Titel: | Flammofen mit sich drehender Herdsohle, construirt von Carville; beschrieben von Felix Leblanc. |
Fundstelle: | Band 117, Jahrgang 1850, Nr. LXXXI., S. 409 |
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LXXXI.
Flammofen mit sich drehender Herdsohle,
construirt von Carville; beschrieben von Felix Leblanc.
Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Mai
1850, S. 201.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Carville's Flammofen mit sich drehender Herdsohle.
Dieser Ofen, welchen der Erfinder „Ofen mit ununterbrochen beweglichem
Herde und mit concentrirter Hitze“ nennt, ist in der Hütte zu
Chomtilly (bei Alais im französischen Gard — Departement) im Betriebe, an
welchem Orte Hr. Carville eine große Thonwaarenfabrik,
hauptsächlich für Ziegel und für feuerfeste Fabricate, z. B. Tiegel, Retorten für
Gasanstalten etc. angelegt hat.
Nach der Angabe des Erfinders ist der Ofen ebenso gut zum Rösten der Erze, zum
Trocknen und Brennen von erdigen Substanzen, von Gyps, kurz von allen Substanzen,
welche in der Wärme Wasser verlieren können, anwendbar. Die Fabrication
desinficirenden Pulvers, welches man durch die Calcination eines Gemenges von Erde
und organischen Substanzen erhält, würde sich in diesem Ofen mit einigen
Abänderungen ebenfalls ausführen lassen; endlich ist der Ofen auch zum Trocknen der
Runkelrüben zu gebrauchen.
Wir wollen nun mit Hülfe von Fig. 24 und 25 die neuen
Einrichtungen, welche der Ofen darbietet, beschreiben.
Der Ofen hat die Form eines gewöhnlichen Flammofens von etwa vier Meter Länge und 1
Meter Breite. Der Rost befindet sich wie gewöhnlich an dem einen Ende und ist von
dem Herde durch die 0,20 Meter dicke Feuerbrücke getrennt, deren Höhe man, je nach
dem erforderlichen Zuge, verändern kann.
Man kann auf diesem Rost verschiedene Arten von Brennmaterialien verbrennen. Am
anderen Ende des Ofens befindet sich die Esse, durch welche der Zug hervorgebracht
wird, und welche zu gleicher Zeit die Verbrennungsproduct, sowie die flüchtigen Substanzen,
welche sich beim Trocknen, Brennen oder Rösten entwickeln, abführt.
Die Herdsohle des Ofens ist wie ein Zuführtuch bei einer Vorbereitungsmaschine zum
Spinnen, der Länge nach beweglich; sie besteht aus Platten mit Gelenken, welche über
zwei Walzen von sechsseitigem Querschnitt gehen. Diese Platten bestehen aus 6 bis 7
Millimeter dickem Eisenblech, von 0,20 Meter Breite, und einer Länge, die von der
Breite des Herdes abhängt, oder sie bestehen aus Gußeisen, oder aus feuerfestem
Thon, je nachdem es die Benutzung des Ofens erfordert. Sie sind auf drei eiserne
Ketten, welche die Gelenke bilden, mittelst Nieten und Schraubenbolzen befestigt.
Die Platten, welche die Ladung des Ofens tragen, ruhen auf Rollen, die in einiger
Entfernung von einander angebracht sind, und die Bewegung erleichtern.
Die Bewegung der Sohle beruht auf demselben Princip wie Taillefer's beweglicher Rost.Man vergl. darüber polytechn. Journal Bd.
CXIV S. 315.
Die in dem Ofen zu röstenden oder zu brennenden Substanzen werden durch einen Rumpf
oder Trichter, der sich neben der Esse befindet, auf den Herd gebracht. An der
unteren Oeffnung dieses Trichters befindet sich eine Walze mit sehr tiefen, der
Länge nach gehenden Kerben, in welche die zu brennenden Substanzen sehr leicht
eintreten. Die Achse dieser Walze ist mit einer Rolle versehen, über welche eine
Kette läuft und ihr eine Bewegung ertheilt, die mit derjenigen des Herdes
zusammenhängt.
Zu dem Ende erhält die Kette ihre Bewegung von einer Rolle, die an der Welle einer
der sechsseitigen Walzen, über welche die Herdsohle läuft, befestigt ist. Eine
Kurbel an der entgegengesetzten Walze veranlaßt die Bewegung, so daß also die
Herdsohle und die Vertheilungswalze an der untern Trichteröffnung zusammen bewegt
werden können. Nachdem die zu röstende, zu brennende oder zu trocknende Substanz an
dasjenige Ende des Herdes gelangt ist, welches von der Esse am entferntesten liegt,
fällt sie von selbst in einen Raum, welcher im Fuße des Ofens angebracht ist. Man
überzeugt sich von Zeit zu Zeit von der Beschaffenheit und dem Grade der Röstung
oder des Brennens, zu welchem Ende an den Seitenwänden des Ofens Schaulöcher
angebracht sind.
Die Vortheile, welche dieser Ofen zu gewähren scheint, bestehen hauptsächlich in
Ersparung von Brennmaterial, die durch eine größere Concentration der Wärme
hervorgebracht wird, welche ihrerseits dadurch entsteht, daß der Ofen keine
Einsatzthür hat. Die sehr regelmäßig auf den Herd aufgetragenen Substanzen erleiden
die Einwirkung einer nach und nach steigenden Temperatur; die verschieden hohe
Feuerbrücke gestattet eine Regulirung des Hitzegrades, welcher sehr leicht zur
Rothgluth gesteigert werden kann.
Nach den von Hrn. Carville gemachten Erfahrungen kann
zermahlener Gyps sehr leicht in diesem Ofen gebrannt werden, und man erhält ein sehr
gutes Product zu einem sehr mäßigen Preise, denn 100 Kilogr. Gyps erfordern nur 6
Kilogr. Steinkohlen zum Brennen. Wir können jedoch keine näheren Angaben über die
Benutzung des Ofens zum Gypsbrennen mittheilen, da sich die bisherigen Erfahrungen
des Hrn. Carville nur auf von ihm angestellte Proben
gründen.
Dagegen hat der Erfinder diesen Ofen mit sehr gutem Erfolg zum Brennen verschiedener
Thonarten angewendet, die er in seiner Thonwaaren-Fabrik braucht. Führt man
dieß Brennen in einem gewöhnlichen Ofen aus, so decrepitiren dieselben in Folge
einer plötzlichen Temperaturerhöhung, weßhalb ein Umrühren erforderlich ist, was
Kosten für Arbeitslohn und Wärmeverlust verursacht, welche bei Anwendung eines Ofens
mit ununterbrochener Sohle vermieden werden.
Man trocknet auch in diesem Ofen Sand, der in der Fabrik verbraucht wird, und zwar
kann man drei bis vier Kubikmeter in der Stunde durch den Ofen führen.
Hr. Carville ist durch die von ihm erfundene
Ziegelstreichmaschine, ferner als Fabrikant feuerfester Ziegelsteine, thönerner
Gasretorten und sehr guter Schmelztiegel, vortheilhaft bekannt und auf der letzten
Pariser Industrie-Ausstellung ist dieß auch überall anerkannt worden.
Die Bergingenieure seines Departements haben den vorliegenden Ofen genau untersucht
und ein sehr günstiges Urtheil über denselben gefällt; freilich fehlen noch
Erfahrungen über den Einfluß der Wärme auf die sich bewegenden Theile des Ofens, ein
Einfluß welcher in hohen Hitzegraden bedeutend seyn, und nicht geringe
Unterhaltskosten veranlassen kann.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 24
senkrechter Durchschnitt des Ofens.
Fig. 25
Grundriß nach der Linie A B.
A Rost des Ofens. B
Schürloch. C Feuerbrücke. D
beweglicher Herd; die Theile desselben sind auf drei endlosen Ketten befestigt, welche über die
sechsseitigen Walzen E und E′ laufen, deren Achsen in den Zapfenlagern a,
a liegen. F Walzen, auf denen die Ketten und
also auch die Herdplatten ruhen. G Walze, welche den
Herd unterstützt. H Kurbel, durch welche die Walze E′ unmittelbar bewegt wird. I Rolle, über welche die Triebkette für die
Vertheilungswalze läuft. J Thür, durch welche größere
Stücke in den Ofen gebracht und aus demselben herausgenommen werden können. K Rumpf oder Trichter zum Eintragen der pulverförmigen
Substanzen. L Auftragewalze. M Raum unter dem Ofen, welcher die gerösteten oder gebrannten Substanzen
aufnimmt. N Esse. O Rolle an
der Welle der Walze E, über die eine endlose Kette
läuft, welche die Auftragewalze L bewegt. b kippende Klappe, auf welche die gerösteten etc.
Substanzen fallen.
Die Pfeile geben die Richtung des Feuers, sowie diejenige der beweglichen Herdsohle
an.