Titel: | Ueber die Explosionen brennbarer Flüssigkeiten; von E. N. Horsford, Professor zu Cambridge. |
Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. LXXXVIII., S. 451 |
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LXXXVIII.
Ueber die Explosionen brennbarer Flüssigkeiten;
von E. N. Horsford,
Professor zu Cambridge.
Aus der Chemical Gazette, 1850, Nr.
175.
Horsford, über die Explosionen brennbarer
Flüssigkeiten.
Man behauptet, daß mehrere der sogenannten brennenden
(brennbaren) Flüssigkeiten unter gewissen Umständen explosiv seyen; die
Verkäufer derselben bestreiten dieß aber. Ich habe durch Versuche zu ermitteln
gesucht, worin das Mißverständniß liegt, wie die vielen beim Gebrauch solcher
Flüssigkeiten schon vorgefallenen Unglücksfälle zu erklären sind, und durch welche
Vorsichtsmaßregeln ihr Wiedereintreten verhütet werden kann.
a) Unter brennenden
Flüssigkeiten versteht man im Allgemeinen rectificirtes Terpenthinöl oder
Terpenthinöl mit Beimischung von einigen Procenten stark rectificirten Weingeists
oder eines andern brennbaren, in Terpenthinöl oder Alkohol auflöslichen Körpers; b) Terpenthinöl, Alkohol und Aether, in einem offenen
Gesäße angezündet, brennen an der Oberfläche so lange fort, als Sauerstoff zutreten
kann; c) das Ausbrechen der Flamme am Anfange der
Verbrennung ist von einem schwachen Knall begleitet; d)
die Unfälle mit brennenden Flüssigkeiten erfolgen gewöhnlich beim Füllen von Lampen
aus Kannen, aber nie ohne Gegenwart einer Flamme.
In diesen Thatsachen (a, b, c, d) liegt die Erklärung der
beobachteten Erscheinungen.
Es ist bekannt, daß eine Mischung von zwei Volumen Wasserstoff und 1 Volum Sauerstoff
höchst explosiv ist, und daß atmosphärische Luft, in größerem Verhältniß mit etwas
vermindertem Explosionsvermögen die Stelle des Sauerstoffs vertreten kann. Das
Einfach-Kohlenwasserstoff- oder Leuchtgas wird durch beigemischtes
Sauerstoffgas explosiv. Atmosphärische Luft vertritt auch hier die Stelle des Sauerstoffs mit gleichem
Erfolg wie oben.
Hiernach scheint es, daß in dem Raume über der brennbaren Flüssigkeit in der Flasche
oder Kanne, aus welcher die Lampen gefüllt werden, der Dunst der Flüssigkeit mit
atmosphärischer Luft in einem solchen Verhältniß vermischt ist, daß er dadurch
explosionsfähig wird. Um diese Vermuthung zu prüfen, wurden Versuche mit Alkohol,
Aether und einer allgemein gebräuchlichen Art brennbarer Flüssigkeit angestellt.
1. Versuch. – Man leitete einen Luftstrom in den
obern Theil einer lose verstopften, halbgefüllten, gläsernen Weingeistlampe, während
sie brannte, so daß eine Mischung von Alkoholdunst und Luft an der Flamme
hinstreichen mußte. Nach kurzer Zeit fing der Strahl Feuer, worauf gleich Explosion
erfolgte. Dieses Resultat trat stets ein.
2. Versuch. – Nachdem man einen Tropfen Alkohol in
einer großen Glasflasche mit engem Hals einen Augenblick hatte verdunsten lassen,
erfolgte, wenn man eine Flamme an die Mündung brachte, oft Explosion, jedoch nicht
so constant wie im Versuch 1.
3. Versuch. – Aether, in einer Glasstasche ebenso
behandelt, gab weniger gleichförmige Resultate, wahrscheinlich weil die
erforderliche Mischung von Aether und Luft sich schwieriger bildet.
4. Versuch. – Eine Sorte brennbarer Flüssigkeit,
die sehr häufig in Lampen gebraucht wird, und von welcher die Verkäufer sagen, daß
sie nicht explosiv sey, wurde demselben Versuche unterzogen. Die Resultate waren
weniger gleichförmig, zeigten aber doch, daß Explosionen bei ihr möglich sind.
Aehnliche Versuche wurden von Dr. Morrill Wyman mit demselben Erfolg mit einer andern brennbaren
Flüssigkeit angestellt.
Es steht daher fest, daß wenn der Dunst einer solchen brennbaren Flüssigkeit und
atmosphärische Luft in dem obern Theil einer nur zum Theil gefüllten Kanne oder
eines andern Gefäßes, sich mit einander vermischen und ihnen eine Flamme hinlänglich
nahe gebracht wird, Explosion erfolgen muß. Ist die Menge der vermischten Gase groß,
so kann die Explosion die Zertrümmerung des sie enthaltenden Gefäßes bewirken; oder,
wenn dieses unversehrt bleibt, so kann sie einen Theil der Flüssigkeit
Hinaustreiben, welche, wenn sie Feuer fängt, mehr oder weniger Schaden anrichten
wird.
Um davor sicher zu seyn, geben die Verkäufer solcher Flüssigkeiten das rechte Mittel
an, nämlich die Lampen nicht in Gegenwart einer Flamme,
also z.B. bei Tageslicht zu füllen, wo dann keine Explosion stattfinden kann.
Aehnliche Unfälle, wie diejenigen mit brennenden Flüssigkeiten, sind auch schon beim
Gebrauch der sogenannten luftdichten Oefen zur
Holzfeuerung vorgekommen.
Nachdem nämlich das Holz angezündet und der Luftzutritt für einige Zeit abgesperrt
war, erfolgten manchmal beim Wiederöffnen des Zugs sehr heftige Explosionen, welche
bisweilen die theilweise Zerstörung des Ofens verursachten. Die wahrscheinliche
Erklärung davon ist folgende: wenn das Holz in Brand gesetzt und der Zug abgesperrt
ist, beginnt die trockne Destillation; das Holz entwickelt brennbare Gase, welche,
indem sie sich mit Luft aus der Röhre, oder solcher die noch unverzehrt vorhanden
ist, vermischen, ein immer explosiver werdendes Gemisch erzeugen, dessen Explosion
dann die glühende Kohle oder ein Flammenstrahl bewirken muß. Da diese Fälle nicht
oft vorkommen, so ist es wahrscheinlich, daß gewisse Holzarten leichter die
erforderliche Menge brennbarer Gase erzeugen als andere.