Titel: | Ueber die Breit-Säe-Maschine, erfunden vom Hauptmann Hrn. E. Kämmerer, Besitzer der Maschinenbau-Anstalt Clara-Hütte bei Bromberg. |
Autor: | C. Schneitler |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. LXIV., S. 339 |
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LXIV.
Ueber die Breit-Säe-Maschine,
erfunden vom Hauptmann Hrn. E.
Kämmerer, Besitzer der Maschinenbau-Anstalt Clara-Hütte bei
Bromberg.
Ueber Kämmerer's Breit-Säe-Maschine.
Jeder Landwirth weiß, wie viel für den Erfolg der Ernte auf das Säen ankommt. Denn
abgesehen von dem, was die Witterungsverhältnisse, die Niemand voraus wissen kann,
gut oder schlecht machen, so steht es durch Erfahrung fest, daß ein ungeschickter
Säer durch zu starkes oder zu schwaches Säen, durch Ueberschlagen einzelner Stellen,
dem Ertrage der Ernte bedeutenden Eintrag thut. Dazu kommt als zweites Moment, daß
durch das gewöhnliche Säen mit der Hand der Landwirth es nie in seiner Gewalt hat,
genau bestimmen zu können, wie viel Samen er in den Acker bringt. Auch der
geschickteste Säer ist nur auf die althergebrachte Quantität pro Morgen eingeübt; er weiß, wie stark er zu fassen, wie weit er die Hand
aufzuthun, und welchen Schwung er dem Arme zu geben hat. Nun ist aber der Samen
nicht in allen Jahren gleich; ist er gut gereift, mithin überall keimfähig, so
bedarf es dessen weniger; im Gegentheil, wenn viele nicht ausgewachsene und nicht
keimfähige Körner dabei sind, bedarf es einer stärkern Aussaat. Das trifft der Säer
aber selten richtig und schadet dadurch der Ernte. Dazu kommt ein directer Verlust:
das unnöthige Zuvielsäen, weil man überhaupt selten einen Säer findet, der die
Cerealien so säet, daß nicht ein bedeutender Theil als überflüssig erspart und für
den Verzehr verwandt werden könnte.
Diese längst anerkannten Uebelstände haben es verursacht, daß Mechaniker sich mit der
Construirung von Säemaschinen beschäftigt haben. Die englischen Maschinen sind
die gebräuchlichsten, jedoch nie zu allgemeiner Anwendung gekommen, weil sie den
Samen nur in Reihen ausstreuen; dieser Umstand hat den Nachtheil, daß zwischen den
Reihen immer viel leerer Raum für das Unkraut bleibt.
Diese Nachtheile beider Arten des Säens hat der Erfinder der Breit-Säe-Maschine durch dieselbe vollkommen beseitigt.
Was die Maschine selbst betrifft, so hat der Erfinder ein Patent auf dieselbe in
Preußen nachgesucht, weßhalb es hier nicht verstattet ist, sie näher zu beschreiben.
Sie ist von höchst einfacher und daher sehr dauerhafter Construction, so daß sie
gewöhnlichen Ackerleuten ohne Bedenken, daß sie verdorben werde, in die Hand gegeben
werden kann. Die Maschine ist leicht genug, um von einem Pferde gezogen zu werden
und säet eine Ruthe breit; die Wagenspur bezeichnet immer genau den Anfang und das
Ende, so daß ein Ueberschlagen des Raumes niemals eintreten kann. Die Vertheilung
des Samens auf dem Acker geschieht sehr gleichmäßig, und es macht dabei keinen
Unterschied, ob die Maschine über Furchen geht oder nicht.
Eine im Innern der Maschine auf unzerstörbares Papier geschriebene Scala enthält die
beim Gebrauch derselben zu beobachtenden Regeln und sichert so die regelmäßige
Anwendung derselben.
Die Construction der Maschine erlaubt, mit derselben jede angemessene Quantität Samen
pro Morgen gerechnet auszusäen, indem sie durch eine
sinnreiche und einfache Vorrichtung je nach Belieben von 8 3/4 bis 35 1/3 Metzen
Weizen und je nach Verhältniß die andern Getreidearten auf den Morgen säet, und zwar
in 10 verschiedenen Abstufungen; ebenso in verschiedenen Abstufungen von 7 1/2 bis
15 1/2 Pfd. Klee. Die Maschine säet breitwürfig und bedeckt den Boden mit einer
überraschenden Gleichförmigkeit mit Samen, so daß also bei sorgfältiger Auswahl
keimfähigen Samens ein Verkümmern der Pflanzen nicht zu befürchten steht, also stets
ein Minimum der Aussaat zu bewirken ist. Dadurch wird dem Landmann eine große
Ersparung möglich. Denn wenn z.B. bei später Saat der Säer säen soll, so geschieht
es fast immer, daß er zu dick säet.
Der Preis der Maschine ist von dem Erfinder nur auf 65 Thaler gestellt, eine Summe,
die in kurzer Zeit an Samen erspart ist. Sie besäet nämlich täglich bei einer Pferdekraft, unter Annahme, daß das Pferd 40,000
Schritte in einem Tage mache, 20 Morgen Land. Nimmt man an, daß der Säer z.B. 10
Metzen pro Morgen zu viel säet, so würden in einem Tage
durch die Maschine 200 Metzen, also in sechs Tagen 1200 Metzen (75 Scheffel)
erspart werden, wodurch mehr als die Kosten der Maschine gewonnen sind.
Zu erwähnen bleibt noch, daß die Beschaffenheit der Ackerfläche, ob bergig, steinig
oder eben, ganz ohne Einfluß auf den Gang und die Wirkung der Maschine ist, wodurch
sie sich vortheilhaft von andern bisher bekannten Maschinen, bei denen dieß nicht
der Fall ist, unterscheidet.
C. Schneitler.