Titel: | Ueber die bei Locomotiven und anderen Dampfmaschinen in Anwendung kommenden Kitte und leicht lösbaren dampf- und wasserdichten Verbindungen; von Heusinger. |
Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. XCII., S. 460 |
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XCII.
Ueber die bei Locomotiven und anderen
Dampfmaschinen in Anwendung kommenden Kitte und leicht lösbaren dampf- und
wasserdichten Verbindungen; von Heusinger.
Aus dem Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens,
1849, S. 128.
Heusinger, über die bei Locomotiven etc.
Wir begreifen hierunter: 1) die Dichtungen mittelst Eisenkitt) 2) Zusammenschrauben
verschiedener Flächen vermittelst Oelkitt; 3) Zusammenschrauben von genau
abgerichteten Flächen ohne Kitt.
A. Eisenkitt. Dieser Kitt,
welcher zum Zusammenkitten des Eisens sowohl im Feuer als auch im Freien dient, wird
namentlich zum Befestigen der Boden von Dampfcylindern bei stehenden Maschinen, zum
Dichten der Verbindungen und Fugen von gußeisernen Dampf- und
Wasserleitungen, von eisernen Wasserreservoirs etc. benutzt; er wird nach wenigen
Tagen ganz hart und vereinigt sich sehr vollkommen mit dem Eisen.
Die Mischungsverhältnisse bei dem Eisenkitt werden sehr verschieden angegeben; wir
haben uns gewöhnlich folgender Zusammensetzung mit gutem Erfolg bedient:
100 Theile rostfreie EisenfeilspäneFeilspäne sind allerdings besser als Dreh- und Bohrspäne, in denen
stets Staub und Graphit sich befindet; man wird aber in den wenigsten Fällen
solche Massen von jenen aufbringen, als zu den Verkittungen gewöhnlich
gebraucht werden. oder Bohr- und Drehspäne von Gußeisen werden möglichst fein
zerstoßen, durchgesiebt und mit 1 Theil gröblich pulverisirtem Salmiak gut gemengt
und mit Urin angefeuchtet.
In diesem Zustande wird die Mischung in die Fugen gebracht und mit einem Hammer und
stumpfen Meißel so fest als möglich eingestemmt. Dabei wird der Kitt wiederum
feucht, sogar ganz weich. Man verstreicht zuletzt die Fugen ganz glatt und läßt
solche Verkittungen wenigstens zwei Tage anziehen und trocknen. Die Eisentheilchen
fangen durch Vermittelung des Salmiaks sehr bald zu rosten an und bilden in wenigen
Tagen eine steinharte Masse, welche sich an die Eisenflächen ungemein fest ansetzt;
dabei ist es aber durchaus nöthig, daß die zu dichtenden Flächen ganz rein
metallisch, rostfrei seyn müssen. Die geringste Spur von Fett verhindert das
Angreifen; auch versteht es sich von selbst, daß nur eiserne Theile damit verkittet
werden können. Als Zeichen einer guten Verkittung erscheinen nach ein Paar Tagen auf
der äußernänßern zuerst hart gewordenen Rinde hie und da schwärzliche Tropfen.
Man kann diesen Kitt in einem eisernen Topfe, fest eingestampft und mit Wasser
übergossen, lange aufbewahren. Will man davon Gebrauch machen, so gießt man das
Wasser in ein anderes Gefäß ab, und setzt der herausgenommenen Masse noch so viele
Eisenspäne zu, bis sie die geeignete Consistenz zum Verarbeiten hat. Jenes Wasser
wird nachher wieder aufgeschüttet.
Nach Mittheilung der Direction des Hannover'schen Gewerbevereins wird folgende
Mischung des Eisenkittes als besonders zweckmäßig empfohlen. 16 Thl. feine
Eisenfeilspäne, 2 Thl. Salmiak und 1 Theil Schwefelblumen, alles in vollkommen
trockenem Zustande, werden in einem Mörser wohl mit einander gemengt und dieses
Gemisch in einem wohl verschlossenen Glase aufbewahrt. Beim Gebrauche vermengt man 1
Thl. desselben sorgfältig mit 20 Thl. feiner Eisenfeile und befeuchtet das Ganze mit
einer Mischung aus 7/8 Thl. Wasser und 1/8 Thl. Essig, worauf man dieses breiartige
Gemisch in die Fugen einstreicht.
B. Dichtungen vermittelst
Oelkitt. Der Oelkitt wirkt, indem die mit einem trocknenden Oele
(Lein- oder Hanföl) angemachte Masse sich fest an die zu verbindenden Flächen
legt, durch Zusammenschrauben dicht zusammengepreßt wird und so eine dichte nicht
bröckliche Kruste bildet. Er wird gewöhnlich aus Mennig mit oder ohne Zusatz von
Bleiweiß unter vorsichtigem Zugießen von gekochtem Leinöl (Leinölfirniß) und
fortwährendem Klopfen, Reiben und Durcharbeiten mit einem Hammer bereitet. Er ist
gut, wenn er durch und durch feucht und gleichförmig ist, und wenn man ihn zwischen
den Händen eben rollen kann und er diese Gestalt behält. Oft wird er auch weniger
steif verwendet, wo man ihn unter größerm Oelzusatz mit dem Läufer so lange reibt, bis er ebenfalls
ganz gleichmäßig ist und zum Zeichen der gehörigen Consistenz sich sehr langsam vom
Spatel zieht und abtropft. Beide Sorten können in Wasser oder unter Wasserbedeckung
aufbewahrt werden, welches das Austrocknen verhütet; man stellt die Töpfe zum
Aufbewahren des Kittes zugedeckt und rein gehalten an einen kühlen Ort. – Der
steife Kitt wird zwar immerhin etwas härter und für die Anwendung zu hart, welche
Eigenschaft aber durch einiges Klopfen wieder verloren geht, das ihn also wieder
anwendbar macht.
Eine billigere Zusammensetzung des Oelkittes empfiehlt Scholl in seinem „Führer des Maschinisten“, nämlich:
1 Thl. Mennig, 2 1/2 Thl. Bleiweiß, 2 Thl. Pfeifenthon.
Mennig und Bleiweiß werden für sich fein gerieben, ebenso der Thon, der sehr gut
getrocknet seyn muß. Dann mischt man die Ingredienzien und gießt von gekochtem
Leinöl hinzu.
Ein vorzüglicher, namentlich sehr schnell erhärtender Oelkitt wird aus Scott's englischem Patentcement und gekochtem Leinöl
bereitet. Im I. Bde. S. 80 des Organs beschrieben wir die Bereitung dieses Cements;
er besteht aus: 2 Gewichtstheilen feingemahlener Bleiglätte, 1 Gewichtsthl. Sand, 1
Gewichtsthl. feinem Kalkpulver.
Der Sand muß sehr fein geschlämmter Flußsand seyn, das Kalkpulver ist an der Luft
zerfallener Staubkalk oder solcher, den man durch Besprengen des Stückkalks mit
wenig Wasser zerfallen gemacht hat.Nach dem Moniteur industriel, 1848, Nr. 1296,
lassen sich die theuern. Bleipräparate, Mennig und Bleiweiß, welche den
Körper der jetzt üblichen Oelkitte bilden, durch die ein dampfdichter
Verschluß hervorgebracht werden soll, sehr gut durch Mehl und Kreide
ersetzen. Man erhält einen sehr guten Kitt, wenn man Leinöl mit Roggenmehl
verreibt und dann eine gleiche Quantität von geschlämmter Kreide
hinzusetzt.
Man wendet den Oelkitt auf verschiedene und am zweckmäßigsten auf folgende Weisen
an:
a) Wenn die zu dichtenden Flächen genau abgedreht oder
abgerichtet sind, mit Zwischenlagen von Messingdrahtgeweben (feinem Siebdraht),
Scheiben aus Zwilch oder Tafelblei, die nach der Form der zu dichtenden Flanschen
oder Flächen ausgeschnitten, mit etwas Leinöl bestrichen und auf beiden Seiten circa 2''' gleich dick mit Kitt belegt werden.
Die Drahtgewebe verdienen besonders bei Dichtungen, die dem Feuer oder starker Hitze
ausgesetzt sind, wie bei den Schieberkastendeckeln und Dampfrohrflanschen, die in
der Rauchkammer liegen, den Vorzug, auch haftet der Kitt in den kleinen Oeffnungen
der Drahtnetze besser und können die Scheiben aus Drahtgeflechten, bei öfterem
Auf- und Zumachen der Dichtungen, jedesmal wieder verwendet werden, indem man
nur dieselben in einem Feuer auszuglühen braucht, um sie von dem daran haftenden
alten Kitte vollkommen zu reinigen.
b) Wenn die Flächen, welche dampfdicht zu verbinden
sind, nicht genau abgerichtet werden konnten, wie bei Röhrenstücken, die an
Kesseltheilen angeschraubt werden, oder bei Mannlochdeckeln etc., werden am besten
1–2''' dicke Ringe aus Eisenblech oder Tafelblei mit Hanf gleichmäßig
umwickelt, von beiden Seiten mit Leinöl benetzt und mit Kitt egal beschmiert, oder
es werden solche Ringe aus förmig (wie Fensterblei) gezogenen Bleistangen
gebogen, mit den Enden sauber zusammengelöthet und die Hohlkehlen unter- und
oberhalb mit Mennigkitt ausgeschmiert. Eingelegt und gut verschraubt, können solche
Kränze sehr bald der Wärme und dem Druck des Dampfes ausgesetzt werden, indem sie
alle Unebenheiten der Flanschen vollkommen ausfüllen.
c) Sind aber die zu dichtenden Flächen sehr uneben und
in größerer Entfernung von einander, wie bei Aufsätzen von Krahnen, Ventilen an
Kesseln etc., oder wo bei Außenwänden von Kesseln entstandene Risse durch
aufgeschraubte Flicken wieder gedichtet werden sollen, werden die Zwischenräume,
nachdem sie zuvor an ihrem äußern Umfang durch einen umgelegten dünnen Blechring und
Lehmverschmierung bekränzt wurden, mit einer Mischung von Blei und etwas Antimon
ausgegossen, hierauf wird dieser Bleiguß sorgfältig abgehoben, auf beiden Seiten mit
Oelkitt gleichmäßig beschmiert und festgeschraubt.
d) Haben die zu dichtenden Flanschen oder Deckel einen
vorspringenden Rand, der ringsum scharf in die zu schließende Oeffnung paßt, wie bei
den Cylinderdeckeln und Böden, Schieberkastendeckeln, Pumpenventilkastendeckeln
etc., so ist ein dampfdichter Verschluß auf eine sehr einfache Weise dadurch zu
erlangen, daß man in die Ecken rings um den Deckel festen Mennigkitt einstreicht und
eine 3/16'' dicke locker gedrehte Schnur (Liederungsschnur), die genau den Umfang
des vorspringenden Randes hat und mit ihren zugeschärften Enden zusammengedreht ist,
in den Kitt eindrückt. Wird darauf der Deckel aufgeschraubt, so preßt sich die
Schnur mit dem Kitt scharf in die Ecke am vorspringenden Rand und bewirkt den
vollkommensten dampfdichten Schluß.
e) Zuweilen sind dampfdicht zu verbindende Flächen so
genau abgerichtet, daß zwischen dieselben gar kein fester Kitt mit einer
Zwischenlage gebracht werden kann, ohne Gefahr zu laufen, die richtige Stellung beider zu verlieren, wie
dieß namentlich bei den Verbindungen der beiden Cylinder mit den Schieberkasten in
der Mitte der Fall ist. In solchen Fällen wurden in den Werkstätten der
Taunuseisenbahn zu Castel, in jede der zu verbindenden Flächen genau correspondirend
mit der andern, eine Nuth eingehobelt, in die fester Oelkitt eingeschmiert und ein
Kupferdraht, der mit messingener dünner Claviersaite umwunden, eingelegt wurde; die
übrigen einander berührenden Flächen wurden nur mit dünnem Oelkitt bestrichen und
darauf alles fest zusammengeschraubt. Es kann dieses als eine vorzügliche solide
dampfdichte Verbindung empfohlen werden.
C. Dampfdichtes Zusammenschrauben
von genau abgerichteten Flächen ohne Kitt. a)
Ohne alle Zwischenmittel wird eine dampfdichte Verbindung sehr häufig bei
Wasserleitungskuppelungen, Pumpenventilkastendeckeln etc. bloß durch zwei gerade
oder conisch abgedrehte und auf einander geschliffene Flächen, die durch Schrauben
zusammengehalten werden, erlangt. Bei den gewöhnlichen Sicherheitsventilen wird auf
ähnliche Weise ein dampfdichter Schluß bewirkt.
b) Durch Zwischenlagen elastischer Körper, namentlich
Scheiben aus Leder, Pappe, geschwefeltem Kautschuk werden die gerade gerichteten
Flanschen von Wasserleitungs- und Dampfröhren, sowie ähnliche Verbindungen
leicht dampf- und wasserdicht hergestellt. Lederscheiben können jedoch nicht
in der Hitze verwendet werden, da sie bald erhärten.
c) Kupferdrahtdichtung. Diese besteht darin, die Flächen
der zusammenzustoßenden Röhrenenden oder Cylinder genau abzudrehen und zwischen die
beiden Flächen einige Windungen von starkem Kupferdraht zu legen und dann auf
gewöhnliche Weise zu verschrauben. Mit dem Ausdruck „Windungen“
ist zu verstehen, daß der Kupferdraht einigemal rund herum auf die abgedrehten
Flächen gelegt wurde. Henschel in Kassel benutzt diese
Dichtung bei seinen schräg liegenden Röhrenkesseln, die unter hochdrückender
Dampfspannung arbeiten. Praktiker, welche dieses System der Dichtung anwenden, loben
es sehr.