Titel: | Ueber Claussen's Verfahren den Flachs zum Verarbeiten auf den Baumwollspinnmaschinen zuzubereiten. |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. XLVI., S. 196 |
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XLVI.
Ueber Claussen's Verfahren den Flachs zum Verarbeiten
auf den Baumwollspinnmaschinen zuzubereiten.
Aus dem Mechanics' Magazine, 1851 Nr.
1439.
Ueber Claussen's Verfahren den Flachs zum Verarbeiten auf den
Baumwollspinnmaschinen zuzubereiten.
Im Februar d. I. erschien Ritter Claussen in der
Versammlung des Ausschusses der Royal agricultural
Society und übergab demselben die (im polytechn. Journal Bd. CXIX S. 445
mitgetheilte) Patentbeschreibung seines Verfahrens den Flachs in eine Substanz zu
verwandeln, welche wie die Baumwolle versponnen werden kann, nebst den Methoden zum
Bleichen der erhaltenen Producte und Gespinnste; er ersuchte dann den Dr. Ryan die fraglichen
Verfahrungsarten zu erklären.
Dr. Ryan bemerkte zuerst, daß
die Flachsfaser in ihrem gewöhnlichen Zustande allerdings specifisch schwerer als
Baumwolle sey, aber durch ihre Zubereitung nach Claussen's Methode genau dasselbe specifische Gewicht wie die
amerikanische Baumwolle erhalte. Das Verfahren zum Vorbereiten der rohen Leinstengel
für das Brechen und Schwingen erfordere nur vier Stunden, während selbst bei dem
neuen Röstverfahren von
Schenck wenigstens fünf Tage nöthig seyen. Claussen wendet nur Soda und Schwefelsäure in solchem
Verhältniß und solcher Verdünnung an, daß dadurch die Faser keineswegs leiden kann;
so wird nur 1 Thl. Soda in 200 Thln. Wasser aufgelöst. Die Säure wird zugesetzt,
nachdem die Stengel mit der Soda gekocht worden sind; man nimmt nur 1 Thl.
concentrirte Schwefelsäure auf 500 Thle. Wasser und die in den Stengeln enthaltene
Soda neutralisirt sämmtliche Säure, mit welcher sie neutrales schwefelsaures Natron
bildet. Dr. Ryan erklärte
dann das Verfahren den Flachs baumwollartig zu machen, oder mit anderen Worten,
seine Faser zu spalten und in ein Material zu verwandeln, welches sich kaum von der
feinsten amerikanischen Baumwolle unterscheidet; dieß ist der wichtigste Theil der
Erfindung, welcher wirklich der Flachscultur neue Märkte eröffnet und den
Fabrikanten in Stand setzt, den Flachs auf allen bisher für Baumwolle, Seide oder
Wolle construirten Spinnmaschinen zu verarbeiten.
Prof. Way spaltete und bleichte hierauf vor den Anwesenden
eine Quantität Flachs im Verlauf von etwa zwei Minuten. Die mit der Auflösung von
einfach-kohlensaurem Natron getränkte
Flachsfaser veränderte sogleich nach dem Eintauchen in schwefelsaures Wasser ihren Charakter (in Folge der Spannkraft des
kohlensauren Gases, welches in den Röhren der Flachsfaser durch die Wirkung der
Säure auf die Soda freigemacht wurde); das feuchte starre Flachsaggregat verwandelte
sich in eine leichte Masse von baumwollartiger Textur, welche an Größe zunahm wie
ein aufgehender Brodteig oder ein sich ausdehnender Schwamm. Nicht weniger
auffallend war die Veränderung, als man die so umgewandelte Masse in eine Auflösung
von unterchlorigsaurer Bittererde brachte, worin sie sogleich gebleicht wurde und
jetzt die Farbe der Baumwolle erhielt, wie vorher deren Textur.