Titel: | Ein neues Manometer mit directer Belastung. |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. V., S. 18 |
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V.
Ein neues Manometer mit directer
Belastung.
Aus der Zeitschrift des österreichischen
Ingenieur-Vereins, 1851 Nr. 5.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Ein neues Manometer mit directer Belastung.
Mit Recht ist die Aufmerksamkeit der Fachmänner schon seit langer Zeit auf die
Verbesserung jener Vorrichtungen gerichtet, welche dazu dienen, während des
Betriebes eines Dampfkessels die richtige Dampfspannung im Kessel zu zeigen. Welch
großen Einfluß die größere oder mindere Genauigkeit eines solchen Instruments bei
aufmerksamer Beobachtung desselben auf die Brennmaterial-Consumtion üben
kann, ist zu einleuchtend, als daß es nöthig wäre, hier darüber viele Worte zu
verlieren. Ist aber schon bei stationären Dampfkesseln die Wichtigkeit eines guten
und verläßlichen Manometers außer Zweifel, so läßt sich nicht läugnen, daß bei
Locomotivkesseln ein vollkommenes Manometer ein unerläßlicher Bestandtheil ist.
Bisher haben die von Mayer eingeführten Kolbenmanometer
mit der Federzuhaltung die allgemeinste Verbreitung, und entsprechen den
Anforderungen der Praxis noch am vollkommensten. Denn das in letzter Zeit versuchte
Schinz'sche Manometer ist zwar sehr empfindlich, hat
aber den seine allgemeine Verbreitung hindernden Nachtheil, daß es schon nach kurzem
Gebrauche unrichtig oder gar nicht mehr zeigt. Das Condensationswasser bringt
nämlich stets etwas Schlamm in die feine Spirale und im Winter wird dieses Manometer
völlig unbrauchbar, weil das Condensationswasser leicht einfriert.
Das erwähnte Mayer'sche Manometer hat zwei nicht
unwesentliche Nachtheile, und zwar:
1) der Kolben kann nie vollkommen dicht bleiben, sondern er
unterliegt immer einer Abnützung, wodurch das Manometer nach längerem Gebrauche
immer ungenauer wird;
2) behält die Spiralfeder nicht ihre ursprüngliche Elasticität,
nach der die Eintheilung auf der Scala gemacht wurde;
und eben dieser Nachtheile wegen, von denen insbesondere der
zweite zu sehr bedeutenden Unrichtigkeiten Veranlassung gibt, muß stets für die
Vervollkommnung dieser Manometer gearbeitet werden, und es verdient jede Bemühung in
dieser Richtung, wenn es auch nicht gelingt das vorgesteckte Ziel vollkommen zu
erreichen, die vollste Anerkennung und Würdigung der Fachmänner. Wir theilen daher hier einen
Vorschlag des Hrn. Karl Stempf, k. k. Ingenieur, mit, den
derselbe bereits im vergangenen November der k. k. General-Direction für
Communicationen machte, dessen versuchsweise Ausführung aber aus weiter unten
anzuführenden Gründen abgelehnt wurde. Das neue vom Ingenieur Stempf vorgeschlagene Manometer ist auch ein Kolbenmanometer und in Fig. 27 und
28 im
Durchschnitte und in der Ansicht dargestellt.
Als Kolbenmanometer hat es den früher unter 1 erwähnten Nachtheil mit dem Mayer'schen gemein, und hat bezüglich der Abnützung nur
den Vorzug, daß der Druck auf den Kolben wenigstens bei stationären Kesseln nie
einseitig werden kann; den zweiten Nachtheil, der aus der Veränderlichkeit der
Elasticität der Spiralfeder entspringt, beseitigt es aber vollkommen, weil der
Gegendruck auf den Kolben durch directe Belastung bewirkt wird. Es liegen nämlich,
wie der Durchschnitt Fig. 27 zeigt, in dem
gußeisernen Aufsatze A stufenförmig über einander
gelagert die Scheiben a, a, a.... Das Gewicht dieser
Scheiben ist so angeordnet, daß es der zunehmenden Dampfspannung von 5 zu 5 Pfund
entspricht.
Nachdem nämlich die Kolbenreibung und das Gewicht des Kolbens, welches letztere so
groß gemacht wird, daß beide Widerstände zusammengenommen, einer Dampfspannung von
10 Pfund auf den Zoll gleichkommen, überwunden ist, wird der Kolben so lange
gehoben, bis der vorstehende Ring b an die erste Platte
a anstoßt; wird die Dampfspannung so groß, daß der
Druck auf den Quadratzoll der Kolbenreibung, dem Gewichte des Kolbens und dem
Gewichte der ersten Platte a das Gleichgewicht halten
kann, so wird der Kolben wieder so lange steigen, bis er mit der ersten Platte an
die zweite anstoßt, und so fort. Natürlich je kleiner die Gewichtsunterschiede der
einzelnen Platten sind, desto größer wird die Genauigkeit dieses Manometers seyn.
Die erste Platte trägt den Zeiger, der auf der Außenseite des kleinen Doms an der
Scala h die jedesmalige Dampfspannung im Kessel
zeigt.
Gegen die Anwendung dieses Manometers bei Locomotivkesseln wird eingewendet:
1) daß, wenn man eine dem Bedürfnisse entsprechende Genauigkeit
erzielen wollte, zu viele Platten nöthig wären, wodurch der ganze Aufsatz eine sehr
bedeutende Höhe erhalten müßte;
2) daß die stoßende Bewegung der Locomotive ein Schlottern der
Gewichte erzeugen muß, wodurch wieder der Bewegung des Kolbens so unregelmäßige
Widerstände, wegen einseitiger Reibung und möglichen Steckenbleibens der einen oder der anderen
Scheibe, entgegengesetzt werden, daß die Genauigkeit des Manometers hierdurch noch
mehr leiden würde, als durch die Veränderlichkeit der Elasticität der bisher
verwendeten Spiralfedern; endlich
3) muß bei diesen Manometern der Querschnitt des Kolbens so
klein als möglich gemacht werden, um die directe Belastung nicht zu sehr zu erhöhen,
und je kleiner der Querschnitt des Kolbens ist, desto größer werden die Fehler,
welche möglicherweise bei allen Kolbenmanometern durch die Abnützung der Verdichtung
veranlaßt werden können.
Obwohl sich gegen die Richtigkeit dieser Einwendungen nichts sagen läßt, so halten
wir doch dieses hier beschriebene Manometer wenigstens für stationäre Dampfkessel
viel sicherer und anwendbarer als die bisher bekannten, und vielleicht läßt sich
durch sinnige Abänderungen auch die Verwendbarkeit desselben bei Locomotivkesseln
noch auffinden; wir halten dadurch die Mittheilung desselben vollkommen
gerechtfertigt.