Titel: | Elektrochemische Verzinnung der Metalle; von A. G. Roseleur und E. Boucher. |
Fundstelle: | Band 119, Jahrgang 1851, Nr. LIV., S. 291 |
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LIV.
Elektrochemische Verzinnung der Metalle; von
A. G. Roseleur und
E.
Boucher.
Aus dem Technologiste, Dec. 1850, S.
114.
Vorzüge der neuen
Verzinnung.
Roseleur und Boucher, über elektrochemische Verzinnung der
Metalle.
Eine schöne, dauerhafte, leicht und mit geringen Kosten herzustellende Verzinnung,
hat man schon längst gewünscht. Am Ende des vorigen Jahrhunderts machte man in Paris
viel Lärm von einer neuen Verzinnung welche alle andern übertraf; zu derselben wurde
aber eine nicht unbedeutende Menge Silber verwendet, und es war bald von ihr keine
Rede mehr. In der letzten Zeit wurde das Problem endlich auf eine andere Weise und
durch wohlfeile Verfahrungsarten gelöst; die HHrn. Roseleur und Boucher erzielen durch ihre
Methode, bei welcher die Elektricität eine große Rolle spielt, und wobei man nur ein
ganz reines Zinn anwenden kann, eine wenigstens ebenso schöne Verzinnung wie
diejenige von 1783 war.
Gußeisen. Küchengeräthe aus Gußeisen ertheilen bekanntlich
lange Zeit fort den Nahrungsmitteln einen Geruch, einen Geschmack, und oft sogar
eine Farbe, welche sehr unangenehm sind. Man hat daher vielseitig die gußeisernen
Küchengeräthe ganz aufgegeben, und durch irdene, schmiedeiserne, oder kupferne
ersetzt; oder man benutzt gußeiserne Gefäße welche inwendig mit einer Bleiglasur,
sogenanntem Email, überzogen sind.
Kupfer. Bekanntlich ist das Kupfer in hohem Grade giftig
und die Unterhaltung der aus ihm verfertigten Küchengeräthe überdieß
kostspielig.
Eisenblech. Das Weißblech ist dünn und seine Verzinnung
schmilzt leicht; die Speisen welche man darin bereitet, werden oft verbrannt;
endlich erfordert das Eisenblech viel Brennmaterial, weil es die Wärme nicht
zurückhält.
Steinzeug. Es ist zu zerbrechlich und wenig dauerhaft;
überdieß nimmt es den Geschmack und Geruch der Speisen an, welche man darin
bereitet.
Emaillirtes Gußeisen. Es ist kostspielig und hat äußerlich
das Ansehen des Roheisens; wegen der verschiedenen Ausdehnung des Metalls und des Emails bekommt
letzteres bald Sprünge, so daß sich durch einen Stoß oft eine Schuppe ablöst und
folglich den Speisen Glasstücke beimengen.
Verzinnen des Gußeisens. Das Gußeisen wird nach dem neuen
Verfahren sowohl außen als innen verzinnt, und besitzt dann einen silberähnlichen
Glanz, daher es fonte argentine genannt wird. Das
innerlich wie außerhalb auf Gußeisen aufgetragene Zinn schmilzt nicht und körnt sich
nicht auf dem Feuer, wie es bei der gewöhnlichen Verzinnung geschieht.
Einjährige Erfahrung hat hinreichend gezeigt, daß die äußere Verzinnung eben so gut
widersteht wie die innere. Der niedrige Preis des verzinnten Gußeisens gestattet die
allgemeine Anwendung der daraus verfertigten Küchengeräthe, bei welchen man 25 bis
30 Procent an Brennmaterial erspart.
Das nach dem neuen Verfahren verzinnte Gußeisen ertheilt den Speisen, welche man
darin bereitet, selbst beim erstenmal, weder Geruch noch Farbe, noch Geschmack, und
zwar nicht bloß so lange als die Verzinnung dauert, sondern auch nach vollständigem
Verschwinden der Verzinnung, was das eigentliche Verdienst der Erfindung ist. Die
Flüssigkeit, in welcher die Verzinnung bewerkstelligt wird, besitzt nämlich die
Eigenschaft, die in dem Gußeisen vorkommenden fremden Körper vollständig abzuziehen;
dieß sind aber gerade diejenigen, welche während des Kochens der Speisen eine
Umwandlung erleiden und letzteren dadurch den Geschmack, Geruch und die Farbe
ertheilen, wovon oben die Rede war. Das Gußeisen ist bekanntlich nach seiner
Fabrication meistens mit einer Schicht überzogen, welche Kohle, Phosphor und Arsenik
enthält, und diese Substanzen verschwinden während der elektrochemischen Verzinnung
vollständig. — Für Zierrathen aus Gußeisen dürfte die matte oder glänzende
Verzinnung von Roseleur ebenfalls in Gebrauch kommen.
Verzinnen des Zinks. Das Zink konnte nach den gewöhnlichen
Methoden niemals gut verzinnt werden; auf elektrochemischem Wege kann man es
hingegen sehr leicht, entweder mattweiß oder glänzend verzinnen.
Verzinnen des Schmiedeisens und Stahls. Das Schmiedeisen
und der Stahl verzinnen sich vollkommen mittelst des neuen Verfahrens, welches deren
Natur gar nicht verändert; gehärteter oder angelassener Stahl behält daher seine
Eigenschaften nach der Verzinnung bei; auch leidet die Gravirung des Stahls durch das
Verzinnen desselben nicht im mindesten. — Thürschlösser, Zangen, Scheren,
Vorlegeschlösser, Bandketten, Metallgewebe, Lampen, die Pfanndeckel der Feuergewehre
und zahlreiche andere Artikel können in der Folge durch eine glänzende Verzinnung
gegen Oxydation (Rosten) geschützt werden.
Verzinnen des Kupfers. Das Kupfer läßt sich nach dem neuen
Verfahren ebenso gut verzinnen, wie seine Legirungen; diese Verzinnung hat vor der
gewöhnlichen den Vortheil, daß sie viel langsamer schmilzt und der Gesundheit
zuträglicher ist, denn das aufgetragene Zinn ist chemisch rein, also frei von Blei,
Antimon, Zink etc. Kupferne Küchengeschirre und Badewannen können nach der neuen
Methode leicht verzinnt werden.
Leitungsröhren. Gußeiserne Leitungsröhren kann man an
ihren Enden mittelst der neuen Verzinnung zusammenlöthen, anstatt sie nach den
bekannten Methoden mit einander zu verbinden.
Neue Verfahrungsarten zum Verzinnen der
Metalle.
Erstes Verfahren. Es dient zum Verzinnen der kleinen
Artikel, z. B. Nägel, Haken und Augen etc., auf welche man eine Zinnschicht
niederschlägt, indem man sie in ein Bad taucht, welches aus 20 Pfund Wasser, 1 Pfd.
Ammoniak-Alaun und 2 Loth Zinnchlorür (Zinnsalz) besteht; dieses Bad erhitzt
man bis zum Kochen.
Der Alaun, welchen man anwendet, reicht für eine beträchtliche Zeit hin; wenn das Bad
durch ausgefälltes Zinn geschwächt ist, braucht man ihm nur eine kleine Menge
Zinnsalz zuzusetzen, um es wieder wirksam zu machen. Gußeisen und andere Metalle,
welche man in rohem Zustande in dieses Bad taucht, werden darin gebeizt, und
folglich für die eine oder andere der folgenden Verfahrungsarten vorbereitet.
Zweites Verfahren. Es besteht in einer neuen Methode die
Oberfläche des Gußeisens, sowie anderer Metalle und Legirungen, mit Zinn zu
überziehen. Die Metalle müssen hierzu vorher mit Salpetersäure oder Salzsäure
gebeizt, d. h. von Oxyd gereinigt werden, worauf man sie in ein Bad taucht, welches
man dadurch bereitete, daß man in 20 Pfund Regenwasser 2 Loth Weinstein auflöste und
dann eine wässerige Auflösung von 1⅓ Loth Zinnchlorür (Zinnsalz) zusetzte.
Das zu überziehende Metall wird in dieses Bad getaucht und das Zinn durch Zusatz von
Zinkspänen darauf niedergeschlagen.
Durch dieses Mittel fällt man auf das Metall eine allenthalben gleich dicke
Zinnschicht, während bei dem gewöhnlichen Verfahren, nämlich dem Eintauchen in
geschmolzenes Zinn, Ungleichheiten nicht zu vermeiden sind. Dieser Umstand macht das
neue Verfahren für viele Gegenstände anwendbar, wobei die alte Methode nicht
genügte.
Drittes Verfahren. Bisher wurde der galvanische Weg hauptsächlich zum Vergolden und Versilbern der Metalle
angewandt; zum Verzinnen waren die gebräuchlichen chemischen Agentien, z. B.
Cyankalium, zu theuer. Das Bad, in welches Roseleur die
zu verzinnenden Metalle (Eisen, Stahl, Kupfer, Blei etc.) taucht, besteht aus 21
Pfd. Regenwasser, 10 Pfd. pyrophosphorsaurem Kali oder Natron und 4 Pfd.
geschmolzenem Zinnchlorür. Der positive Pol ist eine Zinn-Anode, außer
Berührung mit dem zu überziehenden Metalle.