Titel: | Ueber den Unterschied zwischen Luftheizung und Ofenheizung in ihrer Einwirkung auf die Zusammensetzung der Luft der beheizten Räume; von Dr. Max Pettenkofer. |
Autor: | Dr. Max Josef Pettenkofer [GND] |
Fundstelle: | Band 119, Jahrgang 1851, Nr. X., S. 40 |
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X.
Ueber den Unterschied zwischen Luftheizung und
Ofenheizung in ihrer Einwirkung auf die Zusammensetzung der Luft der beheizten Räume;
von Dr. Max
Pettenkofer.
Pettenkofer, über den Unterschied zwischen Luftheizung und
Ofenheizung hinsichtlich der Zusammensetzung der Luft.
Vor einigen Monaten wurde von Sr. Majestät dem regierenden Könige von Bayern an das
Obermedicinalcollegium die Frage gestellt: ob die Heizung mit
heißer Luft (sogenannte Luftheizung) eine andere Einwirkung auf die Luft der beheizten Räume
äußere, als die gewöhnliche Ofenheizung, oder nicht? Da die bereits
vorliegenden zu diesem Zwecke angestellten Beobachtungen als ungenügend erkannt
werden mußten, so wurde ich beauftragt, das zur präcisen Beantwortung der Frage
nöthige Material durch neue Versuche zu beschaffen.
Es stand in Aussicht, daß die Resultate mehr negativer als positiver Natur seyn
möchten; denn was sollte es für einen Unterschied in der Zusammensetzung der Luft
verursachen, ob dieselbe durch eine im Zimmer befindliche Wärmequelle, oder ob sie
außerhalb des Zimmers erwärmt, und als erwärmte Luft in das Zimmer geleitet wird?
Von einer bemerkbaren Desoxydation der Luft durch das erhitzte Eisen des Heizofens
der Luftheizungen, ebenso von einer Zersetzung des in der Luft enthaltenen
Wassergases durch das erhitzte Eisen kann keine Rede seyn, und es muß dieser unter
den Laien in der Chemie ziemlich allgemein verbreitete Glaube, besonders soweit er
die Wasserzersetzung anlangt, als falsch bezeichnet werden. Würde die Eisenfläche
des Heizofens jährlich nur so viel Sauerstoff, als ein athmender MenschM. vergl. Liebig's Thierchemie 3te Aufl. S. 13. Es
wird die Luft dadurch, daß sie über den eisernen Heizofen zieht, jedenfalls
viel weniger ihres Sauerstoffes beraubt, als wenn sie über einen athmenden
erwachsenen Menschen zieht. während drei Monaten aus der
Atmosphäre zieht, und in Kohlensäure und Wasser umwandelt, zur Bildung von Eisenoxyd
verbrauchen, so würde dieser Sauerstoff hinreichen, um 438 Pfd. Eisenoxyd zu bilden
— eine Menge, hinter welcher die wirklich wahrnehmbare so weit zurückbleibt,
daß die angedeutete Desoxydation der zu erhitzenden Luft hierdurch ohne allen
praktischen Belang seyn muß. Von einer Zersetzung des in der Luft enthaltenen
Wassergases durch das
vielleicht stellenweise schwach glühende Eisen des Heizofens, und dadurch bedingtem
Entstehen von Wasserstoffgas und Austrocknung der Luft kann eben so wenig die Rede
seyn, obwohl man von Laien öfter davon sprechen hört, weil neben noch andern Gründen
das Eisen sich immer leichter auf Kosten des freien Sauerstoffes der Luft, als durch
den im Wasserdampfe chemisch gebundenen oxydiren wird. Die Verbrennung organischer
Staubtheile u. s. w. kann bei dem ohnehin kaum nachweisbaren Gehalte der Luft an
diesen wieder keinen Grund für eine Differenz zwischen Luft- und Ofenheizung
abgeben, da hierzu ohnehin auch unsere Stubenöfen (besonders die eisernen) häufig
Gelegenheit geben würden.
Die einzige, öfter wiederkehrende Klage, die durch das allgemeine Urtheil einige
Berechtigung zu haben schien, ist die über Trockenheit der Luft in Zimmern, die
beständig mit heißer Luft erwärmt werden, im Vergleich mit solchen, welche mittelst
gewöhnlicher Oefen oder anderer Heizapparate, die nur Wärme in die Luft des Zimmers
führen, erwärmt werden. Aber auch dieser Klage mußte nach dem bisherigen
theoretischen Raisonnement die Berechtigung abgesprochen werden.
Da wir unsere Atmosphäre nach Allem, was wir bisher darüber erfahren haben, als ein
Gemisch von Stickstoffgas und Sauerstoffgas in einem fast überall gleichen,
unveränderlichen Verhältnisse, mit wechselnden geringen Mengen von Wassergas und
Kohlensäuregas betrachten müssen, da ferner kein Grund abzusehen ist, warum
Ofenheizung oder Luftheizung auf das relative Verhältniß zwischen Stickstoff und
Sauerstoff verschiedene Einflüsse äußern könnten, so glaubte ich allen
wissenschaftlichen Anforderungen zu entsprechen, wenn ich die beiden variablen
Größen in der Luft, Kohlensäure und Wasser, genauen Bestimmungen unterwarf. Auf das
Vorhandenseyn von organischen und sonstigen verbrennbaren Stoffen in der Atmosphäre
habe ich bei einigen Versuchen gleichfalls Rücksicht genommen, wie sich bei Angabe
des Details der Analysen zeigen wird.
Es wurde folgender Apparat zusammengestellt:
Ein Aspirator, aus Kupferblech gefertigt, war dazu bestimmt, Luft durch ein System
von Röhren zu saugen, in welchen Wasser und Kohlensäure der Luft vollständig
absorbirt wurden. Er wurde zu diesem Zwecke mit Wasser gefüllt, und wenn man ihn in
Thätigkeit setzen wollte, ein zum Ablassen des Wassers bestimmter Hahn geöffnet. Das
Wasser wurde in eine große Glasflasche abgelassen, deren Kubik-Inhalt zuvor genau bestimmt
worden war, und aus dem Volum des abgelassenen Wassers die durch die Röhren
getretene Luft bemessen, deren Volum unter Berücksichtigung vom Thermometer-
und Barometerstand und der Tension des Wasserdampfes, auf 0° C. und 760
Millimeter Barometerstand berechnet wurde. Der abfließende Strom war bei den meisten
Versuchen so geregelt, daß binnen 2 Stunden etwa 20 Liter Wasser aus dem Aspirator
verdrängt wurden. Zuerst mußte die Luft durch zwei gewogene Kugelröhren strömen, von
denen jede 8–10 Zoll lang mit neutralem Chlorcalcium gefüllt war. In diesen
beiden Röhren wurde alles Wasser absorbirt.
Nun folgten zwei gleiche, ebenfalls gewogene Röhren, mit befeuchteten Stücken von
Kalihydrat gefüllt. Auf diese beiden folgte eine gewogene Chlorcalciumröhre. Die
Gewichtszunahme dieser drei Röhren zusammen repräsentirtc das Gewicht der
Kohlensäure in der Luft. Ich habe die für mich unerwartete Erfahrung gemacht, daß
ein Strom von wasserfreier und nur wenig Kohlensäure haltender Luft von 20°
C., an die Stücke von Kalihydrat zwar die Kohlensäure abgibt, aber bei dieser
Temperatur bereits bedeutende Quantitäten Wasser wieder aus dem wasserhaltigen
festen Kalihydrat erhält. Den ersten Probeversuch, bei welchem nach den beiden
Kaliröhren noch nicht wieder eine Chlorcalciumröhre folgte, machte ich bei der hohen
Zimmertemperatur von 22° C., und war sehr erstaunt, als nach Beendigung
desselben die beiden Kaliröhren nicht nur nicht an Gewicht zugenommen, sondern sogar
abgenommen hatten. In dem bei den späteren Versuchen angewendeten Chlorcalciumrohr
fand sich das fortgeführte Wasser wieder condensirt.
Zwischen diesem 3ten Chlorcalciumrohr und dem Aspirator wurde ein sehr langes 4tes
Chlorcalciumrohr eingeschaltet, welches das Zurücksteigen von Wasserdämpfen aus dem
Aspirator in die gewogenen Röhren verhindern mußte.
Bei jenen Versuchen, wo auch auf die organischen Stoffe in der Luft Rücksicht
genommen wurde, folgte auf das 3te Chlorcalciumrohr eine Verbrennungsröhre, die eine
2 Zoll lange Schichte von Kupferdrehspänen enthielt, welche zuvor in Sauerstoffgas
geglüht, und dadurch in Kupferoxyd umgewandelt worden waren. Auf die
Verbrennungsröhre folgte eine Chlorcalciumröhre a, eine
Kaliröhre b und abermals eine Chlorcalciumröhre c, sämmtlich gewogen, sodann die vorhin erwähnte
ungewogene 4te Chlorcalciumröhre. Das Kupferoxyd wurde während des Versuchs durch
zwei große Fuchs'sche Lampen glühend erhalten. Die darauf
folgende gewogene Röhre a sollte das durch Verbrennung
gebildete Wasser, die Röhren b und c die gebildete Kohlensäure aufnehmen. Leider bemerkte
ich beim ersten Versuche, daß die Luft trotz der Länge der Verbrennungsröhre so heiß
im Chlorcalciumrohre a ankam, daß aus diesem etwas
Wasser entwich, mithin anstatt während des Versuches an Gewicht zuzunehmen, um
einige Milligramme abgenommen hatte. Ich erhielt somit in den Röhren b und c das durch
Verbrennung der organischen Stoffe gebildete Wasser und die Kohlensäure zusammen.
Die Größe war übrigens so unbedeutend, daß ich mich bei der ohnehin schon
bedeutenden Länge des Apparates nicht bewogen fand, auch noch einen Kühlapparat für
die Luft einzuschalten, was bei künftigen Versuchen übrigens gleich von vornherein
beachtet werden wird.
Erster Versuch.
Mit diesem Apparate wurden die Untersuchungen am 29. März 1850 begonnen. Als
Versuchslocal wurde mir auf allerhöchsten Befehl der kleinere Arbeitssalon Sr.
Majestät des Königs im Königsbaue der Residenz angewiesen. Die allgemeinen
Witterungsverhältnisse an diesem Tage und den folgenden werden nach den genauen
Beobachtungen des Hrn. Prof. Kühn im Cadettencorps
angegeben werden.Ich mache diese Angaben über Witterungsverhältnisse deßwegen, damit man die
Resultate, welche an andern Orten, zu andern Zeiten, unter andern
atmosphärischen Verhältnissen etwa noch angestellt werden, mit den hier
vorliegenden in den nöthigen Zusammenhang bringen kann.
„Mittlere Temperatur + 1,4° C. Mittlerer Barometerstand 720
Millimeter. Morgens etwas Schneefall, hierauf etwas heiter. Mittags nicht ganz
heiter. Nachmittags heiter und fast klarer Himmel Im Laufe des Vormittags, und
auch noch den größten Theil des Nachmittags vorherrschend westliche
Windrichtung.“ (Kuhn.)
Nachdem das Gemach auf 19° C. durch Zulassen von heißer Luft erwärmt war,
wurde der Luftheizcanal geschlossen, und der Aspirator in Gang gesetzt. Die Luft
wurde aus einer Höhe von 6 Fuß über dem Boden geschöpft. Nachdem der Versuch um 8
Uhr 45 Minuten begonnen hatte, wurde er um 10 Uhr 48 Minuten unterbrochen.
Temperatur am Gasometer 19° C. Barometerstand 719 Millimeter. Das durch den Apparat gegangene
Volum atmosphärischer Luft betrug im feuchten Zustande gemessen 19120
Kubikcentimeter. Sie hatte in den verschiedenen Röhren 0,065 Gramme Wasser und 0,034
Gramme Kohlensäure abgegeben.
Zweiter Versuch.
Am 30. März wurde die Luft aus dem geöffneten Heizcanal gesaugt, zu welchem Behufe
ein gehörig gebogenes Glasrohr in demselben etwa in der Länge von 3′
eingeführt, und mit dem Röhrenapparat luftdicht verbunden worden war. Die
allgemeinen meteorologischen Verhältnisse waren an diesem Tage:
„Mittlere Temperatur — 0,375° C. Mittlerer Barometerstand 720
Millimeter; Vormittags und während eines Theiles des Nachmittags klarer Himmel.
Gegen Abend etwas bewölkt, jedoch noch heiter. Oestliche Windrichtung
vorherrschend.“ (Kuhn.)
Der Versuch begann 8 Uhr 30 Minuten und endigte um 10 Uhr 30 Minuten. Das am
Aspirator hängende Thermometer zeigte 20° C., Barometerstand 721 Millimeter
bei 21° C. Durchgesaugte atmosphärische Luft im feuchten Zustande gemessen
21530 Kubikcentimeter. Diese hatten in den Röhren 0,0915 Gramme Wasser und 0,054
Gramme Kohlensäure abgegeben.
Dritter Versuch.
Am 2. April wurde die Luft ebenso wie am 30. März aus dem geöffneten Heizcanale
gezogen.
„An diesem Tage war die mittlere Temperatur im Freien 6,6°C.
Mittlerer Barometerstand 706 Millimeter. Morgens etwas trüber Himmel, hierauf
während des Vormittags ziemlich heiter, aber etwas bewölkt. Mittags ziemlich
heiter. Nachmittags etwas trüber Himmel, gegen Abend noch etwas bewölkt, aber
ziemlich heiter. Vorherrschend östliche Windrichtung.“ (Kuhn.)
Der Versuch begann um 9 Uhr Vormittags und wurde um 10 Uhr 48 Minuten beendigt.
Durchgesaugte atmosphärische Luft im feuchten Zustande 20040 Kubikcentimeter bei
20° C. und 709 Millimeter Barometerstand bei 22,5° C., und bei einer
zweiten Füllung 2004 Kubikcentimeter bei 22° C. und 709 Millimeter
Barometerstand bei 23° C. Diese 40080 Kubikcentimeter Luft hatten geliefert
0,135 Gramme Wasser und 0,124 Gramme Kohlensäure.
Bei diesem Versuche wurde auch auf brennbare Gase in der Luft untersucht.
Gesammtbetrag der hierbei gebildeten Kohlensäure und Wasser 0,003 Gramme.
Am nämlichen Tage wurde ein
Vierter Versuch
angestellt, und die Luft mittelst eines Bleirohres aus dem
Freien (Residenzplatz) geholt, mithin die nämliche Luft untersucht, welche im
erwärmten Zustande aus dem Heizcanale ausstömte.
Der Versuch begann 3 Uhr 39 Minuten und endigte 5 Uhr 29 Minuten. Durchgesaugte
atmosphärische Luft 40,080 Kubikcentimeter, feucht bei 20° C. und 708
Millimeter Barometerstand. Gelieferte Wassermenge 0,0985 Gramme, Kohlensäuremenge
0,0955 Gramme.
Bei der Untersuchung auf verbrennbare organische Gase ergab sich eine Menge von
Kohlensäure und Wasser von 0,008 Grammen.
Fünfter Versuch.
Bei den weiter unten folgenden Betrachtungen ist es auch nöthig die Temperatur der
aus den Heizcanälen ausströmenden Luft zu wissen. Sie war am 30. März Morgens
8
Uhr
30
Minuten
58°
R.
9
—
—
—
59°
—
9
—
15
—
57°
—
9
—
36
—
57°
—
9
—
50
—
56¾°
—
10
—
—
—
56°
—
10
—
15
—
56°
—
10
—
30
—
56°
—
Das arithmetische Mittel aus diesen acht Beobachtungen ist nahezu 57° R. =
68¾° C. — Ich habe auch an den nachfolgenden Tagen mehrmals die
Temperatur der Heizluft beobachtet, und sie zwischen 56 und 58° R.
gefunden.
Sechster Versuch.
Wenn man das Wasser aus der Luft durch Kälte condensirt, so hat der entstehende Thau
immer verschiedenen Geruch und Geschmack, je nach der Verschiedenheit der Luft
selbst. Gerüche, welche in der Luft von unserer Nase nicht mehr wahrgenommen werden
können, treten deutlich hervor im atmosphärischen Condensationswasser. Ich stellte
mir deßhalb einige Tropfen Condensationswasser aus der Heizluft dar. Mittelst des Aspirators
wurden aus dem Heizcanale, wie oben beschrieben ist, nahezu 58000 Kubikcentimeter
Heizluft gezogen, und durch eine Uförmig gebogene
Glasröhre geführt, welche in einer Kältemischung aus gestoßenem Eis und Kochsalz
stand. Die Temperatur dieser Mischung war während des ganzen Versuches fast constant
— 2° R.
Das so erhaltene Condensationswasser war, so viel man mit einigen Tropfen urtheilen
konnte, geschmacklos, reagirte sehr schwach sauer, hatte jedoch einen sehr deutlich
wahrnehmbaren Geruch nach den Kaminen der Holzfeuerungen — nach Glanzruß.
Einige Tropfen auf dem Platinbleche verdampft, gaben einen sichtbaren
gelbbräunlichen Rückstand, der sich bei weiterm Erhitzen unter Verbreitung des eben
bezeichneten Geruches schwärzte, und selbst Spuren von Asche nach dem Verbrennen
hinterließ. Dieser Glanzruß-Geruch haftete an dem Innern der Uförmig gebogenen Röhre mehrere Tage lang.
Das Wasser, welches sich auf der Außenseite des Gefäßes, in welchem sich die
Kältemischung befand, condensirte, mithin als Condensationswasser der erwärmten
Zimmerluft (nicht bloß der Heizluft) betrachtet werden mußte, hinterließ beim
Verdampfen gleichfalls einen Rückstand, der sich beim Erhitzen schwärzte —
ein besonderer Geruch konnte jedoch weder bei dem Wasser, noch dem Rückstände
wahrgenommen werden. Hiermit ist übrigens durchaus nicht behauptet oder bewiesen,
daß das Condensationswasser der Zimmerluft vollkommen geruchlos gewesen sey —
wenn es den nämlichen Geruch wie das Zimmer besaß (was anzunehmen ist), so konnte
natürlich das Riechorgan keinen Unterschied zwischen zwei für dasselbe ganz gleichen
Objecten wahrnehmen.
Siebenter Versuch.
Auf ganz analoge Weise, wie die Versuche III und IV in der mit Luftheizung versehenen königlichen
Residenz ausgeführt worden waren, sind auch solchem zwei Hörsälen des neuen
Universitäts-Gebäudes, welche mit Oefen geheizt werden, ausgeführt worden, so
daß an einem und demselben Tage die Luft des beheizten Saales, und die äußere
Atmosphäre untersucht worden ist. — Acht Tage vor der Beheizung sind die Säle
gereinigt und wohl gelüftet worden. Drei Tage vor jedem Versuche wurde das Heizen
begonnen, und dann täglich mehrmalen durch Oeffnen aller Fenster gelüftet. Ich nahm
an, daß hierdurch wirklich die Luft in den Sälen durch Luft aus dem Freien erneuert
worden ist, und ich den
nämlichen Fall vor mir habe, wie beim Versuche III und
IV, wo ich die Luft vor und nach dem Erwärmen
untersuchte. Der eine der Hörsäle befindet sich zu ebener Erde über einem starken
Kellergewölbe, der andere im ersten Stocke gerade darüber. Beide haben eine Länge
von 46,5 Fuß, eine Breite von 30 Fuß, und eine Höhe von etwa 15 Fuß. Beide haben auf
der nördlichen Seite zwei, auf der östlichen Seite drei Fenster.
Der siebente Versuch wurde am 5. April im Hörsaale zu ebener Erde ausgeführt.
„Mittlere Temperatur im Freien 9,8° C. Mittlerer Barometerstand
713 Millimeter. In der vergangenen Nacht sehr stürmisch, starke und heftige
Regengüsse. Vormittags sehr stürmisch und abwechselnd trüber Himmel, Regen und
Sonnenblicke. Mittags etwas Regen. Zwischen 12 und 1 Uhr Hagel. Nachmittags sehr
stürmisch. Hierauf heiter von Zeit zu Zeit, übrigens veränderlich.
Vorherrschende Windrichtung südwestlich.“ (Kuhn.)
Nachdem der Hörsaal wiederholt gelüftet und wieder bis auf 20° C erwärmt war,
wurde der Aspirator in Gang gesetzt, um die erwärmte Luft zu untersuchen.
Durchgesaugte atmosphärische Luft 20080 Kubikcentimeter im feuchten Zustande bei
16°C. und 712,5 Millimeter Barometerstand bei 15,6° C. In dieser Luft
enthaltenes Wasser 0,147 Gram., enthaltene Kohlensäure 0,013 Gram.
Achter Versuch.
Am nämlichen Tage wurde die Luft des Hörsaales im nicht beheizten Zustande
untersucht: Temperatur des Saales 10° C., 20080 Kubikcentimeter Luft —
im feuchten Zustande bei 15° C. und 712,5 Millimeter Barometerstand bei
15,6° C. gemessen, enthielten 0,107 Gram. Wasser und 0,0105 Gram.
Kohlensäure.
Neunter Versuch.
Am 6 April wurde unter gleichen Verhältnissen im Hörsaale im ersten Stocke
experimentirt, wie Tags zuvor zu ebener Erde. „Im Freien war die mittlere
Temperatur 13,3° C. Mittlerer Barometerstand 715,3 Millimeter. Morgens
fast heiter, später etwas bewölkt. Mittags ziemlich bewölkt. Nachmittags nicht
ganz bedeckt, etwas heiter. Gegen Abend trüber Himmel. Vorherrschende
Windrichtung westlich.“ (Kuhn.)
20080 Kubikcentimenter atmosphärische Luft im feuchten Zustande bei 20° C. und
717 Millimeter Barometerstand bei 21° C. gemessen, enthielten 0,1305 Gram.
Wasser und 0,049 Gram. Kohlensäure.
Zehnter Versuch.
20080 Kubikcentimeter atmosphärische Luft aus dem Freien (Ludwigsstraße) in feuchtem
Zustande bei 19° C. und 717 Millimeter Barometerstand bei 19° C.
gemessen, hatten am nämlichen Tage 0,069 Gram. Wasser und 0,034 Gram. Kohlensäure
geliefert.
Um die Resultate dieser Versuche unter sich vergleichbar zu machen, wurde die durch
den Apparat getretene atmosphärische Luft (d. h. das Gemenge von Stickstoff und
Sauerstoff, wie wir es in der Atmosphäre haben), unter Berücksichtigung der Tension
des Wasserdampfes auf 0° C. und 760 Millimeter Barometerstand reducirt. Ich
habe angenommen die Luft im Aspirator sey bei der an demselben beobachteten
Temperatur mit Wasserdampf gesättigt gewesen. Bei der Kürze der Zeit, in der Luft
und Wasser mit einander in Berührung waren, hat sich dieses gewiß nicht streng so
verhalten, und ich wäre der absoluten Wahrheit vielleicht näher gewesen, wenn ich
die Luft im Aspirator als halb gesättigt mit Wasserdampf angenommen hätte. Da es
sich aber im vorliegenden Falle um vergleichbare relative Größen handelte, so war es
ganz gleichgültig, ob das ohnehin nahezu stets gleiche Luftvolum in halb oder ganz
mit Wasser gesättigtem Zustande angenommen wurde oder nicht, wenn die Annahme nur
bei Berechnung aller einzelnen Versuche die gleiche geblieben ist.
Die erhaltenen Gewichtsmengen Wasser und Kohlensäure wurden auf den gasförmigen
Zustand berechnet, ebenfalls bei 0° C. und 760 Millimeter Barometerstand. In
diesem Zustande wurde das Wassergas 1238mal leichter als Wasser angenommen, die
Kohlensäure 503,5mal leichter, entsprechend dem specif. Gewicht des Wassergases =
0,522 und der Kohlensäure = 1,520.
Hiernach enthielt die untersuchte Luft bei dem Versuche I:
Stickstoff und Sauerstoff
16530
Kubikcentimeter
Wassergas
80,69
Kubikcentimeter
Kohlensäure
17,12
Kubikcentimeter
bei dem Versuche II:
Stickstoff und Sauerstoff
18510
Kubikcentimeter
Wassergas
113,27
Kubikcentimeter
Kohlensäure
27,19
Kubikcentimeter
bei dem Versuche III:
Stickstoff und Sauerstoff
32610
Kubikcentimeter
Wassergas
167,13
Kubikcentimeter
Kohlensäure
62,43
Kubikcentimeter
bei dem Versuche IV:
Stickstoff und Sauerstoff
32840
Kubikcentimeter
Wassergas
121,94
Kubikcentimeter
Kohlensäure
48,08
Kubikcentimeter
bei dem Versuche VII:
Stickstoff und Sauerstoff
16850
Kubikcentimeter
Wassergas
181,98
Kubikcentimeter
Kohlensäure
6,79
Kubikcentimeter
bei dem Versuche VIII:
Stickstoff und Sauerstoff
16900
Kubikcentimeter
Wassergas
132,46
Kubikcentimeter
Kohlensäure
5,28
Kubikcentimeter
bei dem Versuche IX:
Stickstoff und Sauerstoff
16525
Kubikcentimeter
Wassergas
128,13
Kubikcentimeter
Kohlensäure
24,67
Kubikcentimeter
bei dem Versuche X:
Stickstoff und Sauerstoff
16650
Kubikcentimeter
Wassergas
85,42
Kubikcentimeter
Kohlensäure
17,12
Kubikcentimeter
Berechnet man diese auf gleiche Verhältnisse reducirten Gasvolume in der Art, daß man
sucht, wie viel auf 1 Kubikmeter (= 1,000,000 Kubikcentimeter) kohlensäure-
und wasserfreie atmosphärische Luft bei jedem Versuch sich Wassergas und Kohlensäure
in Kubikcentimetern ausgedrückt ergab, so erhält man
Wassergas.
Kohlensäure.
Versuchs I
4881
1035
Versuchs II
6119
1469
Versuchs III
5125
1945
Versuchs IV
3713
1464
Versuchs VII
10,800
403
Versuchs VIII
7837
312
Versuchs IX
7707
1483
Versuchs X
5130
1028
Betrachtet man zuvörderst die Verschiedenheiten im Wassergehalte, so fällt auf, daß
die wärmere Luft auch immer die wasserreichere ist, daß sie durch das Erwärmen
Wasser aufnimmt.
In dem Versuche I ergab die Zimmerluft, nachdem sie
mittelst heißer Luft auf 16° R. erwärmt war, auf 1 Kubikmeter reine
atmosphärische Luft 4881 Kubikcentimeter Wassergas, während nach dem Versuche II die zur Heizung benutzte heiße Luft auf das nämliche
Verhältniß bezogen 6119 Kubikcentimeter Wassergas enthielt. Diese beiden Zahlen
verhalten sich wie 1 : 1,2536 — mit andern Worten, die Heizluft enthielt 25
Procent mehr Wasser als die damit erwärmte Zimmerluft — der Wassergehalt
dieser als 100 angenommen. Diese beiden Versuche wurden zwar nicht an ein und
demselben Tage angestellt, weßhalb man ihre Beweiskraft nicht stark genug sinden
könnte, aber ihre Glaubwürdigkeit wird dadurch wieder erhöht, daß diese beiden Tage
meteorologisch einander so ähnlich waren, wie oft kaum Stunden ein und desselben
Tages.Nach Beobachtungen auf der Sternwarte in Neuberghausen bei München, welche
ich der gefälligen Mittheilung des Hrn. Conservators Lamont verdanke, zeigte das Psychrometer am 29 MärzTextabbildung Bd. 119, S. 50Gewicht des
Wasserdampfes in 1 Kubikmeter Luft; Uhr Morgens; Gramme.; Uhr
Mittags; Uhr Abends; am 30 März
Im Versuche III und IV tritt
die Zunahme des Wassergehaltes der Luft mit der Temperatur-Erhöhung noch
auffallender hervor. Der Versuch IV gibt die Wassermenge
der freien Luft an, bevor sie in den Heizapparat eintritt; der Versuch III gibt die enthaltene Menge Wassergas an, wenn die
Luft aus dem Heizapparat kommend in das zu erwärmende Gemach austritt. Die beiden
Größen verhalten sich wie 1 : 1,3802 — oder die Differenz der beiden
verglichenen Größen beträgt 38 Procent.
Hier muß ich ausdrücklich bemerken, daß die Luftheizung in der königlichen Residenz
in der Art eingerichtet ist, daß nie die bereits erwärmte Luft aus den Gemächern wieder
über den Heizofen geführt, und da nochmals erwärmt und zum Heizen benutzt wird,
sondern es strömt fortwährend frische Luft aus dem Freien über den Heizofen, und
steigt als Heizluft in den gemauerten Canälen auf, um in den zu beheizenden Räumen
verwendet zu werden. Aus Salubritätsrücksichten wird die Luft, welche in den
sogenannten Abzugscanälen der Meißner'schen Luftheizung
strömt, welche sich meist nahe am Boden der Gemächer befinden, nicht mehr über den
Heizofen, sondern geradezu ins Freie geführt.
Der Wassergehalt der Luft des unbeheizten Saales in der Universität, welcher mittelst
eines Ofens erwärmt werden konnte, betrug auf 1 Kubikmeter reine atmosphärische Luft
nach Versuch VIII 7837 Kubikcentimeter Wassergas
— und erhöhte sich durch das Erwärmen der Luft (Versuch VII) auf 10800 Kubikcentimeter d. i. um 39 Proc. der
ersten Größe.
Im Versuche IX und X stieg
ebenso der Wassergasgehalt von 5130 auf 7707 Kubikcentimeter, oder um 50 Proc. durch
das Erwärmen der Luft.
Woher nun diese Vermehrung des Wassergehaltes bei Erhöhung der Temperatur der
Luft?
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)