Titel: | Versuche über die Verdampfung, welche zu Couillet in Belgien unter Leitung des Ingenieurs Smits angestellt worden sind. |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. XLII., S. 186 |
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XLII.
Versuche über die Verdampfung, welche zu Couillet
in Belgien unter Leitung des Ingenieurs Smits angestellt worden sind.
Aus den Annales des Travaux publics de Belgique, t.
VII, durch die berg- und hüttenmännische Zeitung, 1851 Nr.
11.
Versuche über die Verdampfung.
Die Steinkohlen, welche man zu Couillet verkohkt, bestehen aus 66,10 Kohlenstoff,
14,00 Asche und 19,90 flüchtigen Substanzen, in Summa 100. Ihr Wärmeeffect beträgt
nach Smits 6644,35 Wärmeeinheiten, und der Wärmeeffect
der Kohks 6447,37.
Die Steinkohlen geben höchstens 70 Proc. Kohks und 5,6 Proc. Lösche; da sie nach den
Versuchen im Kleinen 80,10 Proc. geben müßten, so sieht man, daß 4,5 Proc. Kohks in
den Oefen durch die eindringende Luft verbrannt sind.
Die drei ersten Versuche wurden mit einer Gruppe von 18 Oefen angestellt. (Es waren
nämlich halbe Oefen oder Oefen mit einer Thür, von denen ein jeder 14 Hektol.
trockne Steinkohlen enthielt, und von denen jedes Hektoliter 92 Kilogr. wog.) Der
Proceß dauerte 24 Stunden. Der Betrieb war so eingerichtet, daß zu gleichen Zeiten
in der ganzen Schicht die Arbeiter die Oefen füllten und entleerten. Die Sohle der
Oefen wurde durch Gase erwärmt und diese strömten alsdann unter zwei cylindrische
Kessel mit Siederöhren, deren Länge 9,90 Meter und deren Durchmesser 1,58 Met.
betrug.
Der vierte Versuch wurde mit einer Gruppe von 30 einthürigen Oefen angestellt, von
denen jeder 12 Hektol. Steinkohlen enthielt. Die Sohle wurde nicht erhitzt, sondern
die Gase strömten sofort unter drei Kessel, von denen zwei mit Siederöhren versehen
waren. Die Verkohkung erforderte 24 Stunden.
Bei dem ersten Versuche verfuhr man auf folgende Weise: Nachdem die Kessel bis auf
etwa ⅔ gefüllt und die Ventile und Mannlocher in einem bestimmten Augenblicke
geöffnet worden waren, maß man die Entfernung der Flüssigkeit von dem höchsten Punkte des
Kessels. Dieselbe Operation wurde zu Ende des Versuchs wiederholt.
Bei allen übrigen Versuchen hat man zuvörderst alle Oeffnungen des Kessels
verschlossen und die Ventile mit einer halben Atmosphäre belastet. Sobald der Dampf
das Gewicht hob, welches seinem freien Entweichen ein Hinderniß entgegensetzte, ließ
man Wasser in die Kessel treten, um den Balancier der Schwimmer in eine horizontale
Stellung zu bringen. Am Ende des Versuchs, in dem Augenblicke, in welchem sich der
Apparat in demselben Zustande befand wie im Anfange, hat man das aus dem
Speisebehälter abgeflossene Wasser gemessen. Die Resultate dieser verschiedenen
Versuche sind die nachstehenden:
Textabbildung Bd. 121, S. 186
Dauer des Versuchs.; Verdampftes
Wasser.; Temperatur des Speisewassers.; Temperatur des Dampfes.; Während des
Versuchs verkohkte Steinkohlen.; Wärmeeinheiten durch die Verkohkung in 1
Stunde.; Verhältniß der prakt. Zahl zur theoretischen; Stund. Kbkm.;
Versuch
Ein Beispiel wird die Art und Weise angeben, wie man die in der 7ten Colonne der
Tabelle mitgetheilten Zahlen berechnet hat. Beim ersten Versuche hat man 1,53
Kubikmeter Wasser in der Stunde verdampft und 966 Kilogr. Steinkohlen verkohkt. Die
Anzahl der Wärmeeinheiten in 1,53 Kubikmet. Wasser beträgt 1530 (650-10) = 979200.
Die Anzahl der durch die Steinkohlen in einer Stunde verlornen Wärmeeinheiten wird
nach der Formel n (c
— c′ r)
berechnet, in welcher n die Anzahl von Kilogrammen der
angewendeten Steinkohlen, r den Kohksertrag von einer
Steinkohleneinheit, c den Wärmeeffect der Steinkohle und
c′ den Wärmeeffect der producirten Kohks
bezeichnet. In dem vorliegenden Falle haben wir für diese Zahl 966
(6644,35–6447,37.0,801) = 1429680 Wärmeeinheiten. Weiter oben ist bemerkt,
daß von den 80 Proc. Kohks, die man erhalten müßte, 4, 5 Proc. verbrannten, deren
entwichene Wärme gleich 5/9 von der ganzen entwickelten Wärme, von den
Wärmeeinheiten abgezogen werden muß, die in dem erzeugten Dampfe vorhanden sind. Nun sind 5/9 .
4,5/100 . 966 . 6447,37 = 155703 Wärmeeinheiten. Folglich haben wir 979200 - 155703
= 823497 für die Anzahl der Wärmeeinheiten, von der Verkohkung während einer Stunde.
Die Zahl 0,57 ist das Verhältniß der Anzahl der benutzten Wärmeeinheiten, die nur
von der Verkohkung herrührten (823497) zu der Anzahl der Wärmeeinheiten, welche
durch die Verkohkung entwickelt worden sind (1,429680). — Die andern Zahlen
der 7ten Colonne sind auf dieselbe Weise berechnet worden.
Nach diesen Resultaten könnte man annehmen, daß die auf den Verkohkungsöfen, z. B. zu
Couillet, angebrachten Dampfkessel im Durchschnitt ungefähr 66 Proc. von der Wärme
benutzen, welche durch die entweichenden Flammen entwickelt worden ist; oder auch
daß die benutzte Wärme gleichen Werth mit der hat, welche in einem gewöhnlichen Ofen
mit Rost eine Steinkohlenmenge geben würde, die gleich dem Gewicht des Abganges ist
den dieses Brennmaterial in dem Verkohkungsofen erleidet und der durchschnittlich 30
Proc. beträgt. Jedoch schienen diese Zahlen zu hoch zu seyn, denn wenn man die
Wärmemenge berechnet, welche zur Verkohkung der Steinkohlen erforderlich ist, so
findet man, so weit wenigstens unsere jetzigen Kenntnisse reichen, daß die
Dampfkessel zu Couillet mehr Wärme verbrauchen als sie erhalten.
In der Gasanstalt zu Brüssel nimmt man an, daß zum Destilliren von 2160 Kilogr.
kleinen Steinkohlen von dem Flénu unter den Retorten 12 Hektol. oder 456 Kilogr.
Kohks, die aus diesen Steinkohlen fabricirt werden, verbrannt werden müssen. Ein
Hektoliter Steinkohlen aber, an Gewicht 79 Kilogr., gibt 1,20 Hektol. oder 45
Kilogr. Kohks.
Es folgt daraus, daß 966 Kilogr. Steinkohlen zu ihrer Verkohkung in den Gasfabriken
203 Kilogr. Kohks erfordern. Nimmt man nun an, daß ¾ von dieser Wärme
verloren gehen, und daß das bleibende Viertel erforderlich sey, so findet man, daß
die Anzahl der wirklich in den Dampfkesselöfen zu Couillet benutzten Warmeeinheiten
in dem ungünstigsten Falle betrage 823497 + 328797 = 1152294.