Titel: | Die Fabrication der Reibzündhölzchen und Reibzündkerzchen; beschrieben von Prof. Payen. |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. XXXVI., S. 147 |
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XXXVI.
Die Fabrication der Reibzündhölzchen und
Reibzündkerzchen; beschrieben von Prof. Payen.
Aus dessen Précis de Chimie industrielle, deuxième
édition. Paris 1851.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Payen, über die Fabrication der Reibzündholzchen etc.
Durch die gegenwärtige Fabricationsweise der Reibzündhölzchen hat man die mit den
früheren Verfahrungsweisen ihrer Verfertigung verknüpft gewesenen Gefahren bei ihrer
Anwendung, namentlich den Uebelstand des Sprühens und Funkenwerfens, fast ganz
beseitigt. Man bereitet nämlich jetzt Phosphorteige ohne Zusatz weder von Schwefel
noch von chlorsaurem Kali. Wir schicken der Beschreibung dieses Verfahrens Einiges
über die Hölzchen selbst voraus.
1. Fabrication der erforderlichen Hölzchen. — Man
zieht dazu das Holz der Zitterpappel vor, als wohlfeiler, von geringerem
specifischen Gewichte und leichter zu spalten; das Birkenholz ist schwerer und gibt
ein besseres Product, ist aber theurer.
Das Erste ist, daß man die Scheiter in einem Trockenraum gut austrocknen läßt, der
über einem Backofen angebracht ist, in welchem trockene Holzabfälle verbrannt
werden; der Trockenraum steht mit diesem Ofen durch zwei Canäle in Verbindung, damit
die auf 168 bis 176° Reaumur erhitzte Luft leicht von dem Ofen zum
Trockenraum circuliren kann. Wenn der größte Theil des Wassers als Dunst durch
Ausgänge am untern Theil des Trockenraums abgezogen ist, sperrt man die
Communication der Luft ab, verschließt die Ausgänge um das Verbrennen des Holzes zu
verhüten, und läßt dann das Austrocknen des Holzes noch während 12 Stunden sich
vervollständigen; man öffnet nun den Trockenraum, um das Holz herauszunehmen und
beginnt eine neue Operation.
Die trockenen Scheiter werden nun je nach der Länge, welche die Zündhölzchen bekommen
sollen, in 2, 3 bis 4 Zoll hohe cylindrische Pflöckchen zerschnitten. Diese werden
dann viereckig zugehauen und hierauf mittelst eines durch ein Gelenk an einer Bank
befestigten Messers in der Richtung der Holzfasern in Brettchen, die mit einer der
Seiten parallel sind, geschnitten; indem man nun in einer auf die ersten
Durchschnitte senkrechten Richtung schneidet, werden alle Brettchen in Prismen
abgetheilt, welche man alle miteinander in Zusammenhang lassen kann, indem man das
Messer ½ Zoll über der Basis anhält. Sollen die Hölzchen getrennt erhalten
werden, so durchschneidet man den Block mit dem Messer in seiner ganzen Höhe.
Man kann eben so leicht cylindrische Hölzchen anfertigen, indem man ausgetrocknetes,
in einer Länge von 1½ bis 2¼ Fuß viereckig zugehauenes und in dieser
Länge astfreies Tannen- oder Fichtenholz anwendet; mittelst eines Hobels,
dessen Eisen mit fünf kreisrunden, horizontalen Klingen endigt, welche in der
Richtung der Holzfasern schneiden, werden bei jedem Hobelstoß fünf cylindrische
Stäbchen erhalten, entsprechend 60 bis 90 Hölzchen; wenn nämlich das Holzstück so in
einen Bündel langer dünner Cylinder verwandelt ist, theilt man alle diese Stäbchen
durch 14 oder 21 Schnitte einer Schneidmaschine in eben so viele Längen ab.
Hölzchen, welche bloß geschwefelt (Schwefelhölzchen) werden sollen, werden zu
cylindrischen Packeten gemacht, welche 1900 bis 3000 Hölzchen enthalten; man taucht
sie 2 bis 4 Linien tief in Schwefel, welcher bei 100 bis 104° R. geschmolzen wurde, zieht sie
aber sogleich wieder heraus und schüttelt sie tüchtig, damit der überflüssige
Schwefel in den Kessel zurückfällt.
Die mit entzündlichem Teig zu versehenden Hölzchen läßt man entweder durch kleine
cubische Blöckchen, deren jedes von ihnen 5 bis 600 enthält, im Zusammenhang mit
einander, oder man bringt sie in Kistchen, aus welchen man sie herausnimmt, um sie
in Rahmen zu stecken, welche 32 Reihen von je 40 Hölzchen fassen können; diese
Reihen werden mittelst dünner hölzerner Lineale, welche mit 32 Einschnitten versehen
sind, oder mittelst mit Tuch überzogener Pappstreifen auseinandergehalten; alle
diese Hölzchen berühren in demselben Augenblick, wo der Rahmen durch zwei Schrauben
oder zwei Vorsteckkeile zusammengezogen wird, eine und dieselbe Ebene.
Vermittelst dieser Anordnung können alle diese Hölzchen auf eine auf 200° R.
erhitzte gußeiserne Platte gebracht werden, um ihre Austrocknung zu vollenden,
worauf man die 1280 Hölzchen auf einmal und gleichtief in ein Bad von Schwefel
taucht, welcher bei 100 bis 104° R. geschmolzen wurde.Der Schwefel wird auf dieser Temperatur dadurch erhalten, daß man von Zeit zu
Zeit eine Schwefelstange zusetzt; man kann sich auch zweier flacher Kessel
bedienen, welche über demselben Feuerraum aneinanderstoßen; in den ersten
bringt man die Schwefelstangen und der geschmolzene Schwefel läuft durch
eine Ueberlaufrinne in den zweiten Kessel über. Mit noch größerer Sicherheit
kann man ein Steigen der Temperatur bis auf 120° R. dadurch verhüten,
daß man ein bei 112° R. kochendes Bad von Chlorzink (salzsaurem Zink)
anwendet.
2. Geräuschlose Reibzündhölzchen. — Man hat nun
bloß noch den äußersten Theil aller geschwefelten Enden mit entzündlicher Masse
(Teig) zu versehen. Es genügt zu diesem Behufe diese Enden einen Augenblick auf eine
Marmortafel zu stellen, welche mit einer 1¼ Linie dicken Schicht des
halbflüssigen Teigs überzogen ist; wir theilen zwei Vorschriften zur Bereitung des
Teigs für die sogenannten geräuschlosen Reibzündhölzchen
mit, welche jetzt ziemlich allgemein vorgezogen werden.
Leimmasse.
Gummimasse.
Phosphor
2½
2½
Leim
2
2½ Gummi
Wasser
4½
3
feiner Sand
2
2
rother Ocker
½
½
Zinnober
1/10
1/10
Statt der beiden letzten Farbstoffe kann man auch ½ Berlinerblau nehmen.
Wenn man Leim anwendet (gewöhnlich von der dritten Sorte), so zerstößt man ihn in
Stücke, die man 2–3 Stunden in kaltem Wasser weichen und dann in einer
kupfernen Blase A im Wasserbad B (Fig.
26) zergehen läßt; wenn er recht flüssig ist und eine Temperatur von
80° R. erreicht hat, nimmt man die Blase heraus und setzt sie in die
kreisrunde Oessnung eines Gestells C (Fig. 27); dann gibt man
allmählich den Phosphor zu, welcher sogleich schmilzt und von der wässerigen
Flüssigkeit immer bedeckt bleiben muß.
Man beginnt nun mit einem hölzernen, mit Roßhaaren besetzten Wischer umzurühren, und
zwar immer stärker, je mehr die Flüssigkeit erkaltet, um eine Emulsion von sehr
zertheiltem Phosphor zu erhalten.
Jetzt werden der feine Sand und der Farbstoff einverleibt; man erhält die Mischung
flüssig, indem man die Schüssel, worin sie sich befindet, über ein auf 29° R.
erhaltenes Wasserbad stellt; diese Masse wird mittelst eines Lineals auf einer Tafel
von Marmor oder Gußeisen ausgebreitet, welche durch ein Wasserbad unter ihr lauwarm
erhalten wird; die Schicht wird, so lange man das Eintauchen der Hölzchen fortsetzt,
durch allmähliche Zusätze frischer Masse erneuert.
Wenn man die Masse mit Gummi verdickt, so wird die Operation auf der Marmortafel kalt
vorgenommen; in diesem Falle bringt man das Gummi vorher ins Wasser, so daß man
seine Auflösung in der gehörigen Stärke im Vorrath hat, und diese klebrige
Flüssigkeit wird dann für jede zu bereitende Portion von Masse abgewogen oder
abgemessen.
Man bringt diese Gummilösung in die kupferne Blase (Fig. 26), erwärmt sie im
Wasserbad auf 80° R., nimmt dann die Blase heraus und setzt sie in das Loch
des Gestells, in welchem sie fest ruht (Fig. 27); man wirft nun
den Phosphor portionenweise hinein, welcher auf dem Boden A′ liegen bleibt; man rührt um, und vermischt zu einer Emulsion,
wie oben erwähnt wurde, bis die Mischung erkaltet ist, was bei einer Verdickung von
3½ Kilogr. Phosphor ungefähr 1½ Stunden dauert; hierauf setzt man die
anderen Substanzen zu.
Der Gummiteig wird wie der vorige (aber kalt) auf der Marmortafel ausgebreitet, um
die geschwefelten Hölzchen damit zu überziehen.
Sobald die Hölzchen mit dem Teig versehen sind, bringt man die sie enthaltenden
Rahmen vertical oder horizontal zwischen Träger, damit ihre Austrocknung an der Luft
beginne.
Nach 2–3 Stunden bringt man die Rahmen in den Trockenraum, wo man sie zwischen
eisernen Stangen in Reihen aufstellt; zum Austrocknen im Trockenraum sind, wenn Leim
angewandt wurde, 1–2 Stunden, bei Gummiteig hingegen 24 Stunden erforderlich.
Letztere Zubereitung derselben ist also kostspieliger und es können dabei die
Zündhölzchen zu dem jetzigen sehr niedrigen Preis von 15 Centimen (4½ kr.)
das Tausend kaum geliefert werden.
Der Trockenraum muß von unverbrennlichem Material gebaut seyn und allmählich und
regelmäßig mittelst Röhren geheizt werden, welche um den Boden herum angeordnet sind
und in denen Wasserdampf circulirt, welcher in einem außerhalb angebrachten Kessel
erzeugt wird.
Bei Anwendung der Luftheizung oder von Röhrenöfen tritt häufig der Fall ein, daß die
Hölzchen sich durch überhitzte Luftströme entzünden.
Um zu verhüten, daß eine zufällige Entzündung sich in die ganze Masse der im
Trockenraum befindlichen Hölzchen fortpflanze, ist es rathsam, die die Rahmen
tragenden Stangen durch verticale Bleche von einander zu trennen. Auch ist es
zweckmäßig, auf dem Boden eine 4 Zoll dicke Schicht feinen Sandes auszubreiten,
damit sich etwa hinuntergefallene Zündhölzchen, wenn darauf getreten wird, nicht
entzünden können, oder um sie, wenn sie sich schon entzündet haben, mit Sand
bedecken zu können, welcher die Fortpflanzung des Feuers verhindert.
Wenn das Austrocknen beendigt ist, werden die Rahmen herausgenommen und in ein Gemach
gebracht, wo man sie auseinandernimmt; die Zündhölzchen werden aus den Rahmen
sogleich in Schachteln von Pappe, starkem Papier oder dünnem Holz gebracht; die
Frauen und Kinder, welche diese Verpackung besorgen, müssen immer offene Kistchen
zur Hand haben, die zur Hälfte mit Holzsägespänen gefüllt sind, um die Enden der
zufällig entzündeten Hölzchen hineinzustecken und so die Flamme augenblicklich zu
löschen.
Es ist sehr nothwendig, daß in diesen Fabriken Vorkehrungen gegen Feuersgefahr
getroffen werden. Die Localitäten sollten von Backsteinen erbaut, und mit einem
eisernen, mit Ziegeln gedeckten Dachstuhl versehen werden. Mit Wasser gefüllte
Reservoirs, Kufen oder Wannen, müssen für die die Masse bereitenden Arbeiter in
Bereitschaft stehen, damit sie sich hineintauchen können, wenn sie von Phosphor
angespritzt wurden. Die Phosphorvorräthe müssen immer in mit Wasser angefüllten
Flaschen gehalten werden, und letztere stets in Bassins oder Fässern, welche Wasser enthalten,
untergetaucht bleiben, bis man ihrer bedarf.Die Verbrennungen durch Phosphor haben schlimme Folgen, weil das ätzende
Agens sich immer mehr säuert und stärker eindringt; diese Wirkung wird sehr
gemildert, wenn man die Wunden, vorzüglich in der ersten Zeit, unaufhörlich
mit Wasser auswascht, welchem Magnesia, oder in deren Ermangelung Kreide,
oder auch Holzasche oder doppelt-kohlensaures Natron zugesetzt
wurde. — Eine der wichtigsten, gewöhnlich aber
vernachlässigten Vorsichtsmaßregeln bestünde darin, die Werkstätten, während Männer,
Frauen und Kinder darin arbeiten, stark zu ventiliren, um den größten Theil der
Phosphordämpfe ihrer Respiration zu entziehen. Letztere können nämlich im ganzen
Körper saure Verbindungen verbreiten, welche alle ihrer Wirkung ausgesetzten
knochigen Theile, namentlich die Zähne und Kinnbackenknochen, angreifen, und so
große Störungen im Organismus verursachen.
3. Zündhölzchen ohne Schwefel. — Man kann
Reibzündhölzchen ohne Schwefelüberzug fabriciren. Man bereitet das Holz wie
gewöhnlich zu, läßt es aber noch besser trocknen, vorzüglich zuletzt. Nachdem die
Hölzchen in den Rahmen so lange auf die heißen gußeisernen Platten gestellt wurden,
bis sie an ihrem Ende eine röthliche Farbe annahmen, legt man dieselben Enden auf
den flachen Boden einer verzinnten oder verbleiten Schale, die 1¼ Zoll hoch
mit Stearinsäure, welche durch die Wärme eines Wasserbades geschmolzen wurde,
überzogen ist. Eine kleine Menge der fetten Flüssigkeit wird sogleich vom Holzgewebe
eingesogen und steigt in Folge der Capillarität zwischen den Fasern hinauf. Man
überzieht dieses Ende dann wie gewöhnlich mit einem Tropfen der entzündlichen
Masse.
Um die Entzündung zu erleichtern, bringt man in die Masse weniger gummige Substanz
und setzt ihr einen sehr oxydirten Körper zu. Folgender Satz wird meistens
angewandt:
Phosphor
3
Traganth
½
Wasser
3
Sand
2
braunes Bleioxyd
2
statt des braunen Bleioxyds kann man 2 Th. Mennig und ½
Th. concentrirte Salpetersäure zusetzen.
Die Zündhölzchen mit Stearinsäure entwickeln das Licht und Feuer, dessen man bedarf,
rascher, weil die Fettsubstanz und das Holz gleichzeitig brennen, während bei den
geschwefelten Zündhölzchen zuvor die Schwefelschicht auf der Oberfläche abbrennen
muß, ehe das Holz sich
entflammt. Letztere Zündhölzchen verbreiten überdieß beim Verbrennen einen
unangenehmen Geruch, während die andern von dem (übrigens nicht unangenehmen) Geruch
einer Stearinkerze kaum etwas verspüren lassen.
Die Gestehungskosten differiren wenig, denn man braucht zehnmal weniger Stearinsäure
als Schwefel, was mit deren Preis im Verhältniß steht. 1 Kilogr. Stearinsäure kostet
nämlich höchstens 2½ Fr., und 10 Kilogr. raffinirter Schwefel ebensoviel.
4. Reibzündkerzchen. — Sie werden mittelst einer
Maschine verfertigt, welche Aehnlichkeit hat mit einem Webstuhl mit zum Weben
hergerichteter Kette. Jeder Kerzendocht, aus nicht gedrehten Baumwollfäserchen
bestehend, repräsentirt einen Kettenfaden, und 100 bis 200 solcher Dochte, auf eine
Walze gewickelt und durch einen Kamm voneinandergehalten, laufen durch ein Bad von
geschmolzenem Wachs; hierauf werden sie durch ein Zieheisen gezogen, wodurch das dem
Docht ringsherum anhaftende Wachs gleichförmig und cylindrisch wird. Mittelst einer
Schneidemaschine werden alle Kerzchen in bestimmten Längen von 1½ bis 3 Zoll
auf einmal abgeschnitten. Diese kleinen Kerzchen werden dann in Rahmen angeordnet
und mit der oben angegebenen entzündlichen Masse versehen, hierauf getrocknet und in
Schächtelchen gebracht. Solche Zündkerzchen geben, durch Reibung entzündet und
sogleich wieder umgekehrt, unmittelbar ein schönes Licht, welches 1–2 Minuten
lang, also 4–8mal so lang als die Zündhölzchen, fortbrennt.
Die Reibzünder-Fabrication hat rasch eine sehr große Ausdehnung gewonnen; sie
beschäftigt in Paris allein über 1000 Arbeiter, größtentheils Frauen und Kinder, und
producirt jährlich (in Frankreich) über 990 Millionen Zündhölzchen (und Kerzchen),
welche einen Werth von 1,800,000 Franken repräsentiren.