Titel: | Das Chloroform als fäulnißverhinderndes Mittel; von Dr. Augend in Constantinopel. |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. XVII., S. 73 |
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XVII.
Das Chloroform als fäulnißverhinderndes Mittel;
von Dr. Augend in
Constantinopel.
Aus dem Journal de Chimie médicale, Mai 1851, S.
305.
Augend, über Chloroform als fäulnißverhinderndes
Mittel.
Wenn man drei weitmündige Flaschen mit eingeriebenem Stöpsel nimmt, in die erste
einige Tropfen Aether, in die zweite einige Tropfen Chloroform gibt, die dritte aber
läßt wie sie ist, und nun in jede ein Stück Rindmuskelfleisch bringt, sie dann
verschließt und während des Sommers stehen läßt, so beobachtet man Folgendes: das im
Normalzustand braunrothe Fleisch nimmt durch den mit der Luft gemischten Chloroformdampf in der zweiten
Flasche eine hochrothe Farbe an, während der Aether gar keine Veränderung desselben
hervorbringt.
Dieß ist die unmittelbare Wirkung; nach Verlauf einer Woche ist aber der Erfolg noch
viel auffallender. Das in der Luft aufbewahrte Fleisch hat seine Farbe nicht
verändert; das im Aetherdunst aufbewahrte ist braun geworden, während das im
Chloroformdunst aufbewahrte die Farbe gesottenen Fleisches angenommen hat. Wenn man
die Flaschen öffnet, so findet man das erstere gefault und sehr übel riechend,
ebenso das im Aetherdunst befindliche; das chloroformirte Fleisch hingegen ist,
abgesehen von seinem süßlichen Geschmack und eigenthümlichen Chloroformgeruch,
unverändert geblieben.
Das Chloroform ist also ein Antisepticum
(fäulnißverhinderndes Mittel). Hr. Augend überzeugte
sich, daß 1/200 Chloroform hinreicht, um die Zersetzung einer Masse frischen
Muskelfleisches vollkommen zu verhindern. Mit merkwürdiger Leichtigkeit durchdringt
sein Dunst die dichtesten animalischen Gewebe. Das Chloroform hat den Vorzug vor dem
Kreosot, daß es das Albumin nicht gerinnen macht; auch wird es durch die Muskelfaser
nicht zersetzt.
Die augenscheinlichste Wirkung des Chloroforms, nicht nur auf das Muskelfleisch,
sondern auch auf die fleischige Hülle (Pericarpium) der Samen und Früchte, ist eine
unmittelbare Zusammenziehung der Faser oder des Zellgewebes, wobei die wässerigen
Säfte auf den Boden des angewandten Gefäßes auslaufen. Diese Eigenschaft des
Chloroforms können die Naturforscher, Anatomen und Gerichtsärzte zum Aufbewahren der
Gegenstände benutzen.