Titel: | Simpson's hydropneumatische Drehscheibe und drehbare Canalbrücke. |
Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. LXXXIII., S. 418 |
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LXXXIII.
Simpson's hydropneumatische Drehscheibe und drehbare
Canalbrücke.
Aus dem Practical Mechanic's Journal, Febr. 1850, S.
241.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Simpson's hydropneumatische Drehscheibe und drehbare
Canalbrücke.
Statt der gewöhnlichen Tragrollen wendet Hr. Simpson bei seiner hydropneumatischen
Drehscheibe einen Luftträger oder vielmehr eine aus Luft bestehende Stütze an, auf
welcher der ganze bewegliche Theil der Drehscheibe ruht. Da die Luft ein sehr leicht
transportables, wohlfeiles, und für viele mechanische Zwecke höchst wirksames Agens
ist, so hat man in der neuesten Zeit versucht sie als Feder, Lager etc. anzuwenden.
Bekanntlich verhält sich die Dichtigkeit der Luft zur Dichtigkeit des Wassers
ungefähr wie 1 zu 840, und nach dem Mariotte'schen Gesetze verändert sich die
Spannkraft der Luft in demselben Verhältnisse wie ihre Dichtigkeit. Die Höhen von
zwei Säulen, welche einander das Gleichgewicht halten und von denen die eine aus
Luft, die andere aus Wasser besteht, richten sich nach der Dichtigkeit von beiden.
Tauchen wir einen umgestürzten Eimer in Wasser, so wird letzteres denselben nie ganz
erfüllen, wie tief wir auch den Eimer unter das Wasser hinabdrücken mögen. Die im
Eimer befindliche Luft wird in einen kleineren Raum zusammengedrückt werden, und bei
einer Tiefe von 34 Fuß unter dem Wasserspiegel den Eimer nur noch halb füllen, da
mit der Tiefe des Wassers auch das Luftvolumen sich verringert. Auf diese Weise kann
die Luft zum Tragen einer sehr bedeutenden Last angewandt werden, wenn wir sie
nämlich so einsperren, daß ihre Dichtigkeit allmählich zunehmen muß; das Experiment
mit dem Eimer zeigt uns, wie man mit Hülfe eines dichtern Mediums, nämlich des
Wassers, dieß erreichen kann.
Bei Simpson's Drehscheibe, Fig. 21, bildet die
Plattform A, A mit ihrem Umfangsringe B, B den umgestürzten Eimer, und dieß ist eigentlich das
Wesentliche seiner Erfindung. Die Plattform kann mit ihrem tiefen Ringe nach unserer
Zeichnung in einer beliebigen Anzahl von Stücken gegossen werden, wenn nur nachher
die Fugen vollkommen luftdicht gemacht werden. Der erwähnte Ring B, B taucht in einen engen, ringförmigen Wasser-
oder Oelbehälter C, C, welcher für sich in einem Stücke
gegossen, und dann an die Peripherie der untern Platte D,
D angeschraubt ist, die den Boden der Luftkammer unter der Plattform bildet
und auf einer Steinunterlage E, E liegt. Die Achse F der Plattform ist besonders gegossen und dann mit
ihrem oben vorstehenden Rande an die untere Fläche der Plattform angeschraubt. Diese
Achse ist cylindrisch, vollkommen glatt, und so angeordnet, daß sie nöthigenfalls
sich auf ein gehärtetes Bodenstück G stützt, während sie
an ihrem Umfange sich an gehärtete Ringsegmente H, H
anlegt, die in Nuthen eingelassen sind, welche sich in der hohlen cylindrischen
Pfanne I befinden.
Diese Pfanne ist an die untere Fläche der Bodenplatte D,
D angeschraubt, und ruht auf einem steinernen in die Erde versenkten
Fundament. Auf diese Weise ist die Oberfläche der Plattform ganz eben und' frei von
irgend einem Vorsprunge in ihrer Mitte. Die tiefe Ausgrabung, welche gewöhnlich bei
Drehscheiben nöthig ist, wird ganz entbehrlich, und es ist weiter kein Grundbau
erforderlich als der oben beschriebene, da die Bodenplatte, der Ring und die
cylindrische Pfanne nur auf eine sechszöllige Schicht Schlacken oder Steinbrocken in
die Erde gelegt ist. Das ringförmige Gefäß für die Flüssigkeit wird nur so tief
gemacht, als es nothwendig ist, um durch die Flüssigkeitssäule die Luft in dem
geschlossenen Raume K, K zurückzuhalten, auf welche dann
das ganze Gewicht der Drehscheibe mit ihrer Belastung kommt. Da das ringförmige
Gefäß sehr enge ist, so ist auch nur eine kleine Quantität Flüssigkeit nöthig um den
Verschluß zu bewerkstelligen, und deßhalb könnte ohne große Kosten auch Oel oder
eine sonstige geeignete Flüssigkeit statt Wasser angewandt werden, wenn man bei
letzterem Verdunstung oder die Wirkung der Kälte befürchten sollte.
Um den Luftdruck bestimmen zu können, geht eine Röhre L
von dem Raum K aus unter dem ringförmigen Gefäße
hindurch, und von da wieder aufwärts. Sie kann oberhalb der Erde in eine graduirte
Glasröhre münden, oder, wie dieß aus der Zeichnung zu ersehen ist, in eine gebogene
Röhre M, die mit Quecksilber gefüllt ist, auf dessen
Oberfläche sich ein Schwimmer befindet, der mit einem Zeiger in Verbindung ist,
welcher auf einem Zifferblatte die Grade des Luftdruckes angibt. Durch dieses
einfache Mittel ist man im Stande die Drehscheibe neben ihrem gewöhnlichen Dienste
auch noch als Waage zu benutzen, zu welchem Zwecke die reibungslose Luftstütze
besonders geeignet ist. Sollte der Zeiger in Folge einer Verdunstung der im
ringförmigen Gefäße enthaltenen Flüssigkeit oder deren Temperaturveränderung,
unrichtige Angaben machen, so kann man dieselben sehr leicht dadurch corrigiren, daß
man den wirklichen Nullpunkt und den von der unbelasteten Drehscheibe erhaltenen mit
einander vergleicht; auch kann man das Zifferblatt so drehen, daß der Zeiger bei
unbelasteter Drehscheibe immer auf Null zu stehen kommt. Man begreift, daß bei
dieser Drehscheibe keine Reibung durch Anliegen einzelner Theile an einander
entstehen kann, die geringe Reibung der Achse in den Ringsegmenten ausgenommen,
wodurch die Scheibe bloß concentrisch zum ringförmigen Gefäße erhalten wird. Nur in
außergewöhnlichen Fällen, nämlich wenn die Belastung der Drehscheibe ungemein groß
werden sollte, tritt noch eine geringe Reibung hinzu, und dann wird das abgerundete
Ende der Achse, welches gewöhnlich mit dem Bodenstücke G
außer Berührung ist, zum Träger, während die im Kreise herum vertheilten und an dem
Rande des Gefäßes C befestigten Rollen N, N den äußersten Rand der Drehscheibe selbst
stützen.
In unserer Zeichnung ist der Durchmesser der Plattform 15 Fuß, die Tiefe des
ringförmigen Gefäßes 4 Fuß 6 Zoll, und der Zwischenraum zwischen Plattform und Boden
2 Zoll. Letzterer ist absichtlich so enge gemacht, damit die Veränderungen in Folge
von Temperaturwechsel nicht groß ausfallen. Nehmen wir 33,4 Fuß als die Höhe der
Wassersäule, welche nöthig ist um dem 14 1/2 Pfund betragenden Luftdrucke das
Gleichgewicht zu halten, so werden wir für eine Wassersäule von 4 Fuß 6 Zoll Höhe
einen Druck von ungefähr 1,9 Pfund haben, und sollte Quecksilber statt Wassers
angewandt werden, so würde eine 4 Zoll hohe Quecksilbersäule dasselbe bewirken, was
durch die 54 Zoll hohe Wassersäule bewerkstelligt wird. Nehmen wir den Luftraum
unter der Drehscheibe zu 16 Fuß Durchmesser an, so haben wir eine Fläche von 201
Quadratfuß, und die Tragfähigkeit derselben unter einem Drucke welcher einer
Wassersäule von 54 Zoll Höhe entspricht, wird, zu 1,9 Pfund für den Quadratzoll
gerechnet, 54993,6 Pfund oder ungefähr 24 1/2 Tonnen betragen. Wiegt nun die
Drehscheibe selbst mit ihrer Achse und ihrem Ringe 4 1/2 Tonnen, so behalten wir
immer noch für über die Scheibe gehende Locomotiven eine Tragkraft von 20 Tonnen.
Beträgt der äußere Luftdruck 14,5 Pfund, so wird der Luftdruck unter der Drehscheibe
14,5 + 1,9 = 16,4 Pfd. und das Volum der Luft ist um 19/145 oder ungefähr 1/8 des
früheren vermindert, so daß die ursprünglich 2 Zoll hohe Luftschichte unter der
Drehscheibe noch 1 3/4 Zoll beträgt, oder zwei Zoll, wenn sie früher 2 1/4 Zoll hoch
war. Da die Drehscheibe durch keine besondere Vorrichtung in ihrer tiefen Lage
erhalten wird, so könnte man auf den ersten Anblick glauben, daß ein Gewicht von 20
Tonnen auf derselben sie um einen Viertelzoll hinabdrückt; dieß ist aber nicht der Fall,
denn nach Berücksichtigung des Gewichtes der Drehscheibe selbst, und der
Schwingungen der Wassersäule beim Auf- und Abwärtsgehen des Ringes in dem
kreisförmigen Gefäße, beträgt die wirkliche Veränderung in der Lage der Drehscheibe
nur noch 1/16 Zoll.
Um beim Drehen der belasteten Scheibe so wenig Reibung als möglich zu haben, ist es
nothwendig daß der Schwerpunkt der Locomotive oder des Wagens mit der Achse der
Scheibe zusammenfalle, und um dieß zu bewerkstelligen, wendet Simpson die in Fig. 22 und 23 abgebildete
Vorrichtung an. Fig. 22 ist ein Grundriß derselben mit der Hälfte eines Wagens, dessen
Räder eben im Begriffe sind die richtige Lage einzunehmen. Fig. 23 ist ein
Durchschnitt des Aufhalthebels, aus welchem man ersieht wie das Rad auf letzteren
wirkt. Der Aufhalthebel A, dessen Gestalt man aus Fig. 22
ersteht, ist mit einem Schlitze versehen, durch welchen zwei feststehende Zapfen B, B gehen, und er wird durch die Feder C beständig gegen die Mitte der Drehscheibe gedrückt,
wobei die zwei Zapfen B, B als Führung dienen. Die Feder
C stützt sich gegen einen festen Anschlag D. Bei E befindet sich ein
kleiner zweiarmiger Hebel, der sich um eine Achse dreht, die in einem in der Schiene
angebrachten Schlitze liegt. Dieser Hebel ist so angeordnet, daß der Spurkranz des
Rades auf sein inneres, der Mitte der Drehscheibe zugekehrtes Ende drückt, wie dieß
Fig. 23
deutlich zeigt. Wird der Wagen auf die Drehscheibe geschoben, so drückt der
Spurkranz des ersten Rades den Hebel E nieder, so daß
sein anderes Ende in die Höhe geht, und das Ende des Aufhalthebels A mit seinen vorstehenden Armen F aufhebt. Je nach der Entfernung der Räderpaare von einander wird
entweder das eine oder andere Paar der Absätze F an dem
Hebel A zwischen die Räder treten, und dieselben weder
vor- noch rückwärts gehen lassen, so daß der Wagen bei richtiger Lage des
Hebels A auch genau in der Mitte der Drehscheibe
gehalten wird. Nachdem die Drehung gemacht ist, wird der Aufhälter A durch den Hebel G
zurückgeschoben, so daß der Wagen auf der Drehscheibe wieder frei ist. Der Hebel E kommt, nachdem der Wagen die Scheibe verlassen hat,
wieder in seine frühere Lage, und der Aufhälter A stützt
sich dann so lange gegen die Schiene, und bleibt auf einerlei Höhe mit derselben,
bis das innere Ende von E durch ein Rad wieder
niedergedrückt wird.
Das der beschriebenen Drehscheibe zu Grunde liegende Princip wendet Hr. Simpson auch auf drehbare
Canalbrücken an, so daß das Gewicht derselben mit ihrer Belastung ebenfalls von einer Schichte
comprimirter Luft getragen wird, oder die Brücke so zu sagen schwimmt, wodurch
natürlich die Reibung beim Drehen derselben um eine feststehende Achse
außerordentlich klein wird.