Titel: | Die Elektricität und die Wärme als bewegende Kräfte; von William Petrie. |
Fundstelle: | Band 119, Jahrgang 1851, Nr. LXXXVII., S. 426 |
Download: | XML |
LXXXVII.
Die Elektricität und die Wärme als bewegende
Kräfte; von William
Petrie.
Aus dem Edinburgh new philosophical Journal, Jan.
1851, S. 66.
Petrie, über die Elektricität und die Wärme als bewegende
Kräfte.
Aus dem elektrodynamischen Aequivalent können wir die sehr wichtige Thatsache
ableiten, daß 1 Pferdekraft diejenige theoretische oder
absolute Kraft ist, welche ein elektrischer Strom
besitzt, der sich durch stündlichen Verbrauch von 1,56
Pfd. Zink in einer Daniell'schen Batterie gebildet
hat. Die beste elektromagnetische Maschine jedoch, welche je construirt
werden dürfte, kann nur die Hälfte oder ein Viertel dieser Kraft liefern; man ist so
zu sagen an den Gränzen derselben angekommen, welche keine Vervollkommnung des
Apparats weiter hinausrücken kann. Die eigenthümliche Weise, wie der elektrische
Strom dynamische Effecte hervorbringt, hat, in Beziehung auf die von ihm zu
erlangende Kraft, zu manchen falschen Berechnungen Veranlassung gegeben. Bei allen
elektrischen Maschinen wird die Masse, welcher der umgebende Strom Bewegung
mittheilt, sey sie nun ein anderer in Bewegung befindlicher Strom, oder, was
häufiger der Fall ist, ein magnetischer Körper, durch eine constante Kraft nach
einer gewissen Richtung getrieben; und diese Kraft, sey sie Attraction, Repulsion
oder Deflexion, ist, wie die Gravitation, ziemlich
constant bei allen Geschwindigkeiten, wie schnell auch der Körper vor der
Kraft zurückweichen mag, wofern nur der Strom in derselben Quantität (per Minute) unterhalten wird.
Diese Erscheinung ist ganz verschieden von der, welche sich bei der Wirkung der
Dampfkraft zeigt; je schneller sich der Kolben bei dieser bewegt, desto größer ist
das Dampfvolumen welches per Minute zu seiner Bewegung
geliefert werden muß, außerdem ist die Kraft, mit welcher er sich bewegt, um so
geringer. — Diese Thatsache nun, daß die Kraft, mit welcher ein elektrischer
Strom von gegebener „Quantität“ die Maschine bewegt, für jede
Geschwindigkeit dieselbe bleibt, findet kein Analogon bei der Dampfkraft, sondern
sie würde vielmehr andeuten, daß das mit einem gegebenen elektrischen Strome
erzielbare dynamische Resultat möglicherweise unendlich groß seyn könnte, und dieß
wäre auch der Fall, wenn der in Bewegung befindliche Theil nicht ein Bestreben hatte
im Draht einen Strom von entgegengesetzter Richtung zu
induciren; dieser inducirende Einfluß, welcher mit der Geschwindigkeit der
Bewegung wächst, kommt mit dem primären Strome in Conflict und reducirt dessen Quantität, folglich auch die Größe
der Bewegung und die Consumtion des Materials in der Batterie.
Manche glaubten durch Aenderungen in den Theilen der Maschine oder in ihrer
Wirkungsweise das Uebel heben zu können, oder es dahin zu bringen, daß der inducirte
Strom anstatt gegen den primären Strom mit demselben stieße. Die Unmöglichkeit der Ausführung
dieses Gedankens ist zwar nicht bis ins einzelne dargethan, doch wird sie klar,
sobald man auf die allgemeinen Principien zurückgeht; es wäre dieß, wenn es sich so
verhalten würde, eine Schöpfung dynamischer Kraft, die Entwickelung einer
unbeschränkten Kraft aus einer beschränkten Quelle.
Das Streben einen Rückstrom in dem primären Draht zu induciren, ist daher in dem Princip des Systems selbst inbegriffen, so daß kein
Scharfsinn jeden verzögernden Einfluß der inducirenden Action beseitigen kann; das
einzige Mittel diese Wirkung zu vermeiden, d. h. den primären Strom vor einem Sinken
unter einen gegebenen Werth zu bewahren, wenn die Maschine eine rasche Bewegung
erreichen soll, besteht darin, die elektromotorische Kraft der
Batterie, d. h. die Intensität (nicht die Quantität) des Stroms zu vermehren, so daß er weniger
durch den Rückstrom geschwächt wird.
Die praktische Wichtigkeit dieser nicht allgemein bekannten Thatsache möge ihre
Anführung rechtfertigen. Aus Mangel einer klareren Einsicht in dieselbe wurden viele
talentvolle Erfinder von dem richtigen Wege, auf welchem allein nachhaltige
Entdeckungen zu machen sind, abgelenkt, und viel Scharfsinn und viele Mittel sind
dabei vergeudet worden.
Einige der besten elektromagnetischen Maschinen, welche von dem Verfasser und Anderen
geprüft wurden, haben nur eine Kraft im Werthe von 50 bis 60 Pfd. Zink für die
Pferdekraft in der Stunde gegeben. Die Geringfügigkeit dieser Kraft im Vergleich mit
dem absoluten Werthe des Stromes (1,56 Pfd. Zink, für die Pferdekraft in der Stunde)
darf uns nicht überraschen, wenn wir den Standpunkt berücksichtigen, auf dem sich
die Dampfkraft nach so vielen Jahren ihrer Erfindung befindet.
Nach den Bestimmungen von Joule und Rankine ist 1 Pfd. Wasser, dessen Temperatur um 1° F. erhöht wurde,
einem Gewichte von 700 Pfd., das 1 Fuß hoch gehoben wird, äquivalent; und wenn wir
nach den besten Versuchen über diesen Gegenstand annehmen, daß die Verbrennung von 1
Pfd. Kohlenstoff soviel Wärme erzeugt, um die Temperatur von 15,000 Pfd. Wasser um
1° F. zu erhöhen, so finden wir, daß 1 Pferdekraft die theoretische oder
absolute dynamische Kraft der Wärme ist, welche durch die Verbrennung von 1/6 Pfd.
Kohlenstoff in der Stunde erzeugt wird. Dieß ist nur 1/15 von der Consumtion der
vollkommensten Dampfmaschinen, welche gegenwärtig gebaut werden, und weniger als
1/100 des Verbrauchs vieler Eisenbahnlocomotiven. Daraus geht zur Genüge hervor, wie weit wir noch von der Vollkommenheit unserer Mittel,
aus der Wärme eine bewegende Kraft zu erhalten, entfernt sind, und welch große Belohnung der
Anstrengung eines erfinderischen Genies in diesem Zweige wartet. Angesichts solcher
Thatsachen darf man sich nicht wundern, daß man bis jetzt nur 1/32 von der Kraft,
welche die Elektricität besitzt, nutzbar verwendet.
Ich muß aber auch erinnern, daß man leichter einen größeren Theil der theoretischen
Kraft der Elektricität als derjenigen der Wärme verwerthen kann, was der Charakter
der Agentien mit sich bringt. Wir wollen versuchen in wenigen Worten die Gründe
hiervon auseinanderzusetzen.
Die Kraft der Wärme wird nicht dadurch entwickelt, daß man sie als Wärme in einem
gasartigen oder flüssigen Stoffe zurückhält, sondern dadurch, daß man einen Theil
derselben während ihres Verflüchtigungs- oder Verbreitungsprocesses (aus einer vergleichungsweise kleinen Quantität Materie worin sie concentrirt ist, wie
z. B. den Kohlen eines Ofens) durch Mittheilung an andere kältere Stoffe in Kraft
umwandelt. Dieser Proceß kann aber nicht dadurch bewerkstelligt werden, daß man die
Wärme bei der Temperatur der Weißglühhitze in eine Kraft umwandelt, sondern diese
Umwandlung muß bei der verhältnißmäßig niederen Temperatur geschehen auf welcher man
die Maschine, worin die Wärme in Kraft verwandelt wird, zu erhalten hat. Es ist z.
B. klar, daß die Wärme eines Kubikfuß Luft von 20,000° F. Temperatur (und die
anfängliche Temperatur muß weit höher gewesen seyn) in einem Kessel kaum mehr Dampf
erzeugen wird, als 10 Kubikfuß Luft von 2000° F.; und doch könnten wir noch
ziemliche Kraft bloß durch Uebertragung der in 1 Kubikfuß enthaltenen 20,000°
F. Wärme an 10 Kubikfuß mit 2000° erhalten; auch könnte der größere Antheil
Wärme, welcher noch nicht latent gemacht wurde, mit fast ebenso großer Wirksamkeit,
als wenn sie noch im concentrirtesten Zustande wäre, wieder verwendet werden.
Diese Betrachtung weist die große Verschiedenheit zwischen der theoretischen und der
in der Praxis aus der Wärme, selbst bei den besten Maschinen von Cornwallis
erhaltenen Kraft nach, bei welchen doch kaum einige Wärme
zu Verlust entweichen kann, ausgenommen in dem sehr verdünnten Zustand des warmen
Condensationswassers. Die obigen Betrachtungen deuten auch den Weg an, welchen ein
erfinderischer Geist zu betreten hat, um bedeutendere Resultate zu erzielen.
Bei der Elektricität findet sich zwar keine derartige Schwierigkeit, dagegen haben
wir aber die Schwierigkeit und Kosten, welche jetzt für die Entwickelung des
elektrischen Stroms durch chemische Wirkung erfordert werden. Wenn wir Kohlenstoff
durch die Luft direct oder indirect verbrennen oder oxydiren könnten, so daß er
Elektricität anstatt Wärme erzeugte, so würde 1 Pfd. davon so weit reichen, als 9,36
Pfd. Zink in einer Daniell'schen Batterie; hauptsächlich
deßhalb, weil in I Pfd. Kohlenstoff so viel Atome enthalten sind als in 5¼
Pfd. Zink, und ferner, weil die Verwandtschaft (zum Sauerstoff) jedes Atoms
weißglühenden Kohlenstoffs größer ist, als die eines Atoms kalten Zinks nach Abzug
der Verwandtschaft des Wasserstoffs zum Sauerstoff im Wasser der Batterie. Abgesehen
jedoch von solchen Aussichten auf verbesserte Mittel zur Erlangung von Elektricität,
macht es andererseits ihr günstiger Charakter im Vergleich mit der Wärme,
wahrscheinlich, daß man eine solche Einrichtung der Maschine treffen kann, wobei
sich ein beträchtlicher Theil der Kraft, den wir oben als das dynamische Aequivalent
des elektrischen Stroms bestimmt haben, gewinnen läßt.