Titel: | Mittheilungen aus meinem Leben und Wirken als Maschinenbauer; von Dr. Ernst Alban in Plau (Mecklenburg-Schwerin). |
Autor: | Dr. Ernst Alban [GND] |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. LXXXI., S. 402 |
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LXXXI.
Mittheilungen aus meinem Leben und Wirken als
Maschinenbauer; von Dr. Ernst
Alban in Plau (Mecklenburg-Schwerin).
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Alban's Mittheilungen aus seinem Leben und Wirken als
Maschinenbauer.
A. Einiges
über meine neuern Dampfmaschinenkessel.
(Schluß von Seite 238 des vorigen Heftes.)
Forsche ich den Zweifeln derer, die meine neuern Kessel und ihr Princip verkleinern
möchten, noch mehr nach als bisher geschehen ist, so scheint mir eine andere
Hauptfrage diesen Leuten beantwortet werden zu müssen, nämlich
II. die: sind diese Kessel dauerhaft zu nennen, namentlich in denjenigen Theilen, die
vorzugsweise der Hitze des Feuers ausgesetzt sind, und besonders in den
Siederöhren?
Diese Frage wird leicht zu beantworten seyn durch einige Gegenfragen: enthalten diese
Kessel nämlich etwa Theile, die als undauerhaft bekannt sind? sind diese von andern
schlechtem als den gewöhnlichen Materialien angefertigt? – Gewiß nicht. Ist
ihre Construction doch gewiß viel einfacher als die der Locomotivkessel, ist doch
nirgends ein Theil an ihnen vorhanden, der in engen Kammern wenig Wasser enthält,
und von einem sehr intensiven Hitzegrad afficirt wird; fehlen doch durchaus Theile
wie die Feuerbüchse der Locomotivkessel, die von zweierlei Metallen construirt
(Eisen und Kupfer), in ihren Theilen verschiedene Grade der Ausdehnung erfahren, und
durch die vielen Verankerungen, welche die Büchse in verschiedenen Richtungen
durchdringen, und welche die äußere Hülle und den innern Feuerkasten mit einander
verbinden und zusammenhalten, an verschiedenen Orten schädliche Spannungen erfährt,
sind doch meine Herzen mit diesen schwierigsten und undauerhaftesten Apparaten gar
nicht zu vergleichen. Aeußere und innere Platten derselben laufen völlig parallel,
machen nirgends Winkelkrümmungen, sind von gleichem Metalle, und können daher keine
schädlichen Spannungen erfahren, zumal die Anker immer in gleichen Zwischenräumen
von einander stehen und alle in einer und derselben Richtung laufen, also auch in
dieser, und war in einer völlig unschädlichen, nirgends kreuz und quer zerrenden,
auf die Platten einwirken. Sind ferner beide doch auch einer ziemlich gleichen und
mäßigen Temperatur ausgesetzt, indem ein gebläsartiger Zug, wobei die innere Platte
vielleicht zuweilen überhitzt werden möchte, bei meinen Kesseln nur höchst selten
angewandt werden dürfte; sind endlich die Recipienten doch auch so gewöhnlich
construirte Gefäße, daß nicht abzusehen ist, wie sie sich anders verhalten sollten,
als andere von Eisenblech genietete cylindrische Gefäße, zumal sie keinen
übernatürlichen Druck auszuhalten, und keine bedeutende Zersprengungskraft, von
Seiten der Dämpfe ausgeübt, zu ertragen haben; da endlich, was sie mehr durch den
höchern Dampfdruck erleiden, wieder durch ihren geringern Durchmesser aufgehoben
wird; sind endlich doch alle verschiedenen Theile der Kessel auch von Kesselstein
leicht zu reinigen, zumal dieser, wie bereits durch eine längere Erfahrung erwiesen
ist, bei dem höhern Drucke nicht krystallisirt, sondern eine lockere Gestalt behält;
setzt sich in denjenigen Theilen, deren Reinigung die meisten Schwierigkeiten haben
dürfte, doch auch nicht einmal solcher Stein ab.Ich meine hier die Röhren. Daher kann dann auch diejenige üble Wirkung des Feuers auf den Kessel nicht
leicht, wenigstens nicht leichter als bei andern gewöhnlichen Kesseln eintreten, die
eine Ueberhitzung und Zerstörung des Metalles bewirkt, und dadurch herbeiführt, daß
dessen Wände mit einer dicken Kruste Kesselstein bedeckt werden, die, als schlechter
Wärmeleiter, eine gehörige Benetzung und Kühlung derselben durchs Wasser mehr oder
weniger verhindert.
Wenn von irgend einem Theile meiner Kessel noch eine schnellere Zerstörbarkeit als
bei den bisherigen Siedegefäßen anzunehmen wäre, so möchte ich die Röhren dafür
gelten lassen. Aber auch hier entscheidet die Erfahrung, wie bei den übrigen eben
genannten Theilen, zu ihren Gunsten, und vorzugsweise in dem Falle, daß sie immer zu
rechter Zeit von dem im Wasser sich absetzenden Schlamme oder von der Moorerde (wenn
Torfwasser als Speisewasser angewandt wird), oder andern Unreinigkeiten, die einen
Niederschlag bilden und sich an die vom Feuer berührten Wände anhängen, gereinigt
werden. Durch ein öfteres Ausblasen ist hier für lange Zeit genügend Hülfe zu
schaffen. Ein Oeffnen
der Herzthüren und der Schlußdeckel der Recipienten und ein Ausspülen des ganzen
Kessels ist seltener nöthig. Auf unserm hiesigen Dampfschiffe ist in den vier Jahren
seines Gebrauches erst ein Rohr so weit destruirt worden, daß es herausgenommen
werden mußte, und zwar dadurch, daß man es sich durch im Wasser enthaltenen Schmutz
ganz verstopfen ließ, indem man den Kessel beinahe ein ganzes Jahr hindurch nicht
reinigte, und nach Beendigung der Fahrten, im Herbste, beim Abzapfen des Wassers
allen Schmutz zurückließ, auch den Kessel im nächsten Frühlinge nicht davon
befreite. Wenn man erwägt, daß unter diesem Kessel ein gebläsartiger Zug angewandt
wird, so spricht dieser Fall gewiß für die Dauer dieser Röhren. Bei dem Kessel
meines Etablissements ist noch durchaus gar nichts Nachtheiliges an den Röhren
entdeckt worden, obgleich diese bei der Einsetzung nicht einmal neu, sondern lange
Zeit (über 5/4 Jahre) und unter sehr ungünstigen Umständen schon gebraucht, zum
Theil auch in der Mitte durch Löthung zusammengesetzt waren. Alle Röhren liegen noch
vollkommen gerade, nirgends zeigt sich an ihnen die mindeste Krümmung; ihre innere
Oberfläche wird bei der Reinigung noch immer glatt und sauber und ohne Kesselstein
befunden, und zeigt sich einiger, so sieht man ihn als lose dünne Blättchen ohne
irgend einen festen Zusammenhang in den Röhren liegen, und können diese Blättchen
durch eine Handspritze herausgespritzt werden. Der Kessel des Hummel'schen Etablissements zeigt ganz die nämlichen Erscheinungen.
Und warum sollten auch die Röhren meiner Kessel hinsichtlich ihrer Dauer mehr
befürchten lassen, als die der Locomotiven und der neuern Dampfschiffe? Sind die
Röhren dieser nicht gleichen schädlichen Potenzen ausgesetzt, bei den Locomotiven
noch weit größern als bei meinen Kesseln? – Leiden die der Seeschiffe nicht
noch besonders durch das salzige Meerwasser? – Spricht die immer allgemeiner
werdende Einführung solcher Röhrenschiffskessel nicht genug für die Möglichkeit,
Röhren mit Nutzen und mit einer gehörigen Garantie für ihre Dauer anwenden zu
können? – Würde man dieses Ziel so ungesäumt verfolgen, wenn sich gezeigt
hätte, daß die Röhren bei Anwendung in diesen Kesseln undauerhaft und unsicher
seyen? – Ist man nicht bei Seedampfschiffen, wo eine augenblickliche
Unbrauchbarkeit des Kessels für Menschen und Güter die größte Gefahr herbeiführen
würde, umsomehr verpflichtet, einen durchaus sichern Weg zu gehen? – Wäre es
nicht ungerecht, für diese die Anwendung der Röhren völlig practicabel und mit
Vortheilen verbunden anzunehmen, während man ihren Gebrauch in meinem neuen Kessel
für unstatthaft, undauerhaft und unzuverlässig erklären wollte? – Sind sie bei meinen Kesseln
nicht weniger zerstörenden Potenzen ausgesetzt als bei jenen, und namentlich bei
denen der Locomotiven? – Sind sie in dem Ofen meiner Kessel nicht einem viel
ruhigeren Feuer ausgesetzt als bei jenen? – Ist eine gehörige Kühlung
derselben durchs Wasser bei meinen Kesseln nicht vollkommener als bei jenen
anzunehmen, da, wie ich schon oft zu beweisen mich bemüht habe, das Wasser in den
Locomotivkesseln leicht aus den sehr engen Zwischenräumen zwischen den Röhren
ausgetrieben werden dürfte, ohne daß es von unten her gehörig ersetzt werden kann,
indem demselben kein gehöriger Rückfluß nach unten freisteht? – Doch genug.
Ich sollte meinen, daß eine Sache, die sich in einem Falle empfiehlt und als bewährt
zeigt, auch in einem andern uns nicht als unbrauchbar erscheinen könne, zumal wenn
sie im letztern noch unter günstigern Umständen angewandt auftritt als im erstern.
Wer anders urtheilt ist entweder parteiisch oder befangen.
III. Ein dritter Zweifel in Bezug auf meine neuesten Kessel könnte noch vielleicht
erhoben werden gegen einen gehörig ruhigen Wasserstand in denselben. Röhrenkessel
sind in diesem Punkte gewiß kitzliche Apparate, und in meinem HauptwerkeSeite 104 und 229. habe ich schon hinreichend auseinandergesetzt, wie die meisten Röhrenkessel
der neuern Zeit hier gegen die ersten Regeln sündigen, und daher meistens sehr
schlechte Resultate geliefert, und dadurch nicht selten alle Röhrenkessel unverdient
in einen bösen Ruf gebracht haben. Der Fehler lag immer in den großen
Mißverhältnissen des cubischen Inhalts sämmtlicher Röhren zu dem der großen
Sammlungsbehälter oder der sogenannten Separatoren oder Recipienten, und der
Ausdehnung ihres Wasserspiegels; viele derselben hatten kaum solche nothwendige
Gefäße. Daher kochte denn auch bei ihnen immer Wasser und Schmutz, den dieses
gemeinhin enthält, oder schwimmendes Kesselsteinmehl in den Cylinder der Maschine
über, welcher Umstand gleich Unordnungen in der Wirkung derselben hervorrief und sie
bald zerstörte. Je mehr der cubische Inhalt der Röhrenpartie eines Kessels gegen den
jener Behälter zurücktritt, je günstiger stellt sich sein Verhalten in der erwähnten
Beziehung. In meinem HauptwerkeSeite 220 und ff. habe ich meine hiebei zum Grunde gelegten Betrachtungen und Berechnungen
sehr ausführlich niedergelegt, daher ich ihrer hier nicht ferner zu erwähnen
brauche, sondern darauf verweise. Hier bemerke ich nur noch, daß jenes Verhältniß in meinen
neuesten Kesseln bedeutend vortheilhafter sich stellt als bei meinen frühern in
meinem Hauptwerke beschriebenen, indem hier, wenn auch sämmtliches Wasser aus den
Röhren in die Recipienten überkochte, dennoch keine Ueberfüllung derselben entstehen
könnte.Sollte dieß wohl von den neuesten Schiffsröhrenkesseln, die im Treatise on the Steam engine by the Artisan
Club, S. 63–72 sehr ausführlich beschrieben und abgebildet sind,
gesagt werden können? schwerlich! – Und welcher Lärm wird von diesen
Kesseln gemacht, die in der Hauptsache noch immer die alten sind, nämlich
hinsichtlich ihrer voluminösen, nicht einmal cylindrischen, sondern
prismatischen Form und ihres großen Umfangs. Haben doch bei ihnen die
erleuchteten Britten nur wieder (mit Claudius zu
reden) am Gewölke gekräuselt, und dem Monde gute Ruhe dahinter gelassen. Ist
es noch werth. das große und wichtige
Verbesserungen zu nennen? – und werden unsere Deutschen von solchen
überragt? Man müßte es in der Anglomanie doch schon zu einem recht
gefährlichen Stadium gebracht haben, um so kurzsichtig und befangen zu seyn,
solches zu glauben. Dieser Umstand, in Verbindung mit meinem neuen Apparate für die Abscheidung
der Dämpfe vom Wasser in den Recipienten, der sogenannten siebförmig durchlöcherten
Platte, haben in meinen neuesten Kesseln, wie ich Seite 13 Bd. CXII dieses Journales
schon berichtet habe, einen so sichern und ruhigen Wasserstand zur Folge gehabt, daß
man fast gar keine Schwingungen an dem Wasserstandszeiger wahrnimmt, und bei
beginnendem Kochen des Wassers im Apparate, selbst unter niedrigem Drucke, kaum eine
merkliche Erhebung des Wasserspiegels in den Recipienten bemerkt; Erscheinungen, die
gegen Eindringen von Wasser in den oder die arbeitenden Cylinder alle und jede
Garantie geben dürften. Wenn hieraus nun aber zugleich folgt, daß meine neuern
Kessel überhaupt und im Ganzen weniger Wasser als die frühern enthalten müssen, und
ich einen geringen Wasservorrath früher schon als eine Schattenseite meiner Kessel
bezeichnet habe, so kann ich doch versichern, daß dieses Mißverhältniß nicht so groß
sey, um an der Maschine eine unregelmäßige Versorgung mit Dampf und einen ungleichen
Gang fühlbar zu machen, zumal wenn für eine nur einigermaßen regelmäßige Feuerung
und Speisung des Kessels Sorge getragen wird.
IV. Wenn manche Mechaniker die Meinung aufgestellt haben, daß meine Kessel mehr
Kosten und Anstrengung bei der Anfertigung verursachen als gewöhnliche Kessel, so
ist dem nicht so. Ich liefere meine Kessel zum Theil billiger als manche Fabrikanten
ihre großen cylindrischen Hochdruckkessel.Hrn. Hummel's nach
meinem Princip von mir erbauter Kessel hat circa
450 Rthlr. preuß. Courant gekostet, während sein älterer cylindrischer mit
inwendiger Feuerung eingerichteter bei gleicher Wirkung einen Preis von
beinahe 800 Rthlr. preuß. Cour. gehabt haben soll. Sie sind bei ihrer jetzigen anscheinend bunten Zusammensetzung doch nur einfach
und kunstlos construirt, und ihre Fabrication, selbst die der Kessel von größerm
Kaliber, eignet sich selbst für kleinere Werkstätten; auch haben die Schiffskessel,
nach diesem Principe gebaut, den großen Vortheil, daß sie aus mehreren einzelnen
Theilen bestehen, die vor der Einsetzung ins Schiff, und zwar jeder für sich ganz
vollendet und leicht in dasselbe gebracht werden können, ohne daß dazu große Luken
oder sonstige Oeffnungen im Deck erforderlich sind; daß sie endlich aber auch im
Schiffe mit Leichtigkeit zusammenzusetzen sind. Dasselbe gilt von den Landkesseln,
die wegen ihrer einzelnen nicht schweren und kolossalen Theile leicht zu verladen
und zu transportiren sind.
V. Manche meiner Collegen dürften vielleicht auch vor meinen neuesten Kesseln
zurückschrecken aus Furcht, daß sie dieselben bei dem in ihnen waltenden hohen
Dampfdrucke nicht gehörig dampfdicht würden schaffen können. Diese Furcht ist aber
eine sehr nichtige. Bei gehörig fleißig ausgeführter Construction sind sie
vollkommen so dicht herzustellen, wie die von niederm Drucke. Dieß gilt vorzugsweise
von den Nietungen. Nach einem fleißigen Eintreiben der glühenden Niete reicht ein
gehöriges Verstämmen der Fugen hin, auch hier jeder Forderung zu genügen. Die
ringförmigen Keile vereinigen die Enden der Siederöhren mit den Herzplatten so
vollkommen, daß nie ein Leck entsteht, wenn Genauigkeit und Vorsicht bei ihrem
Eintreiben beobachtet wird, und man dabei vorzüglich darauf achtet, daß die Enden
der Röhren vorher durch Aufweiten im Feuer genau passend für die Löcher gemacht
werden, in die sie eingesetzt werden sollen, und daß man sich hüte, sie dabei zu
spalten. Etwaige entstandene Risse lassen sich nach meinen neuesten Erfahrungen nach
Wiederherausnahme des Rohres leicht wieder schweißen, und man braucht deßhalb kein
Rohr zu verwerfen. Um gewiß überzeugt zu seyn, daß sie nach dem Einpassen auch für
höhern Druck dicht sind, probire ich sie alle dann noch durch Wasserdruck, indem ich
in die Enden hölzerne Pfropfen mit Leder umwunden eintreibe und so befestige, daß
sie durch den Wasserdruck nicht herausgeworfen werden können. Wenn die Röhren
eingenietet sind, bestreiche ich die inwendigen Fugen in beiden Herzen noch mit
dicker Mennigölfarbe. Ein Gleiches thue ich bei allen Nietungen und Fugen des
Kessels, und zwar auf der innern Fläche desselben. Der Druck der Dämpfe und des
Wassers treibt diese Farbe dann in die Fugen hinein, wo sie erhärtet und dieselben
für immer dicht schafft. Manche Mechaniker mögen, wie ich schon früher einmal
bemerkt habe, über diese Vorsicht lächeln, das darf mich aber nicht beirren. Ein
Dampfdruck, wie ich ihn anwende, erfordert seine eigenen Maßregeln, und derjenige, der
diese nicht beachtet, wird bald die üblen Folgen davon verspüren, dann aber, wie es
gewöhnlich geschieht, unverdient mein Princip anklagen, wo er selbst die Schuld
trägt; sowie denn durch schlechte Ausführung und Anwendung manche herrliche Sache
verkümmert oder in schlechten Ruf gebracht wird. Die conischen Keile müssen immer
abgedreht und vorher schon gut eingepaßt seyn, so daß sie nach dem Eintreiben noch
so viel vorstehen, um im Falle der Roth einmal nachgetrieben werden zu können.Es mag manchem meiner Leser vorkommen, als käue ich in dieser Abhandlung nur
größtentheils wieder, was ich früher schon in meinem Hauptwerke und in
meinen in diesem Journale enthaltenen Bemerkungen über
Hochdruckdampfmaschinen mitgetheilt habe. Ich erlaube mir jedoch darauf zu
erklären, daß theils die nöthige Behandlung des hier vorliegenden
Gegenstandes, Entfernung aller Einwürfe und Zweifel, gegen meine neuesten
Kessel, sowie Mittheilungen meiner neuesten Erfahrungen über ihre
Brauchbarkeit, Zweckmäßigkeit und ihre Vortheile, und meiner später damit
vorgenommenen Veränderungen und Verbesserungen, überhaupt aller meiner neuen
Verfahrungsweisen und Hülfsmittel beim Bau derselben, solches unabwendbar
machen dürfte.
Die meiste Schwierigkeit hat die Dichtung der Herzthüren. Diese muß so angeordnet und
beschafft werden, daß die Thüren zu jeder Zeit mit leichter Mühe abgenommen und
wieder vorgelegt werden können. Früher ließ ich die betreffenden Dichtungsflächen
daran bloß plan arbeiten, und legte Streifen von Rollblei dazwischen, aber diese
flatschen nach und nach aus, und man ist dann genöthigt, oft die Schrauben
nachzuziehen. Stellen sich Lecke ein, so werden die Schrauben dadurch leicht
verunreinigt, indem sich aus dem Leckwasser niederschlagender Schmutz und
Kesselstein an sie und zwischen die Gewinde niederschlägt, und die Muttern
unbeweglich macht, so daß man bei stark angewandter Kraft, sie zu drehen, die
Schrauben leicht abbrechen kann, die für den Augenblick dann nicht allemal leicht zu
ersetzen sind.Die Gewinde solcher Schrauben an meinen Kesseln, die dann und wann gelöset
werden müssen, dürfen nie mit Oel, welches leicht zäh wird oder gar fest
trocknet, und dann Mutter und Schraube fest und fast unlösbar verbindet,
sondern müssen mit Talg geschmiert werden. Ich habe, um diese Uebelstände zu heben, jetzt bei dem Kessel der großen
Revaler Maschine folgende Maßregeln genommen. An die gußeisernen Seitenwände, und
zwar an den innern Rand derselben, ist eine erhabene Leiste angehobelt, die ungefähr
1/2 bis 3/4 Zoll breit ist und einen Viertelszoll vorsteht. An der vordern
Schlußplatte befinden sich zwei eben solcher Leisten von geschmiedetem Eisen
angenietet, zwischen welchen die erstere Leiste der Seitenwände beim Anschrauben des
Deckels eingreift. In den Falz lege ich nun einen Streifen Rollblei. In Fig. 6 sieht
man diese Anordnung im horizontalen Querdurchschnitte abgebildet.
a ist ein Durchschnitt einer der Seitenwände der Herzen,
b die vorspringende gehobelte Leiste daran, c ein Theil der Schlußplatte, d und e sind die auf dieselbe aufgenieteten
Leisten, die, um sie besser zu markiren, dunkler schraffirt vorgestellt sind. Die
Schlußplatte muß bei einer solchen Einrichtung aber gehörig stark seyn, damit der
bei f überstehende Theil derselben beim Anziehen der
Schrauben sich nicht umbiege. Aus diesem Grunde sind auch die Schrauben g so dicht an die zu dichtende Fuge heranzurücken, als
irgend möglich ist, so wenigstens, daß ein Theil der Muttern h, wie in der Zeichnung, noch unmittelbar auf die Fuge drückt. Ich bin
überzeugt, daß diese Vorrichtung durchaus allen Anforderungen genügen wird, da bei
derselben gleiche Verhältnisse und Umstände eintreten, wie bei meinen übrigen
Bleidichtungen. Das Blei kann hier auf keine Weise seitwärts ausweichen und wird
daher immer in einem sichern und brauchbaren Zustande, und zwar in dem Falz des
Schlußdeckels liegen bleiben. Eine ähnliche Einrichtung habe ich bei den Ankern der
Herzen getroffen. Man vergleiche hier Fig. 7. Das Bund a des Ankers b greift rund
um den cylindrischen Schraubentheil b oder Ankerkörper
herum mit einem Vorsprunge c ringförmig in eine in die
Schlußplatte eingefräsete Vertiefung d ein, in welche
ein Bleiring gelegt wird. Ich habe hier aus dem Grunde einen eigenen von dem Körper
etwas abstehenden Falz in die Schlußplatte gefräset, und demgemäß die Leiste am Bund
des Ankers eingerichtet, um das zu starke Andrängen des Bleies an den Anker zu
verhüten, wodurch das Abnehmen des Deckels erschwert und der Bleiring leicht in
Unordnung gebracht wird.
Hr. Bialon schrieb mir vor
einiger Zeit aus Berlin, daß er zur Dichtung der Herzthüren und Anker mit großem
Glücke vulcanisirten Kautschuk angewandt habe. Er hat selbigen in Streifen von 3/8
Zoll Breite und 1/8 Zoll Dicke zwischen die zu dichtenden planen Flächen gelegt, und
dann die Schrauben nur leicht anzuziehen gebraucht, um eine vollkommene Dichtung
herzustellen. Die Sache ist, wenn sie sich auf die Dauer bestätigen sollte, für
höhern Druck von unberechenbarem Gewinn, und der Bleidichtung, die manche Umstände
macht, besondere Einrichtungen der zu dichtenden Flächen erheischt, und ein sehr
starkes Anziehen der Schrauben nöthig macht, gewiß weit vorzuziehen.
VI. Vor 6 Jahren besah hier einmal ein bekannter Mechaniker des preußischen Staates
die hier in unserer Tuchfabrik arbeitende Dampfmaschine von 30 Pferdekräften, die
mit einem Kessel von der Einrichtung Nr. II meines Hauptwerkes ausgerüstet ist. Er
hatte nicht gegen mich,
sondern gegen andere Leute und den Tuchfabrikanten, in dessen Gesellschaft er kam,
die Aeußerung gemacht, daß die Röhren dieses Kessels und die Herzen von der
Glühhitze, in die sie gewiß fortwährend versetzt würden, sehr schnell zerstört
werden müßten. Dieser gute Mann, ein geborner Engländer, ist jetzt leider todt, und
kann daher nicht mehr durch die Erfahrung dieser letzten 6 Jahre belehrt werden. Zur
Nachricht des Publicums diene es aber, um hier eine sehr unbegründete Bemerkung
gegen meine Kessel zu widerlegen, daß dieser Kessel mit seinen Röhren und Herzen mm
schon 9 Jahre im Gebrauch ist, fast noch gar keine Reparatur erfahren hat, und noch
so wenig vom Zahn der Zeit und eines längeren Gebrauchs angegriffen ist, daß ihm
eine noch einmal so lange Dauer und Wirksamkeit prophezeit werden dürfte, obgleich
seine 4 Zoll weiten Röhren von nur 1/8 Zoll dickem Kupferbleche und die Herzplatten
von 3/8 Zoll dickem Eisenbleche erbaut sind. Es diene ängstlichen Fabrikanten, die
auf das schiefe Urtheil eines Engländers mehr Gewicht legen sollten als ihm gebührt,
und überhaupt allen von der Anglomanie befallenen Patienten meines deutschen
Vaterlandes ferner zum Beweise, daß weder Herzplatten noch Herzen je glühten noch
überhitzt wurden, daß die Dichtungen von Eisenkitt zwischen Siederöhren und hinterer
Herzplatte, und zwischen dieser und den gußeisernen Seitenwänden der Herzen noch
immer völlig in Ordnung und nie leck gewesen sind. Sapienti
sat.
VII. Manche Mechaniker erregen auch Zweifel gegen die größere Gefahrlosigkeit meiner
Kessel. Diese Zweifel zeugen aber entweder von Böswilligkeit oder Unkenntniß, denn
sie müssen schon beim ersten Anblick meiner Kessel von jedem widerlegt werden, der
nur ungefähr weiß, daß die Gefahr mit dem Durchmesser cylindrischer Gefäße in
gleichem Verhältnisse sich vermindere, und daß die Gefäße, die beim Gebrauche so
gestellt sind, daß wenig oder gar keine zerstörende Potenzen auf sie einwirken, die
sich daher fast immer in einem sichern und erprobten Zustande erhalten, sicherer
seyen als solche, die dem Feuer und allen übrigen auf die gewöhnlichen Kessel
einwirkenden schädlichen Einflüssen fortwährend ausgesetzt sind. Ich habe in meinem
Hauptwerke dieß Capitel so umfassend behandelt, daß jeder Zusatz hier überflüssig
erscheinen würde. Ich bitte daher, dieses Werk sowohl als meine spätern in diesem
Journale enthaltenen Nachrichten unter dem Titel: Bemerkungen
über Hochdruckdampfmaschinen nachzulesen. Die Erfahrungen, die ich in
diesem Punkte seit 9 bis 10 Jahren gesammelt habe, sind in den letztern
größtentheils angeführt. Sie haben gezeigt, daß das Zerspringen enger Röhren, wie
sie meine Kessel enthalten, nie von einer merklichen Explosion oder gefährlichen
Dampfentladung begleitet war, und daß, wenn bei letzterer (auf unserm hiesigen
Dampfschiffe) einmal der Heizer etwas verbrannt wurde, dieß allein dem Umstande
beizumessen war, daß er während seines Heraussteigens aus dem Kesselraume in diesen
zurückfiel und in eine Lage versetzt wurde, worin es ihm nicht möglich war sogleich
wieder die Aussteigluke zu erreichen. Daß bei meinen Kesseln die Siederöhren die
einzigen Organe desselben sind, die der Einwirkung des Feuers ausgesetzt sind,
folglich nach und nach zerstört werden, und ein Bersten und Aufreißen derselben, wie
die Erfahrung ergibt, und auch ihr kleiner Durchmesser und ihre dünnen Metallwände
voraussetzen lassen, noch nie von beunruhigenden und gefährlichen Zufällen begleitet
gewesen sind, ist ein Gewinn für das Hochdruckdampfmaschinenprincip, der sich gar
nicht berechnen läßt. Er setzt uns in den Stand, sehr hohen Druck eben so gefahrlos,
ja viel gefahrloser anzuwenden, als niedrigen Druck, zumal wenn bei letzterm noch
immer die allgemein üblichen und sehr gefährlichen prismatischen und sogenannten
KofferkesselMan vergleiche hier das oben in der Note über diese Kessel Gesagte. angewandt werden, deren Nachtheile ich in meinem Hauptwerke recht scharf
hervorgehoben habe.
Wenn man für hohen Druck auf Schiffen noch Kessel angewandt siehtAuch in Rostock findet sich auf dem Dampfschiffe „Minister von
Lützow“ noch ein solcher, von Hrn. Tischbein in Buchau für zwei
Dampfmaschinen errichtet, die zusammen eine Kraft von 45 bis 50 Pferden
haben, nach dem Penn'schen System mit
schwingenden Cylindern erbaut sind, und mit einem Dampfdrucke von 20 bis 25
Pfunden auf den Quadratzoll über den Druck der Atmosphäre arbeiten. Der
Kessel des Dampfschiffes Delphin, den Fairbairn
in London baute, und der von der preußischen Patentprüfungscommission mit
meinem jetzigen neuern Kessel in Parallele gestellt wurde, soll auch für
höhern Druck bestimmt seyn. Wahrlich er wäre ein herrliches Exemplar, um
jungen angehenden Technikern alle Eigenschaften recht vor Augen zu führen,
die ein Hochdruckmaschinenkessel nicht haben soll., wie ich sie im Anfange dieser Abhandlung in der Note bezeichnet, und als in
dem Treatise on the Steam engine by the artisan club
beschrieben und abgebildet angeführt habe, Kessel mit geraden, wenig verankerten
Wänden, so muß man wahrlich über den Muth derjenigen Maschinenbauer sich wundern,
die sie für einen solchen Zweck stark und sicher genug halten konnten, und dann
hinterher gegen meine Kessel, als sehr gefahrvolle, gar nicht praktisch
auszuführende Apparate eifern. Gewiß würden diese Leute ganz andere Saiten
aufgezogen haben, wenn meine Kessel aus England herübergebracht wären. Sollte man
glauben, daß die Engherzigkeit und Befangenheit denkender Künstler so weit gehen könne?! Ich möchte doch
wissen, ob es nicht ganz gleich sey, statt eines cylindrischen Kessels von einem
gewissen Durchmesser und 50 Pfd. gewöhnlichem Drucke auf den Quadratzoll, einen zu
nehmen der den halben Durchmesser hat und 100 Pfd. Dampfspannung trägt? Werden hier
nicht beide Kessel gleichen Umständen unterliegen; wird in beiden der Druck auf die
gesammten Seiten nicht völlig gleich seyn (d.h. wenn sie von fraglicher Länge sind),
gegen die Enden in letzterm Falle nicht noch bedeutend geringer (nur halb so groß)
als in ersterem? – Denn ist
D × 50 nicht = 1/2 D × 100,
wenn D den Durchmesser bezeichnet?
und wird bei den Schlußdeckeln, wenn Q den Querschnitt
andeutet,
4 Q × 50 nicht größer seyn als
Q × 100,
und zwar noch einmal so groß?Möge man gütige Nachsicht mit mir haben, wenn ich hier solche Exempel, die
eigentlich in der Schule für einen Tertianer noch zu niedrig stehen,
herstelle. Da es aber einen Theils Leute gibt, die nur glauben, wenn sie
sehen, und wenn es auch nur einige Buchstaben und Zahlen sind, andern Theils
aber auch solche, die in den ersten Principien verwahrlost sind, dennoch
sich aber allenthalben breit und wichtig machen, so habe ich diesen Sätzen
einen Platz eingeräumt.
Meine Recipienten werden also bei 100 Pfd. Druck auf den Quadratzoll auf ihrer innern
Gesammtfläche weniger Dampfdruck zu ertragen haben, als ein Kessel von 3 Fuß
Durchmesser bei 50 Pfd. Dampfspannung, und doch wagen sich Maschinenbauer von Fach,
die doch auch rechnen können, an meine Kessel vor Angst und Furcht kaum heran;
während sie bei Kesseln von 5 bis 6 Fuß Durchmesser und 50 Pfd. Dampfspannung und
bei jenen unglücklichen Schiffskesseln für höhern Druck sich völlig in salvo wähnen, sind sie ängstlich bei Anwendung meiner
Siederöhren von so kleinem Durchmesser. Ein Glück ist es für mich, daß mehrere
englische Röhrenkessel mit engern Röhren, z.B. die von Gurney,
Ogle und Summer's, Dance etc. in neuester Zeit aber vorzüglich die Locomotiven uns bereits
mit der Anwendbarkeit solcher Röhren, und zwar von England aus bekannt machten und
uns ihre Gefahrlosigkeit per oculos demonstrirten, sonst
würde mein Kessel gar nichts für sich zu hoffen haben, man würde mich einen
Menschenfeind und Würger nennen, und die Idee, so enge Röhren an Kesseln anzuwenden,
die ich übrigens schon, wie ich noch durch Zeichnungen und Modelle aus frühester
Zeit beweisen kann, vor 30 Jahren verfolgte, vielleicht für Wahnsinn erklären.