Titel: | Ueber das beim Eisenbahnwesen verwendete Eisen. Bericht der zur Untersuchung dieses Gegenstandes von der englischen Regierung angeordneten Commission. |
Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. XXVI., S. 121 |
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XXVI.
Ueber das beim Eisenbahnwesen verwendete Eisen.
Bericht der zur Untersuchung dieses Gegenstandes von der englischen Regierung
angeordneten Commission.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Febr. u.
März 1850.
Ueber das beim Eisenbahnwesen in England verwendete
Eisen.
Aus den uns bis jetzt gewordenen Belehrungen scheint hervorzugehen, daß die jetzt
angewendeten Verhältnisse und Formen bei eisernen Constructionen, im Allgemeinen aus
vielen und sorgfältigen Versuchen entnommen worden sind. Diese Untersuchungen über
die Festigkeit der Eisensorten bestehen darin, daß man Stäbe von
Schmiede-Der Uebersetzer bezeichnet mit Schmiedeisen alles
Eisen, welches kein Gußeisen ist, mag es nun seine Form durch Hämmer oder
Walzen erhalten haben. oder Gußeisen von verschiedener Gestalt der Einwirkung von Gewichten
unterwirft und dann durch die Theorie und durch den Calcul Grundsätze und Regeln
ableitet, die alsdann auf bestimmte Fälle in der Architektur und im Maschinenwesen
angewendet werden können. Jedoch sind diese Versuche mit einer todten Belastung
angestellt worden und lassen sich daher nur auf die Einwirkung eines ruhenden
Gewichts anwenden. – Beim Eisenbahnwesen dagegen sind die Structuren im
Allgemeinen Stößen, Erschütterungen und Torsionen, sowie einem momentanen ungeheuren
Druck ausgesetzt, der durch den schnellen und wiederholten Uebergang schwerer Trains
veranlaßt wird.
Im geringern Grade finden sich diese störenden Ursachen mehr oder weniger bei allen
Maschinen. Ihre Stabilität wird jedoch durch Vergrößerung ihrer Dimensionen nicht
verstärkt, wenn nicht die Grundsätze, nach denen die Verstärkung gemacht werden muß,
genau beachtet worden sind. So wissen wir, daß die Dimensionen gußeiserner Balken,
welche eine ruhende Belastung, wie Wasserbehälter und Böden tragen sollen, solche
Verhältnisse haben müssen, daß die sie zerbrechende Belastung dreimal so groß ist,
als diejenige, welche sie tragen sollen, ja in manchen Fällen vier und fünfmal so
groß. Sollen aber die Balken zu Eisenbahnbrücken dienen und sind sie vielen Stößen
und Erschütterungen ausgesetzt, so ertheilt man ihnen eine größere Stärke dadurch,
daß man die obigen Verhältnisse verändert und das zerbrechende Gewicht, je nach der
Ansicht verschiedener Ingenieure, sechs- bis zehnmal bedeutender annimmt, als
die Belastung. Manche Ingenieure sind dagegen der Meinung, daß in dem einen, wie in
dem andern Falle ein Drittel von dem zerbrechenden Gewicht eine hinreichend sichere
Belastung sey.
Wir fanden in dem Verlauf unserer Untersuchungen sehr bald, daß die Einwirkung
schwerer, sich mit großer Geschwindigkeit auf verschiedenen Constructionen
bewegender Körper nie der Gegenstand directer wissenschaftlichen Untersuchungen
gewesen sey. Da aber nach der Meinung aller praktischen und wissenschaftlichen
Techniker solche Untersuchungen sehr wünschenswerth waren, so war unsere
Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Ausführung solcher Versuche gerichtet, die den
Zweck hatten den gedachten Gegenstand zu erläutern.
Die zu untersuchenden Fragen sind zweifacher Art:
1. Ob die Substanz des Metalls, welches eine lange Zeit hindurch Stößen und
Erschütterungen unterworfen gewesen ist, in der Anordnung seiner Theilchen irgend
eine Veränderung erlitten hat, um dadurch geschwächt werden zu können?
2. Welches sind die mechanischen Wirkungen der Stöße und des Ueberganges schwerer
Lasten auf Stäbe und Balken, auf welche sie durch Biegen und Zerbrechen einwirken
konnten?
Es gibt unter den Technikern sehr verschiedenartige Ansichten über die erste von
diesen Fragen. Es sind von uns manche bemerkenswerthe Thatsachen nachgewiesen,
welche zeigen, daß Stücke von Schmiedeisen, die Erschütterungen ausgesetzt waren,
wie die Achsen von Eisenbahnwagen und Locomotiven, die Ketten von Krahnen u.s.w.,
die zum Heben sehr schwerer Lasten angewendet wurden, nach einem längeren Gebrauch
zerbrachen. Sie zeigten alsdann einen eigenthümlichen krystallinischen Bruch und
eine geringere Festigkeit, welche nach der Meinung einiger Techniker als das Resultat einer
stufenweisen Veränderung der Textur des Metalls durch die Erschütterungen angesehen
wurde. Zur Bestätigung dieser Annahme werden mehrere Thatsachen angeführt, z.B. daß
wenn ein gutes Stück fadiges Eisen mit einem Schraubengewinde mittelst einem
Schneidzeug versehen wird, wobei stets eine erschütternde Bewegung einwirkt, der
Querbruch da wo die Gewinde vorhanden sind, stets krystallinischer ist, als an
andern Stellen des Stabes. Andere sehen diese eigenthümliche Textur als das Resultat
einer fehlerhaften Behandlung bei der Darstellung des Eisens an, und läugnen solch
eine Wirkung der Erschütterungen gänzlich. Anerkannt ist es aber, daß fadiges Eisen
durch wiederholtes Rothglühen und Ablöschen, sowie durch anhaltendes Kalthämmern
körnig gemacht werden kann.
Hr. Brunel ist der Meinung, daß das verschiedenartige
Ansehen des Bruches sehr viel von der Art und Weise des Zerbrechens des Eisens
abhängt. Ein und dasselbe Stück Eisen zeige durch einen langsam wirkenden, schweren
Schlag zerbrochen einen fadigen, und bei einem heftigen kurzen Schlage einen
körnigen Bruch. Es hat also die Temperatur allein einen entschiedenen Einfluß auf
den Bruch; in einem kalten Zustande zerschlagenes Eisen zeigt einen körnigern Bruch,
als wenn es etwas gewärmt worden ist.
Manche Techniker nehmen an, daß sich dieselben Wirkungen auch auf das Gußeisen
ausdehnen lassen.
Wir haben nun diese Frage durch verschiedene Versuche zu erläutern gesucht:
Ein 3 Zoll im Quadrat starker Gußeisenstab wurde auf zwei Unterlagen gelegt, die etwa
14 Fuß von einander entfernt lagen. Nun wurde eine schwere Kugel an einem 18 Fuß
langen Draht so aufgehängt, daß die Mitte der Kugelperipherie auf die Mitte von der
Seite des Stabes traf. Zieht man nun die Kugel aus der verticalen Lage unter rechten
Winkeln zur Länge des Stabes, wie ein Pendel, bis auf irgend eine Entfernung ab und
läßt sie plötzlich fahren, so führt sie einen horizontalen Schlag gegen den Stab,
dessen Stärke durch die Größe der Kugel und durch die Entfernung, aus welcher man
sie fallen läßt, verändert werden kann. Verschiedene Stäbe, von denen einige
schwächer als der obige waren, wurden durch diesen Apparat einer Reihe von Schlägen
unterworfen, deren Anzahl sich meistens auf 4000 belief. Die Stärke der Schläge bei
jeder Reihe von Versuchen war größer oder geringer, je nachdem es erforderlich war.
Das allgemein erlangte Resultat bestand darin, daß wenn der Schlag stark genug war, den Stab bis zu
seiner stärksten Biegung, d.h. bis zu der, wobei er bei einer ruhenden Belastung
bricht, durchbiegen zu können, kein Stab im Stande war 4000 solcher Schläge
nacheinander zu ertragen. Alle rein und gleichmäßig gegossenen Stäbe widerstanden
dagegen der Einwirkung von 4000 Schlägen, wenn sie nur auf etwa 1/3 ihrer endlichen
Biegung durchgebogen wurden.
Andere Gußeisenstäbe von ähnlichen Dimensionen wurden der Einwirkung eines sich
drehenden Daumens ausgesetzt, der durch eine Dampfmaschine umgetrieben wurde.
Dadurch wurden sie in der Mitte ruhig niedergedrückt und konnten sich dann wieder
heben, und jeder Stab wurde wohl 100,000 Mal niedergedrückt und hob sich wieder, und
zwar etwa 4 Mal in der Minute. Es wurde noch eine andere Vorrichtung angewendet, bei
welcher der ganze Stab während des Niederdrückens einer starken Erschütterung
ausgesetzt wurde. Die Resultate dieser Experimente bestanden darin, daß wenn die
Depression gleich einem Drittel von der äußersten Durchbiegung war, der Stab nicht
unbrauchbar oder beschädigt wurde. Dieß wurde dadurch bestätigt, daß man den Stab
durch ein ruhendes Gewicht auf die gewöhnliche Weise in der Mitte zerbrach. Wenn
aber die Biegung die Hälfte von der äußersten betrug, so zerbrachen die Stäbe bei
weniger als 900 Depressionen. Dieß Resultat entspricht dem vorhergehenden und
bestätigt es.
Mittelst einer andern Vorrichtung wurde ein Gewicht, welches die Hälfte von dem
betrug das den Bruch herbeiführte, von dem einen Ende des Stabes, der ähnliche
Dimensionen wie der obige hatte, bis zum andern vor- und rückwärts gezogen.
Ein dicht und gut gegossener Stab wurde durch 96000 Hin- und Herzüge des
Gewichts nicht beschädigt.
Man darf daher annehmen, daß in Beziehung auf die wiederholten Biegungen gußeiserne
Balken solche Verhältnisse haben müssen, daß sie kaum ein Drittel von der äußersten
Biegung durchgebogen werden können. Da nun aus unsern Versuchen hervorgeht, daß die
durch eine gegebene Belastung, wenn sie ruhend auf einen Balken gelegt worden ist,
hervorgebrachte Einwirkung, durch Stöße sowie durch eine Bewegung der Belastung,
sehr erhöht wird; so folgt daraus daß kaum eine hinreichende Sicherheit vorhanden
ist, wenn die größte Belastung ein Sechstel von der zerbrechenden beträgt, selbst
wenn der Guß ganz tadelfrei war.
Bei schmiedeisernen (oder gewalzten) Stäben wurde durch 10,000 aufeinander folgende
Biegungen mittelst eines sich drehenden Daumens keine sehr bemerkbare Wirkung
hervorgebracht. Bei jeder Depression des Daumens wurde etwa ein Druck angewendet,
dessen Doppeltes als statisches Moment eine bleibende Biegung hervorbrachte.
Zur Beantwortung der zweiten von den obigen Fragen, nämlich welche mechanische
Wirkung die Stöße und die sich bewegenden Belastungen hätten, wurden weit mehr
Versuche angestellt, um die drückende Einwirkung schwerer Körper auf Balken zu
erläutern. Aus diesen Versuchen scheint hervorzugehen, daß gußeiserne Balken von
derselben Länge und demselben Gewicht, welche die horizontal wirkenden Stöße oder
Schläge von der weiter oben beschriebenen schweren Kugel erhielten, denselben
Widerstand gegen den Druck (impact im Engl.) leisten,
sey die Form ihrer Querschnittes welche sie wolle, vorausgesetzt, daß sie gleiche
Oberflächengröße haben. Es bedurfte daher ein Stab von 6 × 1 1/2 Zoll im
Querschnitt, der auf Unterlagen, die etwa 14 Fuß auseinander lagen, gelegt worden
war, ebenso starker Stöße, um ihn in der Mitte zu zerbrechen, es mochten dieselben
nun auf die breite oder auf die schmale Seite einwirken. Fast dieselben Stöße waren
auch erforderlich um einen gleich langen Stab zu zerbrechen, dessen Querschnitt 3
Zoll im Quadratmaaß und der daher gleichen Querschnitt und gleiches Gewicht mit dem
vorhergehenden hatte.
Eine andere Reihe von Versuchen mit demselben Apparat zeigte unter andern Resultaten,
daß die durch die Kugel veranlaßte Biegung schmiedeiserner Stäbe sich fast wie die
Geschwindigkeit des Druckes (impact) verhalte. Die
Biegung des Gußeisens ist stärker als dieß Verhältniß.
Eine Reihe von Versuchen wurde in der Absicht unternommen, um die Wirkungen von
Belastungen zu erfahren, welche gleichförmig auf einem Balken vertheilt sind, und um
zu sehen, ob dadurch ihr Widerstand gegen den Druck derselben Kugel, die senkrecht
darauf fiel, erhöht worden sey. Man fand, daß gußeiserne Balken, die der ganzen
Länge nach mit Gewichten belastet worden, die jedoch so daran befestigt waren, daß
sie ihre Biegung nicht verhinderten, einen doppelten Druck von dem darauffallenden
Gewicht ertragen konnten, als wenn sie unbelastet waren. Die Kugel traf die Mitte
der Balken, fiel senkrecht von verschiedenen Höhen herab, und die Durchbiegungen
verhielten sich fast wie die Geschwindigkeit des Drucks.
Eine fernere Reihe von Versuchen wurde von uns in der Absicht unternommen, um die
mechanischen Wirkungen von Belastungen, die mit größerer oder geringerer
Geschwindigkeit über Brücken gehen, mit denen ruhender Lasten zu vergleichen. Zu dem
Ende wurde unter andern
Methoden auch ein Apparat eingerichtet, mittelst welchem ein mit verschiedenen
Gewichten zu belastender Wagen eine geneigte Ebene hinabgehen mußte. Die eisernen
Stäbe, welche der Gegenstand der Versuche waren, wurden am Fuß der Rampe horizontal
angebracht, so daß der beladene Wagen mit der auf jener erlangten Geschwindigkeit
darüber hinfuhr. Es konnten daher die Wirkungen dieser verschiedenen
Geschwindigkeiten beim Biegen und Zerbrechen der Stäbe beobachtet und mit den
Wirkungen ruhender Lasten auf gleich starke Stäbe verglichen werden.
Der Apparat war nach einem hinlänglich großen Maaßstabe eingerichtet, um den
Resultaten einen praktischen Werth zu geben. Das obere Ende der geneigten Ebene lag
fast 40 Fuß über dem horizontalen Theil und zur Leitung des Wagens lagen auf der
ganzen Länge der Rampe Schienen mit 3 Fuß Spurweite. Der Wagen konnte eine Belastung
aufnehmen, die bis 2 Tonnen oder 40 Cntr. betrug. Die zu probirenden, 9 Fuß langen
Stäbe lagen in der Verlängerung der Eisenbahn auf dem horizontalen Theil, und dieser
war mit dem abhängigen Theil durch eine mäßige Curve verbunden. An den Probestäben
waren Vorrichtungen angebracht, durch welche die Biegungen derselben durch die
belasteten Wagen gemessen werden konnten. Die dem letztern ertheilte Geschwindigkeit
konnte auch gemessen werden, allein sie war durch die Höhe der Rampe beschränkt und
die größte zu erreichende betrug 43 Fuß in der Secunde oder ungefähr 30 engl. (6 1/2
deutsche) Meilen in der Stunde.
Es wurden mit diesem Apparate sehr viele Versuche gemacht um die Wirkungen
verschiedener Belastungen, die sich mit verschiedenen Geschwindigkeiten auf den
Stäben bewegten, mit der solcher Gewichte vergleichen zu können, die auf der Mitte
der Stäbe ruheten. Man erlangte dadurch das allgemeine Resultat, daß die durch eine
sich bewegende Belastung hervorgebrachte Biegung bedeutender sey, als die, wenn man
das Gewicht auf die Mitte der Stäbe legte und daß die Biegung mit der
Geschwindigkeit der Bewegung zunahm. Stellte man daher den mit 1120 Pfd. belasteten
Wagen ruhig auf ein Paar gußeiserne Schienen von 9 Fuß Länge, 4 Zoll Breite und 1
1/2 Zoll Höhe, so entstand eine Biegung von 6/10 Zoll. Ging aber der Wagen mit einer
Geschwindigkeit von 10 engl. (2 1/4 deutschen) Meilen in der Stunde über die
Schienen weg, so betrug die Biegung 8/10 und sie nahm mit der Geschwindigkeit des
Wagens zu, so daß bei einer Geschwindigkeit von 30 engl. Meilen in der Stunde die
Biegung 15/10 Zoll betrug, d.h. mehr als das Doppelte von der statischen
Biegung.
Da nun die Geschwindigkeit der Bewegung die Wirkungen einer gegebenen Belastung beim
Durchbiegen der Stäbe so bedeutend erhöht, so folgt daraus, daß ein weit geringeres
Gewicht, wenn es über die die Schienen sich schnell bewegt, dieselben zerbricht, als
wenn es ruhig auf denselben liegt. In dem obigen Beispiel war zum Zerbrechen der
Schienen ein ruhendes Gewicht von 4150 Pfd. und ein mit einer Geschwindigkeit von 30
engl. Meilen in der Stunde bewegtes von nur 1778 Pfd. erforderlich.
Es zeigte sich, daß wenn sich die Last bewegte, die Punkte der stärksten Biegung und
noch mehr die des stärksten Druckes, nicht in der Mitte der Stäbe, sondern näher an
den Enden lagen. Wurden die Schienen durch eine sich bewegende Belastung zerbrochen,
so waren die Brüche in der Mitte, und es erfolgten oft vier bis fünf Bruchstücke,
ein Beweis des bedeutenden Druckes dem sie ausgesetzt gewesen waren.
Wir haben den Versuch gemacht, die Gesetze zu bestimmen, welche diese Resultate
untereinander und mit den praktischen Erfolgen verbinden, und es wurde zur
Erreichung dieses Zwecks ein kleinerer und genauerer Apparat vorgerichtet, um die
Erscheinungen in ihrer einfachsten Form zu untersuchen, besonders den Fall, in
welchem ein einziges Gewicht über einen leichten elastischen Stab weggeht. Das
Gewicht biegt den Stab auf seinem Wege und es ist letzterer keine horizontale gerade
Linie, wie es der Fall seyn würde, wenn der Stab ganz steif wäre, sondern eine
Curve, deren Form von dem Verhältniß zwischen der Länge, Elasticität und Trägheit
des Stabes, der Größe des Gewichts und der ihm ertheilten Geschwindigkeit abhängt.
Könnte die Form dieser Curve in allen Fällen genau bestimmt werden, so würde man die
Wirkungen sich bewegender Gewichte auf die Stäbe kennen; allein unglücklicher Weise
ist die fragliche Aufgabe so verwickelt, daß ihre vollständige mathematische Lösung
nur in dem einfachsten Fall mit den jetzigen Kräften der Analyse bewirkt werden
kann. Dieser Fall ist der, wenn die Belastung so eingerichtet ist, daß sie bloß an
einem Punkt auf den Stab drückt, oder mit andern Worten, wenn die Belastung als ein
schwerer, beweglicher Punkt betrachtet wird. In der Praxis dagegen berührt jeder
vierrädrige Wagen jeden Stab an zwei und jede sechsrädrige Locomotive mit ihrem
Tender jede Schiene sogar an sechs Punkten. Dadurch ist die Aufgabe sehr
verwickelt.
Der obige kleinere Apparat ist so eingerichtet, daß die Belastung nur auf einen Punkt
des Stabes drückt, und ist auch mit einer Vorrichtung versehen, durch welche die
Wirkungen verschiedener Verhältnisse des Stabes zu der Belastung untersucht werden
können. Wegen der Beschaffenheit der Aufgabe ist es zweckmäßig, daß zuvörderst die
Formen der Curven und die entsprechenden Biegungen des Stabes unter der
Voraussetzung betrachtet werden, daß der Stab im Verhältniß zu der Belastung eine
sehr kleine Masse darbietet.
Nachdem wir nun diese Data unter verschiedenen Verhältnissen der Länge der Brücken,
ihrer statischen Biegung und der Geschwindigkeit der sich bewegenden Belastung,
erlangt hatten, gingen wir zu der Untersuchung der Einwirkungen über, welche eine
verhältnißmäßig größere Masse des Stabes oder der Brücke auf die Biegung hatte. Auf
Ersuchen der Mitglieder der Commission erhielten wir bei diesen Untersuchungen eine
sehr wesentliche Hülfe durch Hrn. Prof. Georg Stokes in
Cambridge. Zu bedauern ist es, daß die außerordentliche Schwierigkeit der Aufgabe
ihre vollständige Lösung unmöglich gemacht hat, so daß sie nur in demjenigen Falle
gelungen ist, in welchem die Masse der Belastung im
Vergleich zu der Masse der Brücke gering ist, und im entgegengesetzten Fall, in
welchem die Masse der Brücke im Vergleich zu der der Belastung sehr klein erscheint.
Die in der Praxis vorkommenden Beispiele liegen in der Mitte zwischen beiden
Extremen. Bei den von der Commission zu Portsmouth mit der bereits beschriebenen
geneigten Ebene angestellten Versuchen, war das Gewicht der Belastung das 3 bis
10fache von dem des Stabes. Dieß ist aber ein weit größeres Verhältniß als das bei
unsern Brücken wirklich vorhandene, zum Theil wegen der Nothwendigkeit, bei den
Versuchen sehr biegsame Stäbe anzuwenden, um die Veränderungen durch die Biegung
gehörig deutlich zu machen, und theils wegen des großen Unterschieds der Länge. Denn
wenn Stäbe von demselben Gewichtsverhältnisse zu dem der Belastung bei den Versuchen
angewendet worden wären, so mußte die Biegung so gering seyn, daß sie kaum zu
bemerken war. Man wird dieß leicht begreifen, wenn man als bekannt annimmt, daß bei
einer 33 Fuß langen Brücke gewöhnlich nur eine Biegung von 1/4 Zoll gestattet ist,
d.h. nur 1/1440 Theil von ihrer Länge, wogegen bei Versuchen Biegungen von 2 und
mehr Zollen erforderlich sind. Bei den jetzt vorhandenen Brücken von ungefähr 40 Fuß
Spannung beträgt das Gewicht der Locomotive und des Tenders fast die Hälfte von dem
Gewicht der Brücke, über welche sie gehen sollen; und bei großen Brücken ist das
Verhältniß des Gewichts der Belastung zu dem der Brücke noch geringer.
Prof. Stokes hat gezeigt, daß wenn die Trägheit der Brücke
als gering angenommen wird, die Curven der Belastung und die entsprechende Biegung
der Brücke von einer gewissen Größe abhängen, die er mit β bezeichnet. Diese Größe verändert sich im geraden Verhältniß wie
das Quadrat der Länge des Stabes, und umgekehrt wie das Product der mittleren
statischen Biegung (d.h. wie die, welche durch eine Belastung hervorgebracht wurde,
die man ruhig auf den Mittelpunkt der Brücke setzte) und des Quadrats der
Geschwindigkeit mit welcher die Belastung über die Brücke geht. Wenn β klein ist, so wird die Zunahme der Biegung
durch die Geschwindigkeit der Belastung sehr groß, um soviel, daß wenn β = 1,3, die statischen Biegungen verdoppelt
werden, und verdreifacht, wenn β = 0,8; sie wird
noch bedeutender, je geringere Werthe von β man
nimmt. Größere Werthe von β entsprechen dagegen
geringen Biegungen; und es ist durch unsere Untersuchungen nachgewiesen worden, daß
bei den vorhandenen Brücken β selten geringer und
gewöhnlich weit größer als 14 ist; und daß folglich die größte Zunahme der Biegung
durch die Geschwindigkeit nach dieser Theorie nie größer als 1/10 und geringer als
1/100 seyn könne. Da β sich wie das Quadrat der
Länge der Brücke verändert, so ist es klar, daß die 9füßigen Stäbe bei den zu
Portsmouth unternommenen Versuchen weit geringeren Werthen von β entsprechen werden, als die 20 bis 30 Fuß
langen wirklichen Brücken; während die Werthe von β in den frühern Fällen, durch die bei den Versuchen nothwendig
angewendeten stärkeren Biegungen, wie weiter oben bemerkt, noch mehr vermindert
werden müssen. Es ist daher bewiesen, daß die ungeheure Zunahme der Biegungen bei
den Versuchen zu Portsmouth, welche durch die Geschwindigkeit veranlaßt worden
waren, bei den wirklichen Brücken nicht vorkommen können, da es sich herausgestellt
hat daß die fraglichen Erscheinungen bei Verminderung der Größe der Constructionen
sehr vergrößert wurden. Jedoch sind diese Berechnungen unter der Annahme angestellt
worden, daß die Trägheit der Brücke sehr gering sey; und Versuche mit den oben
erwähnten kleinen Apparaten haben gezeigt, daß während β geringer als die Einheit ist, die Trägheit der Brücke die Biegung
zu vermindern strebt; daß hingegen, wenn β größer
als die Einheit (alle praktischen Fälle berücksichtigt) ist, die Trägheit der Brücke
die Biegungen zu erhöhen strebt. Endlich ist die ganze Zunahme der statischen
Biegung, bei Berücksichtigung der Trägheit der Brücke, bei kurzen Brücken weit
bedeutender gefunden worden, als bei langen. Nehmen wir z.B. an, daß die Masse der
sich bewegenden Belastung und das Gewicht der Brücke einander fast gleich sey, so
wird die Zunahme der statischen Biegung bei den größten Geschwindigkeiten, bei
Brücken von 20 Fuß Länge und von dem gewöhnlichen Grade der Steifheit, mehr als 1/2
betragen; wogegen bei 50 Fuß langen Brücken die Zunahme nur 1/7 beträgt, und sich
mit zunehmenden Längen rasch vermindert. Da aber bewiesen worden ist, daß die
Zunahme bei übrigens gleichen Verhältnissen durch die größere Steifheit der Brücken
vermindert worden ist, so haben wir es stets in unserer Gewalt, ihre Größe innerhalb
gefahrloser Gränzen anzunehmen. Wollen wir daher die Stärke einer Eisenbahnbrücke
bestimmen, so muß die Zunahme der statischen Biegung berücksichtigt werden, indem
man sie nach der größten Belastung, die über die Brücke gehen könnte, sowie nach der
größtmöglichen Geschwindigkeit berechnet. Es muß aber auch bemerkt werden, daß diese
Biegung durch Stöße vergrößert werden kann, Stöße, die beim Uebergange der Wagenzüge
über die Schienenwechsel veranlaßt werden. Wir machten auch mit Hülfe des vorhin
erwähnten großen Apparats einige Versuche mit gekrümmten Stäben, die bei großen
Geschwindigkeiten weit größere Lasten trugen als gerade Stäbe; allein die Biegungen
derselben waren im Verhältniß zu ihrer Länge sehr bedeutend. Indem wir die
Aufmerksamkeit auf diese Versuche zu richten suchen, müssen wir bemerken, daß bei
den jetzigen Structuren, bei denen die Biegungen so sehr gering sind, die Wirkungen
bogenförmiger Balken, und folglich eines bogenförmigen Weges für die Lasten von
verhältnißmäßig geringer Wichtigkeit sind und Veranlassung zu praktischen
Unbequemlichkeiten geben.
Die allgemeine Meinung der meisten Ingenieure weicht von den hier mitgetheilten
Resultaten ab. Die meisten behaupten nämlich, daß die durch einen sehr schnellen
Uebergang von Lasten über Balken hervorgebrachte Biegung geringer als die sey,
welche dieselbe, aber ruhende Belastung hervorbringt. Selbst dann wenn sie eine
Zunahme beobachteten, so haben sie dieselbe lediglich den Stößen der Locomotive oder
des Wagenzuges bei dem Uebergange über die Schienenwechsel, oder ähnlichen Ursachen
zugeschrieben.
Zur Untersuchung dieser Frage haben wir zwei vorhandene Brücken zu unsern
Experimenten benützt. Die eine derselben, die Ewellbrücke, liegt auf der Croydon-Epsom-Bahn, und die andere, die Godstone-Brücke auf der Südwest-Bahn, und beide haben den Zweck, die Bahn über die
Landstraße zu führen. Es wurde auf der Straße ein Gerüst erbaut, welches daher von
den Bewegungen der Brücke unberührt blieb. An der untern Seite von einem der
Brückenbalken wurde ein
Schreibstift angebracht, so daß, wenn die Brücke durch das Gewicht der Locomotive
oder des Wagenzuges gebogen wurde, oder wenn diese Biegung durch ein ruhiges
Haltenbleiben auf der Brücke erfolgte, der Schreibstift die Größe der Biegung auf
einem Brette, welches an dem Gerüst angebracht worden war, durch Striche anzeigte.
Eine zu unserer Benutzung dienende Locomotive nebst Tender fuhr mit verschiedenen
Geschwindigkeiten über die Brücke oder blieb ruhig darauf halten. Die Spannung der
Ewellbrücke beträgt 48 Fuß, und die statische Biegung durch die obige Belastung
belief sich auf mehr als 1/5 Zoll. Diese Biegung wurde wenig, aber ganz bestimmt
vergrößert, wenn die Maschine über die Brücke ging, und diese Zunahme der Biegung
betrug bei einer Geschwindigkeit von 50 engl. Meilen in der Stunde 1/7 Zoll. Da nun
bekanntlich der Druck auf einen Brückenbalken der Biegung fast proportional ist, so
muß daraus gefolgert werden, daß in diesem Fall die Geschwindigkeit der Belastung
denselben Druck ausübte, als wenn sie ruhig auf der Mitte des Balkens stehend, um
1/7 vermehrt worden wäre. Das Gewicht der Maschine und des Tenders betrug 39 Tonnen
und die Geschwindigkeit setzte es in den Stand, auf dem Balken einen Druck von etwa
45 Tonnen auszuüben. Aehnliche Resultate wurden bei der Godstonebrücke erlangt.
Außer den erwähnten Versuchen haben wir manche deßhalb angestellt, um Data zur
Vervollständigung der mechanischen Theorie elastischer Balken zu erlangen. Wird ein
Balken auf irgend eine Weise gebogen, so wird seine concave Seite zusammengepreßt
und seine convexe ausgedehnt. Einer genauen Kenntniß der Gesetze, welche die
Zusammendrückung und Ausdehnung beherrschen, muß eine genaue und allgemeine Theorie
von den Biegungen, Erschütterungen und Brüchen vorhergehen.
Das Gesetz, welches bei mathematischen Untersuchungen gewöhnlich angenommen wird, und
nach welchem die Längen-Zusammendrückungen und Ausdehnungen, innerhalb
gewisser Gränzen, als im geraden Verhältniß zu den Kräften stehend angenommen
werden, welche diese Wirkungen hervorbringen, kommt bei manchen Körpern der Wahrheit
ziemlich nahe, ist aber für kein Material genau richtig.
Es wurden daher Versuche angestellt, um mit möglichster Genauigkeit die directen
Längen-Ausdehnungen und Zusammendrückungen langer guß- und
schmiedeiserner Stäbe zu bestimmen. Die Ausdehnungen wurden dadurch bestimmt, daß
man einen 50 Fuß langen und 1 Zoll im Quadrat starken Stab an der Decke eines hohen
Gebäudes befestigte und an seinem untern Ende Gewichte anbrachte.
Die Zusammendrückung wurde dadurch bestimmt, daß man einen 10 Fuß langen und 1 Zoll
im Quadrat starken Stab in eine Vertiefung legte, die in einem gußeisernen Gestell
angebracht war, und die dem Stab erlaubte frei und ohne Reibung zu gleiten, aber
doch keine Seitenbiegung zuließ. Der Stab wurde alsdann mittelst eines Hebels der
mit verschiedenen Gewichten belastet war, zusammengedrückt. Zur Erlangung von
Genauigkeit waren alle möglichen Vorsichtsmaßregeln getroffen. Es wurden daraus die
nachstehenden Formeln abgeleitet, um das Verhältniß zwischen der Ausdehnung oder
Zusammendrückung eines 10 Fuß langen und 1 Zoll im Quadrat starken Stabes, und den
diese Wirkungen hervorbringenden Gewichten auszudrücken:
Ausdehnung, w
=
116117 e – 201905 e²
Zusammendrückung, w
=
107763 d – 36318 d²
w bezeichnet das Gewicht in Pfunden, welches auf den
Stab wirkt e die Ausdehnung und d die Zusammendrückung in Zollen.
Und die hieraus für einen Stab von 1 Zoll im Quadrat und von irgend einer Länge
abgeleiteten Formeln sind:
für die Ausdehnung, w
=
13934040 e/l
– 2907432000 e²/l²
für die Zusammendrückung, w
=
12931560 d/l
– 522979200 d²/l²
l ist die Länge des Stabes in Zollen.
Diese Formeln wurden aus den mittleren Resultaten abgeleitet, die wir von vier
Gußeisen-Sorten erlangt hatten.
Die mittlere Spannungsfestigkeit (tensile strength) des
Gußeisens, die aus diesen Versuchen abgeleitet worden ist, beträgt 15711 Pfd. auf
den Quadratzoll, und die äußerste Ausdehnung 1/600 der Länge, und dieß Gewicht würde
einen Eisenstab von demselben Querschnitt um 1/775 seiner Länge zusammendrücken. Für
Schmiedeisen kommt das gewöhnliche und bekannte Gesetz der Wahrheit sehr nahe.
Es sind manche Bezeichnungen von Gußeisen-Sorten in allgemeinen Gebrauch
gekommen, deren Eigenschaften noch nicht genau bestimmt sind. Es wurden von
denselben 17 Sorten ausgewählt, um das Modul ihrer Ausdehnung und Zusammendrückung
zu bestimmen. Es wurden auch Versuche angestellt, um den nach der Querrichtung
wirkenden Widerstand von schmied- und gußeisernen Stäben, auf welche horizontalehoriozntale und verticale Kräfte einwirken, zu bestimmen. Diese Versuche zeigen sehr
vollständig die Biegung und Zusammendrückung des Gußeisens, so wie den Mangel an
Elasticität.
Die Stäbe, mit denen man die Versuche mit dem der Quere nach wirkenden Druck
anstellte, hatten Querschnitte von 1 bis 3 Zoll im Quadrat, sowie auch noch
verschiedene andere Querschnitte, und die Gewichte, die einen Bruch herbeiführten,
zeigten daß die Stärke eines Stabes von 1 Zoll im Quadrat nicht als die Einheit zur
Berechnung der Stärke größerer gußeiserner Körper angenommen werden darf, obgleich
dieß der herrschende Gebrauch ist. Es scheint nämlich, daß das krystallinische
Gefüge in demjenigen Theile des Gusses, der sich zuerst abkühlt, klein und dicht
ist, während der mittlere Theil von Balken, von 2 und von 3 Zoll im Quadrat, aus
verhältnißmäßig großen Krystallen besteht; daß ferner Gußstücke, die einen
Querschnitt von 3 Quadratzoll haben, die aber nur 3/4 Zoll dick sind, sowohl der
Quere nach, als auch gegen Zerdrückung, nur einen geringen Widerstand leisten. Daher
erscheint es wünschenswerth, um eine Einheit für die Stärke des Eisens bei großen
Gußstücken zu suchen, daß der gebrauchte Stab in der Stärke gleich dem dicksten
Theil des beabsichtigten Gusses sey.
Von mehreren Hüttenbesitzern haben wir sehr werthvolle Mittheilungen über die
verschiedenen Processe erhalten, durch welche ihr Eisen dargestellt wird, sowie auch
über die Einwirkungen dieser Processe auf die Stärke und die Eigenschaften des
producirten Materials. Wir haben ferner genaue Erkundigungen von Ingenieuren und
Eisengießern über die Eigenschaften und Mischungen des von ihnen zum Guß großer
Stücke angewendeten Eisens, welches hauptsächlich zu Eisenbahnbrücken benutzt wird,
sowie über die Eigenschaften des bei warmem und kaltem Winde erblasenen Roheisens
eingezogen.
Ueber die besten Eigenschaften und die besten Mischungen des Roheisens zum Guß
herrschen sehr verschiedene Meinungen, und hauptsächlich scheint es, daß bei dem zu
großen Güssen angewendeten Eisen ganz besonders der Preis berücksichtigt wird, und
sehr viele Gießereien selten im Stande sind das beste Material dazu auszuwählen. Es
ist eine ganz allgemeine Annahme, daß die Ingenieure gar keine Garantie haben, daß
die Mischung der verschiedenen Roheisensorten, die der Contract mit der Gießerei
anzuwenden vorschreibt, auch wirklich genommen worden sey, und daß es auch kein
gewisses Zeichen gibt, durch welches es sich bestimmen läßt, ob ein gegebenes
Gußstück oder ein Stück von Schmiedeisen, aus kalt oder warm erblasenem Eisen
fabricirt worden sey. Ein sehr gutes und zweckmäßiges Auskunftsmittel besteht darin,
den Contract mit der Gießerei so zu stellen, daß Brückenbalken und andere dergl.
Stücke, ohne zu brechen, eine gewisse Belastung aushalten müssen, und dem Gießer die
Qualität des Roheisens zu überlassen. Auf diese Weise ist die Gießerei im Interesse,
und wird dafür sorgen, daß gutes Roheisen zum Guß genommen und derselbe möglichst
tadelfrei ausgeführt wird.
Als die Eisenbahnen erst ins Leben traten, wurden dabei nöthige Brücken nach
denselben Grundsätzen gebaut, wie sie bei Straßen und Canälen construirt worden
waren. Einige von diesen gewöhnlichen Constructionen haben sich als ganz
unzweckmäßig gezeigt, um die ungeheuren Lasten und die Erschütterungen der
Eisenbahnzüge zu tragen. Einige andere Constructionen wurden als zu kostbar
angesehen, und noch andere, wie z.B. die Hängebrücken, waren bei Eisenbahnen gar
nicht anwendbar. Außer der Nothwendigkeit, daß das Niveau der Eisenbahnen so viel
als möglich gleich gehalten wird, verbunden mit dem Umstande, daß man mit solchen
Brücken unter und über vorhandenen Canälen, Flüssen oder Straßen durchgehen muß,
sind beim Eisenbahnwesen hauptsächlich solche Brücken nothwendig, welche einen
möglichst flachen Bogen haben, da dieß die Localumstände in sehr vielen Fällen
erfordern.
Aus diesen Gründen, in Verbindung mit den unzähligen Gelegenheiten neue Brücken zu
erbauen, welche die ausgedehnte Verbreitung des Eisenbahnwesens und das stete
Bestreben, möglichst wohlfeil zu bauen, herbeigeführt haben, sind eine Menge neuer
Constructionen vorgeschlagen und versucht worden, von denen jedoch viele gar keinen
Werth haben.
Kurz die Kunst des Eisenbahn-Brückenbaues ist durchaus noch nicht auf feste
Grundsätze zurückgeführt, weßhalb wir uns auch bemüht haben, durch unsere Versuche
zur Feststellung dieser Grundsätze möglichst beizutragen. Hauptsächlich haben wir
die Form und die Verhältnisse einfacher gußeiserner Balken, die praktischen Gränzen,
innerhalb welcher solche Balken angewendet werden können, die Art und Weise ihrer
Verbindung mit dem übrigen Theil der Structur, die verschiedenen Formen
zusammengesetzter Brückenbalken und die Zweckmäßigkeit verschiedener Combinationen
von Schmiedeisen mit Gußeisen zum Gegenstande unserer Untersuchungen gemacht.
Endlich haben wir auch die gegenseitigen Vorzüge und Nachtheile gerader Balken und
anderer Formen in Betracht gezogen, bei denen die Grundsätze des Bogens oder andere
Methoden, um die gehörige Festigkeit zu veranlassen, angewandt sind.
Die einfachsten Brücken, welche bei gegebener Höhe über der Sohle den besten Weg
gestatten, sind ohne Zweifel die mit geraden Balken.
Die Länge eines einfachen gußeisernen Balkens scheint einzig und allein durch die
Kunst recht dichte und fehlerfreie Balken zu gießen, so wie durch die Schwierigkeit
große Massen zu bewegen, beschränkt zu werden. Auf diese Weise ist man zu
verschiedenen Längen, von 40, 50 und 60 Fuß gelangt. Die beste Form ist die, welche
die größte Festigkeit gewährt, wiewohl auch hierin sehr verschiedenartige Ansichten
herrschen. Ohne allen Zweifel zweckmäßig ist es, die Schienen so niedrig als möglich
an den Balken anzubringen, weßhalb der beste Unterstützungspunkt die untere
Verstärkungsrippe ist. Der Druck der Bahn und der auf derselben sich bewegenden
Lasten ruht alsdann gänzlich auf der einen Seite des Balkens, wodurch eine Torsion
hervorgebracht wird, welche man nicht immer bei Bestimmung der Verhältnisse der
Brückenbalken berücksichtigt. Ihr Vorhandenseyn erleidet gar keinen Zweifel, und man
hat mehrere Regeln um ihr entgegen zu wirken und sie zu vermindern. Eine Form der
Brückenbalken aber, welche den Einwirkungen der Torsion widersteht, ohne andere
Nachtheile zu veranlassen, gehört jedoch bis jetzt noch zu den frommen Wünschen.
Die erforderliche Länge der Brückenbalken wird sehr bedeutend durch die häufige
Nothwendigkeit von schiefen Brücken gesteigert, und es ist sehr zu bedauern, daß die
oft erforderliche Veränderung der Richtung der Eisenbahnlinie die Veranlassung gibt,
daß vorhandene Landstraßen und Canäle in einem schiefen Winkel überbrückt werden
müssen. So kommt es denn, daß die Spannung der Brücken hin und wieder das Doppelte
von dem beträgt, was erforderlich wäre, wenn die Canäle oder Straßen in gerader
Linie überspannt werden könnten.
Wenn die zu überbrückenden Vertiefungen eine zu große Spannung erfordern, oder wenn
andere Umstände es unmöglich machen, einfache gerade Balken anzuwenden, so schraubt
man sie aus mehreren Stücken zusammen und erhöht ihre Festigkeit durch
schmiedeiserne Spannstäbe. Auf diese Weise kann man 120 Fuß weite Oeffnungen
überbrücken.
Wenn Schmiedeisen mit Gußeisen verbunden ist, so entstehen mehrere Schwierigkeiten
aus der verschiedenen Ausdehnung beider Metalle, sowie auch daraus, daß das
Schmiedeisen weit eher von dem plötzlichen Temperaturwechsel angegriffen wird als
das Gußeisen. Fortwährende Einwirkung von Lasten auf das Schmiedeisen veranlassen
dessen Ausdehnung, weßhalb es nothwendig ist, Spannstäbe zuweilen durch Schrauben
anzuziehen. Wir haben über alle diese Fragen verschiedene Meinungen und
Mittheilungen zu vernehmen gesucht, und werden sie im Verfolg unseres Berichts
mittheilen. Es geht daraus hervor, daß bei Anwendung solcher Combinationen aus Guß- und
Schmiedeisen die größte Geschicklichkeit und Sorgfalt angewendet werden muß.
Besonders ist es zu vermeiden, daß die Erschütterungen der Eisenbahnzüge die
Schraubenbolzen oder Niete locker machen. Man hat daher auch Holz, Filz oder andere
ähnliche Substanzen zwischen die Oberflächen gelegt, um die Uebertragung der
Erschütterungen zu vermindern. Es scheint eine allgemeine Ansicht der Ingenieure zu
seyn, daß der gußeiserne Bogen die beste Form für eine eiserne Brücke sey, wenn die
Kosten und die örtlichen Verhältnisse dessen Anwendung gestatten. Bei niedrigen
Brücken scheinen gitterartige Balken die zweckmäßigsten zu seyn.
Neuerlich hat man eine Construction als sehr zweckmäßig erkannt, welche darin
besteht, daß man Platten von Kesselblech, wie beim Schiffsbau, mit einander
vernietet und diese schmiedeisernen Balken mit gußeisernen verbindet. Es entstehen
auf diese Weise hohle Balken, welche entweder so groß sind, daß die Wagenzüge
hindurchgehen können, wie bei den Conway- und Britannia-Brücken; oder
die röhrenförmigen Balken werden nach einem kleinern Maaßstabe angefertigt und auf
dieselbe Weise wie die gewöhnlichen Balken angewendet. Die erstere Art gestattet
außerordentliche Spannungen wie die eben erwähnten Brücken beweisen, die respective
400 und 462 Fuß lang sind. Die zweite Art soll wohlfeiler und elastischer als andere
Formen, bei Spannungen über 40 Fuß seyn. Combinationen dieser Art haben und
versprechen manche Vortheile, sind aber noch zu neu, um die erforderlichen
Erfahrungen über ihre Widerstandsfähigkeit gegen plötzlichen Temperaturwechsel,
gegen Schwankungen, Erschütterungen und andere Ursachen der Zerstörung gewährt haben
zu können. Wir haben es für unsere Pflicht erachtet, möglichst genaue Untersuchungen
darüber anzustellen, zumal sich sehr viele Techniker günstig darüber aussprechen; es
ist uns aus den obigen Gründen jedoch nicht gelungen, bestimmte Meinungen über diese
Arten von Brücken aussprechen zu können. Zu gleicher Zeit können wir uns nicht
lobend genug über die große Sorgfalt und die praktische Benutzung wissenschaftlicher
Grundsätze aussprechen, welche bei den Formen und Verhältnissen der großen Röhren,
aus denen die Conway- und Britannia-Brücken construirt worden sind,
angewendet wurden.
Unsere Untersuchungen haben uns überzeugt, daß die Neuheit des ganzen Eisenbahnwesens
eine große Verschiedenheit von neuen mechanischen Ursachen eingeführt hat, deren
Wirkungen gar noch nicht Zeit hatten, sich wegen der Ausdehnung und Anzahl neuer
Eisenbahnen, und der Geschwindigkeit, mit welcher dieselben erbaut wurden,
vollständig zu
entwickeln, so daß die Ingenieure kaum einmal Zeit zu der erforderlichen Ueberlegung
hatten, um über die Vorzüge oder Nachtheile dieser oder jener neuen Construction die
erforderlichen Erfahrungen zu machen. So ist es denn gekommen, daß manche
Mechanismen und Constructionen viel zu schwach gemacht, oder unter ungünstigen
Umständen angewendet worden sind, und daher zu sehr beklagenswerthen und hin und
wieder viele Menschenleben kostenden Unglücksfällen Veranlassung gegeben haben. Der
große Mangel an einer gleichartigen Praxis bei den wichtigsten Punkten des
Eisenbahnwesens beweisen ebenfalls noch, wie mangelhaft und unvollkommen die
leitenden Grundsätze dabei bis jetzt sind.
Wir sind aber auch im Verlauf unserer Untersuchungen zu der Ueberzeugung gelangt, daß
Erfahrung die Architekten veranlaßt hat, den Eisenbahnbrücken die gehörige
Festigkeit zu ertheilen, daß früher zu schwach gemachte Brücken später so verstärkt
worden sind, um jede mögliche Gefahr zu verhindern. Diese Erfahrung trifft überall
jeden Punkt des Eisenbahnwesens, indem sich die Ingenieure theils auf dem Wege
wissenschaftlicher, theils auf dem Wege empirischer Grundsätze veranlaßt gefunden
haben, die Kosten oder Unglücksfälle veranlassenden Schwächen der Constructionen
möglichst zu vermeiden.
Wir wollen übrigens auf die allgemeinen Folgerungen, zu denen wir durch unsere
eigenen Untersuchungen, sowie durch die Erfahrungen Anderer gelangt sind, aufmerksam
machen, namentlich:
daß es nothwendig sey, bei Contracten auf Gußeisenstücke eine gewisse Festigkeit des
Gußeisens, welches sich durch das Tragen eines bestimmten Gewichtes ausweist, zur
Bedingung zu machen, indem dieß weit zweckmäßiger ist, als die Roheisensorte zu dem
Guß vorschreiben zu wollen;
daß zur Berechnung der Stärke eines bestimmten Gußeisenstücks stets der stärkste
Theil als Einheit angenommen werde;
daß, weil nachgewiesen worden ist, daß man dem Eisen für wiederholte Biegungen kaum
1/3 von der äußersten Biegung, bei welcher der Bruch erfolgt, gestatten darf; daß,
da diese Biegung durch eine sich bewegende Belastung, durch Stöße und
Erschütterungen, noch erhöht wird, Eisenbahnbrücken so construirt werden müssen, daß
die durch die größte Belastung veranlaßte Biegung nur 1/6 von derjenigen betrage,
welche durch ein ruhendes Gewicht den Bruch des Stabes veranlassen würde; daß, da es sich gezeigt
hat, daß die Wirkung der Geschwindigkeit einer Last die Biegung vergrößert; daß, da
die dynamische Steigerung bei Brücken unter 40 Fuß Länge, eine hinreichende
Wichtigkeit hat, um die besondere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und sie bei
Längen von 20 Fuß mehr als die Hälfte von der statischen Biegung bei bedeutenden
Geschwindigkeiten betragen, aber durch Zunahme der Festigkeit der Brücken vermindert
werden kann, es rathsam ist, hauptsächlich bei kurzen Brücken, die größere Biegung
nach der größten Belastung und der größten Geschwindigkeit, denen die Brücke
ausgesetzt wird, zu berechnen, und daß eine Belastung, welche statisch dieselbe
Biegung hervorbringen würde, bei Bestimmung der Stärke der Structur als die größte
Belastung angesehen werden muß, der die Brücke unterworfen werden kann.
Endlich ist der Widerstand eines Balkens gegen Druck mit seiner Masse verschieden,
mag der den Druck ausübende Körper seyn welcher er wolle. Auch mit zunehmender
Trägheit des Balkens steigt dessen Widerstandsfähigkeit. Es folgt daraus, daß das
Gewicht bei Structuren, die Stößen unterworfen sind, eine große Wichtigkeit
habe.
Wenn wir nun auch wegen beschränkter Hülfsmittel und wegen der bedeutenden Zeit, die
zu Untersuchungen dieser Art erforderlich ist, keine absolute Vollständigkeit und
Vollkommenheit zu erreichen vermochten, so haben unsere Untersuchungen dennoch für
die Technik großes Interesse und große Wichtigkeit; auch haben die verschiedenen
Meinungen sehr tüchtiger Techniker über den vorliegenden Gegenstand, die wir in dem
nun folgenden Theile unseres Berichtes mittheilen, nebst den Resultaten unserer
Untersuchungen, jedenfalls dazu beitragen müssen, manche bis jetzt noch dunkle
Punkte beim gesammten Eisenbahnwesen und hauptsächlich bei dem Bau einzelner
Brücken, aufzuklären.
Whitehall, den 26. Juli 1849.
Douglas Galton, Lieutenant im königl.
Ingenieur-Corps,
Secretär.
Namensunterschriften der Commissäre:
Wrottesley.
Robert Willis.
Henry James.
George Rennie.
W. Cubitt.
Eaton Hodgkinson.
(Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)