Titel: | Ueber galvanische Färbung polirter Metallwaaren; von Bergeat in Nürnberg. |
Fundstelle: | Band 117, Jahrgang 1850, Nr. XXIV., S. 122 |
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XXIV.
Ueber galvanische Färbung polirter Metallwaaren;
von Bergeat in
Nürnberg.
Aus Böttger's polytechnischem Notizblatt, 1850, Nr.
11.
Bergeat, über galvanische Färbung polirter
Metallwaaren.
Seit einigen Jahren werden sogenannte Tischglocken und mehrere Artikel aus gedrücktem
Messingblech in den Handel gebracht, welche, gewöhnlich in Roth oder Grün, mit den
lebhaftesten Farben glänzen und in der That mehr durch ihr Aeußeres, als durch das
Bedürfniß sich empfehlen. Die Färbung dieser Gegenstände geschieht, wie bekannt,
durch Zersetzung einer Auflösung von Bleioxyd in Kalilauge, mittelst des
galvanischen Stroms. Damit aber dieselbe vollkommen gelinge, muß man mit einigen
Handgriffen bekannt seyn, die ich mit dem ganzen Verfahren hier angeben will.
Um zuerst eine zweckdienliche Auflösung von Bleioxyd in Kalilauge zu erhalten, läßt
man eine Lauge von ungefähr ein Pfund Aetzkali und vier
Pfund Wasser mit einigen Löffeln voll Bleioxyd (als Massikot oder gemahlene
Bleiglätte) in einem ordinären Hafen unter Umrühren mit einem eisernem Löffel oder
dergl. anhaltend kochen und gießt, nachdem die Flüssigkeit beim Erkalten klar
geworden, das Klare vom Bodensätze ab.
Als Quelle eines galvanischen Stroms dient eine einfache Bunsen'sche Kette von der
größeren Sorte, mit mäßig starker Salpetersäure und verdünnter Schwefelsäure in
Thätigkeit gesetzt. Glaubt man jedoch durch die Ausdünstungen derselben belästigt zu
werden, so thut man gut, zwei Daniell'sche Ketten, mit Kupfervitriollösung und
verdünnter Schwefelsäure erregt, dergestalt mit einander zu verbinden, daß sie mit
doppelter Spannung wirken; weil eine einzige, zumal wenn sie nicht mehr in gutem
Zustande sich befindet, die Arbeit zu sehr vergrößert, oder gar ihre Dienste
versagt, wie demjenigen, der mit dem Ursprung der Kraft galvanischer Apparate und
den Gegenwirkungen bekannt ist, die sie in der Regel von allen Seiten bei ihrer
Anwendung, im höchsten Grade aber bei der in Rede stehenden erfahren, sogleich
einleuchten wird. Die Stärke des Stroms ändert man wie gewöhnlich durch das Maaß und
den Concentrationsgrad der Flüssigkeiten ab, mit denen man die Kette erregt, und
paßt sie durch einige Versuche dem Bedürfnisse an. Es ist aber zu beachten, daß hier,
nachdem sich auf das zu färbende Metall der Farbstoff (das Bleiüberoxyd) abgelagert
hat, noch ein Strom im Sinne der Kette von wenigstens der Stärke übrig bleiben muß,
als nöthig ist um in der oben bereiteten Bleiflüssigkeit Wasser zu zersetzen; je
langsamer übrigens die Kette eine schöne Färbung bewirkt, um so besser hat man die
Nüance in seiner Hand, und um so gleichförmiger und dauerhafter fällt sie aus.
Sind galvanischer Apparat und Bleioxydkalilauge vorbereitet, so füllt man mit dieser
einen Becher (oder eine Schale) aus Blei oder Messingblech von zwei bis viermal so
großen Dimensionen wie das zu färbende Object damit an, verbindet ihn durch einen
Draht metallisch mit dem Zink, das wohlgereinigte Object mittelst eines anderen
(Kupfer-) Drahtes mit der Kohle oder dem Kupferblech der galvanischen Kette,
und taucht es in die Bleiflüssigkeit des Bechers so unter, daß es dessen Wände nicht
berührt.
Nach einigen Augenblicken schon kann man es gefärbt wieder herausnehmen.
Wir reden aber zunächst von Objecten mit krummer Außenfläche. Die Farbe selbst hängt
von der Dauer ab, während welcher der galvanische Strom eingewirkt hatte, und geht
auf Glockenmetall und geschmeidigem (gelbem) Messing von Goldgelb durch alle Nüancen
in Orange, dann in Roth mit allen Nüancen eines blauen Blickes, endlich in Grün
über. Spätere Farben sind dunkel und glanzlos.
Nur einige Proben, die man in der Absicht macht, die höchste Annehmlichkeit der
Färbuug zu erreichen, belehren sogleich, warum sich die Farben nicht in gleicher
Nüance über den Gegenstand verbreiten: man sieht nämlich, daß sie an seinen scharfen
Rändern, überhaupt da zuerst auftreten, wohin die Elektricität ihre Richtung zu
nehmen veranlaßt ist; daß sie also an solchen Stellen bereits dunkel und verderbt
seyn können, indeß sie an anderen noch nicht zur gewünschten Nüance gediehen sind,
und daß ferner diejenigen Stellen früher gefärbt wurden, welche naher an den Wänden
des Bechers befindlich waren. Flächen, welche horizontal mit der Oberfläche der
Flüssigkeit zu liegen kommen, werden zuletzt oder gar nicht gefärbt.
Die beiden ersten Fehler lassen sich größtentheils durch gehörig große Becher von
einer dem zu färbenden Gegenstand ähnlichen Form, und durch vorsichtiges Eintauchen
in ihre Mitte beseitigen; der dritte durch zweimaliges Eintauchen in vertical
entgegengesetzter Lage, in Fällen, wo dieß überhaupt nöthig werden sollte.
Glocken fallen nicht selten fleckig aus, wenn der Bleibecher, wie oben
vorgeschrieben, bereits mit der Kette verbunden ist, wenn man sie eintaucht; rein
gefärbt erhält man jede, wenn man sie zuerst eintaucht und dann erst den mit der
Kette zu verbindenden Draht so lange an eine blanke Stelle des Bechers andrückt, als
sie der Wirkung des Stroms ausgesetzt bleiben darf.
Dieser Handgriff hat jedoch einen höchst unwillkommenen Erfolg, wenn der galvanische
Strom nicht stark genug ist, um auf der ganzen Oberfläche des eingetauchten Objects
Wasser zu zersetzen; denn alsdann belegt es sich mit einem weißgrauen Ueberzug von
Bleioxyd (das leichter vom Kali getrennt wird, als die Elemente des Wassers von
einander), und muß neuerdings gereinigt und polirt werden.
Auf die Art, wie man den Gegenstand in die Bleiflüssigkeit eintaucht, hat man bei
Artikeln, welche aus dünnem Messingblech auf der Drehbank gedrückt und nach der
Richtung ihrer Achse ganz oder zum Theil mit scharfem Rande offen sind, ganz
besondere Aufmerksamkeit zu wenden. Diese werden nämlich am schönsten durch einen
sehr schwachen galvanischen Strom. Verfährt man aber, wie
gerade angegeben, so überlaufen sie mit dem bezeichneten Ueberzug. Taucht man sie
jedoch, bei gehöriger Verbindung des Bleibechers mit der Kette, allmählich und
zuerst mit einem scharfen Rand ein, so kann der schwache Strom, auf eine kleine
Fläche beschränkt, Wasser zersetzen und durch Bildung von Bleiüberoxyd färben;
sobald aber ein Ueberzug von Bleiüberoxyd auf der eingetauchten Stelle gebildet ist,
kann dieser nur langsam dichter werden, weil seine Spannung mit dem Metall, das er
berührt, der Spannung in der Kette mächtig entgegenwirkt, daher durch allmähliches
Untertauchen des Gegenstandes die Wirkung der Kette, gerade unterstützt von einem
galvanischen Act der, der jüngst nachgetauchten Stelle nahe liegenden Bedeckung von
Bleiüberoxyd, auf diese Stelle hauptsächlich angewiesen bleibt, so lange, bis die
ganze Außenfläche des Objects mit Bleiüberoxyd bedeckt resp. gefärbt ist.
Durch keine Vorsichtsmaaßregel kann jedoch eine tadellose Färbung erzielt werden,
wenn die Außenfläche der Gegenstände nicht gehörig polirt und durch Abreiben mit
Kalkpulver oder dergl. Reinigungsmitteln von Allem befreit ist, womit die Metalle
beim Betasten beschmutzt werden können. Jede Berührung mit bloßer Hand ist nach der
Färbung noch wahrnehmbar.
Ist einer von den Gegenständen bei der Färbung mißlungen, so kann mit der größten
Leichtigkeit die färbende Schicht wieder beseitigt, und hierauf die Färbung,
namentlich auf Glockenmetall, noch zwei-bis dreimal ohne besondere Politur
wiederholt werden, wenn man den Gegenstand wie zuerst, jedoch mit Verwechselung der
beiden Drähte der galvanischen Kette, eintaucht und die Oberfläche durch Abreiben
mit Kalk oder Kreide wieder vorbereitet.
Es ist leicht zu errathen, daß das ganze Verfahren mit geringen Kosten verknüpft ist;
das Hauptelement derselben ist die erforderliche Zeit, und doch wird diese bereits
so mäßig bezahlt, daß man angewiesen ist, mit zwei Apparaten oder vielmehr mit jeder
Hand an einem Apparat zu arbeiten. Um dieß bequem auch für den Fall thun zu können,
wo man den Becher abwechselnd in Verbindung mit der Kette zu bringen hat, ist eine
kleine Vorrichtung anzubringen, so daß man die Verbindung durch einen Druck des
Zeigefingers derselben Hand bewirken kann, mit der man den Gegenstand eingetaucht
hält.
Auf gegossenem Messing und anderen unedlen Metallen oder Legirungen, polirtes Eisen
ohne Spitzen ausgenommen, fällt die galvanische Färbung nicht eben so schön aus als
auf Glockenmetall.
Schade daß auch wieder diese Farben gerade in ihrem Elemente, nämlich im Lichte,
nicht mehr Solidität besitzen!