Titel: | Anleitung zur Fabrication von Dextrin und Leiocomme; von Professor Payen. |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XLV., S. 219 |
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XLV.
Anleitung zur Fabrication von Dextrin und
Leiocomme; von Professor Payen.
Aus dessen Précis de Chimie industrielle, Paris
1849.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Payen's Anleitung zur Fabrication von Dextrin etc.
Das Dextrin, das erste Product der Verwandlungen des Amidons, wurde so benannt, wegen
der Eigenschaft seiner Auflösung die Ebene des polarisirten Lichts nach rechts zu
drehen; es ist in Wasser und schwachem Weingeist auflöslich und hat dieselbe
Elementar-Zusammensetzung wie das Stärkmehl. Jod verändert seine Farbe nicht;
wenn aber das Stärkmehl nur unvollständig in Dextrin verwandelt wurde, so werden
seine Auflösungen durch Jod mehr oder weniger röthlichviolett gefärbt, während
reiner Stärkekleister durch Jod eine indigblaue Farbe annimmt. In Wasser aufgelöst,
besitzt das Dextrin ähnliche Eigenschaften wie das arabische Gummi; es wird auch als
Ersatzmittel desselben seit mehreren Jahren in der Technik häufig benutzt.
Man wendet verschiedene Methoden an, um das Kartoffelstärkmehl mehr oder weniger
vollständig in Dextrin zu verwandeln. Eine ältere Methode, welche noch im Gebrauch
ist, besteht darin, das Stärkmehl einer Temperatur von beiläufig 168° Reaumur
auszusetzen; das Stärkmehl, bei welchem auf diese Art der Zusammenhang der Theilchen
aufgehoben wurde, nennt man Leiocomme oder geröstete Stärke.
Zur Bereitung des Leiocomme kann man eine Heizkammer Fig. 19 anwenden, welche
einem Luftheizungsofen (einem Ofen mit circulirender heißer Luft) ähnlich ist; mit
einer solchen läßt sich eine regelmäßige und hinreichend hohe Temperatur erzielen.
Die Luft welche sich an den Wänden des Feuerraums A und
in den ihn umgebenden Canälen erhitzt hat, steigt in die Heizkammer B, C, D hinauf und circulirt um die 24 messingenen
Schubladen, von denen jede eine 1 oder 1 1/2 Zoll dicke Schicht trocknes Stärkmehl
enthält; dieselbe Luft, nachdem sie von ihrer Wärme den Wänden der Heizkammer und
allen in letzterer enthaltenen Gegenständen mitgetheilt hat, zieht wieder nach D hinab, um sich wie das erstemal zu erhitzen, wodurch
sie specifisch leichter wird und dann wieder in die Heizkammer aufsteigt. Diese
ununterbrochene Circulation vertheilt die Wärme gleichförmig genug, damit das
Stärkmehl der schwachen Röstung ausgesetzt wird, welche es röthlichgelb färbt und
theilweise auflöslich macht. In dem Feuerraum A kann man
Steinkohlen oder Kohks brennen, weil kein Rauch in die Heizkammer gelangt.
Eine andere regelmäßigere Heizmethode besteht in der Anwendung einer constanten
Temperatur welche man mittelst eines Oelbads erzielt. In das auf 144° Reaumur
erhitzte Oelbad steckt man einen kupfernen Cylinder welcher mit einem Rührer
versehen ist; letzterer bringt nach und nach alle Stärkmehlkörner mit den erhitzten
Wänden in Berührung, was die Operation beschleunigt.
Es gelang mir das Dextrin in einem Zustand zu bereiten, wo es leichter auflöslich,
weiß, pulverförmig ist, und das geröstete Stärkmehl vortheilhaft ersetzt; mein
Verfahren, welches die Gebrüder Heuzé im Großen
anwenden,Es ist im Wesentlichen dasselbe, wie es im Jahr 1838 in England patentirt und
im polytechn. Journal Bd. LXXIV S.
307 mitgetheilt wurde. ist folgendes. Um z.B. 1000 Kilogr. trockne Kartoffelstärke zu verarbeiten,
verdünnt man 2 Kilogr. Salpetersäure von 36 bis 40° Baumé mit 300 Kil.
Wasser; man vermischt das Stärkmehl mit diesem gesäuerten Wasser und bringt es
hierauf in eine gewöhnliche Trockenstube. Wenn das Austrocken soweit vorgeschritten
ist, daß die Brode von selbst zerbrechen, zerdrückt man sie vollends mit der
Schaufel und breitet dann das Stärkmehl in Schichten von 1 bis 1 1/2 Zoll auf dem
Boden der messingenen Schubladen in der oben beschriebenen Heizkammer aus, worin die
Temperatur auf 88 bis 96° R. unterhalten wird. In 1 bis 1 1/2 Stunden ist die
Verwandlung beendigt.
Man kann diese Verwandlung bei 80° R. bewerkstelligen, wenn man die Operation
lange genug fortsetzt; im entgegengesetzten Falle erfolgt sie schneller und wäre in
30 bis 40 Minuten beendigt, wenn man die Temperatur auf 104° R. steigern
würde.
Das so bereitete pulverförmige Dextrin hat das Aussehen des Stärkmehls, sogar dessen
Weiße, wenn man die Temperatur nicht zu hoch steigerte.
Man bereitet auch Dextrin, welches mehr oder weniger Stärkezucker enthält, mittelst
Diastas, dem Körper welcher sich beim Keimen der Gerste entwickelt; die Umwandlung
des Stärkmehls durch Diastas wird im Wasser8 bis 10 Gewichtstheile Wasser auf 1 Theil Stärkmehl. bei 60° Reaumur Temperatur bewerkstelligt; man benutzt dazu einen
Kessel c, Fig. 20, mit einem
Gehäuse worin sich durch Dampf erhitztes Wasser befindet. Es ist dieß eine Art
Marienbad, dessen Temperatur auf 60 bis 64° R. durch einen Dampfstrahl
zwischen den zwei Kesseln a erhalten wird. Man zertheilt
die zerstoßene gekeimte Gerste (Malz) im Wasser; sobald die Temperatur des Gemisches
60° R. beträgt, schüttet man die Kartoffelstärke hinein, indem man sie in dem
Maaße umrührt als sie flüssig wird. Um den Zeitpunkt zu bestimmen, wo die Operation
unterbrochen werden muß, benutzt man die Reaction von Jod; man nimmt eine sehr
kleine Quantität von der Flüssigkeit heraus, läßt sie erkalten und versetzt sie dann
mit einem Tropfen Jod-Auflösung, welcher eine weinrothe Färbung hervorbringt
wenn man an dem Punkt angelangt ist wo die Auflöslichkeit eine genügende ist; damit
dann das Diastas nicht weiter einwirken kann, steigert man die Temperatur der
Flüssigkeit auf 80° R. durch directes Einlassen von Dampf, indem man den Hahn
c' öffnet. Wenn man dieses unterließe, würde sich
viel Stärkezucker bilden. Sobald die Flüssigkeit zum Sieden gebracht ist, läßt man
sie ein Filter (Fig. 21) passiren, von welchem sie in den Behälter (Fig. 22) läuft; sie wird
dann in einem Kessel (Fig. 23) abgedampft,
welcher durch Dampf erhitzt wird und mit einem mechanischen Rührer versehen ist.
Anstatt des Rührers kann man auch ein Schlangenrohr d, e
anwenden, das sich an jedem Ende f, g in einer
Stopfbüchse (mit fettem Werg) dreht, welche ungeachtet der Bewegung der Rohrenden
einen luftdichten Verschluß bewirkt; das Rohr h leitet
den Dampf aus einem Dampfkessel in das Schlangenrohr; das verdichtete Wasser und der
überschüssige Dampf gelangen durch das Rohr j und einen
condensirenden Wassersammler in den Dampfkessel zurück. So liefert der Rührer selbst
die Wärme, indem er die Berührungspunkte zwischen der erhitzenden Oberfläche und der
Flüssigkeit vervielfältigt. Ueberdieß blast man noch Luft durch den Ventilator m ein, um die Verdampfung zu beschleunigen welche man
bis zur Syrupsconsistenz treibt.
Wenn man bei der Bereitung des Dextrins nach dieser Methode das Diastas drei Stunden
lang auf das Starkmehl einwirken läßt, erhält man ein Product welches Feuchtigkeit
aus der Luft anzieht und ziemlich viel Zucker enthält; dasselbe wird als Zusatz bei
Luxusbrod, zur Weberschlichte etc. angewandt.
Dagegen benutzt man als Verdickungsmittel der Beizen und Farben beim Zeugdruck, sowie
zum Appretiren der Gewebe, das Dextrin welches man durch Erhitzen der
Kartoffelstärke mit 1/400 Salpetersäure in Pulverform erhält; um dasselbe mehr
verdickend zu machen, vermischt man es noch mit Stärkmehl, welches entweder zu
Kleister gekocht oder mit 2 Procent Soda in aufgequollenen Zustand versetzt
wurde.