Titel: | Ueber die Bereitung von Bleizucker aus Holzessig; von Prof. Schnedermann. |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XC., S. 438 |
Download: | XML |
XC.
Ueber die Bereitung von Bleizucker aus Holzessig;
von Prof. Schnedermann.
Aus dem polytechn. Centralblatt, Januar 1850, S.
9.
Schnedermann, über die Bereitung von Bleizucker aus
Holzessig.
Um aus Holzessig reinen krystallisirten Bleizucker darzustellen, muß derselbe
bekanntlich schon ziemlich von brenzlichen Stoffen befreit seyn, indem geringe
Mengen derselben hinreichen, nicht nur dem Bleizucker eine braune Farbe zu
ertheilen, sondern auch seine Krystallisation mehr oder weniger zu verhindern. In
den Holzessigfabriken begnügt man sich daher oft damit, ein unreines, sehr mit
brenzlichen Stoffen gemengtes und dadurch dunkelbraun gefärbtes, essigsaures
Bleioxyd (im gewöhnlichen Leben nicht selten, fälschlicher Weise, salzsaures Blei genannt) darzustellen, auf die Weise, daß
Bleiglätte in Holzessig, welcher nochmals destillirt wurde, aufgelöst und die Lösung
abgedampft wird, bis sie beim Erkalten erstarrt. Dieses Product, welches zur
Darstellung von essigsaurer Thonerde für die Färberei und den Zeugdruck benutzt
wird, ist zwar für manche Farben hinreichend rein, für zartere und reinere Farben
ist es indeß nicht in allen Fällen brauchbar, weil die daraus dargestellte
essigsaure Thonerde brenzliche Stoffe enthält, welche die Farben unrein machen. Zur
Bereitung von essigsaurer Thonerde für solche Farben bedient man sich daher, ebenso
wie zur Hervorbringung von Chromgelb, Chromorange u.s.w. des reinen Bleizuckers,
welcher in unseren Gegenden gewöhnlich aus durch Säuerung des Alkohols gewonnener
Essigsäure dargestellt wird. Durch folgendes verhältnißmäßig einfache und wohlfeile
Verfahren läßt sich indeß auch aus Holzessig krystallisirter und fast ganz reiner
Bleizucker gewinnen. Der rohe Holzessig wird in gewöhnlicher Art nochmals
destillirt, um ihn von dem größten Theil seines Gehalts an brenzlichen Stoffen zu
befreien. Dann sättigt man ihn mit gelöschtem Kalk und fügt von demselben einen
Ueberschuß hinzu, mit welchem man die Flüssigkeit unter öfterem Umrühren 24 Stunden
lang an der Luft stehen läßt. Der Kalk schlägt dabei einen großen Theil der brenzlichen Stoffe nieder,
damit eine unlösliche braune oder gelbbraune Masse bildend. Durch das Aussetzen an
die Luft wird diese Abscheidung befördert, weil die brenzlichen Stoffe zum Theil
erst nach einer durch Einwirkung der Luft erlittenen Veränderung, wobei sie eine
dunklere Farbe annehmen, die Verbindung mit dem Kalk eingehen. Die Lösung von
essigsaurem Kalk wird hierauf von dem Bodensatz abfiltrirt, oder klar abgezogen,
dieser einigemal mit Wasser ausgewaschen und die ganze Flüssigkeit vereinigt. Sie
ist noch stark durch brenzliche Stoffe verunreinigt und hat daher eine dunkelbraune
Farbe. Man erhitzt sie zum Kochen, und fügt ihr, während sie heiß ist, in kleinen
Antheilen klare wässerige Chlorkalklösung zu, so lange als ihre Farbe dadurch beim
Aufkochen noch Heller wird. Ein großer Theil der noch vorhandenen brenzlichen Stoffe
wird dadurch zerstört und die Flüssigkeit nimmt zuletzt eine gelbbraune Farbe an,
worauf ein fernerer Zusatz von Chlorkalk keine Entfärbung mehr bewirkt. Die
Flüssigkeit wird nun zur Trockne abgedampft und der gelblichgraue Rückstand, welcher
aus essigsaurem Kalk mit einem geringen Gehalt an Chlorcalcium besteht, durch
Schwefelsäure zersetzt. Man nimmt dazu auf 3 Theile desselben, etwa 2 Theile
englische Schwefelsäure (was für die Anwendung im Großen noch genauer zu bestimmen
seyn würde), und bewirkt die Zersetzung entweder auf diese Weise, daß man die Säure,
mit ihrem gleichen Volumen oder mehr oder weniger Wasser verdünnt, mit dem Rückstand
mischt, und die Essigsäure, im Großen wohl am besten aus einer gußeisernen Retorte,
davon abdestillirt, oder in der Art, daß man die Mischung der Säure mit dem
Rückstand ohne Erwärmen einige Zeit stehen läßt, dann mit Wasser verdünnt, den Gyps
sich absetzen läßt und die Flüssigkeit bloß klar davon abzieht, ohne eine
Destillation anzuwenden. Beim letzteren Verfahren wird die Säure am besten gar nicht
oder nur mit wenig Wasser verdünnt und in kleinen Antheilen, damit keine starke
Erhitzung eintritt, mit dem fein zertheilten Rückstand durch Zusammenreiben innig
gemischt; die Mischung läßt man in einem bedeckten Gesäß kurze Zeit stehen, um sie
dann mit Wasser zu verdünnen und nach dem Absetzen des schwefelsauren Kalks die
klare Flüssigkeit abzuziehen. Wird die Schwefelsäure vor dem Vermischen mit dem
Rückstand mit einer größeren Menge Wassers verdünnt, so nimmt der gebildete Gyps
eine mehr kristallinische, lockere und aufgequollene Beschaffenheit an, setzt sich
daher nicht so gut ab, und schließt eine größere Menge der Flüssigkeit in sich ein.
Die auf die eine oder andere Art gewonnene Flüssigkeit, welche nur wenig gefärbt
ist, enthält außer Essigsäure eine geringe Menge Salzsäure, von der Zersetzung des
Chlorcalciums herrührend, außerdem meistens etwas schweflige Säure, und die nach dem letzten
Verfahren dargestellte auch aufgelösten Gyps. Man sättigt sie in der Wärme mit
Bleioxyd, bis sie nur noch eine schwach saure Reaction besitzt. Dabei bilden sich
neben essigsaurem Bleioxyd etwas Chlorblei, schwefligsaures und in letzterem Fall
auch schwefelsaures Bleioxyd, welche Stoffe sich als weißer Niederschlag abscheiden.
Ein kleiner Theil des Bleioxyds geht dadurch verloren, der Niederschlag kann indeß
gesammelt und zur Wiedergewinnung des Bleies oder auf andere Art benutzt werden. Die
von diesem Niederschlag getrennte klare Flüssigkeit wird abgedampft und zur
Krystallisation befördert. Man erhält dabei Krystalle von Bleizucker, die noch
gelblich gefärbt, aber für die meisten Anwendungen hinreichend rein sind. Durch
wiederholtes Auflösen und Krystallisiren können sie, bis auf einen Gehalt an
Chlorblei, ganz rein dargestellt werden.