Titel: | Ueber den Anbau, das Rösten und die Behandlung des Leins. Dem französischen Minister für Ackerbau und Handel erstatteter Bericht, von Professor Payen. |
Fundstelle: | Band 119, Jahrgang 1851, Nr. XIV., S. 62 |
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XIV.
Ueber den Anbau, das Rösten und die Behandlung
des Leins. Dem französischen Minister für Ackerbau und Handel erstatteter Bericht, von
Professor Payen.
Aus dem Moniteur industriel, 1850, Nr. 1490 und
1491.
Payen, über den Anbau, das Rösten und die Behandlung des
Leins.
Herr Minister! Sie beehrten mich mit dem Auftrage, in England einige für die
französische Fabrik- und Ackerbau-Industrie wichtige Gegenstände zu
studiren. Einer der wichtigsten ist ein in jüngster Zeit in Irland eingeführtes
Verfahren den Lein zu rösten. Die Unschädlichkeit dieses Verfahrens für die
Gesundheit und die Zweckmäßigkeit der übrigen damit verbundenen Arbeiten,
rechtfertigen Ihre davon gehegten Erwartungen.
Bis zum Jahr 1850 war das Verfahren beim Anbau, der Gewinnung und Zubereitung des
Samens und der spinnbaren Fasern dieser Pflanze, in England und Irland im Vergleich
mit Belgien und dem nördlichen Frankreich sehr zurückgeblieben.
Zu jener Zeit organisirte sich eine Gesellschaft für die
Emporbringung und Verbesserung des Leinbaues in Irland. Die Gründe dafür
sind einleuchtend, denn die ganze Flachsproduction von England, Schottland und
Irland betrug damals nur etwa den zehnten Theil des für den Industriebedarf jährlich
in Großbritannien eingeführten Quantums.
Nach Mac-Adam berechnet
sich der Boden, welcher mit Lein cultivirt werden müßte, um den jährlichen Bedarf
Großbritanniens zu produciren, auf 500,000 Acres. Zu einer fünfjährigen
Wechselbewirthschaftung wären also 2,500,000 Acres Land erforderlich.Eine von der englischen Regierung hergestellte Statistik ergab hinsichtlich
des in Irland mit Lein bebauten Landes folgende Resultate:Provinz Ulster49,549AcresProvinz Leinster1,239AcresProvinz Munster1,249AcresProvinz Connaught1,826Acres––––––––––––53,863Acres.
Der irische Boden, durch die Trockenlegung (mittelst thönerner Abzugsröhren für das
Wasser) verbessert, eignete sich zu dieser Cultur, deren Einführung die beste
Aussicht eröffnete, die Noth dieses Landes zu mildern.
Alle Umstände haben sich bisher vereinigt um den Flachsbau in Irland
gewinnbringender, ja dringlicher zu machen; namentlich trugen dazu bei: die
schlechten Kartoffelernten, welche den Anbau anderer Gewächse veranlassen mußten;
die Aufhebung der Getreidezölle, welche die Bodenrente verminderte; die Verringerung
des Arbeitslohns, wodurch er er leichter zu bestreiten ist; der größere Nutzen, der
nach den neuern Verfahrungsweisen aus dem Leinsamen gezogen werden kann, durch
Anwendung desselben zum Mästen und Futtern des Viehes; endlich die für die
Gesundheit unschädliche amerikanische Röstmethode. Alles dieß hat natürlich den
Eifer und die Bestrebungen der Gesellschaft für Emporbringung des Leinbaues
unterstützt.
Diese große, unter dem Protectorat der Königin und des Prinzen Albert stehende Gesellschaft, deren Fond durch Unterzeichnungen der
meisten Notabilitäten Großbritanniens und Beiträge der RegierungAuf Antrag des Lordlieutenants von Irland wurden im Jahre 1848 25,000 und im
Jahre 1849 55,000 Vf. St. Hülfsgelder bewilligt, um der Gesellschaft
beizustehen und ihren nützlichen Bestrebnngen größere Verbreitung zu
verschaffen. zusammengebracht wurde, beschäftigt dreißig
landwirthschaftliche Ingenieure, welche das Ausland bereisen, um die besten
Verfahrungsweisen zu studiren, sie in den jährlichen Berichten der Gesellschaft
zusammenzustellen und unter den Bezirksvereinen und bei allen Pächtern zu
verbreiten, welche ihre Beihülfe in Anspruch nehmen und zu den allgemeinen Kosten
beitragen.
Sonach ist es Irland, und vorzüglich Belfast, wo man die verbesserten
Verfahrungsweisen des Leinbaues vereinigt und vergleichend versucht finden kann, und
meine Reise fiel gerade in eine zum Vergleich der früheren ungünstigen Resultate mit
den Vortheilen der neuern geeignete Zeit.
Hinsichtlich des älteren Verfahrens überzeugte ich mich auf dieser Reise, daß man
bisher in England und Schottland in der Regel den Lein in Folge der Anwendung seines
Samens zur Viehmästung mit Vortheil cultivirte, wobei seine spinnbare Faser verloren
geht, während man in Irland bei allen noch nicht verbesserten Culturen den Lein
sammt dem Samen in die Flachsrösten bringt, indem man auf den Samen verzichtet und
ausschließlich die spinnbare Faser benutzt.
Diese zwei Thatsachen zeigen uns, daß es vortheilhaft seyn kann, sich in gewissen
Gegenden auf den Ertrag des Samens, in andern Gegenden aber sich auf den Ertrag der spinnbaren Faser zu
beschränken.
Als ich vom 15. bis 20. September in Irland durch die Felder ging, auf welchen der
Lein geerntet war, fand ich die großen Uebelstände des alten Röstens in stehendem
Wasser, mit der Verbreitung der stinkenden Producte dieser ekelhaften und ungesunden
Operation oft in hohem Grade vereinigt.
Nachdem die Beseitigung dieser Uebelstände schon lange Zeit die
Ackerbaugesellschaften in Frankreich, Belgien, England und Amerika beschäftigt
hatte, mußte die irische Gesellschaft das neue Verfahren freudig begrüßen. Denn
dasselbe befreit das Land von den mit dem Rösten verbundenen Gefahren, und
vereinfacht noch dazu die Ernte-Arbeiten.
Die Bestrebungen der Gesellschaft haben bereits ihre Früchte getragen. Nachdem man
die Einführer des amerikanischen Verfahrens bestimmt hatte, die Hälfte der von den
Concessionären des Patents geforderten Entschädigung nachzulassen, beförderten die
Agenten der Gesellschaft die Errichtung eigener Etablissements an den
Centralplätzen, wo die Leinenernten in Empfang genommen und nach dem neuen Verfahren
behandelt werden. Ueberdieß ist die Feldarbeit bei der Ernte vereinfacht, welche in
Folgendem besteht.
Leinernte. — Wenn etwa zwei Drittel des Stengels
vom Fuße aus gelblich geworden sind, der obere Theil aber noch grünlich ist, also
vor der völligen Reife, wird der Lein auf zweimal ausgezogen, um, wenn er von
ungleicher Höhe ist, die Producte gesondert zu erhalten, wobei man die sehr kurzen
Stengel, welche den Werth des Uebrigen Verringern würden, ganz beseitigt.
Die Stengel werden in Linien, in zwei mit der Spitze aneinander gelehnten Reihen,
welche also ein spitzes Dach bilden, aufgestellt. In dieser Stellung trocknen sie in
einigen Tagen aus; ein Theil der aus dem obern Theil der Stengel in die Samen
übergehenden Säfte entwickelt diese Samen und bringt sie zur Reife.
Der Lein wird nun in kleine Bünde gebunden, welche in zwei Reihen aufgestellt oder in
viereckige Haufen gebracht werden, die auf Reisern oder Heidekraut aufliegen. In
diesem Zustand bleibt er mehrere Tage, bis er an der Luft ganz ausgetrocknet ist;
dann bringt man ihn in die Röstanstalten.
Der Lein wird gewöhnlich noch im Boden stehend gekauft; die Besorgung der Ernte aber
und die eben beschriebene Trocknung desselben, sowie den Transport in die Röstanstalt überläßt man dem
Anbauer. Als mittleren Preis per Acre dieser Ernte bezahlt man 6–10 Pfd.
St.
Anstalten zum Auskörnen, verbessertes
Rösten in denselben und Hecheln des Leins.
Das neue Röstverfahren kam in Amerika, wo es auch erfunden wurde, zuerst mit Erfolg
in Anwendung; es wurde unter der Benennung Schenck's
patent system of steeping flax (Schenck's patentirtes System des Flachsröstens) in Irland eingeführt. In
Cregagh wurde es von den französischen Ingenieuren Bernard und Koch ausgeführt und verbessert.
In dieser Anstalt in der Nähe von Belfast belehrte ich mich über das neue Verfahren,
wobei man mir mit größter Zuvorkommenheit entgegenkam. Auch besuchte ich die
Fabrikanten der Brech- und Hechelmaschinen, die HHrn. Adam Brothers und Comp. (Soho foundry
Belfast).
Der in die Anstalt geschaffte Lein kann sogleich in Arbeit genommen oder zurückgelegt
werden, zu welch letzterm Zweck man ihn wie das Getreide in Schober zusammenhäuft,
welche mit Stroh oder Leinabfällen bcdeckt und durch Latten zusammengehalten werden.
Auf diese Weise kann er ein Jahr oder auch mehrere Jahre aufbewahrt werden ohne zu
verderben.
Auskörnen und Abschneiden. — Der zu behandelnde
Lein wird zuvörderst ausgekörnt mittelst eines sehr einfachen Werkzeugs, welches aus
zwei hohlen, gußeisernen Cylindern von 12 Zoll Durchmesser und 14 Zoll Länge
besteht, die beide horizontal an den zwei Armen eines Drehgestells angebracht sind,
und deren beide Achsen sich in derselben verticalen Ebene befinden.
Es genügt, den die Samen enthaltenden Theil jedes Flachsbündels ein- oder
zweimal zwischen diesen zwei in entgegengesetzter Richtung sich drehenden Cylindern
hindurchgehen zu lassen, um die Samen, welche mit ihren Hüllen abfallen,
abzusondern; dann klopft man dasselbe Ende des Bündels gegen ein Faß, damit die etwa
noch zwischen den Stengeln steckenden Samen und Hüllen herausfallen.
Man schneidet hierauf die schrauben- oder rankenförmig gewundenen Wurzelenden
ab, indem man das andere Ende desselben Büschels unter ein gewöhnliches Wurzelmesser
bringt.
Rösten. — Der Lein wild alsdann in die Röstkufen
gebracht. Solcher sind in der Bernard-Koch'schen Musteranstalt zwölf in zwei parallelen Reihen,
eine der andern gegenüber aufgestellt. Zwischen den zwei Reihen sind Röhren
angebracht, welche mittelst Hähnen Dampf in ein horizontales Schlangenrohr leiten,
das unter einem doppelten Boden circulirt, auch das verdichtete Wasser und die
Flüssigkeit in den Kufen nach der Gährung ableiten.
Die Kufen sind zur Raumersparung elliptisch; jede hat 14 Fuß im größern und 10 Fuß im
kleinern Durchmesser und 4 Fuß Höhe; sie stehen auf steinernen Würfeln; im falschen
Boden (unter welchem das Schlangenrohr circulirt) befinden sich Löcher wie in einem
Braubottich. Der Lein wird zusammengedrängt auf diesem falschen Boden
aufrechtgestellt; man kann von ihm ungefähr 1550 Kil. hineinbringen.
Man befestigt auf dem Lein einen an mehreren Stellen durchlöcherten falschen Boden,
mittelst Stangen und Vorsteckkeilen, damit der Lein vom Wasser nicht in die Höhe
gehoben wird.
Ist nun die Kufe mit Wasser angefüllt, so daß der Lein ganz unter Wasser taucht, so
läßt man Dampf in das Schlangenrohr treten, um die Temperatur nach und nach auf
90° F. (26° Reaumur) zu steigern.Man hat bemerkt, daß der Proceß langsamer von statten gebt und der Erfolg
geringer ist, wenn man das Wasser schon vorher erwärmte Dieß ist wohl darin
begründet, daß die der Einleitung der Gäbrung so förderliche Luft dann zum
Theil schon ausgetrieben ist. Demselben Einfluß ist es vielleicht
beizumessen, daß Hr. Marshall ein vollkommeneres
Rösten durch Wiederholung derselben Operation nach dem Austrocknen des aus
der Kufe genommenen Leins erzielt. Die Gährung beginnt bald; sie
kündigt sich durch zahlreiche Gasblasen an, und unterhält allein schon die Wärme
fast 60 Stunden lang.
Es verbreitet sich anfangs ein aromatischer Geruch, auf welchen aber der des
Schwefelwasserstoffs folgt.
Die Röstung ist beendigt, wenn die Gährung fast ganz aufgehört hat; man erkennt dieß
übrigens auch daran, daß bei der Prüfung einiger Leinhälmchen die Faser sich überall
leicht ablöst.
Wenn man gyps- oder kalkhaltiges Wasser anwendet (wie bei Hrn. Marshall zu Leeds), so ist das Rösten vor 90 Stunden
nicht beendigt.
Wenn das Rösten beendigt ist, läßt man das Wasser aus der Anstalt abfließen, nimmt
den Lein heraus und legt ihn in Schichten von je einem starken Bündel, den man flach
ausbreitet, zwischen zwei Latten welche das Ende nahe an der Wurzel klemmen und mit einem drehbaren
Vorsteckeisen zusammengehalten werden.
Alle so ausgebreiteten Bündel werden nun in den Trocknenraum im Freien gebracht,
indem man die Enden der Latten horizontal auf schwache Querhölzer auflegt.Sechs Räume zum Trocknen an der Luft befinden sich um die Anstalt
herum.
Die in Irland beständig herrschenden Winde sind dieser Austrocknung sehr günstig; sie
dauert im Durchschnitt nur drei Tage, ebenso lange das Rösten und die Arbeiten des
Füllens und Entleerens der Kufen, das Ausbreiten etc. Wie man sieht, folgen diese
beiden Operationen regelmäßig auf einander.
Man vollendet das Austrocknen, indem man den Lein vor dem Hecheln noch in einen an
die Oefen stoßenden Raum bringt, welcher mittelst der von den Kesseln der
Dampfmaschine ausströmenden Wärme geheizt wird.
Brechen und Hecheln. —
Zwei neue, sehr sinnreiche, einfache und wirksame Maschinen, construirt von den
HHrn. Ad. Brothers und Comp. (Soho
foundry Belfast), dienen hierzu. Die erste besteht aus fünf Walzenpaaren
von 6½ Zoll Durchmesser, mit stufenweise feiner werdender Cannelirung. Jeder
zu einer Schicht ausgebreitete Leinbündel passirt nach und nach alle fünf
Walzenpaare. Nachdem die Stengel zwischen den Cannelirungen zerquetscht sind, müssen
alle Bruchstücke von ihnen getrennt werden, um den gehechelten Flachs zu erhalten.
Zu diesem Behufe wird jede Schicht auf einer Bank zwischen zwei mit geschwefeltem
Kautschuk überzogenen Linealen befestigt, und man führt alle diese Schichten in eine
Nuth der zweiten Maschine ein, worin sie nach einander von einer endlosen Kette
weiter geschoben werden. Ungefähr zwei Drittel der Schicht, welche unter der Nuth
hängen, werden auf ihrem Wege von eisernen Stangen geklopft, die nach den
Erzeugenden zweier Kegel angeordnet sind, zwischen welchen der gehechelte Flachs auf
den zwei Seiten der Schichten gerieben wird. Am andern Ende angekommen, sind die
Schichten in dem Theil, welcher sich unter den Linealen befand, von aller Schabe
(Achel) vollkommen gereinigt. Man bringt sie nun in umgekehrtem Sinne zwischen zwei
andere Lineale, damit der nicht gehechelte Theil obenauf kommt, welcher nun unter
der Nuth hängt, und auf seinem Wege geklopft wird. Der Lein kommt aus der Maschine
vollkommen gereinigt,
und ohne soviel Verlust erlitten zu haben, wie bei den bisher angewandten Maschinen
und Werkzeugen.
Von diesen Maschinen kostet die erste 40 Pfd. Stl. (1000 Frc.), die zweite, mit Bank,
Linealen und Zugehör 100 Pfd. Stl. (2500 Frc.); sie können täglich 3000 Kilogr. Lein
brechen und hecheln, welche 500 Kilogr. gehechelten Flachs geben.
Die Bernard-Koch'sche
Anstalt ist zur Behandlung des von 700 Acres (310 Hektaren) geernteten Leins
eingerichtet, welche nach der angenommenen Wechselwirthschaft eine 4 bis 5mal so
große Feldfläche repräsentiren.
Dieses neue Verfahren ist, ebenso wie in der Anstalt zu Cregagh, bereits eingeführt
zu Newport und Ballina, Grafschaft Majo; zu Drimilague, Grafschaft Cork; zu
Celbridge, Grafschaft Kildare, und zu Ballibay, Grafschaft Monaghan.
Vortheile des neuen Verfahrens. — Unstreitig werden
diese Centralfabriken die Verbreitung des Leinbaues sehr befördern, weil sie die
Arbeit der Pächter vereinfachen und Verluste beim Rösten und Dörren sowie beim
Hecheln vermieden werden. Eine einzige Nacht ist bei stürmischem Wetter bekanntlich
hinreichend, um in den bisherigen Rösten den rechten Zeitpunkt zu versäumen, wo dann
die Abfälle beim Hecheln sehr groß sind.
An solchen Orten, wo man warmes Wasser aus den Condensatoren der Dampfmaschinen haben
kann, braucht man zum Erwärmen der Gährkufen kein Brennmaterial.
Man kann jetzt das Wasser von den Rösten ohne Nachtheil ablaufen lassen, während
früher der üble Geruch der Rösten und die durch sie erzeugte Feuchtigkeit des
Bodens, zu gewissen Jahreszeiten auf dem Lande endemische Krankheiten verursachte.
Ueberdieß kann der bisher zum Flachsrösten verwendete Boden trocken gelegt werden,
wodurch er für jeden Anbau, wie auch für den des Leins, geeignet wird.
Nach den Versuchen, welche Hr. Marshall anstellte, ist es
keinem Zweifel mehr unterworfen, daß die durch das neue System erhaltenen spinnbaren
Fasern von der besten Qualität sind. Die Resultate dieser Versuche sind in folgender
Tabelle aufgeführt.
Vergleichende Versuche mit Flachs vom Jahr
1849.
In Holland.
Zu Cregagh (Irland).
Zu Patrington (England).
Gewicht vor dem Rösten
Cntr.
49,7
12,5
12,3
Gewicht nach dem Rösten
Cntr.
40,3
10,2
9,8
Gewichtsverlust
Proc.
18,9
18,9
20,5
Gewicht vor dem Hecheln
Cntr.
40,3
10,2
9,5
Gewicht nach dem Hecheln
Cntr.
7,4
1,84
1,5
Gewicht erhaltenes
Proc.
18,4
18,1
15,7
Werth des gehechelten Flachses per
Cntr.
55,10
63,10
74,—
vom Acre gewonnener Flachs
Cntr.
118,—
214,—
210,—
Festigkeit des grauen Fadens
Cntr.
7,7
7,8
7,7
Festigkeit des braunen Fadens
Cntr.
7,6
7,5
7,4
Festigkeit des gebleichten Fadens
Cntr.
6,9
6,7
7,—
„Ich betrachte, schrieb Hr. Marshall an die
HHrn. Bernard und Koch,
die hier aufgeführten Resultate als entschieden zu Gunsten des Röstverfahrens
mit lauwarmem Wasser sprechend. Leeds, den 27 Juli 1850.“
Man hat in Irland und England mehrere andere Verfahrungsweisen versucht, um das
Rösten zu ersetzen, namentlich verdünnte Auflösungen von Schwefelsäure oder
Aetznatron, Kalkmilch; dieselben zeigten sich aber so ungenügend, daß man sie wieder
aufgab.
Anwendung der Rückstände. — Wenn das Auskörnen in
Centralfabriken geschieht, so können die Hüllen und Samenabfälle, getrennt vom
Leinsamen, gesammelt werden. Diese Rückstände, mit Dampf gekocht und mit anderm
geeigneten Futter vermengt, liefern ein schätzbares Nahrungsmittel für das Vieh.
Die holzigen Abfälle (Schäbe, Achel) benutzten die HHrn. Bernard und Koch bereits mit gutem Erfolg zum
Heizen ihrer Dampfkessel; sie liefern Wärme genug, um die Temperatur des ganzen
Röstwassers auf 26° R. zu steigern.
Das nach der Gährung aus den Kufen abgelassene Wasser wurde an mehreren Orten zum
Begießen und Düngen des Bodens angewandt. Ich hatte Gelegenheit, mich von dessen
guter Wirkung auf einer Wiese zu überzeugen. Schon im Jahr 1844 empfahl Rob. KaneSeine Untersuchungen über den Flachsbau wurden im polytechn. Journal Bd. XCII S.
54 und Bd. CVI S. 136 mitgetheilt. das
in den Rösten zurückbleibende Wasser zum Düngen zu benützen, wobei er sich auf
Analysen dieses Wassers stützte, welche ihm ergaben, daß es 0,9 von der organischen Materie enthält,
welche die Pflanze dem Boden entzog.
Das Extract des bei 80° R. abgedampften Röstwassers hatte folgende
Zusammensetzung:
Kohlenstoff
30,69
Wasserstoff
4,24
Sauerstoff
20,80
Stickstoff
2,24
Asche
42,01
––––––––
100
Die Asche enthielt im 100:
Kali
9,78
Natron
9,82
Kalk
12,33
Magnesia
7,79
Thonerde
6,08
Kieselerde
21,35
Phosphorsäure
10,84
Chlor
2,41
Kohlensäure
16,95
Schwefelsäure
2,65
––––––––
100
Wenn man durch Wässerung dem BodenDerselbe sollte mit Abzugsröhren versehen werden, damit er die
fruchtbarmachenden Stoffe zurückhalten und das überflüssige Wasser abfließen
lassen kann. die im Röstwasser enthaltenen Stoffe
zurückerstattet, ferner die Samen oder Oelkuchen zum Futtern oder Mästen des Viehs
verwendet, und dessen Dünger, sowie die Asche der unter den Dampfkesseln verbrannten
Acheln der Erde zurückgibt, so kann der Leinbau den Boden gewiß nicht erschöpfen,
sondern dürfte eher die Fruchtbarkeit des Bodens erhöhen; denn es wird dem Boden am
Ende nichts entzogen seyn als die aus fast reiner Zellensubstanz bestehende
spinnbare Faser, welche keinen Stickstoff und nur solche Elemente enthält, die sich
in jedem cultivirten Boden in Ueberfluß befinden.
Es verhielte sich sonach mit dem Leinbau wie mit dem Anbau der Runkelrüben zur
Zucker-Gewinnung, wobei dem Boden an Schaum, Rückständen, Rübenblättern und
Dünger alles zurückerstattet wird, was die Pflanze ihrem Wachsthum Zuträgliches,
sowohl der atmosphärischen Luft als dem Boden entzogen hat. Aber sowie diese
wissenschaftlichen Lehren in Frankreich zahlreichen Widerspruch fanden, so stießen
auch Kane's Schlüsse in Irland auf ungünstige
Vorurtheile, bis die von
allen Landwirthen, welche Wässerungen mit Röstwasser anstellten, zunächst aber die
von den Mitgliedern der Pächter-Gesellschaft zu Markethill berichteten
Thatsachen, den wirklichen Werth dieses Düngers nachwiesen.
Besonderer Dünger für den Lein. — Oben angeführte
Analysen veranlaßten die Gesellschaft für Leinproduction folgende Zusammensetzung
eines besondern Düngers anzuempfehlen:
Knochenmehl
54
Pfd.
Chlorkalium
30
Pfd.
Chlornatrium (See- oder Kochsalz)
28
Pfd.
gebrannter Gyps, gemahlen
34
Pfd.
schwefelsaure Magnesia (Bittersalz)
56
Pfd.
–––––––––
202
Pfd.
Mittlere Flachsproduction in Irland. — Eine unter
den Pächter-Gesellschaften in Irland angestellte Untersuchung ergab folgende
statistischen Resultate:
Der Leinbau wiederholt sich bei der Wechselwirthschaft nach 3, 4 oder 5 Jahren;
durchschnittlich nach 4 Jahren. Die Ernte gibt 3½ bis 6 Centner per Acre
(gesetzlicher Acre), oder 4, 5 bis 11 Centner per irländischen Acre.
Letzte Folge der zunehmenden Leinproduction.— Nach
der Ansicht der Sachverständigen, mit welchen ich in England über den Endzweck des
Leinbaues gesprochen habe, bieten der Zuwachs der Production, die Verbesserung der
Qualität und die Verminderung des Preises nicht bloß die Mittel dar, um dem Elend in
Irland abzuhelfen; sie haben eine viel größere Tragweite; das eigentliche Ziel ist,
durch den Lein größtentheils die Baumwolle zu ersetzen, deren Erzeugung unzureichend
wird; schon im vorigen Jahre überstieg in Folge der schlechten Ernte der Preis
dieses Rohstoffs denjenigen des Leins.
Die Ersetzung der Baumwolle durch den Lein, wodurch wir in nicht zu ferner Zeit
schönere, bessere und wohlfeilere Gewebe erhalten werden, dürfte dem Fabrikwesen und
dem Handel Großbritanniens einen neuen Aufschwung geben; sie bereitet eine
industrielle Revolution vor. Großbritannien macht es mit der Baumwolle, welche es
durch den Lein ersetzt, wie es Frankreich mit dem Rohrzucker machte, als es den
Runkelrübenzucker an dessen Stelle setzte. Beide Länder suchten ihre Landwirthschaft
durch den Anbau einer großen Absatz darbietenden Industriepflanze zu heben.