Titel: | Analyse des englischen Spiegelglases; von J. E. Mayer und J. S. Brazier. |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XLI., S. 206 |
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XLI.
Analyse des englischen Spiegelglases; von
J. E. Mayer und
J. S.
Brazier.
Aus dem Edinburgh new philosophical Journal, Oct. 1849, S.
316.
Mayer's Analyse des englischen Spiegelglases.
Durchgeht man die bisher veröffentlichten Analysen der verschiedenen Glassorten, so
findet man, daß der Zusammensetzung des Spiegelglases noch keine besondere
Aufmerksamkeit geschenkt wurde; von dem in Großbritannien verfertigten
Spiegeltafelglase besitzen wir überdieß gar keine Analyse.
Folgendes sind die Resultate unserer Analysen von Spiegelglasproben aus den drei
größten Spiegelglasfabriken Englands, nämlich:
a) der brittischen Spiegelglas-Compagnie, St.
Helens, LiverpoolEine Beschreibung der ältesten und größten Spiegelgießerei Englands –
derjenigen zu Ravenhead bei St. Helens – hat Hr. Prof. Knapp im polytechn. Journal Bd. CIV S. 182 mitgetheilt.;
b) der Londoner
Themse-Spiegelglas-Compagnie, Bow Creek, Blackwall;
c) der London- und
Manchester-Spiegelglas-Compagnie, Sutton, St. Helens, Liverpool.
Diese Glasproben wurden behufs der Analysen höchst fein zerrieben. Keine derselben
gab, mit Wasser digerirt, eine Reaction mit den empfindlichsten Reagenspapieren.
Um ihre Auflöslichkeit in Wasser zu bestimmen, wurden 4–5 Gramme 48 Stunden
lang darin digerirt; die klare Auflösung sämmtlicher Proben gab beim Abdampfen einen
so geringen Rückstand, daß er nicht quantitativ bestimmt werden konnte.
Das spec. Gewicht war bei a 2,319; bei b 2,242; bei c 2,408.
Die qualitative Untersuchung ergab als Bestandtheile: Kieselsäure, Kali, Natron,
Eisenoxyd, Thonerde, Kalk und bei einer Probe auch Spuren von Mangan.
Die Kieselsäure wurde auf gewöhnliche Weise durch Schmelzen mit reinem kohlensaurem
Kali bestimmt. Das Eisenoxyd, die Thonerde und der Kalk wurden nachher aus der
filtrirten salzsauren Auflösung gefällt.
Um die Alkalien zu bestimmen, wurden die Gläser mittelst Flußsäure zersetzt, was in
einem von Brunner
Poggendorff's Annalen, Bd. XLIV S. 134. angegebenen Apparate geschah, der aus einem bleiernen Gefäß mit flachem Boden
von etwa 6 Zoll Durchmesser und 4 Zoll Höhe besteht, in dessen Mitte sich ein
bleierner cylindrischer Fuß befindet, welcher etwa 1 1/2 Zoll hoch ist und einer
Platinschale als Träger dient. Das Bleigefäß ist mit einem dicht passenden Deckel
versehen.
Um den Apparat in Gang zu setzen, muß der Boden des Bleigefäßes mit einer 1/2 Zoll
dicken Schicht gepulverten Flußspaths bedeckt und so viel Schwefelsäure damit
gemengt werden, daß ein dicker Brei entsteht. Man wägt nun eine Portion des
feingepulverten Glases ab, breitet es auf der Platinschale aus, befeuchtet es mit
Wasser und setzt die Schale auf den bleiernen Fuß. Das Ganze wird nun entweder im
Sandbad oder mittelst der Weingeistlampe gelinde erwärmt.
Einige vorläufige Versuche ergaben, daß die Einwirkung auf das Glas, wenn dasselbe
nur mit Wasser befeuchtet ist, außerordentlich langsam vor sich geht; Dr. Hofmann schlug uns
deßhalb vor, statt des Wassers die Probe mit concentrirter Ammoniakflüssigkeit zu
befeuchten; wir fanden, daß die Flußsäure von letzterer viel schneller absorbirt und
die Zersetzung dadurch sehr befördert ward.
In der ersten der folgenden Tabellen sind die Mengen der angewandten Substanz, in der
zweiten die erhaltenen Resultate zusammengestellt:
Tabelle I.
a.
b.
c.
Brittisches Spiegelglas.
London Themse-Spiegelglas.
Lond. Manchest.-Spiegelglas.
1.Gram.
2.Gram.
1.Gram.
2.Gram.
1.Gram.
2.Gram.
Quantität des Glases für
die allgemeine Analyse
1,3429
1,1750
1,1579
1,1906
1,0508
1,1095
Quantität des Glases
zur Bestimmung der Alkalien
1,9400
2,1500
1,4200
1,6800
1,0200
2,0700
Tabelle II.
a.
b.
c.
Brittisches Spiegelglas.
London Themse-Spiegelglas.
Lond. Manchest.-Spiegelglas.
1.Gram.
2.Gram.
1.Gram.
2.Gram.
1.Gram.
2.Gram.
Kieselsäure
1,0402
0,9180
0,9090
0,9300
0,8200
0,8630
Chlorkalium und Chlornatrium
0,5700
0,6460
–
–
0,2675
0,5360
Kaliumplatinchlorid
0,3100
0,3610
–
–
0,0925
0,1835
Chlornatrium
0,4735
0,5360
–
–
0,2390
0,4790
Eisenoxyd und Thonerde
0,0127
0,0105
0,0320
0,0495
0,0373
0,0405
kohlensaurer Kalk
0,1266
0,1135
0,1245
0,1305
0,0887
0,0987
schwefelsaures Kali und Natron
–
–
0,4105
0,4940
–
–
schwefelsaurer Baryt
–
–
0,6645Diese Zahlen wurden bei einer indirecten Bestimmung der Alkalien
erhalten.
0,7960
–
–
Folgende Zahlen entsprechen den vorhergehenden Resultaten unserer Versuche in
Procenten der einzelnen Bestandtheile; sie sind das Mittel der beiden Versuche.
BrittischesSpiegelglas.
London-Themse-Spiegelglas.
London-Manchester-Spiegelglas.
Kieselsäure
77,3646
78,6859
77,9092
Kali
3,0151
1,3400
1,7254
Natron
13,0630
11,6322
12,3598
Kalk
5,3144
6,0992
4,8543
Mangan
–
–
Spuren
Eisenoxyd (rothes)
0,9197
Spur
–
Thonerde
Spur
2,6803
3,5998
99,6768
100,4436
100,4488
Wir fügen noch eine Tabelle der Analysen mehrerer Spiegelglassorten bei, zur
Vergleichung der Zusammensetzung des englischen Spiegelglases mit demjenigen aus
andern Ländern. Das venetianische Spiegeltafelglas wurde von Berthier, das böhmische von Peligot und die
französischen Gläser von Dumas analysirt.Nach dem „Lehrbuch der chemischen Technologie“ von
Professor Knapp, Bd. I S. 392.
VenetianischesSpiegelglas.
BöhmischesSpiegelglas.
FranzösischesSpiegelglas
BrittischesSpiegelglas.
Lond.-Themse-Spiegelglas.
London-Manchester-Spiegelglas.
Nr. 1
Nr. 2
KieselsäureKaliNatronKalkTalkerdeManganEisenoxydThonerde
68,6 6,9 8,111,0 2,1 0,1 0,2 1,2
67,7 21,0– 9,9––– 1,4
75,9– 17,5 3,8––– 2,8
73,85 5,50 12,05 5,60–––
3,50
77,36 3,0113,06 5,31–– 0,91Spur
78,68 1,34 11,63 6,09––Spur 2,68
77,90 1,72 12,35 4,85–Spur– 3,59
98,2
100,0
100,0
100,00
99,65
100,42
100,41
Das Spiegelglas wird gewöhnlich als ein Doppelsilicat von Kalk und Natron, oder von
Kalk und Kali betrachtet. Folgende Formeln sind nach den in obiger Tabelle
enthaltenen Analysen berechnet; da in den englischen Sorten der Kaligehalt sehr
gering ist, wurde dasselbe bei Berechnung der Formeln nicht berücksichtigt.
Venetianisches Tafelglas
2KO,
3NaO,
5CaO,
22SiO₃
Böhmisches Spiegelglas
KO
CaO,
4SiO₃
Französisches Tafelglas Nr. 1.
4NaO,
CaO,
11SiO₃
Französisches Tafelglas Nr. 2.
KO,
3NaO,
2CaO,
14SiO₅
Brittisches Tafelglas
2NaO,
CaO,
9SiO₃
London Themse-Tafelglas
2NaO,
CaO,
8SiO₃
London Manchester-Tafelglas
2NaO,
CaO,
9SiO₃.