Titel: | Ueber einige Verbesserungen in der Blutlaugensalz-Fabrication; von J. G. Gentele in Stockholm. |
Autor: | Johan G. Gentele [GND] |
Fundstelle: | Band 117, Jahrgang 1850, Nr. LXXXIII., S. 414 |
Download: | XML |
LXXXIII.
Ueber einige Verbesserungen in der
Blutlaugensalz-Fabrication; von J. G. Gentele in Stockholm.
Gentele's Verbesserungen in der
Blutlaugensalz-Fabrication.
Ohne mich über einige Abänderungen zu verbreiten, welche von mir in der Construction
der Schmelzöfen und in der Darstellung der Schmelzen zur
Blutlaugensalz-FabricationWir verweisen auf die früheren Abhandlungen des Verfassers über
Blutlaugensalz-Fabrication im polytechn. Journal Bd. LXI S.
289, Bd. LXXVI S 352 und Bd. XCIV S. 197 an verschiedenen Orten
eingeführt worden sind, will ich hier das Verfahren zur Aufarbeitung der Schmelzen
auseinandersetzen, welches durch mich so verändert worden ist, daß zur Gewinnung des
Salzes und zum Eintrocknen der Blutlauge kaum mehr die Hälfte an Zeit und
Brennmaterial nöthig ist.
Nach den bekannten Eigenschaften des Cyankaliums genügt man der Theorie, wenn man die
Schmelzmasse den Tag vorher, ehe man sie auflösen will, in kaltem Wasser einweicht,
damit, wenn Cyankalium vorhanden ist, dieses in Cyaneisenkalium mittelst des in der
Blutlaugenkohle enthaltenen Schwefeleisens übergeführt wird. Ich thue dieß in den
Kesseln, deren Einmauerungsweise von mir (in der vorhergehenden Abhandlung)
beschrieben worden.
Des andern Tags werden die Kessel mit ihrem Inhalte zum Kochen erhitzt, und so lange
im Kochen erhalten, bis alle Stücke verschwunden sind. Wenn das Kochen eintritt,
braucht man nur mehr ein schwaches Feuer zu unterhalten, und in drei bis vier
Stunden ist die Auflösung erfolgt. In fünf Stunden hat sich die Lauge von 30°
Baumé geklärt, sie wird helle abgeschöpft, und nochmal Wasser aufgegeben, gut
umgerührt, und nach dem Absetzen erhält man noch eine Lauge von 20–25°
Baumé. Sofort werden die Kessel geleert, und wieder auf den kommenden Tag mit
Schmelze und Wasser beschickt, und so wird mit den Kesseln fortgefahren, deren
soviele vorhanden seyn müssen, daß man die täglich gewonnenen Schmelzen (nunmehr 10
in 24 Stunden, anstatt 4 wie früher in derselben Zeit von einem Ofen) verarbeiten
kann.
Die weitere Arbeit zerfällt in das vollständige Auslaugen der Rückstände, und in das
Verarbeiten der Lauge. Anstatt wie früher das Ausgekochte immer wieder mit Wasser zu
übergießen und zu zerrühren, wobei man viel schwache Lauge erhielt, vielen Raum und
Zeit nöthig hatte, und doch nicht vollständig auslaugen konnte, überdieß viel
Brennmaterial zum Verdunsten des Wassers anwenden mußte, befolge ich jetzt eine
kürzere Methode, und wende nur gußeiserne Gefäße an,
wobei man sicher ist keine Flüssigkeit zu verlieren, und aller bei Holzgefäßen so
oft wiederkehrenden Reparaturen überhoben ist.
Ich benutze nämlich eine Reihe gußeiserner Kessel als Auslaugegefäße; diese brauchen
nicht neu zu seyn, sie können Risse und Sprünge und eine beliebige Form haben, doch
ist es des Platzes wegen besser, wenn sie nicht flache Schalen sind. In ihren Boden
lasse ich ein 1 Zoll dickes Loch einbohren, und darüber einen Senkboden von Holz
legen, so daß zwischen diesem und dem Boden des Kessels ein leerer Raum bleibt,
ähnlich wie in den Auslaugegefäßen für Potasche. Diesen Kessel setze ich über einen
kleineren in die Erde gegrabenen auf einen hölzernen Galgen oder Dreifuß, so daß die
Flüssigkeit aus dem obern Kessel in den untern tropfen kann; soviel Zwischenraum muß
jedoch zwischen beiden bleiben, daß man die Flüssigkeit aus dem untern Kessel bequem
ausschöpfen kann. Der Senkboden des oberen Kessels wird mit einer 3–4 Zoll
dicken Schicht lockerer, wo möglich gelegener Asche (welche die Flüssigkeit leichter
durchlaufen läßt als frische) belegt, und darauf wird nun derjenige Schlamm
gebracht, welcher dem Auskochen unterzogen gewesen ist. Bei dem Eingießen der ersten
Partien Schlammes muß man sich hüten durch den Flüssigkeitsstrahl die Asche aufzurühren, weil sonst
der Schlamm geradezu hindurchrinnt und der untere Kessel verunreinigt wird.
Verfährt man gehörig, so rinnt sogleich helle Lauge durch das Aschenfilter in starkem
Strahle hindurch. Man läßt den Kessel einige Zolle leer, und füllt sobald es angeht,
schwache Lauge oder Wasser nach. Man darf aber niemals die Oberfläche trocken werden
lassen, weil sonst der Rückstand Sprünge erhält, worauf das später aufgegossene
Wasser seinen Weg nicht durch die Masse, sondern direct zum Boden einschlagen würde.
Erst wenn eine Lauge von circa 1° Baumé abläuft, die man natürlich von Zeit
zu Zeit zu untersuchen hat, läßt man ganz abtropfen und entleert nachher den Kessel
von der Blutlaugenkohle, läßt aber die Aschenschicht zurück, welche mehrmals benutzt
werden kann (wenn man nicht einen Ueberfluß von Asche hat, welche man auf diese Art
zugleich ablaugt). Hat man keine Asche zur Disposition, so leistet eine Schicht
trockener Blutlaugenkohle ganz dieselben Dienste.
Hiebei zeigt sich der Umstand, daß wenn man aus dem Kessel auf dieses Filter einen
Schlamm bringt, von welchem eine bloß 20° Baumé starke Lauge abgeschöpft
worden ist, dann doch von dem Filtrirkessel eine Lauge von 30° B. ausfließt.
Ueberhaupt verdrängt man mit einer geringen Quantität Wasser aus dem Schlamme alles
Lösliche, bis endlich schnell schwache Lauge, dann Wasser kommt, die gewöhnlich
zusammen nicht mehr betragen, als das zum ersten Auskochen der Schmelzen
erforderliche Wasser. Die abgeflossenen Laugen setzen im untern Kessel stets
bedeutende Mengen von Blutlaugensalz ab. Der Vortheil, welcher auf diese Art für die
weitere Verarbeitung der Laugen erzielt wird, ist leicht abzusehen.
Diesen Filtrirapparat kann ich auch zu andern Zwecken empfehlen. Zur
Seifenfabrication und in vielen anderen Industriezweigen pflegt man Aetzlaugen auf
die Art herzustellen, daß man Kalk in den warmen schwachen Potasche- oder
Sodalösungen ablöscht, um dann die Lauge durch Abschöpfen zu gewinnen, indem man den
Kalk durch mehrmaliges Aufrühren mit Wasser und Abziehen der Lauge erschöpft. Bringt
man einen solchen Kalk auf dieses Filter, so lauft eine Lauge ab, welche viel
stärker ist als die bisher durch Abschöpfen gewonnene, so fest hielt der Kalk das
Alkali zurück. Bei Anwendung eines solchen Filters würde man also in diesen Fällen
nicht unbedeutend gewinnen. Wer sich zuerst im Kleinen davon überzeugen will, fülle
nur einen Glastrichter bis zur Erweiterung mit etwas Asche und lege darauf von dem
auf bisherige Art abgelaugten Kalk, und er wird mit Erstaunen sehen, wie dieser
kleine Apparat eine starke Lauge liefert.
Bei der Verarbeitung der Blutlaugen habe ich einen Weg eingeschlagen, welcher
ebenfalls viel Brennmaterial und Arbeit erspart. Früher dampfte man zweimal ein und
ließ zweimal erkalten, um Rohsalz zu gewinnen (das erstemal wurde auf 32°,
das anderemal auf 48° Baumé abgedampft). Ich sammle die Rohlauge in eisernen
Kesseln auf, und beseitige das Rohsalz, welches in diesen anschießt. Hierauf dampfe
ich die Blutlauge in meinen beschriebenen Kesseln continuirlich ein, indem ich das
verdampfte Wasser stets durch frische Lauge ersetze. Nachdem die Lauge 35°
Baumé erreicht hat, scheidet sich fortwährend Blutlaugensalz in nadelförmigen
Krystallen ab, die sich zu Boden setzen, und welche man von Zeit zu Zeit in einen
Trichter schöpft, aus dem die abtropfende Lauge in den Kessel zurückgelangt. Man
fährt mit dieser Operation fort bis die Lauge 50° Baumé zeigt, läßt dann über
Nacht erkalten, schöpft hierauf die helle Mutterlauge ab, füllt den Kessel aufs neue
mit frischer Rohlauge und verfährt wieder wie vorher. Die abgeschöpfte Mutterlauge
wird nun eingedampft, um sie anstatt Potasche beim Schmelzen zu verwenden.
Das Rohsalz, welches man bei diesem Verfahren erhält, ist, sofern man klare Lauge
anwandte, eben so rein wie das durch Krystallisation gewonnene, nur enthält es etwas
mehr schwefelsaures Kali, was jedoch ein Vortheil ist, weil es der zu neuen
Schmelzen dienenden abgedampften Mutterlauge entzogen ist. Man krystallisirt das
erhaltene Rohsalz auf gewöhnliche Weise um.
Die Blutlaugenmutterlauge, welche noch etwas Blutlaugensalz enthält, von dem sie
jedoch auf eine praktische Weise nicht zu befreien ist, dampfe ich zuerst in eben
solchen Kesseln noch weiter ein, bis sie so dick wird, daß sie wegen des
Aufschäumens nicht mehr in den Kesseln zu handhaben ist; ich bringe sie dann in
einen Kessel, welcher mittelst der abgehenden Hitze des Schmelzofens von oben
geheizt wird, worin das Trocknen so rasch vor sich geht, daß alle Mutterlauge darin
verdunstet werden könnte, ohne sie erst in den Kesseln zu concentriren. Ich habe
gefunden, daß man bei diesem oberschlägigen Feuer ziemlich viel Kali verliert,
welches der Zug mitreißt, und dieß ist der Grund, weßhalb ich erst dann bei
oberschlägigem Feuer eindampfe, wenn das Eintrocknen in den Kesseln sehr langsam von
Statten ginge. Ich überzeugte mich, daß die verschiedene Art des Eindampfens von
solchem Einfluß ist, daß bei dem jährlichen Betriebe auf 100 Pfd. Blutlaugensalz
entweder nur 125 oder 135 oder 150 Pfd. Potasche verschwinden. Der Verlust ist
jedenfalls bedeutend, da in 100 Pfd. Blutlaugensalz nicht halb soviel Kali enthalten ist, als in
100 Pfd. Potasche; ein großer Theil des Kalis wird mechanisch weggeführt, indem sich
ziemlich viel staubartiges Alkali in den Zügen der Schmelzöfen absetzt, das man
sammeln kann, und noch mehr setzt sich darin ab, wenn mit derselben Flamme die
Mutterlauge verdunstet wird. Dampft man die Mutterlauge bloß in Kesseln ab, und zwar
bis zur Trockne, so hat man den angegebenen kleinsten Verlust; beim Abdampfen mit
bloß oberflächlichem Feuer aber den angegebenen größten.
Zusatz.
Ueber einige Erscheinungen bei der
Bereitung des Blutlaugensalzes.
Bei der Anlage von Blutlaugensalzfabriken machte ich wiederholt die Erfahrung, welche
auch von andern wahrgenommen worden ist, daß man zu Zeiten bloß grünes Blutlaugensalz erhält, welches zwar eben so
brauchbar ist wie das gelbe, aber doch für den Handel nicht paßt, da es wie ein
durch Kohle verunreinigtes oder aus trüben Laugen krystallisirtes Kochsalz aussieht.
Ich war daher in der ersten Zeit der Fabrication jedesmal gezwungen, auf dieses Salz
chemische Agentien einwirken zu lassen, um es gelb zu erhalten; mit der Zeit
verschwand jedoch dieser Umstand von selbst, und man erhielt das Salz rein gelb.
Die Ursache der grünen Farbe sind neue hölzerne
Gefäße, Senkböden oder dergleichen Eimer,
Ständer von Tannenholz, die man anwendet, und die
Erscheinung hört auf, wenn solche längere Zeit gebraucht worden sind. Der in dem
Holz enthaltene Gerbestoff grünt oder bläut das gelbe Cyantalium, und wenn man daher
eine Auflösung von reinem Salze in einem neuen hölzernen Gefäße krystallisiren läßt,
so erhält man es in grünen Krystallen. Diese Färbung ist so zart, daß jede
Filtration vergebens ist um sie der Flüssigkeit zu beneymen; sie verschwindet
zuweilen bei gewissen Temperaturen, stellt sich aber wieder ein, wenn die Lösungen
kalt werden. Ich habe daher wo es anging, überall eiserne Gefäße in Anwendung
gebracht, welche zwar etwas theurer sind, aber auch keine Reparaturen erheischen.
Zur Reinigung grün gewordenen Salzes diente nur eine Lösung von rothem
Blutlaugensalz, oder einige Lothe weißer Arsenik, welche man zur Lösung des grünen
Salzes bringt; dadurch erhält die Lauge ein rein gelbes glänzendes Aussehen, und
die Krystalle eine hochgelbe ins Orange stechende Farbe. Das erstere Mittel ist
vorzuziehen, weil man nicht weiß, ob der beigegebene Arsenik irgendwie nachtheilig
werden kann.