Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 117, Jahrgang 1850, Nr. , S. 387 |
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Miscellen.
Miscellen.
Instruction über die Behandlung des
elektro-magnetischen Telegraphen nach dem System von Morse.
Die königl. hannover'sche Eisenbahn-Direction hat unlängst über die Behandlung
der auf den dortigen Bahnen ausschließlich in Anwendung befindlichen Morse'schen elektro-magnetischen
Schreibtelegraphen die nachstehende Instruction erlassen.
I. Behandlung
der galvanischen Batterie.
§. 1.
Der Morse'sche elektromagnetische Telegraph besteht aus
zwei getrennten Apparaten und jeder derselben erfordert eine besondere Batterie.
Beide Batterien sind Daniell'sche und bestehen aus Zink-Kupfer-Elementen. Jedes Element wird gebildet aus:
1) einem Glase welches mit einer concentrirten Auflösung von Kupfervitriol in Wasser
gefüllt ist;
2) aus einem Cylinder aus Kupferblech, welcher in die Vitriolauflösung gesetzt
wird;
3) aus einem in diesem Cylinder stehenden Töpfchen von gebranntem Thon, welcher so
beschaffen seyn muß, daß er das Durchsickern einer Flüssigkeit gestattet. Dieses
Töpfchen ist mit verdünnter Schwefelsäure gefüllt;
4) aus einem Zinkcylinder, welcher in dem mit Schwefelsäure gefüllten Thontöpfchen
steht.
Um den galvanischen Strom durch den Apparat zu leiten, wird der an den Kupfercylinder
festgelöthete Kupferdraht an der betreffenden Stelle mit dem Apparate in Verbindung
gebracht, und ebenso wird der an den Zinkcylinder gelöthete Kupferdraht mit einer
andern Stelle des Apparates verbunden.
Gewöhnlich werden indeß mehrere Elemente dadurch zu einer
Batterie vereinigt, daß die Gläser neben einander
gestellt werden und der Kupfercylinder des ersten Elements mit dem Zinkcylinder des
zweiten Elements, ebenso der Kupfercylinder des zweiten Elements mit dem
Zinkcylinder des dritten Elements und sofort durch Kupferdrähte oder Kupferbleche
verbunden werden. Dadurch bleibt am ersten Elemente der Zink- und am letzten
der Kupfercylinder frei und diese, den Zink- und Kupfer-Pol bildend, werden dann durch angelöthete Kupferdrähte
mit dem Apparate in metallische Verbindung gesetzt.
Die Batterien für die beiden Theile des Apparates sind von verschiedener
Zusammenstellung. Für die Hauptapparate, welche den Strom und die Unterbrechung
desselben auf der ganzen Linie zu vermitteln haben, wird eine Batterie von mehreren kleinen Elementen gewählt, für den
Schreibapparat dagegen, welcher eine große Kraft erfordert, eine solche von nur zwei oder drei großen
Elementen.
§. 2.
In Rücksicht auf die Behandlung stehen beide Batterien,
die große wie die kleine, einander gleich, und gelten hiefür folgende
Vorschriften:
1) Kupfervitriol-Auflösung. — In einem großen gläsernen Gefäße oder Kruge von
Steingut wird eine nicht zu geringe Quantität Kupfervitriol mit heißem Wasser
angesetzt und während zwei bis drei Tagen umgerührt, wodurch sich das Wasser mit
gerade soviel Vitriol sättigt, als nothwendig ist; der überflüssige Theil bleibt am
Boden liegen. Diese Auflösung muß immer vorräthig seyn. Von dieser blaugrün
gefärbten Flüssigkeit wird soviel in die Gläser gegossen, daß ein hineingesetztes
Thontöpfchen bis ein Zoll unter dem Rande bedeckt ist. Jeden Abend wird der Inhalt
der benützten Gläser, mit Ausnahme des etwa angesammelten Bodensatzes, welcher
wegzugießen ist, in einen zweiten Krug gegeben, um sich hier wieder durch Auflösung
des in demselben befindlichen festen Vitriols zu sättigen und am dritten Tage
benützt zu werden.
2) Die Mischung von Schwefelsäure mit Wasser wird dadurch erreicht, daß man in eine
Flasche mit Wasser vorsichtig und tropfenweise nach und nach drei bis vier Procent
englische Schwefelsäure von gewöhnlicher Stärke gießt. Die Mischung muß einen
säuerlichen Geschmack, etwa wie ganz schwacher Essig haben. Von dieser sauren
Flüssigkeit ist in jedes Thontöpfchen so viel zu gießen, daß wenn der Zinkcylinder
in dasselbe eingetaucht ist, der Stand der Flüssigkeit innerhalb ½ Zoll höher
ist, als die blaugrüne Flüssigkeit außerhalb desselben im Glase.
3) Sobald am Abend der Telegraphendienst geschlossen ist, wird die Batterie
vollständig auseinander genommen, das saure Wasser aus den Thontöpfchen weggegossen
und die Thontöpfchen in eine Schale mit reinem Wasser gelegt. Was die
Kupfervitriolauflösung betrifft, so wird dieselbe, wie schon sub. 1 erwähnt, in den Krug gegeben, welcher den festen Kupfervitriol
enthält, Die Zink- und Kupfercylinder werden gehörig gereinigt und in reines
Wasser gelegt.
§. 3.
Damit durch das Reinigen und Ansetzen der Batterie die Möglichkeit des Telegraphirens
thunlichst wenig unterbrochen werde, muß die Arbeit auf einer und derselben Telegraphenstrecke zu
gleicher Zeit vorgenommen werden, und sollen über die Zeit des Ansetzens und
Abhängens, welche übrigens von dem Fahrplane abhängig ist, specielle Vorschriften
von Seiten der Betriebs-Inspection erfolgen.
II. Beschreibung des Apparates.
§. 4.
Der Morse'sche Apparat besteht, wie schon oben erwähnt,
aus zwei verschiedenen Apparaten, dem Haupt-Apparate (Relais) und dem Schreib-Apparate.
§. 5.
A. Die wesentlichen Bestandtheile des Hauptapparates
sind:
1) Der Elektromagnet. Derselbe besteht aus zwei
nebeneinanderstehenden Stäbchen von weichem Eisen. Jedes derselben ist mit feinem
Kupferdraht in mehreren Lagen umwickelt, welcher mit Seide so umsponnen ist, daß
eine metallische Berührung der einzelnen Windungen unmöglich ist Die beiden unteren
Enden dieser Drahtrollen sind verbunden, dagegen geht das obere Ende der einen Rolle
nach der Hauptbatterie, das der andern nach der nächsten Station.
Wenn nun ein galvanischer Strom den vielfachen Windungen der Umwickelung folgend, die
Eisenstäbchen umkreiset, so werden in demselben Augenblicke beide Stäbchen magnetisch, und bleiben es so lange, als der galvanische
Strom dauert.
2) Der Anker. In einer Entfernung von etwa 1/32 Zoll über
den beiden Eisenstäbchen, den Magneten, schwebt
horizontal der Anker, an dem einen Ende eines doppelarmigen Hebels (balancier) befestigt; er besteht aus weichem Eisen,
welches halbrund geformt etwa 2 Zoll lang ist. Sobald der galvanische Strom durch
die Umwickelung der Eisenstäbe läuft und diese magnetisch macht, wird der Anker
angezogen und hiedurch das eine Ende des Hebels gegen eine Schraube gedrückt,
wodurch, wie später erläutert wird, der Schreibapparat mit dem Hauptapparat in
Verbindung tritt. Sobald der Strom aber unterbrochen und dadurch die Ursache des
Magnetismus in den Eisenstäben aufgehoben wird, wird der Anker durch eine
Spiralfeder von denselben zurückgeschnellt, wobei zugleich die metallische Berührung
jenes Hebels (balancier) mit der Schraube aufgehoben
wird.
3) Der Schlüssel. Die zur Erzeugung von Zeichen
erforderliche Unterbrechung und Wiederherstellung des galvanischen Stromes geschieht
dadurch, daß derselbe an einer Stelle des Apparates durch die metallische Berührung
des Amboßes mit dem Schlüssel geführt wird.
Der Amboß ist ein kleiner messingener abgestumpfter Kegel (dessen obere Fläche am
besten mit Platin belegt ist) und in welchen der den galvanischen Strom leitende
Draht führt.
Der Schlüssel ist ein einarmiger Hebel, welcher zwischen dem Drehungspunkte und dem
zum Auf- und Niederbewegen mit der Hand eingerichteten Ende einen auf den
Amboß passenden und ebenfalls mit Platin belegten Ansatz hat. Sobald dieser Ansatz
des Schlüssels auf den Amboß gedrückt wird, ist die galvanische Kette geschlossen,
der Strom umspielt die Magnete, der Anker wird angezogen und der Balancier gegen die
Schraube gedrückt. Sobald aber der Schlüssel nicht mehr aufruht, so kommt der Strom
nicht in die Umwickelung der Magnete, diese werden unmagnetisch, der Anker wird in
die Höhe geschnellt und dadurch der Balancier von der Schraube zurückgezogen.
4) Die Entfernung des Ankers von den Magneten, die Stellung des Schlüssels, der Feder
zum Zurückschnellen des Ankers, sind durch Stellschrauben zu reguliren.
§. 6.
Der Schreibapparat besteht:
1) aus zwei Elektromagneten, welche mit der großen
Batterie und der isolirten Schraube des Hauptapparates durch Drähte verbunden
sind;
2) aus dem Anker, welcher an dem einen Ende eines
zweiarmigen Hebels über den Elektromagneten schwebt, an dessen anderem Ende
3) der Schreibstift befestigt ist, welcher, wenn der Anker
angezogen wird, gegen
4) den Papierstreifen drückt, und dort die Zeichen zurückläßt.
Der Streifen geht durch zwei Walzen, welche durch Räder getrieben werden, und deren
obere einen Einschnitt hat, um das Eindrücken des Stiftes zu erleichtern. Der Stift
läßt auf dem Papierstreifen natürlich einen um so längeren Eindruck zurück, je
länger der Anker angezogen wird; er macht nur einen Punkt, wenn der Anker angezogen
und sofort der elektrische Strom wieder unterbrochen wird.
III. Lauf und
Wirkung des galvanischen Stromes.
§. 7.
A. Beim Telegraphiren zwischen zwei
End stationen.
Auf jeder der beiden Endstationen ist ein Hauptapparat und ein Schreibapparat
aufgestellt, und jeder Apparat hat seine besondere Batterie.
Als Beispiel diene Hannover und Minden.
Der Leitungsdraht ist in Hannover an einer Kupferplatte befestigt, welche in der
feuchten Erde liegt, tritt dann an den Schlüssel, von dort an den Zinkpol der
Hauptbatterie, geht dann vom Kupferpol derselben um die Elektromagnete des
Hauptapparats, tritt hier hinaus in die Drahtleitung auf die Bahn und in Minden an
den Elektromagnet des Hauptapparats, dann an den Zinkpol der Hauptbatterie und durch
diese vom Kupferpol derselben durch den Schlüssel an die in der Erde liegende
Kupferplatte, so daß also ein Zirkel gebildet wird, welcher zwischen den beiden
Erdplatten durch die Feuchtigkeit der Erde geschlossen wird. In diesem Kreislaufe
strömt nun fortwährend das galvanische Fluidum und erzeugt den Magnetismus der
Elektromagnete beider Hauptapparate und ein fortwährendes Angezogenseyn der
Anker.
Sobald aber an einer Stelle, z. B. in Hannover, der Zirkel durch Loslassen des
Schlüssels geöffnet wird, wodurch, wie man sagt, die Kette
nicht mehr geschlossen ist, so hört der galvanische Strom und dessen
Wirkung auf die Elektromagnete auf, die Elektromagnete sowohl in Hannover wie in
Minden, werden wieder unmagnetisch und die beiden Anker werden durch die
Spiralfedern in demselben Augenblicke in Hannover und Minden in die Höhe geschnellt.
In demselben Momente, da der Schlüssel in Hannover wieder auf den Amboß gedrückt
wird, ist die Kette geschlossen, der galvanische Strom durchdringt die ganze
Leitung, stellt den Magnetismus in den Eisenstäbchen des Hauptapparats her und beide
Anker werden wieder angezogen. Das in Minden geschehende Oeffnen und Schließen der
Kette mittelst des Schlüssels bringt dieselbe eben beschriebene Wirkung hervor.
Dieses abwechselnde Anziehen und Zurückschnellen der Anker der Hauptapparate wird nun
benutzt, um eine ganz gleiche Wirkung bei den mit jenen in Verbindung stehenden Schreibapparaten zu erzielen.
Zu diesem Zweck ist der eine Pol der Schreibbatterie mit dem metallischen Gestelle
des Hauptapparates, der andere mit dem durch Elfenbein isolirten Theile des
Hauptapparates verbunden, welche beiden Punkte mit einander in metallische Berührung
kommen, sobald der Anker des Haupptapparates von den Elektromagneten angezogen wird
und dadurch der Hebel an die dazu bestimmte Schraube schlägt.
Sobald dieß der Fall, ist die Kette, welche den Schreibapparat mit dem Hauptapparate
in Verbindung setzt, geschlossen, das galvanische Fluidum durchströmt die
Umwickelung der Elektromagnete des Schreibapparats, diese werden dadurch magnetisch
und ziehen den Anker an, wodurch der Schreibstift gegen die Papierstreifen gedrückt
wird. Dagegen hört der Magnetismus auch der Schreibapparate in Minden und Hannover
sofort wieder auf, wenn der Schlüssel in einem der beiden Orte geöffnet ist, indem
dann die Balanciers der Hauptapparate die erwähnten Schrauben nicht mehr
berühren.
Die (aus den größeren Elementen bestehende) Batterie des Schreibapparates hat eine
nur locale Wirkung auf diesen, geht in die Hauptleitung längs der Bahn nicht über, und wird nur
dadurch in Thätigkeit gesetzt, daß der Balancier des Hauptapparates die Schließung
und Oeffnung ihrer Kette vermittelt.
§. 8.
B. Zwischenstationen.
Ganz ebenso ist der Lauf des Stromes, wenn Apparate auf Stationen zwischen den beiden Endstationen aufgestellt werden, nur
geht dann nicht der Erddraht, sondern der Leitungsdraht von einer der beiden Seiten
in den Apparat.
Hieraus geht hervor, daß wenn auf irgend einer End-
oder Zwischenstation einer elektromagnetischen Telegraphenlinie (d. h. der zwischen
zwei Erdplatten liegenden Linie) der Schlüssel vom Amboß getrennt oder die
Drahtleitung irgendwie zerstört oder unterbrochen wird, aus sämmtlichen Apparaten aller dieser Stationen der Magnetismus entweicht,
und beim Schließen des Schlüssels sich wieder einstellt.
Die Erddrähte auf den Zwischenstationen sind in der Regel nicht im Gebrauch und nur
in speciellen weiter unten angegebenen Fällen zu benützen.
§. 9.
Wenn auf Zwischenstationen Hauptbatterien angesetzt werden sollen, so müssen die Pole
in derselben Reihenfolge stehen, wie auf den Endstationen, so daß, da auf der
Strecke von Minden nach Hannover in Minden der Erddraht am Kupferpole der Batterie sitzt, der Leitungsdraht aber am Zinkpol, auf
allen Stationen zwischen Minden und Hannover stets der Leitungsdraht in der Richtung nach Hannover am
Zinkpole der Hauptbatterie angebracht werden muß. Um
nun die Möglichkeit zu haben von Minden oder Bremen ohne Unterbrechung nach Harburg
telegraphiren zu können, wird als bestimmte Regel festgesetzt, daß auf allen Stationen der Bremen-Wunstorfer und
Minden-Harburger Linie der Leitungsdraht nach
Harburg zu, am Zinkpol der Hauptbatterie befestigt werden
soll.
IV. Behandlung
der Apparate.
§. 10.
A. Zeichen.
Es ist im Vorstehenden auseinander gesetzt, wie durch Oeffnen und Schließen des
Schlüssels auf dem Papierstreifen kurze oder längere Eindrücke hervorgebracht
werden. Hierauf sind nun die nachstehenden Zeichen für die Buchstaben und die
Ziffern etc. gegründet, indem bestimmte Zusammenstellungen von Punkten und Strichen
bestimmte Buchstaben etc. bedeuten.
Textabbildung Bd. 117, S. 391
Bruchstrich
Beim Telegraphiren einer Depesche müssen die Zeichen, welche einen Buchstaben bilden,
möglichst zusammengedrängt werden, jedoch stets deutlich seyn, daß die Striche mit
Sicherheit von den Punkten unterschieden werden können. Zwischen zwei Buchstaben ist
ein merklicher Zwischenraum zu lassen, wischen zwei Wörtern aber ein etwas
größerer.
§. 11.
B. Stellung der
Schrauben und Federn.
a) Es ist bisher gesagt, der Anker ruhe bei geschlossener Kette auf den Elektromagneten. Dem ist indeß nicht
ganz so; vielmehr vermeidet man absichtlich ein wirkliches Berühren der beiden
Theile, und zwar deßhalb, weil bei metallischer Berührung der Magnet den Anker
festsaugt, und ein Zurückschnellen des letztern bei Aufhören des Magnetismus nicht
so leicht geschieht, als wenn ein kleiner Zwischenraum zwischen Anker und Magnet
bleibt. Je größer dieser Zwischenraum ist, desto kräftiger muß der Magnetismus seyn.
Es gilt daher die Regel, sowohl bei dem Schreibapparate, als namentlich bei dem
Hauptapparate: mittelst der Stellschrauben den Zwischenraum
zwischen Anker und Magnet so klein wie möglich zu machen, eine wirkliche Berührung aber stets zu vermeiden.
b) Der Schreibstift ist so zu stellen, daß er deutliche
Eindrücke in dem Papierstreifen zurückläßt, ohne einzureißen.
c) Wie hoch der Aufschlag des Schlüssels ist, hat keinen
wesentlichen Einfluß, und stellt sich daher jeder Telegraphist die diesen regelnde
Schraube nach eigenem Ermessen.
d) Wenn der Papierstreifen schief und unregelmäßig
durchläuft, so ist daraus zu schließen, daß die beiden Walzen nicht parallel neben
einander rund laufen und ist dann durch Drehen des einen oder andern Excentricums
die eine oder andere der Federn, welche die Lage der Achsen der Walzen reguliren,
nachzulassen oder anzuziehen, bis der Uebelstand gehoben ist.
V. Vorschriften
für das Telegraphiren.
§. 12.
Jede Depesche, welche auf den Eisenbahndienst Bezug hat, muß vor dem Telegraphiren mit Angabe des Datums und der Zeit nach Stunden und
Minuten in das Depeschenbuch getragen werden.
Jede ankommende Depesche, welche auf den Eisenbahndienst Bezug hat, muß sofort nach
der Ankunft mit Angabe des Datums und der Zeit nach Stunden und Minuten in das
Depeschenbuch getragen, und wenn dieselbe von Wichtigkeit ist (z. B. das Abgehen von
Extrazügen, veränderte Kreuzung der Züge u. s. w. betrifft), von den
Bahnhofsvorständen selbst im Originale von dem Papierstreifen abgelesen werden.
Am Schlusse jeder Depesche hat der Depeschengeber seinen Namen zu telegraphiren.
Die Depeschenbücher werden periodisch an die Eisenbahndirection eingesandt, worüber
weitere Verfügung erfolgen wird.
§. 13.
Beim Beginn des Telegraphirens ruft der Telegraphirende zuerst die Bestimmungsstation
durch dreimaliges Telegraphiren des für dieselbe eingeführten Zeichens.
Diese Zeichen sind die nachstehenden.
1) Von Hannover aus in östlicher
Richtung:
Hannover H
Burgdorf D—
Uelzen Ue— —
Lehrte L—
Celle C — —.
Bevensen BE —
Peine P
Eschede E
Bienenbüttel BN — —.
Vechelde V —
Unterlüß A —
Lüneburg K — —
Braunschweig B—
Suderburg S
Winsen W — —
Harburg R —
2) Von Hannover aus in westlicher
Richtung:
Hannover H
Bückeburg R —
Eistrup E
Wunstorf W— —
Minden M — —
Verden V —
Haste HT —
Neustadt NS —
Achim A —
Stadthagen S
Nienburg N —
Bremen B —
Die gerufene Station antwortet alsdann durch JJ.... und
ein einmaliges Geben ihres eigenen Zeichens.
Sobald diese Antwort als Zeichen der Anwesenheit des Telegraphisten erfolgt ist,
macht der Depeschengeber mehrere Punkte, damit der Empfangende seinen Papierstreifen
in Bewegung setzen und in Ordnung halten kann. Dann beginnt die Depesche, und zwar
jedesmal mit dem vollständig ausgeschriebenen Namen der Bestimmungsstation, dann dem
Worte „von“ und mit dem vollständig
ausgeschriebenen Namen der Abgangsstation.
Hierauf wird ein Zwischenraum gelassen und die Depesche gegeben.
Will z. B. Hannover nach Minden sagen: „der Zug geht
ab“, so geschieht das so:
Hannover:
Textabbildung Bd. 117, S. 393
Minden:
Textabbildung Bd. 117, S. 393
Hannover:
Textabbildung Bd. 117, S. 393
§. 14.
Ist auf der Empfangsstation der Apparat nicht in gehöriger Ordnung, läuft das Papier
während der Depesche schief u. dergl., so daß die Depesche nicht zu lesen ist, so
unterbricht der Empfänger, indem er den Schlüssel öffnet. Alsobald arbeitet auf der
Abgangsstation der Haupt- und Schreibapparat nicht mehr mit, und muß der
Absender der Depesche dann sofort aufhören und seinen Schlüssel schließen, um das
Begehren des Empfängers zu vernehmen.
Dieser sagt dann: „gib vom Anfang“,
wenn er die ganze Depesche nicht erhalten hat; wenn er das Wort N. N. noch verstanden, das Weitere aber nicht verstanden
hat, „gib von
N. N.“. Ein ähnliches Verfahren tritt
ein, wenn der Empfänger etwas Wichtigeres nach irgend einer Station zu sagen hat. Er
unterbricht dann und sagt das Wort „Wichtiger“.
§. 15.
Nur der Vollständigkeit wegen wird noch einmal darauf aufmerksam gemacht, daß der
Schlüssel jedes Apparates stets geschlossen gehalten werden
muß, und nur geöffnet werden darf, um eine Depesche zu geben. Versäumt ein
mit dem Telegraphiren beauftragter Beamter das Schließen des Schlüssels, wodurch
natürlich das Telegraphiren auf der ganzen Linie unterbrochen ist, so wird er in das
Verzeichniß der Disciplinarvergehen aufgenommen und bestraft.
§. 16.
Diejenigen Stationen, auf denen zwei Telegraphen strecken
zusammentreffen, erhalten zwei vollständige Apparate, und
muß auf diesen Stationen, wenn eine Depesche anlangt, welche auf die zweite Strecke
übertragen werden muß, die vollständige Depesche, nachdem sie in das Depeschenbuch
eingetragen, weiter gegeben werden.
§. 17.
Wenn auf einer Zwischenstation eine Unterbrechung der Hauptleitung bemerkt wird, ohne
dieselbe wieder herstellen zu können, was z. B. auch durch das Offenbleiben des
Schlüssels irgendwo veranlaßt seyn kann, so nimmt man den auf jeder Station zur Hand
habenden Brunnendraht und hängt denselben lose entweder an den Leitungsdraht nach der rechten
Seite, oder wenn dadurch eine Schließung der Kette nicht erfolgt, nach der linken
Seite hinunter.
Erfolgt links die Schließung, so kann mit der rechts liegenden Station correspondirt
werden, oder umgekehrt.
Es versteht sich von selbst, daß öfter der Brunnendraht ganz beseitigt werden muß, um
zu sehen, ob die Verbindung der ganzen Linie wieder hergestellt sey.
VI. Allgemeine
Bestimmungen.
§. 18.
Tritt eine Unterbrechung des Stromes ein, welche trotz der vorzunehmenden
Untersuchung nicht zu ermitteln und nicht zu beseitigen ist, so muß davon sofort der
Betriebs-Inspection oder dem etwa in der Nähe sich befindenden Ingenieur,
welcher als technischer Gehülfe der Inspection angeordnet ist, Nachricht gegeben
werden.
§. 19.
Wenn der Leitungsdraht auf der Bahn abgerissen oder zerschnitten ist, so hat der
betreffende Bahnwärter die Verbindung durch Anknüpfen eines Drahtendes wo möglich
vorläufig wieder herzustellen. Zu diesem Zweck hat er die beiden Enden des
abgerissenen Drahtes etwas blank zu schaben und von dem ihm für solche Fälle in
Verwahrung gegebenen Kupferdraht ein kurzes Stück, dessen Enden ebenfalls blank zu
schaben sind, dazwischen zu bringen. Hat das Zerreißen dicht an einer Stange
stattgefunden, so ist solche aus der Erde zu nehmen, und nachdem der Draht an deren
Kopf von Neuem geknüpft ist, wieder einzusetzen und zu befestigen. Eine solche
Beschädigung und deren Abhülfe ist dem Bahnmeister bei dessen nächster Anwesenheit
zu melden, damit dieser davon weitere Anzeige macht und das gehörige Zusammenlöthen
der Stelle veranlaßt.
Sind Stangen durch Windsturm oder auf andere Weise zur Seite gebogen oder umgeworfen,
so sind solche sofort wieder gerade zu richten und gehörig zu befestigen.
Sollte ein längeres Stück des Drahtes oder gar auch einzelne Stangen ganz fehlen, so
ist dieses von Bahnwärter zu Bahnwärter nach der nächsten Station sofort zu melden
und von hier aus der Betriebs-Inspection schriftlich anzuzeigen, um dem
Mangel sobald als möglich abzuhelfen. Muß der wieder anzubringende Draht, bis die
Stangen wieder herbeigeschafft sind, auf längeren Strecken frei tragen, so ist
jedenfalls dafür zu sorgen, daß derselbe nirgends den Erdboden, Baumzweige oder
andere Gegenstände berührt, damit die Elektricität an einer solchen Berührungsstelle
nicht abgeleitet werde.
(§. 20 bis 25 enthalten rein administrative Bestimmungen.)
Hannover, den 20. Mai 1850.
Königl. Hannover'sche
Eisenbahn-Direction.
Neue Versuche mit Flüssigkeiten im sphäroidischen Zustand; von
Boutigny.
Die verschiedenen Ansichten über die Ursache der Suspension in sphäroidischen Zustand
befindlicher Körper veranlaßten mich folgende Versuche anzustellen.
Ich rollte einen Platindraht von 1 Millimeter Durchmesser spiralförmig, so daß daraus
eine Art Sieb mit kreisförmigen und continuirlichen Maschen entstand. Ich goß nun
nach einander Wasser, Alkohol und Aether in diese durchbrochene Schale; die drei
Flüssigkeiten liefen natürlich wie durch ein Sieb hindurch.
Hierauf machte ich die Schale glühend und begann den Versuch mit jenen drei
Flüssigkeiten wieder, wobei ich vor meinen Augen das Wunder der Vestalin Tuccia erneuert sah, indem diese drei Flüssigkeiten nicht
mehr durch die Maschen des Siebs gingen und auf eine gewisse Entfernung weggetragen
werden konnten.
Hinsichtlich des Alkohols und Aethers bemerkt man folgendes: da der Dampf, welchen sie erzeugen, eine
viel größere Dichtigkeit als die Luft hat, so hält er bis auf einen gewissen Punkt
dem aufsteigenden heißen Luftstrom, welcher durch die hohe Temperatur der Schale
hervorgebracht wird, das Gleichgewicht; dieser durch die leeren Räume der Schale
dringende Dampf entzündet sich sowohl über als unter derselben, und das Sphäroid
befindet sich alsdann zwischen zwei entgegengesetzten Flammenkegeln.
Wenn man diesen Versuch mit Jod wiederholt, wird der
untere Flammenkegel durch eine schöne Säule von violetten Dämpfen ersetzt, welche in
die dem Jodsphäroid entspechenden leeren Räume der Schale drangen.
Durch diese Versuche kann man augenscheinlich die Existenz jener geheimnißvollen
Kraft, der Repulsivkraft nachweisen, welche die Wirkung der Schwere
neutralisirt.(Comptes rendus, August 1850, Nr.
9.)
Analyse eines warm- und kaltbrüchigen Stabeisens; von
Dr. Rubach.
Ein Stück Stabeisen, das sich in dem Cabinet des Gießener Laboratoriums mit der
Etiquette: „warmbrüchiges Stabeisen von Königsbrunn“ vorfand,
zeigte sich vollkommen frei von allen bekannteren metallischen und metalloidischen
Beimischungen, die dem hüttenmännisch gewonnenen Eisen Brüchigkeit zu ertheilen
pflegen. Es war namentlich keine Spur von Kupfer, Arsenik, Phosphor, Schwefel oder
Silicium darin zu erkennen.
Das Eisen war sowohl kalt-als warmbrüchig. Eine genauere Untersuchung ergab,
daß es außer geringen Mengen von Kohlenstoff nicht unbedeutende Mengen von Nickel
und Kobalt enthielt, welchem Gehalt allein die außerordentliche Brüchigkeit
zugeschrieben werden muß.
Die Analyse gab folgende Zusammensetzung: 96,89 Procent Eisen, 1,53 Proc. Nickel,
0,63 Kobalt und 0,19 Kohlenstoff. (Annalen der Chemie und Pharmacie Bd. LXXIV S. 360.)
Schnelle Vertilgung von Silberflecken auf der Haut; von A. Brieger.
Die Silberflecken, respective die durch weiland unauslöschliche Tinte
hervorgebrachten Flecken, haben zwar längst ihren Nimbus der Unauslöschlichkeit
verloren, seitdem man sie mit Chlor und Ammoniak, analogen Verbindungen anderer
Haloide: Iodkalium, Cyankalium, Jodtinktur und unterschwefligsaurem Natron zu
vertilgen auf die Idee kam, doch halte ich eine kleine aus der Praxis gegriffene
Modification dieser Verfahrungsmethoden der Mittheilung werth.
Ein junger Officier, der sich in der Absicht den Bart zu schwärzen, das Gesicht mit
einer salpetersaures Silberoxyd enthaltenden Pomade eingerieben, hatte sich dasselbe
dadurch abscheulich zugerichtet, und schon 14 Tage erfolglos an der Normalisirung
laborirt. Indem ich mittelst eines kleinen Pinsels immer nur auf eine kleine Fläche
zur Zeit, zuerst (weingeistige) Jodauflösung, gleich darauf mäßig verdünnte
Kalilösung applicirte und zuletzt natürlich mit Wasser nachwusch, war sofort jede
Spur von Silberflecken aus dem Gesichte verschwunden, und so wenig als
Geruchs- oder Gesichtsorgane während der Operation belästigt worden waren,
trugen Hals und Backen Nachwehen davon. Versuche mit schon gebildetem Jodkalium in
concentrirter Lösung, wie auch mit Cyankalium, befriedigten nicht, ihre Einwirkung
geht nicht schnell genug von statten.
Auch aus Geweben lassen sich die Schriftzüge der Höllensteintinte unter der nöthigen
Vorsicht am schnellsten durch Jodtinctur und Kalilauge vertilgen. (Jahrb. für prakt.
Pharmacie. B. XX S. 90.)
Stelling's Verfahren den
Bernsteinfirniß zu bereiten.
Man bringt den Bernstein, welcher erst bei hoher Temperatur schmilzt, in einen
starken kupfernen Behälter, der an seinem oberen Theil verschlossen und mit Thon
lutirt ist. An seinem unteren Theil ist er mit einem kegelförmigen Rohr versehen,
auf welchem ein durchlöchertes Blechstück befestigt wird, das als Sieb dient, um den
geschmolzenen Bernstein von den in ihm enthaltenen Unreinigkeiten zu trennen. Das
kupferne Gefäß steht auf einem Ofen, in welchen sein kegelförmiger Boden einige
Zolle hineinreicht; nachdem die Erwärmung hinreichend gesteigert worden ist,
schmilzt der Bernstein und läuft, von seinen Unreinigkeiten befreit, in einen unten
angebrachten großen Behälter von Kupfer, welcher zu zwei Drittel mit dem Oel gefüllt
ist, womit man den Firniß bereitet; die Wärme begünstigt die Vereinigung des
geschmolzenen Bernsteins mit dem Oel; nach erfolgter Vereinigung setzt man die
anderen Ingredienzien zu.
Diese einfache und durch lange Erfahrung bewährte Methode gewährt folgende Vortheile:
1) der Bernstein schmilzt vollständig, ohne Rückstand, und da er in einem vollkommen
geschlossenen Gefäß enthalten ist, so geht wenig oder nichts von ihm durch
Verdunstung verloren; 2) man ist dabei gegen jede Feuersgefahr gesichert; 3) da die
Gefäße aus dickem Kupfer bestehen, so können sie nicht bersten wie die in den
Firnißfabriken meistens gebräuchlichen thönernen Gefäße. (Revue scientifique, 1850 Nr. 125.)
Ueber die fabrikmäßige Darstellung der Essigsäure; von A. Beringer.
Prof. Schnedermann hat in dem „Handwörterbuch
der reinen und angewandten Chemie von Liebig,
Poggendorff und Wöhler“ Bd. III. S. 902 des Verlustes gedacht, der bei der Zerlegung des holzsauren Kalkes durch Glaubersalz
entsteht. (Man pflegt in den Fabriken zur Gewinnung reiner Essigsäure aus Holzessig, letzteren in der Wärme und unter Umrühren mit
kohlensaurem Kalk und zuletzt mit Kalkhydrat zu sättigen, wobei ein Theil der
brenzlichen Stoffe in Verbindung mit Kalk als braune Masse ausgeschieden wird, die
sich zum Theil auf die Oberfläche begibt und abgeschöpft wird. Die neutralisirte
Flüssigkeit läßt man ruhig stehen, bis sich der überschüssige Kalk abgesetzt hat,
zieht sie dann klar ab, und verdampft sie in einem Kessel bis zu 15° Baumé.
Sie wird hierauf mit einer concentrirten Lösung von Glaubersalz in Wasser vermischt
und damit tüchtig umgerührt, wobei schwefelsaurer Kalk als dicker Niederschlag sich
ausscheidet und essigsaures Natron gelöst bleibt. Versuche haben jedoch gezeigt, daß
der essigsaure Kalk durch Glaubersalz nicht vollständig zersetzt wird, sondern daß
ein Theil desselben, selbst wenn überschüssiges Glaubersalz in der Flüssigkeit
vorhanden ist, unzersetzt bleibt, eine Erscheinung, die vielleicht in der Bildung
eines Doppelsalzes ihren Grund hat. Außerdem soll ein Theil des schwefelsauren
Natrons sich in Verbindung mit schwefelsaurem Kalk als schwerlösliches oder
unlösliches Doppelsalz niederschlagen. Man muß daher die zur Zersetzung des
holzsauren Kalkes erforderliche Menge Glaubersalz durch einen im Kleinen
angestellten Versuch bestimmen; der durch Glaubersalz nicht zersetzbare Antheil des
essigsauren Kalks kann zuletzt durch Soda zersetzt und dadurch die ganze Essigsäure
in Natronsalz übergeführt werden.)
Es wäre interessant zu wissen, wie weit diese unvollständige Zerlegung des
essigsauren Salzes einerseits und andererseits die Ausscheidung von schwefelsaurem
Natron in Verbindung mit schwefelsaurem Kalk geht, um so mehr, da der Fall auch bei Zerlegung des
Kupfervitriols mit essigsaurem Kalk eintritt. In der Praxis kann diesem doppelten
Verluste leicht durch directe Sättigung des Holzessigs mit
Schwefelnatrium vorgebeugt werden, und in der That haben die HHrn. Heyl und Wöllner in Berlin
seit geraumer Zeit eine Holzessigfabrik im Gange, in der die Essigsäure mit Hülfe
von Schwefelnatrium zu der vollendetsten Reinheit gebracht wird. Es liegt in den
klimatischen Verhältnissen des Nordens, daß die Entbindung so großer Quantitäten von
Schwefelwasserstoffgas durchaus nichts Lästiges für die Fabrik selbst hat.
Die aus dem gereinigten essigsauren Natron abgeschiedene Säure ist sogar reiner als
die Essigsäure des Handels, die jetzt meist durch Sättigung von sogenanntem
Essigsprit (9 procentigem Schnellessig) mit Kalk und Zerlegen des Kalksalzes durch
Schwefelsäure gewonnen wird. Eine solche Säure kann deßhalb nicht frei von schwefliger Säure seyn, weil die Fabrikanten den
essigsauren Kalk bloß zur Trockne abdampfen und somit die in den Essigbildern aus
den Spänen aufgenommene organische Materie bei der Destillation zersetzend auf die
Schwefelsäure wirkt.
Merkwürdig ist noch, daß die verschiedenen Hölzer nicht allein, wie Stoltze gezeigt, ungleiche Mengen von Säure geben sondern
auch, daß die Natur der Brandöle so sehr wechselt, je nachdem z. B. Buchen-
oder Erlenholz genommen wird, was vermuthlich von den im Holz enthaltenen Harzen und
dergleichen herrührt. (Annalen der Chemie und Pharmacie, Juni 1850, S. 345.)
Ueber die Mittel die Anhäufung der Kohlensäure in den
Gährungslocalen unschädlich zu machen; von Aubergier.
Um die Räume wo der gährende Most aufgestellt ist, von der in ihnen angehäuften
Kohlensäure größtentheils zu befreien und dadurch das Eintreten in dieselben möglich
zu machen, empfiehlt man gewöhnlich die Hervorbringung eines Luftstroms, welcher die
Kohlensäure aus dem Local verdrängt, oder das Aussprengen von Kalkmilch, wodurch die
Kohlensäure absorbirt wird. Beide Mittel sind ausreichend, wenn es nicht auf eine
sehr rasche Entfernung der Kohlensäure ankommt; in gewissen Fällen wirken sie aber
nicht schnell genug, z. B wenn schon Jemand in einem solchen Local von einer
Ohnmacht und der Gefahr der Erstickung befallen ist und ein anderer ihm zu Hülfe
kommen will. Dieser ist dann der Gefahr ausgesetzt, beim Betreten des Locals
dasselbe Loos zu theilen, und doch ist beim Verzug die höchste Gefahr vorhanden. Aubergier empfiehlt in solchen Fällen in dem
Gährungslocal Aetzammoniak (Salmiakgeist) auszusprengen.
Dieses verbreitet sich in dem ganzen Raum und die Kohlensäure wird dadurch an allen
Stellen absorbirt, während die Kalkmilch zunächst nur da wirkt, wo sie unmittelbar
hinkommt. Durch die Absorption der Kohlensäure und die Bildung von kohlensaurem
Ammoniak entsteht ein leerer Raum, in welchen sogleich frische Luft eindringt, und
in wenigen Augenblicken ist die Luft so weit gereinigt, daß man das Local ohne
Gefahr betreten kann. Aubergier empfiehlt den
Weinproducenten immer einige Maaß Aetzammoniak für solche Fälle vorräthig zu halten.
Denn wenn auch beim Eintritt in das Local die Luft genügend von Kohlensäure befreit
war, so kann sich doch bei gewissen Operationen die Kohlensäure plötzlich in großer
Menge entwickeln, z. B. beim Treten und Niederdrücken der Hülsen und Kämme in dem
Gährungsbehälter (bei der Bereitung des Rothweins), welches während der Gährung von
Zeit zu Zeit vorgenommen wird.
Uebrigens sollte man ein Gährungslocal nicht eher betreten, als bis man ein
brennendes Licht hineingehalten und sich davon überzeugt hat, daß dasselbe weder
verlöscht noch merklich schlechter brennt als außerhalb. (Moniteur industriel, 1850 Nr. 1391.)
Ueber Vertilgung der Kornmotte.
Versuche, welche Bouchardat hinsichtlich der Vertilgung
der Kornmotte anstellte, führten ihn zu folgenden Resultaten. Terpenthinöl tödtet
die Schmetterlinge leicht, wirkt aber weder auf die Larven noch auf die Eier.
Salzsäure in 1000facher Verdünnung tödtet die Larven, ist aber auf Eier und
Schmetterlinge ohne Wirkung. Das beste Mittel ist nach ihm, das Korn, worin sich
dieses Insect befindet, einer Temperatur von 80° Reaumur auszusetzen, welche
Würmer und Eier tödtet, ohne der Güte des Getreides zu schaden; oder es in Silos
aufzubewahren, deren Temperatur immer unter 12 2/5° R. bleibt, bei welcher
die Eier nicht auskriechen können. (Journal de
Pharmacie, Juli 1850.)
Untersuchungen über die Aufbewahrung der Getreidearten; von
Bobierre und Cartier.
Die Genannten haben der französischen Akademie der Wissenschaften die Resultate ihrer
gemeinschaftlichen Versuche über das Conserviren der Getreidearten zur Prüfung
übergeben.
Sie erörtern in ihrer Abhandlung die Ursachen der Zerstörung, welche man zu bekämpfen
hat, sowie die verschiedenen Mittel, welche man bisher zu diesem Zweck benutzte, und
suchen dann zu beweisen, daß keines derselben genügend ist, ja daß sogar solche,
welche in anderen Klimaten dem Zweck mehr oder weniger vollständig entsprechen, in
unserem Klima keinen Erfolg haben können. Um das Korn in Frankreich und in Ländern
von ähnlichen klimatischen Verhältnissen unbegränzte Zeit lang mit Sicherheit
aufbewahren zu können, muß man es vor allem in den geeigneten trockenen Zustand
versetzen, und verhindern daß es nachher Feuchtigkeit aufnimmt; man muß es in
Behälter bringen, welche so dicht verschlossen sind, daß die es angreisenden
Insecten nicht eindringen können; man muß endlich bis auf die
Keime solche Insecten zerstören, welche in das Getreide kamen, bevor
dasselbe in die Behälter gebracht wird, worin es zu verbleiben hat Die Anwendung des
Kohlenoxydgases, welche einige Chemiker hiezu vorschlugen, würde bis auf einen
gewissen Punkt den Zweck gut erfüllen; aber abgesehen davon, daß diese Operation
ziemlich kostspielig wäre, hätte sie nur eine vorübergehende Wirkung, falls das Korn
nicht in luftdicht schließenden Behältern enthalten wäre. Silos von Blei, welche man
vorgeschlagen hat, auf die man aber als zu kostspielig verzichten mußte, hätten den
Erfolg dieser Operation gesichert. Man kann aber den Zweck auf eine wohlfeilere
Weise erreichen; denn mit gewalztem Zink, welches man mit
einem zweckmäßigen hölzernen Rahmenwerk versieht, construirt man Silos welche alle
erforderlichen Bedingungen erfüllen. Diejenigen, welche die Verfasser bei ihren
Versuchen angewandt haben, sind dreiseitige Prismen; durch eine Tubulatur welche am
unteren Theil jedes solchen Kastens angebracht ist, leitet man das zerstörende Gas
hinein (Kohlensäure welche man durch Zersetzen von Kreide mit Schwefelsäure
bereitet, oder durch Verbrennen von Kohle in Rousseau's
Apparat, welcher im polytechn. Journal Bd. CXVI S. 297 beschrieben ist); eine obere
Tubulatur, aus welcher man von Zeit zu Zeit den Gasstrom auf Kalkwasser leitet,
gestattet den Zeitpunkt zu erfahren wo die Kohlensäure den ganzen Raum erfüllt
hat.
Ehe man das Getreide in diese Silos bringt, muß es zuvor behufs des Austrocknens
längere Zeit einer Temperatur von 40 bis 48° Reaumur ausgesetzt worden seyn;
die Verfasser haben sich überzeugt, daß diese Operation dem aus solchem Getreide
fabricirten Mehl durchaus keinen schlechten Geschmack ertheilt. Sie haben sich
ferner überzeugt, daß die Anwendung der Kohlensäure mit gar keinen nachtheiligen
Folgen verbunden ist. Hinsichtlich der Kosten bemerken sie, daß dieselben zwar zur
Herstellung der Silos nicht unbeträchtlich sind, daß man aber dann jedes Jahr, so
lange die Silos dauern, beträchtlich an dem Aufwand für Handarbeit erspart, weil das
Umschaufeln des Getreides ganz wegfällt. (Comptes
rendus, August 1850, Nr. 7.)
Ueber Rohzucker-Consumtion in Frankreich seit dem Jahr
1815, ferner über Cacao- und Kaffee-Consumtion; von Guien.
Da man mit Grund annehmen kann, daß die Consumtion jedes Individuums welches Zucker
genießt, im Jahr 10 Kilogr,In England betraͤgt die Consumtion per
Individuum der Gesammtbevölkerung 11 Kilogr. ungefähr 1
Unze per Tag beträgt, so ist aus nachfolgender Tabelle
zu entnehmen, in welchem Verhältniß die Anzahl der Consumenten mit den sinkenden
Preisen zugenommen hat. Es folgt daraus, daß nur 13 Millionen Individuen, oder
beinahe ein Drittheil der französischen Bevölkerung Zucker zu genießen gewohnt ist.
Offenbar würde sonach eine Verminderung der Besteuerung des Zuckers, durch welche
der Preis desselben bedeutend niederer würde, die Consumtion beträchtlich steigern,
indem gegenwärtig noch zwei Drittheile der Bevölkerung dieses Nahrungsmittel
entbehren müssen. Und wie sehr müßte dazu eine Herabsetzung der Steuern auf Kaffee
und Cacao noch beitragen!
Jahre.
Mittlerer Preis des raffinirten Zuckers per Kilogramm.
In einem Jahr in Consumtion gebrachter
Rohzucker.
Berechnete Anzahl der Consumenten zu 10 Kilogramm. per Individuum.
Frcs.
Cent.
Kilogr.
1815
3
85
17,000,000
1,700,000
1816
bis
1819
3
20
33,500,000
3,350,000
1820
1823
2
50
48,300,000
4,830,000
1824
1828
2
40
65,000,000
6,500,000
1829
1833
2
—
83,500,000
8,350,000
1834
1838
1
80
107,000,000
10,700,000
1839
1843
1
65
115,000,000
11,500,000
1844
1849
1
60
131,000,000
13,100,000
Man wird zwar einwenden, daß die Zuckerconsumtion in Frankreich nie den Aufschwung
nehmen kann wie in England, wo der Genuß warmer Getränke so allgemein ist. Dieß
zugegeben, ist aber doch nicht zu läugnen, daß die Consumtion von Zucker in dem
Grade noch weiter zunehmen wird, als er wohlfeiler wird; es ist ferner zu bedenken,
daß in Frankreich ein großer Theil des Obsts dem Vieh überlassen werden muß oder
verloren geht, weil es seiner Zeit nicht consumirt werden kann. Wenn das Pfund
Zucker zu 50–60 Cent. gekauft werden könnte, so würden die mittlern und armen
Classen und das Landvolk aus dem Obst vortreffliche Conserven machen, welche nicht
über 15 Cent. per Pfund zu stehen kämen.Ein Viertelpfund genügt für 1 Pfd. Obst, und nur für säuerliches Obst ist
mehr Zucker erforderlich.
Ebenso verhält es sich mit vielen andern Nahrungsmitteln. Nach den statistischen
Nachweisen wurden im J. 1827 in Frankreich 700,000 Kil. Cacao consumirt, im J. 1847
aber 2,200,000 Kil. verzollt. Dieß kömmt daher, daß der verzollte
Maragnan-Cacao im J. 1827 auf 2 Fr. 50 Cent., und im J. 1847 nur auf 1 Franc
75 Cent. zu stehen kam. Durch Herabsetzung der Steuern auf Zucker und Cacao könnte
recht gute Chocolade zu 60 Cent. per Pfund oder die
Tasse zu 5 Cent. geliefert werden.
Auch die Zunahme der Kaffee-Consumtion spricht zu Gunsten niederer Preise. Im
J. 1827 wurden 10,000,000 Kil. Kaffee consumirt; von Hayti-Kaffee kostete
damals das verzollte Pfund 2 Fr. 40 Cent., während im J. 1847, wo der Preis auf 1
Fr. 90 Cent. herabgegangen war, 16,800,000 Kil. consumirt wurden.
In den Vereinigten Staaten, wo, wie in England, beinahe allgemein Thee getrunken
wird, stieg im vorigen Jahr die Kaffee-Consumtion, bei einer um ⅓
kleinern Bevölkerung als in Frankreich, auf mehr als 75 Millionen Pfund.
Es ist aus allem dem zu ersehen, wie nothwendig von Zeit zu Zeit Zollrevisionen sind.
Wir verkennen übrigens nicht, wie schwierig diese Aufgabe hinsichtlich des Zuckers
ist. England hat in Zeit von vier Jahren seinen Tarif fünfmal abgeändert. Auch in
Frankreich geschah dieß zu wiederholtenmalen und ist nun wieder nöthig. (Moniteur industriel, 1850 Nr. 1444.)
Firniß um die Hüte wasserdicht zu machen.
Folgende Vorschrift ist von den HHrn. Richard und Francs in London. Die Hüte werden nach der gewöhnlichen
Methode zubereitet, geformt und gefärbt; wenn sie ganz trocken sind, behandelt man
sie innerhalb mit folgendem Firniß:
Kino-Gummi
500
Gramme
Elemi
250
Gramme
Weihrauch
1500
Gramme
Kopal
1500
Gramme
Wachholderharz
1000
Gramme
Ladanum
31
Gramme
Mastix
31
Gramme
Gummilack
310
Gramme
weißes Fichtenharz
250
Gramme
Man reibt das Ganze zusammen und rührt es in einem Steingutgefäß mit 5 bis 6 Litern
Alkohol von 33 Volumsprocenten an, womit man es stark und häufig schüttelt. Wenn die
Auflösung eine vollständige ist, setzt man ihr 1 Liter flüssiges Ammoniak, dann 31
Gramme Lavendelöl, ferner eine Auflösung von 500 Gram. Panaxgummi und Myrrhen in 3
Litern Alkohol zu.
Man wendet diesen Firniß auf folgende Weise an: man trägt eine Schichte davon auf die
innere Oberfläche des Hutkopfs und auf die innere Seite seines Randes mittelst einer
Bürste auf; man läßt trocknen und wiederholt diese Operation mehrmals, aber so daß
der Firniß den Stoff nicht durchdringt, also nicht auf der äußeren Seite desselben
zum Vorschein kommt. (Revue scientifique, 1850 Nr.
125.)
Glaskraut-Conserve.
Das Glaskraut, Glasschmalz (salicornia herbacea) wächst
in ungeheurer Menge an den Meeresküsten. Es fand bisher (außer früher als
Arzneimittel, sowie zur Sodabereitung) keine Anwendung, als daß seine Samen den
Hänflingen im Winter zur Nahrung dienen; nur die mit Essig angemachten fleischigen
Stengel wurden manchmal als Magenstärkung genossen.
Hr. Viau hat sich nun überzeugt, daß man diesem Kraute
jede Zubereitung anderer Gemüser geben kann, namentlich die der grünen Bohnen, mit
deren Geschmack es auch viele Aehnlichkeit hat. Er bereitete davon nach der Appert'schen Methode eine Conserve, die sich vorzüglich
für die Marine eignet. (Moniteur industriel, 1850 Nr.
1404.)