Titel: | Die Fabrication sogenannter künstlicher Peras oder kuchenförmigen Brennmaterials aus Steinkohlenklein. |
Fundstelle: | Band 119, Jahrgang 1851, Nr. LXXXV., S. 420 |
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LXXXV.
Die Fabrication sogenannter künstlicher Peras
oder kuchenförmigen Brennmaterials aus Steinkohlenklein.
Aus dem Précis de Chimie industrielle; par A. Payen. Paris 1851.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Die Fabrication der Peras.
Beim Steinkohlengrubenbau ist das sich anhäufende Kohlenklein ein lästiges
Nebenproduct; dasselbe hat sehr geringen Werth, oder ist wegen seiner schwierigen
Verbrennung auf Rösten, weil zuviel davon hindurchfällt, gar nicht verkäuflich.
Vor etwa 15 Jahren hat der Ingenieur Marsais,
Grubendirector zu St. Etienne, ein sinnreiches Verfahren zur Verwendung des
Kohlenklein entdeckt, welches in Frankreich und England verbessert und mit Vortheil
eingeführt wurde. Wir beschreiben es hier, wie es gegenwärtig die Grubengesellschaft
von Blanzy in Anwendung bringt.
Das Steinkohlenklein wird zuvörderst in einer Kufe A
(Fig. 5)
auf hydraulischem Wege gesiebt; diese Kufe ist nämlich mit einer horizontalen
Scheidewand B, B von
Eisenblech versehen, welche durchlöchert ist und von Querstangen getragen wird; sie
steht mittelst einer weiten Röhre C mit einer Pumpe D in Verbindung (deren Kolben nicht dicht passend zu
seyn braucht).
Wenn die Kufe zu ⅔ mit Wasser gefüllt ist, breitet man das Kohlenklein auf der
Scheidewand B, B aus und
setzt den Kolben in Thätigkeit; das Wasser erhält dadurch eine abwechselnde
Bewegung, durch welche die Steinkohlenstücke in Unterbrechungen gehoben werden; die
so im Wasser zertheilten schieferigen oder erdigen Substanzen (nebst
Schwefelkieskörnern) dringen durch das Sieb und setzen sich auf dem Boden der Kufe
ab.
Man nimmt nun das ausgewaschene Steinkohlenklein mit einer durchlöcherten Schaufel
heraus, wirft es in Haufen, damit das Wasser abzieht, und füllt die Kufe neuerdings
mit aufzubereitender Steinkohle; von Zeit zu Zeit läßt man das schlammig gewordene
Wasser und den erdigen Bodensatz durch eine weite Oeffnung ab.
Die gewaschene und abgetropfte Steinkohle wird hierauf in kleinere, ziemlich
gleichförmige Körner zertheilt, indem man sie zwei cannelirte Walzen passiren läßt,
ähnlich jenen, deren man sich zum Körnen der Knochenkohle bedient.
Die gereinigte Steinkohle wird nun getrocknet und dann in der Wärme mit 7–8
Procent (concentrirtem Steinkohlen-)Theer getränkt; endlich wird die noch
warme Masse unter einem Druck von etwa 20,000 Kilogr. geformt. Die so erhaltenen
rechtwinkeligen Brode (Kuchen) mit abgerundeten Ecken wiegen je 10 Kilogr.; sie
werden durch das Erkalten, wobei der Theer fest wird, vollkommen consistent.
Die Figuren 1,
2, 3 und 4 stellen die
Oefen und Vorrichtungen zum Ausführen dieser Operationen dar; gleiche Buchstaben
bezeichnen gleiche Theile in allen vier Figuren. A
Aschenherd mit einer Thür, die man theilweise verschlossen hält, damit nicht zu viel
Luft zutreten kann; B Feuerraum zum Heizen mit
Steinkohle; B′ Platte zwischen dem Rost und der
Thür C des Feuerraums; D
Gewölbe, unter welchem die Flamme hinzieht, um sich unter ein anderes gedrücktes
Gewölbe E zu begeben und sich dann im Ofen F auszubreiten, wo sie ein gußeisernes Gefäß (Pfanne)
erhitzt, welches sich auf einem Zapfen I dreht; der
Rauch zieht durch den Kamin G ins Freie. Das Gefäß (die
Pfanne) m, m von 3
Centimeter dickem Gußeisen wird durch ein Getriebe r in
Bewegung gesetzt, welches in seinen cannelirten Rand H
eingreift; Rollen mit Hohlkehlen, in welche ein kreisrunder Vorsprung an der
Unterseite der Pfanne m eingreift, erhalten letztere in
ihrer horizontalen Stellung. Ein fixer Rechen, von Stangen k, l gehalten, welche in die Dicke des
Mauerwerks eingelassen sind, ist mit starren Zähnen versehen, welche 8 Centimeter
auseinander stehen. Ein Kessel V, welcher durch das
Gewölbe D geheizt wird, ist mit einem Ventil v versehen, welches man durch die Stange v, v′ hebt, wenn man
den im Kessel enthaltenen Theer in die Röhre y, y laufen lassen will; die Buchstaben u bezeichnen in allen diesen Figuren das Mauerwerk.
Auf folgende Weise geht nun in diesem Apparat die Operation vor sich: Das auf oben
angebene Weise geschlämmte, an der Luft getrocknete und gepulverte Steinkohlenklein
wird durch die Thür O (Fig. 2) in die Pfanne
geworfen; da das Beschicken der Pfanne geschieht, während sie sich dreht, so kann
leicht eine regelmäßige Dicke erzielt werden; übrigens trägt auch der feststehende
Rechen zur gleichmäßigen Vertheilung des Kohlenkleins bei.
Wenn die Temperatur ungefähr 200° C. (160° R.) erreicht hat, und die
Feuchtigkeit der Steinkohle verjagt ist, öffnet man das Ventil v und der im Kessel V
geschmolzene Theer lauft durch die Röhre y, y ab; er fällt in ein längliches Trögchen n, welches ihn durch seine beiden offenen Enden
austreten und sich in der ganzen Länge der auf dem Rücken des Rechens angebrachten
Rinne ausbreiten laßt; der flüssige Theer, indem er dabei durch alle
Seiteneinschnitte dieser Rinne ausfließt, imprägnirt die Rechenzähne und vertheilt
sich an den Steinkohlenkörnern, welche sich alle nacheinander an diesen Zähnen
reiben; sobald die Mischung von 7–8 Theilen Theers auf 100 Theile
grobgepulverter Steinkohle eine gleichförmige ist, muß das Gemenge herausgenommen
werden. Fig. 4
zeigt eine Vorkehrung, durch welche das Herausnehmen erleichtert wird; in der
Stellung, in welcher sich die Pfanne befindet, welche sich in der Richtung der zwei
Pfeile dreht, läßt man gleichzeitig zwei Curven t, t′, t′, t′ herunter, worauf sich alle Steinkohle vor den
Curven t, t′, t′, t′
ansammelt; nachdem die Pfanne auf diese Weise ⅔ Umdrehung gemacht hat und
sich die beiden Fallthüren S über den Höhlungen P (Fig. 2 und 4) befinden, öffnet man
einen Riegel, welcher diese Fallthüren verschlossen hielt, und nun fällt bei
fortdauernder rotirender Bewegung das vor den Curven angesammelte Gemenge durch
diese Fallthüren in die Höhlungen P unter der Pfanne.
Nach dem Ueberschreiten der Curven t, t′ begegnet jede Fallthür einer geneigten Stange,
welche sie wieder in die Höhe hebt und dem Riegel gestattet sie zu schließen. Man
zieht nun die Curven wieder in die Höhe und kann die Pfanne frisch füllen.
Das noch warme Gemenge von Steinkohle und Theer wird mittelst der Schaufel durch die
Thüren Q, welche man hierzu öffnet, aus den Höhlen P genommen und in rechtwinkelige, gußeiserne Formen von
ungefähr 32 Centimeter Länge, 16 Breite und 16 Tiefe gebracht, über welchen sich ein
Rahmen von gleicher Größe befindet, worin sich ein Kolben bewegt, auf den ein
hydraulischer Druck von 20,000 Kilogr. ausgeübt wird.
Dieses Formen bringt die mit fettem Theer überzogenen Steinkohlentheilchen in nähere
Berührung, deren Adhärenz beim Erkalten noch größer wird.
Unlängst wurde eine Maschine construirt, welche die nacheinander gefüllten Formen in
einer sich drehenden Scheibe der Wirkung eines gegliederten Hebels darbietet,
welcher das Gemenge rasch comprimirt; jeder comprimirte Kuchen wird durch den Boden
der Form selbst von unten nach oben herausgeworfen, indem dieser Boden sich mittelst
einer Stange hebt, mit welcher er zusammenhängt und die auf eine unter der drehenden
Scheibe angebrachte geneigte Ebene trifft. Wie man sieht, verrichtet diese Maschine
das Formen mit dem Pressen und das Ausderformnehmen auf mechanische Weise, während
von Menschenhand keine andere Arbeit dabei zu verrichten ist, als die Formen zu
füllen und die
Steinkohlenkuchen (oder geformten Peras) wegzunehmen; sie leistet mehr als zwei von
fünf Menschen bediente hydraulische Pressen.
Der in Fig.
1–4 abgebildete Apparat, dessen sich drehende runde Pfanne 2 Meter
Durchmesser hat, reicht zu einer täglichen Production von 20 bis 25,000 Kilogr. hin.
Der Waschapparat für das Kohlenklein, die sich drehende Pfanne und die zwei
hydraulischen Pressen, erheischen zu Blanzy zusammen eine mechanische Kraft von 10
Pferden.
Man könnte die Operation leichter und schneller ausführen, wenn man ein größeres
Verhältniß vom fetten Theer anwendet; das Material käme dann aber höher zu stehen,
und die Peras könnten sich leicht erweichen und an der Sonne oder in den
Kohlenkammern der Dampfschiffe zusammenkleben; außerdem würden sie beim Verbrennen
mehr Rauch geben.
Die Gestehungskosten der Steinkohlenkuchen berechnen sich in Blanzy wie folgt:
20000
Kilogr. gewaschenes Steinkohlenklein
160
Franken
1700
Kilogr. Theer.
95
Franken
Arbeitslohn etc
48
Franken
–––––––––––––––
21500
Kilogr. Peras kosten demnach
303
Franken.
1000 Kilogr. kommen mithin auf 14 Franken zu stehen; der Verkaufspreis von 18 Franken
liefert einen Gewinn von beiläufig 4 Fr.
Gut fabricirte künstliche Peras haben eine bessere Consistenz als die meisten
natürlichen Steinkohlensorten; sie sind leichter in den Kohlenkammern der
Dampfschiffe einzuschichten, wodurch 2 Zehntel an Raum erspart werden. Sie lassen
sich leicht, ohne merklichen Abgang transportiren und mehrere Jahre ohne Veränderung
aufbewahren.
Bei der Anwendung zerbricht man sie; die eckigen Bruchstücke gestatten, auf den Rost
gelegt, der Luft den geeigneten Durchgang; ihre Flamme ist lang und die während der
Verbrennung zusammenklebenden Stücke geben nicht viel Kohksklein, welches weniger
Kohle in der Asche zurückläßt; ihre vollständige Verbrennung erzeugt auch etwas mehr
Wärme als die Steinkohle selbst.
Diese Vorzüge veranlaßten die Anwendung der künstlichen Peras bei der
Dampfschifffahrt auf der Rhône und Saone.