarzdrucken auf Fayence, in der letzten Zeit
auch zum Reinigen des Leuchtgases (Verwandlung seines Ammoniaks in Salmiak) und zum
Desinficiren der Dünger benutzt. – Hr. Ebelmen
schlug vor, diese Rückstände gewissermaßen wiederzubeleben; man brauchte sie nämlich
bloß mit 1 Aequiv. KalkhydratMan könnte dabei auch das Eisenoxyd größtentheils für sich abscheiden, indem
man zuerst sein Aequivalent an Kalk zusetzt und hierauf die klare
Flüssigkeit abgießt, ehe man durch einen zweiten Zusatz von Kalk das
Manganoxydul niederschlägt. zu sättigen und absetzen zu lassen; die Flüssigkeit (unreiner salzsaurer
Kalk) würde alsdann abgegossen und der Bodensatz öfters mit Wasser ausgewaschen.
Wenn man diesen Niederschlag feucht erhält und in diesem Zustand der Luft aussetzt,
indem man die Berührungsflächen öfter erneuert, so kann er in fünfzehn Tagen auf die
Oxydationsstufe zwischen dem Manganoxydul und Superoxyd übergehen; er enthält dann
beiläufig die Hälfte seines Gewichts Mangansuperoxyd und liefert eine proportionale
Menge Chlor. Man braucht mit diesem Oxyd beiläufig 3 Aeq. Salzsäure anstatt 2, um 1
Aeq. Chlor zu gewinnen; da es viel leichter angegriffen wird als der Braunstein, so
genügt eine niedrigere Temperatur und man kann überdieß eine schwächere Salzsäure
anwenden. Je nach dem Preise der Salzsäure und des Braunsteins wird die
Chlorbereitung mittelst dieses Oxyds an manchen Orten mit Vortheil verbunden seyn,
an anderen aber im Gegentheil mit Verlust.