Titel: | Beschreibung und Vergleichung der galvanischen Telegraphen Deutschlands, nach Besichtigung im April 1849. Von C. A. Steinheil. |
Autor: | Dr. Prof. Karl August Steinheil [GND] |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. LIV., S. 254 |
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LIV.
Beschreibung und Vergleichung der galvanischen
Telegraphen Deutschlands, nach Besichtigung im April 1849. Von C. A. Steinheil.
(Fortsetzung von Seite 194 des vorigen
Heftes.)
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Steinheil, Beschreibung und Vergleichung der galvanischen
Telegraphen Deutschlands.
Galvanische Telegraphen von Berlin
aus.
1849. 12ten bis 17ten April.
Ausdehnung der
Telegraphenlinien.
Die eine Telegraphenlinie geht bis Frankfurt. Bis Eisenach, so weit die Bahn
vollendet, ist die Leitung isolirt unter den Boden gelegt. Von da provisorisch
über Stangen bis Frankfurt a. M. Die Stationspunkte für erstere sind:
Berlin-Jüterbock 8 Ml. – Köthen 12 Ml. – Halle 4,75 Ml.
– Erfurt 14 Ml. – Eisenach 8 Ml. – im Ganzen 47 Meilen.
– Für letztere sind die Zwischenstationen: Eisenach-Kassel 13 Ml.
– Gießen 19,5 Ml. – Frankfurt 7,5 = 40 Meilen. Die ganze
Entfernung beträgt daher 87 Meilen (deutsche oder geographische).
Eine zweite Linie geht von Berlin über Hannover nach Köln. Die Leitung ist
unterirdisch bis Hannover. Von da über Stangen bis Deutz. Von Deutz nach Köln
sind drei Drähte in einer Gelenkkette aus Schmiedeeisen in den Rhein versenkt
und am Grunde des Flusses eingehakt. Die Leitung bis Hannover hat die
Stationspunkte: Berlin-Magdeburg 19,5 Ml. – Oschersleben 5 Meilen
– Braunschweig 8 3/4 Meilen – Hannover 8 Meilen, Summe 41,25
Meilen. Die Leitung von dem Deutzer Bahnhof zum Kölner Bahnhof ist 1500' lang.
Alle Uebergänge an Brücken sind in Eisenröhren gelegt und immer 3 Drähte
angewendet.
Genehmigt und bereits im Angriff befinden sich ferner die Linien nach Hamburg und
über Breslau nach Wien. Der Vertrag mit Oesterreich ist hierüber bereits
abgeschlossen. Fertig mit Leitung unter der Erde werden noch in diesem Jahre im
Ganzen 270 deutsche Meilen. Die Linien sollen vertragsmäßig dem Publicum zur
Benützung zugänglich seyn.
Unterirdische Leitung.
Ueber die Dauerhaftigkeit und Sicherheit der Leitungen unter dem Boden liegen
Erfahrungen vor. Siemens hatte galvanische
Sprengbatterien unter dem Meere 1/4 Meile weit angelegt gegen die dänischen
Schiffe, welche nach mehr als einem Jahre den Platindraht noch eben so rasch zum
Glühen brachten und gar nicht gelitten haben. Zudem ist eine Versuchskette von
hier bis Großbeeren 2,5 Meilen doppelt, die eine 2' tief, die andere 3/4' tief
gelegt seit September 1847.
Isolirung.
Die Drähte in der Erde haben sich vollkommen gut ohne alle Zersetzung der
Gutta-percha gehalten. Sehr wesentlich zur Dauerhaftigkeit ist die
Vulcanisirung der Gutta-percha zum Ueberzuge. Die Masse wird dadurch fast
steinhart und bleibt doch ganz elastisch. Auch hat die Erfahrung ergeben, daß
Mäuse und Maulwürfe den vulcanisirten Draht vermeiden, indem sie ihre Gänge
stets ausweichend anlegen. Vor dem Einlegen in die Erde werden die einzelnen
Drahtstöße – von 1000'–2000' – mit dem Galvanometer aufs
Genaueste geprüft. (S. später.) Sie werden zurückgestellt, wenn sich nur eine
Spur von Verlust ergibt. Zu diesem Resultat ist Siemens nur gelangt durch Entfernung der letzten Spur von Feuchtigkeit
aus der Gutta-percha, wobei das Vulcanisiren das Wesentlichste ist.
Einlegung der Kette.
Die Leitungen werden jetzt durchaus 2' tief eingegraben und festgestampft, ohne
besonderes Einbetten. Nur wo die Leitung in Felsen gesprengt werden mußte, ist
sie in Lohe gelegt. Bei eingeleisigen Bahnen liegt der Draht stets neben dem
Ende der Schwellen. Bei doppelgeleisigen genau zwischen den Schwellen. Die
Erdgrube hat bei 2' Tiefe unten gewöhnlich 8'' Durchmesser und wird nach oben
weiter.
Unterbrechungen.
Im Thüring'schen wurde die unterirdische Leitung gerade in der revolutionär
bewegtesten Zeit gelegt. Hier kamen häufig böswillige Unterbrechungen vor,
namentlich durch Abstoßen oder Beschädigung des Ueberzuges mit Spaten
(Schaufeln). So oft sie unterbrochen wurde, ward sie sogleich wieder reparirt,
was die Böswilligen am Ende ermüdet hat. Auf einer Strecke von 22 Meilen kamen
26 Unterbrechungen fast gleichzeitig vor. Ein Arbeiter reparirte diese lange
Strecke in drei Wochen. Jetzt kamen seit Monaten keine Unterbrechungen vor.
Auffindung der unterbrochenen
Stellen.
Das Auffinden der Unterbrechungsstelle ist nicht schwierig. Durch den Telegraphen
kennt man sogleich die Stationen, zwischen welchen sie stattfindet. Da die
Leitung nur an der Bahn hingeht, so kann rasch ein Arbeiter von der einen
Station zur Auffindung der schadhaften Stelle abgeschickt werden. Er nimmt ein
astatisches Galvanometer und eine Batterie von 6 Elementen (transportable) mit.
Auf beiden Stationen sind Schwarzwälder Uhren, welche auf der zweiten Welle ein
Kreuz aufgestellt haben, in Gang gesetzt. Das Kreuz dieser Uhren taucht stets 5
Minuten in Quecksilber ein, 5 Minuten nicht ein. So lange es eintaucht, geht der
Strom durch die Kette. Mit dem Galvanometer kann also jetzt untersucht werden,
auf Isolirung und auf Verbindung. Der Arbeiter erkennt also sogleich, nach
welcher Seite hin die Unterbrechung liegt. Durch fortgesetztes Halbiren der
schadhaften Stelle findet er zuletzt diese selbst. Die Methode läßt somit auch
halbschadhafte Stellen erkennen und verbessern. Dabei muß natürlich jedesmal die
Leitungskette aufgegraben und der Draht getrennt, nach dem Versuch aber wieder
verlöthet und isolirt werden. Man legte anfangs eigene Untersuchungsstellen von
Viertel- zu Viertelmeile an, wo der Draht zu Tag kam, die Untersuchung
also kein Aufgraben erforderte. Man hat dieß jetzt ganz aufgegeben, da
Unterbrechungen äußerst selten vorkommen und auch so die Stelle rasch ermittelt
wird. Man ist gegenwärtig in Berlin entschlossen, alle galvanischen
Telegraphleitungen für Staats- und Handelszwecke unter den Boden zu legen, weil bei
ebenso vollständiger Isolirung der Schutz vor Unterbrechungen ungemein viel
größer ist.
Die Leitung der Anlage der Telegraphlinien ist Regierungsrath Nottebohm als technischem Vorstande übertragen.
Oberlieutenant Siemens ward als Oberingenieur mit der
Ausführung beauftragt, da er das System unterirdischer Leitungen soweit
ausgebildet und einen äußerst zweckmäßigen Apparat construirt hat. Die
Ausführung der Apparate besorgt Mechanikus Halske,
Schönbergerstraße Nr. 19/3. Solcher Apparate sind gegenwärtig in
Wirksamkeit:
auf der Frankfurter Linie, 9 Stationen,
16 App.,
auf der Berlin-Potsdamer
2 „
„ „ Hannover
19 „
„ „ Braunschweiger
Staatsbahn
10 „
„ „ Halberstädter
Bahn
6 „
––––––––––
in Summa
53 Apparate.
Die Apparate von Köln nach Minden und Leerde werden demnächst in Wirksamkeit
treten, da die Drahtleitung bereits unter dem Boden gelegt ist. Uebrigens sind
auch bei den Leitungen durch die Luft in den Bahnhöfen die Drähte in Eisenröhren
geführt.
Telegraphen-Personal.
Das Personal für den Telegraphen ist ganz getrennt von dem Personal der Bahn. Auf
jeder Zwischenstation sind vier Telegraphisten angestellt, jeder erhält jährlich
300 Thlr. Außerdem auf jeder Station ein Stationschef mit 800 Thlr. und ein
Assistent mit 500 Thlr. Beigegen ist ein Bote. Jede Station kömmt also jährlich
circa auf 2800 Thlr. Im Durchschnitt sind die Stationen acht Meilen auseinander.
Der Stationschef erhält die chiffrirte Depesche, deren Inhalt die Telegraphisten
nicht erfahren. Bei oberirdischen Leitungen ist durchschnittlich per Meile ein
Wächter besonders angestellt. Er erhält 10 Thlr. monatlich und hat seine Strecke
zu überwachen und zu repariren. Dazu hat er Drahtvorrath und zur Reparatur
erforderlichen Apparat. Alle vier Meilen ist ein Oberwächter. Dieser muß soweit
instruirt seyn, daß er die galvanische Leitung der Kette sicher herstellen kann.
Er erhält monatlich 20 Thlr.
Kosten der unterirdischen
Leitung.
Der Kupferdraht zur unterirdischen Leitung wiegt per Meile (24,000 pr. Fuß) 4 1/2
Ctr. preuß. Der vulcanisirte Gutta-percha-Ueberzug des Drahtes wiegt so schwer
als der Draht selbst. Bisher hat das Haus Fonrobert und
Pruckner, Spittelbrücke Nr. 18 in Berlin, alle isolirten Drähte für die
preußische Regierung geliefert. Das Eingraben der Drähte mit Einfüllen und
Einstampfen ward veraccordirt, je nach dem Terrain 2 1/4–3 1/2
Silbergroschen pr. Ruthe à 12', also
durchschnittlich pr. Meile zu 200 Thlr. Als Anhaltspunkt kann dienen, daß die
Meile in der Anlage, mit Ausnahme der Apparate, die preußische Regierung 1100
Thlr. kostet.
Nach den obigen Angaben kömmt die Meile:
Draht
220 Thlr.
Gutta-percha-Ueberzug
720 –
Eingraben
200 –
–––––––––
im Ganzen auf
1140 Thlr.
Oberirdische Leitung.
Der Kupferdraht zu den oberirdischen Leitungen wiegt pr. Meile 6 1/2 Ctr. und
kostet aus bestem russischen Bascokupfer 318 1/2 Thlr. pr. Meile. Kleinere
Stücke als 500' werden nicht angenommen. Ebenso darf keine Löthstelle vorkommen.
Gewöhnlich sind die Stücke 2000' lang. Splitteriger und schadhafter Draht wird
ebenfalls nicht angenommen. Nach den Erfahrungen in Preußen soll der Draht der
Leitungskette hart seyn. Er muß also zuletzt noch einmal gezogen werden. Die
Verbindung wird mit Oesen bewirkt, die dann verlöthet sind. Der Draht muß auf
Rollen abgeliefert werden, um jede kurze Biegung zu vermeiden. Huckmann in Berlin hat ihn geliefert. Er wird über
Stangen gespannt. Der Stangen sind 300 pr. Meile. Sie stehen also nur 80'
auseinander. Sie sind von dreierlei Höhe über dem Boden, 19', 24' und 30'. Am
Zopf 3'' stark. Sind 4' und 5' tief eingegraben, 1' höher hinauf angebrannt. Sie
kosten in Preußen pr. Stück 9, 11 und 13 Sgr., also pr. Meile im Mittel 110
Thlr.
An dem oberen Ende jeder Stange ist eine Stütze von Eisen mit zwei Holzschrauben
befestigt. Ein halbzölliges Rundeisen. Das Stück kostet mit Aufkitten des Hutes
4 1/2 Sgr. Das Aufkitten 1 Sgr. 3/5 Pf., also Eisenstützen pr. Meile 45 Thlr.
Auf die Stützen kommt ein Hut von Porzellan. 100 Porzellanhüte kosten 11,66
Thlr., sie sind bezogen aus der königl. Gesundheitsgeschirr-Manufactur in
Berlin, also Hüte pr. Meile 35 Thlr. Eingraben der Säule pr. Meile 20 Thlr. Es
kömmt daher eine Meile oberirdischer Leitung die preußische Regierung:
für Draht
318,5 Thlr.
„ Stangen
110 –
„ Eisenstützen
45 –
„ Porzellanköpfe
35 –
„ Eingraben
20 –
–––––––––
in Summa auf
528,5 Thlr.
oder circa auf die Hälfte von unterirdischen
Leitungen.
Wo Bodenleitungen aus der Erde hervortreten, sind sie in eiserne Gasröhren
gelegt. So bei Brücken. Hier wird die Eisenröhre an den Tragbalken angenagelt.
Die Röhren werden durch 5'' lange Muffe zusammengefügt und mit Menigkitt
verstrichen. Die Zusammenfügung der isolirten Drähte an Ort und Stelle geschieht
durch Oesen, Umwinden und Verlöthen. Die Löthstelle wird dann mit
Gutta-percha mehrere Male umwickelt und erwärmt, so daß die
Verbindungsstelle viel dicker ist als der Draht und 8–10'' nach beiden
Seiten deckt. Es werden große Strecken unter den Boden gelegt, ehe man die
richtige Isolirung untersucht. Oft schon 10 Meilen und mehr. Zur Untersuchung
wendet man eine Torsionswaage mit Repetition an, also dieselbe Methode, wie bei
Prüfung der Drahtstöße in der Fabrik.
Auch Elliot, Kronenstraße Nr. 38 in Berlin, überpreßt
Drähte mit Gutta-percha. Er hat die für den magistratischen Telegraphen
in München bestimmten Drähte fabricirt. Die zwei Stöße (à 1000') sind von Siemens selbst
geprüft. Der eine ist vollkommen gut, der andere hat eine Ablenkung, welche auf
10 Meilen ganz unschädlich wäre.
Ueber die Methode, nach welcher die Drähte auf Leitung und auf Isolirung geprüft
werden, sehe man unten: „Fabrication der
Gutta-percha-Drähte.“
In Preußen sind gegenwärtig ausschließlich Siemens'
und Halske's
Zeiger-Apparate, wie schon erwähnt, in Wirksamkeit. Diese Apparate
unterscheiden sich von allen bisherigen Zeigerapparaten durch eine überaus
sinnreiche Construction. Eigenthümlichkeit ist, daß der Elektromagnet, indem er
anzieht, einen zweiten Hebel mitnimmt und so den Strom selbst unterbricht. Der
Elektromagnet erhält also nicht länger Strom, als bis er die zum Vorrücken des
Zeigers nöthige Bewegung vollzogen hat. Es ist unmöglich hier auf die specielle
Beschreibung dieses Apparates einzugehen. Es wird genügen seine äußere Gestalt
anzugeben. Er bildet einen horizontalen Cylinder von 3'' Höhe und 12''
Durchmesser, umgeben von einem metallenen Ringe. Die Scheibe ist in 32 Tasten
getheilt. Auf diesen sind Buchstaben und Zahlen angebracht. Die am häufigsten vorkommenden
Buchstaben N. S. und E. sind je zweimal vorhanden. Wie man eine Taste
niederdrückt, geht der Zeiger in der Mitte in sehr regelmäßigen und raschen
Sprüngen (8 in einer Secunde) auf allen Stationen bis zu dieser Taste. Der
Apparat ist in seinem Gange bei gehöriger Regulirung vollkommen fehlerfrei. Ein
Geläute wird in Bewegung gesetzt, wenn man telegraphische Mittheilungen geben
will. Eine Magnetnadel unter Multiplicator gibt stets die Kraft des Stromes in
der Kette an. Man kann sprechen:
1) von Station zu Station,
2) mit Ueberspringung einzelner Stationen. Dabei ist immer
eine Batterie der Zwischenstation eingeschaltet;
3) durch alle Apparate wo der erste Apparat den zweiten,
der zweite den dritten u.s.f. auslöst, aber in unendlich kurzen
Zwischenzeiten.
Strom ist nur in der Kette wenn man telegraphirt. Bei sehr großen Linien wird man
hievon abgehen müssen. Auf jeder Zwischenstation sind zwei Apparate. Einen
Apparat bezahlt die preußische Regierung mit 200 Thlr. Der Apparat macht in der
Minute (in der Telegraphenkette) 20 Umgänge. Dennoch ist das Geben der Zeichen
durch denselben circa sechsmal langsamer, als mit Morse's Schreibapparat. Zur buchstäblichen
Mittheilung der Thronrede des Königs von Preußen nach Frankfurt mittelst Siemens' Apparat waren sieben volle Stunden
erforderlich. Versuchsweise wurde dieselbe Depesche mit Morse's Apparat zweimal wiederholt, das
erstemal in 1 Stunde 15 Minuten, das zweitemal in 1 Stunde 10 Minuten. Dieß hat
in Preußen den Entschluß herbeigeführt, Morse's Schreibapparat bei den
Staatstelegraphen versuchsweise aufzustellen. Zum Vollzuge ließ man Robinson aus Hamburg kommen und beauftragte ihn mit
der Einübung von fünf Telegraphisten, welche nach fünf Wochen die nöthige Uebung
im Schreiben und Lesen erlangt hatten. Einer derselben schreibt selbst viel
schneller als Robinson. Die Morse'schen Apparate werden in Berlin selbst bei Halske ausgeführt. Die Batterie besteht auf jeder Station aus 15
Daniel'schen Elementen in gewöhnlichen Trinkgläsern. Die Thonzellen sind 4''
hoch und 1 1/2'' weit. Das Kupferblech steht in Kupfervitriol, das amalgamirte
Zinkblech in verdünnter Schwefelsäure. Zink- und Kupferplatte sind an
einander gelöthet. Ein ganzes Element kostet bei Halske 10 Sgr. Das Kupferblech ist 8, das Zinkblech 6 Quadratzoll
groß. Eine solche Batterie wirkt in der Regel 8 Meilen weit. Mit verstärkter
Batterie hat man jedoch schon 40 Meilen weit ohne Zwischenstation signalisirt.
Die Batterie wird täglich gereinigt und erneuert. Halske hat auf dasselbe Princip einen Wecker construirt, welcher 45
Thlr. kostet.
Fabrication und Prüfungder mit vulcanisirter Gutta-percha isolirten
Kupferdrähte.
Fonrobert und Pruckner
(Spittelbrücke Nr. 18) in Berlin haben bis jetzt alle zu den preußischen
Staatstelegraphen verwendeten Drähte zu unterirdischen Leitungen geliefert. Die
Kupferdrähte aus bestem russischen Bascokupfer wurden früher per Centner mit 49
Thlr., jetzt mit 48 1/2 Thlr. bezahlt. Nach Vertrag sollen 100 Fuß preuß. dieses
Drahtes nicht weniger als 65 Loth wägen. Kürzere Stücke des Drahtes als von 500'
werden nicht angenommen. Löthstelle darf an dem Drath keine vorkommen. Er soll vor
dem Umpressen mit Gutta-percha weich seyn, da er zuletzt ausgeglüht wird. Die
Ablieferung erfolgt auf hölzernen Haspeln. Jede splitterige unganze Stelle genügt
den Bund (in der Regel 1000–2000' lang) zurückzustellen.
Die Gutta-percha mit welcher die Drahte umpreßt werden, muß vorzüglich
gereinigt und gut bearbeitet, hauptsächlich aber völlig entwässert werden. Nur
dadurch wird sie frei von Poren und völlig isolirend. Der Verlust hiebei ist circa
25 Procent. Die Originalblöcke Gutta-percha werden erst klein geraspelt, dann
in heißes Wasser eingeweicht. Dabei setzen sich Sand, Kohlen und fremdartige
Beimischungen zu Boden. Die Masse kommt jetzt zwischen Rauhwalzen und wird klein
zerrissen. Die Späne werden nun zwischen Walzen welche durch heiße Eisenkerne
erwärmt sind, in ganz dünne Zeuge ausgewalzt. Dabei springen alle noch darin
befindlichen Unreinigkeiten heraus. Die Zeuge werden jetzt auf heißeren Walzen
wieder verarbeitet zur vollständigen Mengung und zur Verdampfung des Wassers. Man
läßt die Masse so lange unter beständigem Zusammenschlagen durch die Walzen laufen,
bis sie ein chocolade- oder castanienbraunes ganz homogenes Ansehen gewinnt.
Die Temperatur wird so hoch gehalten als es ohne Ankleben des Stoffes an den Walzen
thunlich ist. Die so bearbeiteten Quantitäten in Zöpfen von 6–8 Pfund werden
warm zerschnitten, abgewogen und so vorbereitet zum Beimengen von 3 bis 5 Procent
Schwefelblüthe. Der Schwefel wird während des abermaligen Durchwalzens in
abgewogener Menge auf abgewogene Gutta-percha-Masse allmählich eingestreut und
völlig gleichförmig durch Auswalzen eingemengt. Die so bearbeitete Masse in Form von
Zöpfen kommt nun in einen Hochdruckkessel und wird hier einer 8 Atmosphären Druck
entsprechenden Temperatur ausgesetzt. Dabei geht der Schwefel eine innige Verbindung
mit der Gutta-percha ein, in Folge welcher letztere ihr Ansehen völlig ändert
und nun dunkelgrau wird. Zugleich bewirkt die hohe Temperatur, daß die letzte Spur
von Feuchtigkeit in Form von Wassergas entfernt wird. Ein besonderes Gebläse
(Ventilator) ist angebracht, um die mit den Wasserdämpfen entweichenden schwefligen
Gase aus dem Gebäude zu entfernen.
Diese vulcanisirte Masse kömmt nun in den zum Umpressen der Drähte bestimmten
Apparat. Es ist dieß ein circa 8' langer, 8'' weiter sehr starker Cylinder in
horizontaler Lage. Eine 4'' dicke Schraubenspindel drückt den Kolben langsam in die
Masse. Die Bewegung der Spindel ist mit 10 Pferdekräften durch Versetzung bewirkt.
An dem vordern Theil des Cylinders ist der sehr massiv gearbeitete Kopf mit den
Mundstücken angebracht. In diesem Kopfe sind bei der einen Maschine 6, bei der
andern 9 Mundstücke angebracht. Ebenso viele Drähte werden also gleichzeitig von der
Maschine umpreßt. Die Masse kömmt aus dem Cylinder a
Fig. 37 und
kann nur durch den conischen Raum b entweichen. Durch
die Mitte dieses Raumes ist aber von unten der Draht c
durch ein starkes Metallstück d, d durchgeführt, so daß
die Masse welche bei e mit dem Draht aus dem Mundstück
hervortritt, den Draht ungemein fest umschließt und mit sich durchpreßt. Dabei ist
zu bemerken, daß der Draht in der Secunde circa einen Zoll fortrückt und daß die
Temperatur nicht zu hoch gehalten werden darf, weil sonst die Masse nicht hart und
dicht genug wird. Man ermißt dieß am besten aus dem Ansehen der Umpressung, welche
auf der Oberfläche nicht glatt, sondern flammig und uneben aussieht, wie sich ein
sehr zäher Teig bei starker Pression gestaltet. Besondere Vorsicht ist nöthig beim
Einlegen der Masse in den Cylinder, um wo möglich alle Luft wegzubringen. Denn
eingeschlossene Luft beschädigt das Fabricat, indem jede Luftblase vor dem Mundstück
mit Knall zerspringt. Viele Luft, die nicht ganz bis jetzt entfernt werden kann,
entweicht auch nach unten, wo die Drähte eingeführt werden.
Die umpreßten Drähte gehen jetzt nach oben erst über einen nassen Schwamm zur
Abkühlung und zwischen Tuchlitzen. In der obern Etage aber, wo sie schon mehr
Festigkeit gewonnen haben, über nasse Rollen und Schwämme, etwa 60' weit, wo sie
sich auf einen Haspel aufwinden. Sie werden nun auf einen zweiten Haspel übergewunden und dabei, wo es
nöthig ist, ausgebessert. Dazu bedient sich der Arbeiter einiger in einem
Kohlenbecken erhitzter Eisen und vorräthiger Streifen der Masse, welche ebenfalls
vorher an dem Feuer erweicht und so, wo es nöthig, angelöthet werden.
In diesen Haspel ist zur Prüfung des Drahtes an der einen Grundfläche ein Bleiring
eingegossen. Der Anfang der Drahtrolle wird metallisch mit diesem Ring verbunden.
Wenn man nun den einen Pol eines galvanischen Elementes an den Bleiring bringt, den
andern Pol aber an das Ende der Drahtrolle, so ist klar daß der Draht den
Schließungsbogen des Elementes bildet, und daß also galvanischer Strom durch
denselben geht, wenn er nicht unterbrochen ist. Dieser Apparat dient aber auch um zu
untersuchen, an welcher Stelle die Isolirung etwa noch mangelhaft ist. Die hiezu
benutzte sehr ingenieuse Einrichtung ist folgende:
Der eine Pol eines galvanischen (Daniel'schen) Elementes führt an den Bleiring des
Haspels, auf welchem der zu prüfende Draht. Der andere Pol in den Multiplicator des
Elektromagnetes. Von diesem in ein Wassergefäß. Das Wassergefäß ist wieder in
leitender Verbindung mit dem Wasser in einer hölzernen Wanne, welche auf dem
Fußboden steht. Der Draht wird jetzt von der Rolle durch das Wasser in der Wanne
übergewunden auf einen zweiten Haspel. Dabei hält ein Arbeiter beständig die Finger
in das Wasser im obern Gefäß und erhält Risse in den Fingern, sobald eine schadhafte
Stelle des Drahtes durch das Wasser geht.
Durch Figur 38
wird die Wirkungsart deutlich. Vom Kupferpol k führt der
Draht durch den zu prüfenden Theil der Kette, bei w
durchs Wasser über β zurück nach dem Zinkelement
z. Eine zweite Schleife geht ebenfalls von k' dem Kupferelemente aus, bildet den Multiplicator M und endigt in α.
Berührt sich α und β, so geht der Strom bloß durch den Multiplicator von k' nach z. Dieß erzeugt den
Elektromagnet, der durch seine mechanische Kraft α und β wieder trennt, worauf
der Strom wieder durch w geht und die zu prüfende Kette
durchläuft, im Falle eine Stelle im Wasser bloß liegt, aber ganz unterbleibt, wenn
der Draht an der eingetauchten Stelle W gut isolirt
ist.
Man kann natürlich dieselbe Wirkung auch erzielen durch inducirenden und inducirten
Draht, der gemeinschaftlich (aber isolirt) um einen Eisenkern geht. Die inducirende
Schleife kehrt zu den Polen der Batterie, die inducirte durch unsern zu
untersuchenden Leitungsdraht und durch das Wasser zurück. Der Apparat von Neef und
Wagner ist jedoch complicirter als die in Berlin
angewendete Einrichtung zur Prüfung der Isolirung, welche von Halske ausgeführt wurde. Durch diesen Apparat wird also jede Stelle der
isolirten Drahtrolle untersucht. Die schadhafte wird erkannt vom Arbeiter, wie schon
gesagt, durch elektrische Nisse, welche er in demjenigen Augenblicke verspürt, in
welchem die schadhafte Stelle ins Wasser taucht. Sie kann daher verbessert werden,
bis sich an der Stelle kein Zucken mehr fühlen läßt.
Der in dieser Art geprüfte Draht unterliegt jetzt einer zweiten weit strengern
Prüfung, welche die ganze Länge zugleich umfaßt. Diese Prüfung wird durch eine
Commission unter Leitung des Ober-Ingenieurs Siemens vorgenommen. Jede geprüfte und gut befundene Drahtrolle erhält
eine Plombe mit fortlaufendem Nro., welches Nro. mit dem Verhalten der Rolle in ein
amtliches Journal eingetragen wird.
Die Prüfung untersucht die Vollständigkeit der Isolirung des Ueberzuges und die
Vollständigkeit der Leitung des Drahtes. Benutzt wird eine Daniel'sche Batterie von
6 Elementen. Erstere gibt eine Torsionsnadel mit Multiplicator von 800 Umgängen.
Letztere eine Tangentenboussole durch ihre Ablenkung. (Zur Vergleichung der Leitung
wäre es gut einen Rheostat mit veränderlichen Längen anzuwenden und zu sehen, ob die
Leitung in der Drahtrolle wie im Rheostat denselben der Drahtlänge entsprechenden
Widerstand erfährt, d.h. gleiche Ablenkung gibt.)
Fig. 39 macht
die hiezu erforderlichen Verbindungen anschaulich. Die Pole der Batterie führen in
einen Commutator, dieser nach den verschiedenen Schleifen I, II, III und III'. Soll
die Isolirung des Ueberzuges geprüft werden, so kömmt die Drahtrolle in eine Wanne
voll Wasser. Beide Enden des Drahtes stehen aus dem Wasser hervor und werden
verbunden mit den Drähten a, a' so daß nun die zu
prüfende Rolle die Schleife III bildet. Der Draht a''
führt aber ebenfalls in das Wasser, in welchem die Drahtrolle liegt. Ist nun eine
Stelle vom Drahte nicht gut isolirt, so geht der Strom an dieser Stelle vom III' zu
III im Wasser und erzeugt eine Ablenkung von II, die dadurch vergrößert werden kann,
daß man den Commutator umschlägt, wie die Nadel in II nach ihrer ersten Ablenkung
wendet. Indem man also den Commutator stets umlegt wenn die Nadel umkehrt,
vergrößert man die Schwingung beständig. Sollte man anfangs die Bewegung der Nadel
nicht erkennen können, so legt man in Zeiten der Schwingungsdauer derselben den
Commutator umnm und bewirkt so die Vergrößerung der Ablenkung.
Soll aber der Draht auf seine volle Leitungsfähigkeit geprüft werden, so stellt man
die Verbindung her welche..... bezeichnet. Man schließt also die Torsionswaage II
und Wasser III' aus und hat daher im Schließungskreise nur Batterie mit Commutator,
Tangentenboussole I und Drahtrolle III.
Durch den Commutator wird dann auch die Ablenkung nach der entgegengesetzten Seite
bewirkt, wodurch sich der doppelte Ablenkungswinkel ergibt. Schließt man dann auch
die Schleife III, durch Verbindung von a und a' ab vom Kreise, so gibt der Unterschied der Tangenten
der Ablenkungswinkel den Widerstand im Draht allein, da dieser der Länge der
Drahtrolle proportional seyn muß. Ist der Widerstand im
Torsions-Multiplicator und in der Batterie ermittelt und auf gleiche
Drahtdicken reducirt, so gibt die Messung, im Falle bei Prüfung der Isolirung eine
Ablenkung wahrnehmbar war, zugleich auch die Quantität der Nebenschließung durch das
Wasser etwa in Procenten des ganzen Stromes, durch eine einfache Rechnung. Ein
Fehler in der Isolirung welcher eine Nebenschließung bewirkt, die auf die Meile
Drahtlänge 1/4 Procent, also 1/250 des Stromes beträgt, wird von der preußischen
Regierung nicht mehr acceptirt. Die Rolle wird der Fabrik zur weitern Verbesserung
zurückgestellt.
Telegraph-Apparate von Stöhrer in
Leipzig.
(1849. 17ten April)
Mechanikus Stöhrer hat einen Zeigerapparat für galvanische
Telegraphen gebaut, welcher durch Induction wirkt. Ich habe an meinem
Inductionstelegraph von 1837 die Vortheile gezeigt und in dessen Beschreibung näher
entwickelt, welche dieses Princip für das Telegraphiren bietet. Man ist dadurch
unabhängig von der lästigen hydroelektrischen Batterie. Man hat stets Ströme von
gleicher Stärke. Die Zinsen der Kosten des Inductionsapparates betragen viel weniger
als die Erhaltungskosten der galvanischen Batterie. Gegen diese Vortheile treten
jedoch viele und wesentliche Nachtheile. Erstens kann kein Relais angewandt werden,
d.h. man kann nicht wie bei der galvanischen Batterie einen constanten Strom durch
die Leitungskette gehen lassen und die Zeichen dann durch Unterbrechung des Stromes
geben, was an der ganzen Kette hin allenthalben durch Auseinandernehmen des Drahtes ohne besondere
Apparate oder Krafterreger geschehen kann, sondern man muß das Zeichen durch den
Strom selbst bewirken. Man bedarf also auf jeder Station eines Krafterregers, und
überdieß wird der Telegraph bei Leitung durch die Luft von selbst Zeichen geben, so
oft die atmosphärische Elektricität sich in der Nähe der Telegraphlinie entladet.
Dieser Uebelstand hat sich bei allen Telegraphen durch die Erfahrung gezeigt, welche
nicht mit constantem Strome durch Unterbrechung arbeiten. Ich werde später bei der
Beschreibung des Münchener Controltelegraphen zeigen, durch welche Mittel dieser
Uebelstand gehoben werden kann. Zweitens ist der durch Induction hervorgebrachte
Strom stets viel schwächer als der hydrogalvanische. Schwache Ströme sind aber nie
gut beim Telegraphiren, weil sie auch langsamere Bewegungen der Apparate zur Folge
haben, und mit ihnen also nie so schnell telegraphirt werden kann als mit stärkern.
Auch muß der erzeugte Strom stärker seyn als die Erdströme welche häufig vorkommen
bei unterirdisch gelegten Leitungsketten. Drittens sind inducirte Ströme nur bei
kurzen Leitungsketten noch hinreichend stark. Bietet die Kette durch eine große
Länge und durch viele eingeschaltete Multiplicatoren von Zwischenstationen einen
sehr großen Widerstand, so müßte auch in den Inductionsrollen ein ähnlicher
stattfinden. Ja es wäre am vortheilhaftesten, wenn der Widerstand in der ganzen
Leitungskette mit allen eingeschalteten Multiplicatoren gleich groß wäre mit dem
Widerstand in den Inductionsrollen. Man berechne aber welche Größe und welche Masse
ein solcher Inductor erhalten müßte, um z.B. durch die Wien-Triester Kette
mit ihren 72 Stationen und 144 Multiplicatoren den vortheilhaftesten Strom zu
erzeugen, und man wird mit mir die Ansicht theilen, daß Induction nur bei kleinen
Telegraphlinien eine vortheilhafte Anwendung finden kann. Endlich ist viertens
unläugbar der Inductionsapparat immer viel complicirter als die Batterie, und daher
auch allen jenen Mängeln ausgesetzt, welche das Complicirte im Vergleich zum
Einfachem treffen.
Indessen ist der Stöhrer'sche Inductions-Zeigerapparat doch für specielle
Fälle der Anwendung, namentlich für den Betriebsdienst einer Eisenbahn, sehr
geeignet und zweckmäßig. Die Construction dieses Apparates ist sinnreich und in
allem reiflich überlegt. Inductionsrollen mit weichem Eisen drehen über liegenden
Stahlmagneten. Die erste Bewegung wird durch einen Zug mit der Hand gegeben. Ein
Uhrwerk mit ablaufenden Gewichten erhält die Rotationsgeschwindigkeit. Da bei jedem
halben Umgange das Zeichen des im Inductor erzeugten Stromes wechselt, so ist zur
Bewirkung eines Zeigerganges keine Commutation erforderlich. Der Strom der Rolle theilt sich der Kette
und den um Elektromagnete gelegten eingeschalteten Multiplicatoren mit. Die Pole des
Elektromagnetes wechseln also nach jedem halben Umgange des Inductors und durch
diesen Wechsel ist der Gang des Zeigerwerkes in folgender Weise bewirkt: Ein weiches
Eisenstück, seiner Länge nach an der Achse des Ankers befestigt, steht zwischen den
beiden Polen des Elektromagnetes. Es ist ihm constanter
und sehr kräftiger Stahlmagnetismus gegeben durch einen starken Stahlmagnet der mit
seinem einen Pole dem Eisenstücke nahe geführt ist, ohne jedoch dieses zu berühren.
Die Drehung der Achse des Ankers geht nach keiner Seite so weit, daß das Eisenstück
die Pole des Elektromagnetes direct berühren könnte. Wie daher die Pole des
Elektromagnetes wechseln, geht die Anziehung gegen den Stahlmagnetismus im
Eisenstück in Abstoßung über und umgekehrt. Das Eisen bewegt sich nach dem andern
Pole und dreht dabei die Ankerachse so viel, daß der Anker einen Zahn des
Zeigerrades ergreift und fortschiebt. Das Zeigerrad aber ist von Eisen, und daher
haftet es durch Magnetismus stets am eingreifenden Anker, wodurch ein ganz
regelmäßiger Gang der Zeiger ohne Auslassen oder Ueberspringen bewirkt wird. Der
Zeiger macht daher so viele Sprünge als Polwechsel im Inductor vorgehen.
Der Zeiger bewegt sich auf einem in 36 Abtheilungen getheilten, mit Zahlen,
Buchstaben, Stationsorten und Bahndienstphrasen beschrieben Zifferblatt. Ein
messingener Hebel kann vor- oder rückwärts auf jeden der 36 Theile centrisch
mit dem Zeiger gedreht werden, und letzterer geht bis zu dieser Stelle. Ueber dem
Zifferblatte ist ein Wecker mit Alarmglocke. Derselbe Apparat gibt und empfängt
Zeichen. Dieser Apparat bietet wie alle Zeigerapparate für den Bahndienst den
wesentlichen Vortheil daß Jeder damit ohne vorherige Einübung telegraphiren kann. Er
ist im Gange wohl eben so sicher aber langsamer, als der Zeigerapparat von Siemens und Halske. Er kostet
vollständig 180 Thaler. Was ihn für Eisenbahnen besonders empfiehlt, ist daß er
keiner galvanischen Batterie bedarf.
Stöhrer hat übrigens auch einen transportabeln
Inductionsapparat construirt, um von dem Bahnzuge aus im vorkommenden Falle nach den
nächsten Stationen sprechen zu können, der ebenfalls für kleine Telegraphlinien sehr
zweckmäßig ist. Er hat auch eine Aenderung des Morse'schen Schreibapparats
durchgeführt, welche ich jedoch für keine Verbesserung desselben halte. Er hat
nämlich bewirkt, daß der Apparat mit 2 Hebeln, 2 Relais und Commutation in 2
parallelen Linien schreibt und also wenn mit jedem Hebel ein kurzes und langes
Zeichen gegeben wird, 4 verschiedene Zeichen entstehen, wodurch weniger Zeichen zu
derselben Mittheilung genügen. Allein abgesehen davon daß der Apparat dadurch sehr
viel complicirter wird, ist es auch schwerer mit demselben rasch zu schreiben wegen
des Merkens der 4 Zeichen. Auch sind so viele gar nicht nöthig. Schon zwei Zeichen
in Gruppen von höchstens vier einzelnen Zeichen verbunden, reichen aus alle
Buchstaben und Zahlen wieder zu geben. In dem Alphabet von Morse kommen viererlei Zeichen vor, welche er mit ein und demselben Hebel
hervorbringt, dreierlei durch verschiedene Zeit der Niederdrückung, das vierte durch
größere Pausen. Dennoch hat er Buchstaben und Zahlen, welche durch 5 und 6 einzelne
Zeichen gegeben werden, was ganz unnöthig ist. Schon vier Zeichen im Maximum in
einer Gruppe bei zwei verschiedenen Zeichen geben alle Buchstaben und alle Zahlen
bequem, wie aus meinem Alphabet zu ersehen. (S. die Beilage.) Morse braucht daher durchschnittlich mehr Zeichen als ich, d.h. die Zeit
der telegraphischen Mittheilung könnte bloß dadurch, daß man statt seines Alphabetes
sich des meinigen bediente, abgekürzt werden. Man sieht hieraus schon, was durch
geschickte Wahl der Zeichen, ohne Abänderung des Apparates, an Zeit gewonnen werden
kann.
Galvanische Telegraphen von Wien
aus.
(1849. 20sten bis 29sten April.)
In Oesterreich bestehen gegenwärtig drei galvanische Telegraphen-Linien: Von
Wien nach Trieft, von Wien nach Prag und von Wien nach Preßburg. Hofrath Baumgartner hat dieselben im
verflossenen Jahre nach commissioneller Berathung mit Director Prechtl und Prof. Stampfer anlegen lassen. Zwei Ketten bestehen
vorläufig aus einem Kupferdraht über Stangen gezogen. Indessen ist von der
Commission der Antrag gestellt worden, an allen Linien zwei Drähte zu ziehen, den
einen für den Bahndienst, den andern für Staats- und Handelsmittheilungen.
Dieser Antrag ist auch bereits genehmigt. Das Erdreich ist an allen Linien als halbe
Leitung benützt. Die Apparate, von Baumgartner
construirt, von Mechanikus Eklin in Wien (Landstraße Nr.
109) ausgeführt, sind dem Princip nach mit Bain's Nadeltelegraph übereinstimmend. Zwei
halbkreisförmige Stahlmagnete drehen, durch Multiplicatorrollen geführt, beim
Durchgange des Stromes um eine Verticalachse. Verbunden mit den Stahlmagneten ist
ein horizontaler Zeiger,
der an seinem äußern Ende einen verticalen Pfeil trägt. Der Pfeil bewegt sich links
und rechts je nach der Richtung, in welcher der Strom die Kette durchläuft, und
schlägt hier an eine tiefer oder an eine höher klingende Glocke an, in ähnlicher Art
wie die Einrichtung bei meinem ersten Telegraphen von 1837 war. Man kann viererlei
Zeichen geben, dadurch daß man den Pfeil nach der einen oder andern Seite nur Einen
raschen Schlag ausführen läßt, worauf er sogleich nach der Mitte zurückkehrt, oder
indem man den Pfeil eine kurze Zeit an der Glocke anliegen läßt und somit den Ton
dämpft. Erstere nennt man kurze Zeichen, letztere lange Zeichen. Das kurze Zeichen
links wird mit 1 bezeichnet, das lange Zeichen links mit 2; das kurze Zeichen rechts
mit 5, das lange Zeichen rechts mit 6. Aus den vier Zahlen 1, 2, 5, 6 ist das
Alphabet und die chiffrirte Sprache gebildet.
Neben dem Apparate sind zwei Klappen angebracht. Beim Niederdrücken der Klappe links
werden die Pfeile aller Stationen links abgelenkt, beim Niederdrücken der Klappe
rechts bewegen sich alle Pfeile nach rechts. Läßt man die Klappe wieder los, so
kehrt der Pfeil in die Mitte zurück.
Mit diesem Apparate können in der Minute circa 30 einzelne Zeichen gegeben werden,
was viermal weniger ist, als mit meinem Nadeltelegraph von 1837 effectuirt werden
könnte. Der Grund liegt hauptsächlich darin, daß der Pfeil einen sehr beträchtlichen
Weg bis zu der Glocke zurückzulegen hat, und darin daß die Stahlmagnete zu groß und
schwer sind, wodurch ihr Moment ohne Noth vergrößert ist. Indessen kann dieses
Princip selbst möglichst verbessert, doch nie in der Schnelligkeit der Mittheilungen
in Concurrenz treten mit dem Morse'schen Apparat. Es empfiehlt sich jedoch durch die
große Einfachheit der Apparate und den geringen Kostenaufwand, welchen ihre
Anschaffung erheischt. Ein doppelter Apparat kostet 48 fl. M.; die 2 Taster 10 fl.;
der galvanische Wecker 12fl.; der Elektro-Streichmagnet 3 1/5 fl.; der Kasten
in welchem der Apparat aufgestellt 20 fl.; der Moderateur (eine einzuschaltende
Multiplicationsrolle zur Vermehrung des Widerstandes in der Kette) 4 fl. Also der
vollständige Apparat 97 1/5 fl. C.-M. Zu erhalten bei Ekling, Landstraße Erdberg Nr. 109 in Wien.
Auf dem Telegraphen-Bureau in Wien im k. k. Ministerium des Handels laufen die
drei Telegraphenlinien zusammen. Jede Linie hat ihren besondern Apparat und zwar
diesen doppelt, so daß, wenn durch einen Zufall eine Beschädigung geschehen sollte,
gleich der zweite Aushülfsapparat in Wirksamkeit gesetzt werden kann. Für jede Linie sind
zwei besondere Telegraphisten angestellt. An jedem Apparat ist den ganzen Tag einer,
der die Zeichen gibt und die empfangenen aufzeichnet. Der leitende Vorstand der
Telegraphen ist Director Gintl. Die Telegraphlinie von Wien über Olmütz bis Prag ist 60 deutsche
Meilen lang. Bis Lautenburg 11 Meilen sind zwei Drähte gezogen. Die Linie bis
Preßburg ist 10 Meilen lang, einfacher Draht. Die dritte Linie über Grätz, Laibach,
Cilly bis Trieft hat 72 Stationen. Sie ist bis Cilly längs der Eisenbahn, dann an
der Chaussee bis Trieft geführt. Der verwendete Kupferdraht wiegt per deutsche Meile
450–460 Wiener Pfund. Die Unterstützungssäulen sind in der Regel 24, lang, 4'
tief eingegraben, etwas weiter angebrannt und getheert. Die Säule kostet mit
Aufstellung 1 fl. 30 kr. bis 2 fl. Der Abstand von Säule zu Säule beträgt 150'. Von
dem Bahngeleise sind die Säulen wenigsten 7' entfernt. Zur Isolirung der Leitung ist oben an der Säule seitlich eine Oese oder ein
Ohr aus Porzellanmasse mittelst Kupferdraht befestigt, durch welches der
Telegraphdraht geleitet ist. Zum Schütze vor Regen ist ein Dach von Blech über diese
Stelle. Eine Porzellanoese kostet 3 3/4 kr. C.-M. Die Befestigung der Oesen
mittelst Draht hat sich durch die Erfahrung als nicht gut bewiesen, indem schon
öfter Oesen abgerissen sind, wobei der schwankende Draht sich an dem Bahnzuge
verfangen hat. Die Stöße der Drähte sind durch hakenförmiges Gegeneinanderbiegen
verbunden, dann mit dünnerem Drahte umwickelt und über die Stelle ein
zusammengebogenes innen schon verzinntes Blech gelöthet.
Der Strom geht, wie man aus dem Bisherigen schon ersieht, nur während des Zeichens
durch die Kette. Er durchläuft aber alle Apparate der ganzen Telegraphlinie. Um von
Wien ohne Wiederholung direct in Trieft Zeichen zu geben, ist in Wien nur eine Batterie, aber von 48 Elementen erforderlich. In
der Regel ist jedoch die Telegraphlinie bis Trieft in 2 Theile getheilt.
Wien-Cilly, Cilly-Triest. Natürlich müssen auf allen Stationen
Batterien seyn, weil diese sonst kein Zeichen geben könnten, da das Zeichen nicht
durch Unterbrechung des Stromes gegeben wird. Allein es ist immer nur die Batterie
derjenigen Station in Wirksamkeit, welche Zeichen gibt.
Das Telegraphiren wird durch Regenwetter nicht gehindert, obschon die Zeichengeber
dann in Wien starker gehen, was auf eine nicht vollkommene Isolirung zu deuten
scheint. Dagegen ist der Strom bei Stürmen viel schwächer, oft störend schwach für
die Mittheilungen. Unterbrechungen kommen häufig vor, wie es bei einer so langen Linie wohl nicht
anders zu erwarten ist. Meistens durch Böswilligkeit. Doch hat auch der Blitz schon
starke Beschädigung an dem Telegraphen bewirkt. (Man sehe Baumgartners Bericht hierüber im polytechn. Journal Bd. CXI S. 418.)
Anordnungen, um die Stationszimmer durch die von mir angegebenen Blitzplatten
(polytechn. Journal Bd. CIX S. 350) vor
starker elektrischer Entladung zu schützen, wurden erst während meiner Anwesenheit
in Wien getroffen.
An allen österreichischen Telegraphlinien ist Smee's Batterie eingeführt. Diese Batterie
besteht aus einer mit Platinmoor überzogenen Silberplatte, welche zwischen zwei
amalgamirte Zinkplatten gestellt ist. Die Platten sind 3'' breit, 7'' lang und
tauchen ohne Diaphragma in dieselbe Flüssigkeit, nämlich 25mal verdünnte
Schwefelsäure. Die Zinkplatten sind 1/3'' dick, die Silberplatte ist nur von der
Stärke eines Kartenblattes. Um die Berührung von Zink und Platin zu verhüten, sind
Polster von Gutta-percha dazwischen geschoben. 12 Elemente dieser Batterie
kosten bei Eckling 35 fl. M. Die Batterie wirkt, gut und
reinlich gehalten, 6 Monate lang. Die Drähte im Innern der Stationsgebäude sind
isolirt durch einen Ueberzug aus 10 Theilen weißem Pech, 2 Theilen Talg, 2 Theilen
gelbem Wachs. Sie werden dann noch mit Wolle umsponnen. Die Klafter kömmt auf 3 1/2
kr. C.-M. Auch liefert Bohr zu Kottingsbrunn
nächst Baden, Bleiröhren, um isolirte Drähte unter der Erde zu schützen, die Klafter
zu 20 kr. C.-M.
Man hat versuchsweise für den Bahndienst von Stöhrer in
Leipzig dessen transportabeln Inductionsapparat mit laufenden Inductionsrollen
kommen lassen. Allein er war unzureichend zum Zeichengeben befunden und kann nicht
benützt werden. Ich bin der Ansicht, daß für so sehr lange Leitungsketten wie die
Wien-Triester der Draht der Inductionsrolle viel dünner, die Rollen selbst
weit größer und die Nadelmultiplicatoren von dünnerem Drahte seyn müßten, um durch
Induction den Zweck zu erreichen. Auch ist noch versuchsweise ein Schreibapparat mit
vier Multiplicatorrollen (zwei Elektromagneten) und zwei Hebeln zum Schreiben für
hohe und tiefe Linien an dem Wiener Telegraphen-Bureau aufgestellt. Er ist
construirt von Ingenieur Matzenauer, ausgeführt von Eckling und
geht ganz gut, jedoch nicht so energisch und rasch, wie der Morse'sche mit
Relais.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)