Titel: | Ueber Schmelzung und Verflüchtigung strengflüssiger Körper, Silicium, Bor, Titan, Wolfram, Palladium und Platin; von Despretz. |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XL., S. 203 |
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XL.
Ueber Schmelzung und Verflüchtigung
strengflüssiger Körper, Silicium, Bor, Titan, Wolfram, Palladium und Platin; von Despretz.Man vergleiche die vorhergehende Abhandlung des Verfassers im polytechn. Journal
Bd. CXIV. S. 342.
Aus den Comptes rendus, Nov. 1849, Nr.
21.
Despretz, über Schmelzung und Verflüchtigung strengflüssiger
Körper.
Silicium, welches ich der Einwirkung des elektrischen
Feuers aussetzte, schmolz leicht und vereinigte sich sogleich zu einem, auf der
Oberfläche etwas glasigen, Kügelchen. An einigen Stellen war der Bruch dieses zu
Kügelchen geschmolzenen Siliciums matt und von der Kohle wenig verschieden; an
andern Stellen ist der Bruch fast so glasig wie bei manchen Anthraciten. Durch
Reiben mit Schmirgelpulver nimmt die Bruchfläche den Glanz sehr dunkeln schwarzen
Glases an. Die Farbe des Siliciumpulvers verschwand nicht ganz; man findet sie auf
einem Theil der Bruchfläche wieder. Das so geschmolzene Silicium ritzt das Glas. Es
konnte keine Kieselerde enthalten, weil es wiederholt mit Flußsäure behandelt worden
war. Dieses Silicium war von Hrn. Laroque nach dem Berzelius'schen Verfahren dargestellt worden, und besaß
die Eigenschaften welche ihm dieser Chemiker zuschreibt: haselnußbraune Farbe,
Unschmelzbarkeit und Unverbrennlichkeit bei hoher Temperatur.
Bor. – Ein Theil des angewandten Bors war von Hrn.
Robiquet, dem Sohn, ein anderer von Hrn. Laroque bereitet. Beide gaben gleiche Resultate, obwohl
sie im Aussehen sehr von einander abwichen; das erstere war schwarz wie Kienruß, das
letztere bräunlich. Bekanntlich erhält man das Bor nicht immer von gleicher Farbe.
– Das Bor schmilzt bei der ersten Hitze zu einem auf seiner Oberfläche
ebenfalls etwas glasigen Kügelchen. Der Bruch ist körnig, schwarz und gleicht sehr
dem der Kohle. Es ist schmelzbarer und flüchtiger als das Silicium. Das Bor hat
wenig Härte.
Die Versuche mit dem Silicium und dem Bor wurden im Stickstoff angestellt.
Titan. – Dieses Metall, ein bräunliches Pulver,
wurde von den HHrn. Rousseau für die Pariser
Industrie-Ausstellung aus Chlortitan dargestellt.
Bei einem ersten Versuche unter der Glocke der Luftpumpe verflüchtigte es sich in
großer Menge und setzte sich zum Theil an der über dem Tiegel befestigten
Porzellanschale als ein röthlich braunes spiegelndes Häutchen ab. In dem Tiegel aus
Zuckerkohle, in welchen das Titanpulver gebracht worden war, blieb ein Plättchen von
gelblichweißer Farbe zurück.
Bei einem andern, im Stickstoff angestellten Versuche, überzog sich die
Porzellanschale mit einer schön blauen Schicht. Im Tiegel blieb ein weißliches Blatt
zurück, unter welchem die Wände des Tiegels mit kleinen Kügelchen bedeckt waren, die
zum Theil goldgelb waren, zum Theil in verschiedenen Farben irisirten.
Die blaue Ablagerung ist wahrscheinlich nichts anderes als Titanoxyd, welches in dem
angewandten Titanmetall schon enthalten oder durch ein wenig, ohne mein Wissen in
die Glocke getretene Luft erzeugt war.
Plättchen und Kügelchen zeigen nach dem Schleifen die wahre Farbe des Titans, ein
etwas blasses Goldgelb; Bruch- und Schnittfläche sind unpolirt, grünlichgelb.
Die dem Titan zugeschriebene rothe Farbe ist wahrscheinlich Folge einer schwachen
Oxydation.
Das Titan ist minder hart als das Wolfram, welches es ritzt; aber doch sehr hart; es
ritzt Quarz, Zirkon und ist beinahe so hart wie der Corund.
Wolfram. – Man schmilzt dieses Metall wie das
Titan, Bor und Silicium, in einem Tiegel von Zuckerkohle unter einer mit Stickstoff
gefüllten Glocke. Auf der, wie oben bemerkt, angebrachten Porzellanschale verdichtet
sich eine dünne bräunliche Schicht. An den Wänden des Tiegels findet man zwei
Plättchen von graulichweißer Farbe. Bei einem andern Versuche schmolz das Metall
zuerst zu einem einzigen Kügelchen zusammen, verbreitete sich aber dann über die
Wände des Tiegels.
Dieses Metall nimmt eine schöne Politur an; der Bruch ist wie der von schönem
gehärtetem Stahl, kaum körnig. Es ist sehr hart, nützt die Feilen ab, ritzt Quarz,
die Edelsteine und selbst den natürlichen und künstlichen Rubin; ich setze dabei
ebene Flächen voraus; denn die gekrümmte und krystallinische Fläche der Kügelchen
von reiner oder mit etwas Chromoxyd verbundener Thonerde wird nicht davon
angegriffen.
Ließe sich diese große Härte des Wolframs in der Technik
nicht benützen? Könnte man z.B. aus diesem Metall nicht Instrumente zum Bearbeiten von Edelsteinen
auf der Drehbank oder zum Schneiden des Glases verfertigen? Wenn sich die Festigkeit
des Wolframs, welche etwa derjenigen des Roheisens gleichkömmt, ohne seine Härte zu
vermindern, durch einen Zusatz von Eisen oder Stahl erhöhen ließe, so hätte man an
ihm auch einen Körper, welcher die Edelsteine in gewissen Meßinstrumenten ersetzen
könnte. Aus einer Arbeit des Hrn. Herzogs von Luynes
Polytechn. Journal Bd. XCVI S.
106. ist schon bekannt, daß eine kleine Menge Wolframs, dem Stahl zugesetzt,
einen schönen Damast hervorbringt.
Ich habe zu den erwähnten Versuchen 600, in sechs Reihen vereinigte Bunsen'sche
Elemente angewandt.
Die galvanische Batterie scheint mir ein bequemes Verfahren zum Schmelzen der
Metalle, ohne Zusatz anderer Körper, darzubieten. Kein einziges Metall widersteht
dem elektrischen Feuer.
Ich schmolz einmal 80 Gramme von Hrn. Phillips
dargestellten Palladiums zusammen; dieses Metall bildete
sogleich einen schönen Klumpen.
Auch könnte man sich, wie ich glaube, der Batterie zum Schmelzen von Platinspänen bedienen; 250 Gramme solcher Späne habe ich
in einigen Minuten zusammengeschmolzen. Ich hätte vielleicht 2–3mal soviel in
größeren Kohlentiegeln zusammenschmelzen können. Wenn man den Versuch nur mit
einigen Grammen dieses Metalls anstellt, kann man eine beträchtliche Menge desselben
verflüchtigen; ich überzog damit Porzellanschälchen von 1 Decimeter Durchmesser;
eine Masse von mehreren Hundert Grammen erhitzt sich aber nicht stark genug, um in
sehr kurzer Zeit merklich an Gewicht zu verlieren.
Ich hoffe, daß diese Thatsache zu einer neuen Anwendung der galvanischen Batterie in
der Technik führt. Die Platinabschnitzel etc. brauchten alsdann nicht wieder
aufgelöst zu werden; man könnte damit sogleich geschmolzene Stücke darstellen.