Titel: | Ueber die auf der k. Eisengießerei bei Gleiwitz eingeführte Verkohkung von Staubkohlen in offenen Oefen; von Hrn. C. Brand, k. preuß. Hüttenmeister zu Gleiwitz in Oberschlesien. |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. XXIV., S. 97 |
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XXIV.
Ueber die auf der k. Eisengießerei bei Gleiwitz
eingeführte Verkohkung von Staubkohlen in offenen Oefen; von Hrn. C. Brand, k. preuß.
Hüttenmeister zu Gleiwitz in Oberschlesien.
Aus der berg- und hüttenmännischen Zeitung,
1851, Nr. 14.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Brand, über die Verkohkung von Staubkohlen in offenen
Oefen.
Im Fürstenthum Schaumburg-Lippe, wo eine zwar reine, aber sehr milde und bei
dem Verkohken sich stark aufblähende Kohle gefördert wird, ist seit längerer Zeit
eine Art der Verkohkung in offenen Oefen eingeführt, welche sich von der allgemein
verbreiteten Methode der Vackkohksdarstellung auf geschlossenen Herden dadurch
vortheilhaft auszeichnet, daß sie ein sehr geringes Anlagecapital in Anspruch nimmt,
sich deßhalb für Versuche ungemein eignet und Kohks von vorzüglich dichter
Beschaffenheit und deßhalb bedeutend höherem Effect liefert.
Diese Vorzüge haben seither vielfache Veranlassung zur Nachahmung dieses Verfahrens
in dem rheinischen und westphälischen Ober-Bergamts-District gegeben
und besonders dort große Vortheile gewährt, wo entweder die Kohks die Eigenschaft
besitzen, sich sehr stark aufzublähen, deßhalb sehr leicht auszufallen und ohne den
erforderlichen Effect zu verbrennen, oder wo man dieselben weit versendete und bei
einem geringen Volumen besondere Festigkeit und Dichtigkeit und dadurch höhere
Leistungsfähigkeit verlangte.
Diese Erfahrung erschien für die hiesigen Verhältnisse von ungemein großer
Wichtigkeit, weil man früher wegen der zu leichten und mit geringer Wirkung
verbrennenden Backkohks aus Staubkohlen der Königin Louisen-Grube bei Zabrze,
deren Verwendung bei dem hiesigen Cupol-Ofenbetriebe aufzugeben genöthigt
war, inzwischen aber durch den geringen Procentfall an Stückkohlen zur
Wiederaufnahme der Backkohks sehr dringend gemahnt wurde und zu einer Verbesserung
derselben kein geeigneteres Mittel, als einen Versuch diese Kohks auf die im
Schaumburgischen übliche Manier darzustellen, finden konnte.
Das Gelingen desselben gewährt der hiesigen Verwaltung einen ungemein großen
Vortheil, und es liegt deßhalb der Wunsch, diesen Gewinn auch andern Eisengießereien
zugänglich zu machen, im Interesse jedes dem Fortschritt geneigten Technikers.
So weit mir Schriften über ähnliche Gegenstände bekannt geworden sind, mangelt es
gegenwärtig an einer Mittheilung des bei der Darstellung der Backkohks in offenen
Oefen üblichen Verfahrens; ich nehme deßhalb um so weniger Anstand die hierbei
vorkommenden Arbeiten in weiteren Kreisen bekannt zu machen, als ich es für eine
Pflicht halte, die Bekanntschaft mit jedem nützlichen Gegenstand zu einem Gemeingut
zu machen.
Die auf dem hiesigen Werke erbauten vier Oefen — in Fig. 20 in der
Seitenansicht, in Fig. 21 in der Ansicht von oben, und in Fig. 22 im Durchschnitt
(nach A B von Fig. 21) gezeichnet
— sind 8 Fuß im Lichten breit, 5 Fuß hoch und 44 bis 60 Fuß lang, äußerlich
aus gewöhnlichen Mauerziegeln mit Lehmverband, mit den aus der Zeichnung
ersichtlichen Canälen und Zügen, und an den innern Wänden aus feuerfesten Ziegeln
aufgeführt. — Der Boden besteht aus einer Lage auf die hohe Kante gesetzter
Klinkerziegeln, unter denen sich zur Ableitung der Feuchtigkeit eine 10″
starke Schicht kleingeklopfter glasiger Hohofenschlacke befindet. — Die
Umfassungswände haben an den langen Seiten eine Stärke von 30″ und an den
Giebeln von 36″ mit einer Dossirung von 6″ erhalten, welche
ausreichend befunden wurde, da die Oefen ungeachtet vieler Sprünge ohne alle eiserne
Verankerung seit ein und einem halben Jahr treffliche Dienste geleistet haben und
auch wohl länger noch in brauchbarem Zustande aushalten werden.
Die vorgerückte Jahreszeit bei Aufnahme der ersten Versuche gestattete kein
vollständiges Austrocknen der Oefen, gleichwohl hat eine baldige Besetzung derselben
mit Staubkohlen keinen wesentlichen Nachtheil herbeigeführt und alsbald
ausgezeichnet schöne und dichte Kohks geliefert.
Im Schaumburgischen und in der Nähe von Saarbrücken hat man Versuche mit 10′
hohen Oefen, welche in der Mitte eine zweite Reihe von Zügen zugetheilt erhielten,
angestellt, jedoch keine günstigen Resultate erlangt und diese Einrichtungen wieder
verworfen.
Bei dem Besetzen des Ofens wird die Oeffnung an der einen Stirnwand mit Mauerziegeln
geschlossen, durch die entgegengesetzte Oeffnung eine Lage Staubkohlen von 9″
Höhe in Karren auf den Herd gefahren, mit Wasser aus Gießkannen besprengt und
festgestampft. — Liegen die Züge in dieser Höhe, dann werden hölzerne Stangen
von 6″ vorderem und 4″ hinterem Durchmesser und von der Länge der
ganzen Breite des Ofens, durch dieselben gesteckt, mit feinen mit Wasser besprengten
Staubkohlen überschüttet und sorgfältig umstampft. — Sind die Züge erst 2′ hoch
vom Boden angebracht, wie es hier mit besonders gutem Erfolge versucht wurde und
worüber die Beschaffenheit der Kohlen entscheidet, dann werden vorher mehrere Lagen
befeuchteter Kohlen aufgetragen und festgestampft, und alsdann erst die erwähnten
Stangen in alle, 2′ von einander entfernt liegende Züge gelegt. —
Dieses Auftragen, Begießen und Feststampfen einzelner 6″ hoher Lagen Kohlen
wird bis zur Höhe des ganzen Ofens fortgesetzt, so daß derselbe je nach der Länge,
welche übrigens über 40′ hinaus die Arbeit des Kohksziehers sehr beschwerlich
macht — 200 bis 300 Tonnen faßt.
Die Oberfläche wird mit Kohlenlösche und, wo diese mangelt, mit Lehm
2–3″ stark bedeckt und die zweite Stirnwand ebenfalls durch eine
schwache Mauer vollständig abgeschlossen.
Hiermit ist das Besetzen des Ofens beendet und es müssen nun die hölzernen Stangen
mit besonderer Sorgfalt herausgezogen werden, weil von der Erhaltung der Züge oder
Canäle das Gelingen der Verkohkung sehr wesentlich abhängt und ein hierbei
begangenes Versehen kaum wieder gut zu machen ist.
Bei dem Anzünden des Ofens wird zunächst der zur Zeit herrschende Wind berücksichtigt
und dasselbe auf der dem letztern entgegengesetzten Seite vorgenommen, indem man
vorn in jeden durch die Kohlenmasse führenden Zug ein Bündchen kleingespaltenes,
kieniges Holz steckt, dasselbe anzündet und die Oeffnung sofort durch vorgesetzte
Mauerziegeln und Lösche oder Sand schließt. — Das Feuer wird alsbald durch
den entstehenden Luftzug lebhaft, entzündet die Steinkohlen und pflanzt sich
allmählich innerhalb 6–8 Stunden an das entgegengesetzte Ende des Canales
fort. — Ist es hier angelangt, dann muß die Oeffnung des Zuges an derjenigen
Seite, wo das Anstecken erfolgte, sofort geöffnet, die entgegengesetzte aber
geschlossen werden, wobei zu beachten bleibt, daß dieses Umsetzen ja nicht früher
erfolgt, als bis das Feuer durch den ganzen Zug gleichmäßig vertheilt ist, weil
hiervon die gleichmäßige Verkohkung sehr wesentlich abhängt und eine besondere
Sorgfalt im Beginn des Kohkens den Köhler aller weiteren Mühen während der Dauer
desselben überhebt. — Das Umsetzen des Feuers wird, je nachdem das Wetter
stürmisch oder ruhig ist, alle 2–4 Stunden vorgenommen und die entweichende
Flamme hierdurch immer an derjenigen Seite der Umfassungswände des Ofens abgeleitet,
an welcher die Züge unten geschlossen sind. — Pflanzt sich die Verkohkung
nicht in allen Zügen gleichmäßig fort, dann kommt es wohl vor, daß einzelne Züge auf
der einen Seite länger offen erhalten werden müssen als andere, und daß also das Umsetzen nicht
gleichmäßig auf einer Seite allein vorgenommen werden kann. Es hängt dieß von
ungleichmäßiger Beschaffenheit der Kohlen oder von Nachlässigkeiten beim Einstampfen
der Kohlen sehr wesentlich ab und ist dem vortheilhaften Ausbringen an Kohks
jedesmal hinderlich. Die ganze Arbeit des Kohkers beschränkt sich darauf, daß er
bemüht ist, die Züge offen zu erhalten, die Wirkung des Feuers durch Herauskratzen
kleiner Stückchen Kohlen in den Canälen zu befördern und das Zusammensintern
derselben zu verhindern. — Er bedient sich hierbei eines schwachen, eisernen
Spießes mit etwas gebogenem Ende, kann sich durch große Vorsicht die Arbeit sehr
erleichtern und durch Nachlässigkeit oder Ungeschicklichkeit sehr erschweren.
— Hat sich ein Zug erst verstopft, dann bietet sein Oeffnen große
Schwierigkeiten, ist in den meisten Fällen unausführbar und dem Gaaren der Kohks,
zumal wenn es mehrere nebeneinander befindliche Züge betrifft, sehr hinderlich.
— Die Beobachtung des Windes ist nicht allein bei dem größeren oder
geringeren Oeffnen der unteren Züge und bei der Wiederholung des Umsetzens
maaßgebend, sondern seine Benutzung für eine richtige Beschleunigung der Verkohkung
auch dadurch wichtig, daß man ihn durch aufgestellte Mauerziegeln an den Mündungen
der Canäle in der oberen Fläche der Umfassungswände auffängt oder abhält.
Die Lehm- oder Löschedecke auf der eingestampften Kohlenmasse erhält bei
weiter vorgeschrittener Verkohkung allmählich Risse, welche sorgfältig wieder
geschlossen werden müssen, um das Feuer nicht nach diesen Stellen zu leiten; ist
dieß nicht gehörig beachtet worden, dann hat man allenfalls in einer Verstärkung der
Decke ein Mittel, die zu rasche Verkohkung oder ein theilweises Verbrennen zu
verhindern. — Die Zuleitung des Luftstromes durch die Züge bleibt immer ein
Hauptpunkt für die Regulirung des Verkohkungsprocesses und ein richtiges Verfahren
hierbei ist von eben so wichtigem Einfluß auf die Qualität, wie auf die Quantität
der gewonnenen Kohks.
Nach etwa acht Tagen werden die Kohks gaar, was an der aus den Zügen herausbrechenden
weißen Flamme und daran zu erkennen ist, daß sich die Kohlenmasse unter der
Löschedecke mit einem Spieße hart anfühlt. Ist dieser Zeitpunkt eingetreten, dann
müssen alle Canäle und Züge sorgfältig verschlossen und das Feuer während zwei Tagen
allmählich erstickt werden. — Das Herausbrechen und Ziehen der Kohks, bei dem
man sich der bei der Verkohkung allgemein üblichen Werkzeuge, der Spießhacken,
Rechen, Schaufeln und Schwingen bedient, ist eine sehr anstrengende Arbeit. —
Sie beginnt mit dem Fortreißen der Mauer an derjenigen Stirnwand, von welcher aus
gerade der Wind weht
und die sich entwickelnden Dämpfe fortführt, und wird fortgesetzt durch das
Herausbrechen der Kohksstücke mittelst des Spießhakens, mit dem Begießen der
nächsten Schichten Kohks und deren weiterem Herausbrechen und Herausschaffen.
Die Kohker haben innerhalb der hohen Umfassungswände durch die ausströmende Wärme und
die sich entwickelnden schwefligen Dämpfe eine sehr mühevolle Arbeit, welche sie
sich im Sommer nur durch Benutzung der frühen Morgen- oder späten
Abendstunden erleichtern können.
Die Kohks sind in der Höhe der Züge in zwei vollständig getrennte Lagen geschieden
und bestehen aus einzelnen Stücken von stängliger Absonderung und sehr verschiedener
Größe; sie sind besonders in der oberen Lage von ausgezeichneter Schönheit,
geflossen, dicht, hart und, wenn hierbei mit Sorgfalt verfahren wird, häufig in
Exemplaren von 3 Fuß Länge und 1 Fuß Durchmesser herauszubrechen. — Das
Gewicht derselben beträgt pro Tonne à 7 1/9 Kubikf. 2 Cntr. 14 Pfd. bis 2 Cntr. 34 Pfd., das
quantitative Ausbringen gibt einen Verlust von 20 Proc., der jedoch, je nach der
Beschaffenheit der Kohlen, sich oft bedeutend ermäßigt. — Den Arbeitern wird
pro Tonne gelieferter Kohks 1 Sgr. 6 Pf. Lohn
gezahlt.
Bei dem hiesigen Cupolofenbetriebe haben diese Kohks die ausgezeichnetsten Resultate
geliefert, indem man im Stande war mit 1¼ Kubikfuß derselben 2½ bis
4½ Cntr. Roheisen zu schmelzen, je nachdem das flüssige Eisen zu Potterie
oder zu starken Gußstücken verwendet werden sollte. — Bei der Anwendung der
bedeutend theureren Meilerkohks aus Stückkohlen betrug der Gichtensatz auf eine
gleiche Quantität Kohks 1½ und nur ausnahmsweise 2½ Cntr., ein Beweis,
welchen hohen Werth die in offenen Oefen gewonnenen dichten Kohks für
Eisengießereien in großen Städten und an Orten, welche den Kohlenlagern sehr
entfernt sind, durch Ersparung von Transportkosten, erlangen können.
Im Hohofen verlangen diese Kohks einen durchgreifendern Wind, als er hier zu Gebote
stand, weßhalb dieselben sehr oft unverzehrt aus dem Vorherde herausgearbeitet
worden sind.
Für den Locomotivbetrieb möchten sich dieselben wegen ihrer schweren Zerstörbarkeit
weniger eignen, wiewohl man aus den Erfahrungen auf der Cöln-Mindener und
Hannöver'schen Eisenbahn Veranlassung genommen hat, auch auf der Kohksanstalt der
oberschlesischen Eisenbahn zu Zabrze zwei offene Oefen nach hiesigem Muster zu
erbauen und die gewonnenen Kohks für den Betrieb der Locomotiven zu verwenden.
— Die zeither
erlangten Resultate berechtigen jedoch keineswegs zu einer festen Schlußfolgerung,
weil eine veränderte Construction des Rostes und besondere Aufmerksamkeit des
Heizers, die Benutzung dichter Kohks auch für diesen Zweck jedenfalls ermöglichen
wird.
Es ist sehr zu bedauern, daß Oberschlesien nur auf einigen wenigen Gruben backende
Steinkohle besitzt, und daß dieses Verfahren, wie man aus der Anwendung von Wasser
und dem Einstampfen der Kohle wohl erwartete, nach den angestellten Versuchen auch
nicht im Stande ist, der Steinkohle eine Eigenschaft zu ertheilen, welche ihre
Anwendung in hohem Maaße steigern würde.