Titel: | Ueber das Anschießen des Glaubersalzes aus einer concentrirten wässerigen Auflösung bei unmittelbarer Berührung mit der Luft; von Hrn. Goskynski. |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. XXXIV., S. 140 |
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XXXIV.
Ueber das Anschießen des Glaubersalzes aus einer
concentrirten wässerigen Auflösung bei unmittelbarer Berührung mit der Luft; von Hrn.
Goskynski.
Aus den Comptes rendus, Mai 1851, Nr.
19.
Goskynski, über das Anschießen des Glaubersalzes etc.
Von der Thatsache ausgehend, daß die unmittelbare Berührung mit der Luft zu diesem
Anschießen unerläßlich ist, vermuthete ich, daß die Luft einzig und allein durch
Auflösen von Wasserdampf wirken kann, wenn sie an die freie Oberfläche der
Salzauflösung gelangt.
Um mich davon zu überzeugen, schloß ich Glaubersalzlösungen auf gewöhnliche Weise in
Glasröhren ein und zerbrach die ausgezogene Spitze derselben unter einer kleinen
Glasglocke, welche mit Wasserdampf gesättigte Luft enthielt, so daß die Einwirkung
einer nur unvollkommen mit Feuchtigkeit gesättigten Luft auf die Auflösung vermieden
war. Unter diesen Umständen erfolgte keine Krystallisation, selbst wenn stark
geschüttelt und die Röhren fast 24 Stunden unter der Glocke gelassen wurden.
An der gewöhnlichen Luft hingegen begann das Salz in sehr kurzer Zeit von der
Oberfläche gegen den Boden zu krystallisiren. Ließ die allmähliche Erstarrung ein
wenig auf sich warten, so konnte sie beträchtlich beschleunigt werden, wenn man die
Luft an der Oberfläche durch Einblasen frischer Luft mittelst eines Blasebalgs
erneuerte.
So lange sich nämlich über der Salzlösung Wasserdampf oder damit gesättigte Luft
befindet, ist wirklich keine Verdunstung möglich, und es erfolgt keine
Krystallisation. Die mit Salz beladene flüssige Masse ist gleichartig (homogen) und
bleibt nach dem Erkalten in einer Art erzwungenen Gleichgewichts, so lange sich in
ihren Theilen nichts verändert; sobald aber die sie begränzende Oberfläche mit Luft
in Berührung kommt, welche Dampf aufzunehmen vermag, Krystallisirt die oberste
Schicht, indem sie Wasser verliert; dadurch entstehen ebenso viele kleine Krystalle
und Rauhigkeiten, als von der Luft berührte Punkte; also so viele Anziehungs-
und Krystallisationspunkte, von welchen aus die Flüssigkeit nach und nach bis auf
den Boden der Röhre hinab krystallisirt.
Daß ein Anfangen der Krystallisation an der Oberfläche wirklich die allmähliche
Krystallisation der übrigen Masse verursacht, dieß scheint mir die Thatsache zu
beweisen, daß wenn man ein wenig gewöhnliches Glaubersalz (bloß einige sehr kleine
Körnchen) auf die Oberfläche der Flüssigkeit wirft, deren Krystallisation, besonders
wenn sie nicht sehr concentrirt ist, auf sich warten läßt, dann das allmähliche
Gestehen zu einer Masse von oben nach unten augenblicklich erfolgt, wie unter den
günstigsten Umständen.
Diese Betrachtungen führten mich zur Vereinfachung des gewöhnlichen Verfahrens das
Glaubersalz in festen Zustand überzuführen. Man braucht nur an einem Ende
geschlossene Röhren, welche die warme oder bloß lauwarme Lösung des Glaubersalzes
enthalten, unter eine Glasglocke zu bringen, welche mit ihrem unteren offenen Ende
in ein mit Wasser gefülltes Glas getaucht ist. Kaum hat man die Röhren aus dieser
mit Feuchtigkeit gesättigten, die Krystallisation verhindernden Atmosphäre
herausgenommen, so beginnt schon die Krystallisation.