Titel: Ueber einen von den HHrn. Rolhfs und Seyrig construirten Apparat zum Abtropfen und Decken des Zuckers; Bericht von Professor Payen.
Fundstelle: Band 119, Jahrgang 1851, Nr. XXXVIII., S. 188
Download: XML
XXXVIII. Ueber einen von den HHrn. Rolhfs und Seyrig construirten Apparat zum Abtropfen und Decken des Zuckers; Bericht von Professor Payen. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Oct. 1850, S. 461. Mit Abbildungen auf Tab. V. Centrifugalapparat zum Abtropfen und Decken des Zuckers. Wenn man sieht, mit welcher Schnelligkeit das Reinigen des Zuckers durch den neuen Apparat bewerkstelligt wird, der in Frankreich schon ziemlich verbreitet ist und auch in ausländischen Zuckerraffinerien in Gebrauch kam, so muß man sich nur wundern, daß eine so einfache und wirksame Erfindung nicht früher gemacht und angewandt wurde, besonders wenn man bedenkt, daß schon seit mehr als zehn Jahren Centrifugalmaschinen zum Trocknen von Garnen und Geweben häufig benutzt werden. In beiden Fällen ist allerdings der Zweck verschieden, indem durch die früheren Apparate das unnöthige Wasser schnell weggeschafft werden sollte, wobei das Gewebe oder Garn den normalen Zustand beibehalten mußte, und die entzogene Flüssigkeit als unnütz unbeachtet blieb. Das neue Verfahren hat den Zweck, die Zuckerkrystalle von der mehr oder weniger unreinen, und mit krystallisirbarem Zucker gesättigten Lösung, mit welcher sie umgeben sind, zu trennen, wobei jedes der beiden Producte, sowohl das feste als das flüssige, aufgesammelt werden muß; die krystallinische Masse darf nicht in ihrem natürlichen Zustande in den Apparat gebracht werden, sondern muß im Gegentheil vorher zertheilt und in einen körnigen Brei verwandelt werden. Man muß ferner ohne die rotirende Bewegung zu unterbrechen, deren Geschwindigkeit zwölf-bis fünfzehnhundert Umdrehungen in der Minute ist, die entweichende Melasse oder vielmehr den abfließenden Syrup durch ein reines Decksel (Zuckersyrup) ersetzen können, wobei noch die Bedingung gestellt ist, daß dasselbe die Schicht der Krystalle regelmäßig durchdringen muß. Es ist deßhalb nothwendig, daß das rotirende Gefäß oben offen bleibt, ohne daß die Flüssigkeit weder durch den Boden, noch über den oberen Rand entweichen kann. Dieses Problem wurde durch die HHrn. Rolhfs, Seyrig und Comp. unter Mitwirkung des Hrn. Cail gelöst; letzterer sorgte für die Festigkeit des Apparates, den regelmäßigen Gang desselben und die Dauer der einzelnen Hauptorgane. In den Zuckersiedereien werden gewöhnlich die Zucker der dritten, vierten und fünften etc. Krystallisation durch die Maschine abgetropft und gereinigt, und man beginnt mit dieser Arbeit sobald die Krystallisation erfolgt ist. Statt wie bisher zum gewöhnlichen Abtropfverfahren seine Zuflucht zu nehmen, was eine mehrere Wochen lang unterhaltene Temperatur von 23 bis 28° R. erforderte, dann zur zwei- oder dreimaligen Deckung (mit Zuckersyrup), welche gewöhnlich 8–12 Tage dauerte, und wobei das letzte Abtropfen noch immer unvollkommen war, schüttet man jetzt diese Zucker in das cylindrische rotirende Gefäß, nachdem man die aneinander hängenden Krystalle getrennt hat. Das cylindrische Gefäß oder die Trommel wird hierauf allmählich in Bewegung gesetzt, und sobald ihre Geschwindigkeit auf zwölf-bis fünfzehnhundert Umdrehungen in der Minute gestiegen ist, treibt die Centrifugalkraft den Syrup ungeachtet seiner Zähigkeit durch ein an die innere Wand der Trommel angelegtes Metalltuch hindurch, und die Krystalle, selbst die kleinsten, bleiben in dem Metalltuche zurück. Der mit großer Kraft ausgetriebene Syrup lauft dann in eine kreisförmige Rinne zusammen, von welcher aus man ihn leicht in eines der Gefäße leiten kann, welche die verschiedenen Syrupsorten aufzunehmen haben. Dieses Abtropfen ist in längstens einer Minute beendigt; man kann hierauf sogleich die nöthige Menge Decksel aufgeben, wodurch die Reinigung begonnen wird. In einer halben Minute hat dasselbe die krystallinische Schichte durchdrungen, und der Zucker ist augenscheinlich weißer geworden. Eine zweite und dritte Deckung mit hellerem Klärsel werden hintereinander gemacht, sind ebenfalls in einer halben Minute beendigt, und es ist deßhalb nichts leichter, als die Deckungen richtig auszuführen. Ihre Wirkung zeigt sich augenblicklich beim Ansehen des Productes, selbst während der außerordentlich raschen Drehung der Trommel. Ein weiterer Vortheil ist der, daß man die Syrupe, von welchen nach jeder frischen Deckung ein besserer abläuft, in die verschiedenen Gefäße, in welche die verschiedenen Syrupsorten kommen sollen, ohne die geringsten Schwierigkeiten ableiten kann. Man kann die zuletzt abgelaufenen Syrupe wieder zum Decken anwenden, und täglich die gesättigsten klären, versieden und krystallisiren lassen, ohne sie nur einen einzigen Tag der Gährung preiszugeben. Andererseits kann der so leicht und schnell gereinigte Zucker jeden Tag in Hüte geformt werden, wenn man es nicht vorziehen sollte, denselben gleich in Körnern zu verkaufen. Durch das neue Verfahren wird also Brennmaterial gespart, die großen Localitäten und vielen Krystallisirgefäße fallen weg, und die kostspielige, ermüdende und unsaubere Arbeit des Reinigens wird vermieden. Man umgeht ferner die Veränderungen des Zuckers und Syrups, welche unter dem andauernden Einfluß von Luft und Wärme stattfinden. Man realisirt täglich einen Werth, welcher bisher in den Zuckerraffinerien und Rübenzuckerfabriken ein sehr bedeutendes Betriebscapital erheischte. Die Fabrikanten und Raffinateure beeilten sich aber auch, diese nützlichen Apparate anzuschaffen, wovon zwei für eine mittelgroße Fabrik ausreichen. In mehreren französischen Raffinerien hat man schon deren fünf bis acht. Die Bestellungen auf die neue Maschine beschäftigen gegenwärtig fast die ganze große Maschinenfabrik der HHrn. Cail, Chelius und Comp. In England fangen einige Raffinateure an diesen Beispielen zu folgen und stellen in einem einzigen Geschäfte bis dreißig solcher Maschinen auf! Es ist selten, daß in der Industrie eine so wichtige Neuerung so schnell Eingang fand, und sich so vollkommen bewährte, daß alle gehegten Hoffnungen erfüllt sind. Beschreibung einer von den HHrn. Derosne und Cail (quai de Billy No. 46 in Paris) construirten Centrifugalmaschine zum Abtropfen und Decken des Zuckers. Fig. 37 ist ein verticaler Durchschnitt des vollständig zusammengesetzten Apparates. Fig. 38 die Vorderansicht des conischen Rades und Getriebes, durch welche die verticale Achse ihre Bewegung erhält. Fig. 39 die Ansicht der Aus- und Einrückvorrichtung und der Feder, durch welche die beiden conischen ungezahnten Räder aneinander gedrückt werden. Fig. 40 ein Stück der durchlöcherten cylindrischen Trommelwand. Fig. 41 und 42 sind zwei Ansichten eines Rades mit schiefen Zähnen, das in eine endlose Schraube eingreift, welche sich auf der verticalen Achse befindet. Diese Anordnung kann statt der Frictionsconen angewandt werden. In allen Ansichten bezeichnen dieselben Buchstaben denselben Gegenstand. A oben offene Metalltrommel, auf deren undurchlöcherten, concaven Boden der körnige Zuckerbrei zu liegen kommt. Die cylindrische Wand a der Trommel ist durchlöchert, und innen mit einem feinen Metalltuch b von Kupferdraht bedeckt, welches den Zweck hat, die feste Masse zurückzuhalten und nur die Flüssigkeit oder den Syrup durchzulassen. Die Mitte der Trommel bildet ein hohler Conus B, in welchem die verticale Achse C gut befestigt ist, die dann der Trommel A eine Geschwindigkeit von zwölf-bis fünfzehnhundert Umdrehungen in der Minute mittheilt. Das untere Ende der Achse ist abgerundet und liegt auf einer harten Stahlplatte c, deren Lage durch eine Stellschraube d regulirt werden kann. Um die Bewegung der Achse zu erleichtern, ist dieselbe beständig mit Oel umgeben, das sich in einem Gefäße L befindet, welches auf den Boden eines cylindrischen Behälters D von Gußeisen aufgeschraubt ist. Dieser Behälter umgibt die Trommel A und nimmt die Flüssigkeit auf, welche während der Bewegung das Metalltuch durchdringt und aus den Löchern der Trommel austritt. E Bogengestell, welches auf dem Rande des Behälters D aufruht und die Treibachse mit den Riemenscheiben trägt. Auf dem oberen Ende der verticalen Achse C, die sich in den Büchsen e, e dreht, ist mittelst Schraube und Mutter ein conisches Getriebe F befestigt, über welches Lederringe f gesteckt sind, an denen sich ein gußeisernes conisches Rad G reibt, welches auf der horizontalen Achse H befestigt ist. Letztere dreht sich in Lagern g, g und erhält ihre Bewegung von einer Dampfmaschine. Das Rad G ist nicht wie das Getriebe mit Leder umgeben, weil man fand, daß die Abnützung des Leders auf Leder zu beträchtlich ist, was häufige Erneuerungen veranlaßt. Das conische Rad und Getriebe nehmen in Folge ihrer Reibung aneinander die verticale Achse C und die auf derselben befestigte Trommel A mit. I, I′ zwei Riemenscheiben auf der Achse H, von denen die eine Triebscheibe, die andere Leerlauf ist. Ueber dieselben geht ein Riemen, welcher die Bewegung des Motors der Maschine mittheilt. K Rinne, durch welche die Flüssigkeit oder der Syrup abläuft, der sich in dem Behälter D sammelt. L gußeisernes Gefäß, in welchem oben die Büchse befestigt ist, welche den unteren Theil der verticalen Achse C umgibt. Im Boden dieses Gefäßes ist eine Stahlplatte eingelassen, auf welcher das Gewicht der Welle ruht. In dieses Gefäß gießt man eine gewisse Menge Oel, in welches das Ende der Achse eintaucht, wodurch auch die untere Achsenbüchse beständig geschmiert erhalten wird. M Feder, welche aus flachen Lamellen zusammengesetzt ist und gegen das eine Ende der horizontalen Achse H drückt. Durch dieselbe wird das Rad G beständig mit dem Getriebe F in Berührung erhalten, wobei die Reibung dieser beiden aneinander, durch die Spannung der Feder bis zur nöthigen Größe gebracht werden kann. N horizontale eiserne, vor den Riemenscheiben liegende Stange zum Ein- und Ausrücken des Apparates. Sie ist an einem Ende mit einem Gewinde versehen, auf welches die Kurbel O aufgeschraubt ist, deren Auge die Mutter für die Schraube bildet. Dreht man diese Kurbel rechts oder links, so zieht man die Stange dadurch an sich oder entfernt dieselbe von sich, je nachdem man den Riemen auf die Triebscheibe oder den Leerlauf bringen will. Der Riemen geht zwischen den beiden kleinen Walzen h, h hindurch, welche mit der Ausrückstange zusammenhängen. Auf diese Weise kann man die Trommel A in Thätigkeit setzen oder stille stellen. Durch allmähliches Verschieben des Riemens von einer Riemenscheibe auf die andere, kann man die Geschwindigkeit der Trommel mäßigen. P, Fig. 41 und 42, ist ein Rad mit schiefliegenden Zähnen, welches auf der Achse H befestigt ist. Q endlose Schraube von Stahl oder Messing, die mit der verticalen Achse C verbunden oder aus einem Stücke mit derselben ist. Diese Art die Bewegung fortzupflanzen, kann statt der Frictionsräder angewandt werden. Da das Verhältniß der Geschwindigkeiten beim conischen Rad und Getriebe weniger groß ist als bei dem Zahnrade mit Schraube, so ist das letzte System dann vorzuziehen, wenn der Motor, durch welchen die Maschine in Bewegung gesetzt werden soll, selbst keine große Geschwindigkeit hat, wie dieß z. B. bei einem Wasserrade der Fall ist. Behandlung der Maschine. Nachdem man den gekörnten Zucker, welcher noch mit seinem Syrup vermischt ist, in die Trommel A gebracht hat, läßt man den Apparat durch Centrifugalkraft wirken. Der Zucker legt sich dabei an das Metalltuch an, der Syrup tritt in ganz feinen Fäden durch die Maschen des Metalltuches und die Löcher in der Trommel aus nnd fällt in den Behälter D, von wo aus er durch die Rinne K abläuft. In einem Zeitraum von fünf bis zehn Minuten ist der auf die Maschine gegebene Zucker vollkommen gereinigt und kann in Fässer verpackt werden. Jede Operation gibt in der Regel 50 Kilogr. trockenen Zucker; rechnet man stündlich vier Operationen, so kann ein Apparat per Stunde 200 Kilogramme Zucker liefern, und 2000 Kilogr. täglich bei zehnstündiger Arbeit. Das Decken des Zuckers ist in dem Apparate sehr leicht auszuführen, indem man ungefärbte Melasse während der Bewegung in die Trommel gießt; dieselbe durchdringt in Folge der Centrifugalkraft den Zucker, und letzterer entfärbt sich augenblicklich. Die Melasse, welche die Zuckerkrystalle gewaschen hat, fließt unmittelbar in einen Bottich ab und kann sogleich versotten oder zu weiteren Deckungen verwendet werden.

Tafeln

Tafel Tab.
									V
Tab. V