Titel: | Ueber die Versuche von Weisbach und Treviranus mit sogenannten Reactions-Wasserrädern und die Theorie derselben; von Prof. G. Decher. |
Autor: | Georg Decher [GND] |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. LV., S. 241 |
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LV.
Ueber die Versuche von Weisbach und Treviranus mit sogenannten
Reactions-Wasserrädern und die Theorie derselben; von Prof. G. Decher.
Decher, über die Theorie der Reactionsräder.
Die vor Kurzem erschienenen Broschüren von Hrn. Professor J. Weisbach: „Versuche über die Leistung eines einfachen
Reactionsrades an einem größern Modelle angestellt (Freiberg, Verlag von I. G.
Engelhardt, 1851)“ und von Hrn. L. G. Treviranus: „Ueber Reactions-Wasserräder (schottische
Turbinen), deren Theorie und Construction (Wien, bei Tendler und Comp.,
1851)“, veranlassen mich, im Interesse der technischen Mechanik hier
einige kritische Bemerkungen über diese Arbeiten niederzulegen und dabei auch der
Schrift des Hrn. Prof. I. A. Schubert: „Beitrag
zur Berichtigung der Theorie der Turbinen (Dessau, Verlag von M. Katz,
1850)“ mit einigen Worten zu gedenken.
I.
Hr. Prof. Weisbach hat sich in seiner Schrift die Aufgabe
gestellt, die Uebereinstimmung zwischen der Erfahrung und seiner Theorie der
Reactionsräder nachzuweisen, oder vielmehr die Uebereinstimmung zwischen der
Erfahrung und einer Formel für die Leistung eines solchen Wasserrades, von welcher
er glaubt, daß sie aus seiner Theorie hervorgehe. Dieß ist aber durchaus nicht der
Fall; denn diese Theorie, auf welche sich Hr. Weisbach in
seiner Broschüre beruft, heißt (dessen Maschinenmechanik Bd. II, §. 148) wörtlich also:
„Bezeichnet φ den Geschwindigkeitscoefficienten, so hat man die
effective Ausflußgeschwindigkeit:
Textabbildung Bd. 121, S. 241
Diese Geschwindigkeit ist aber nicht die absolute
Geschwindigkeit des Wassers bei dem Austritt aus dem Rade; denn dasselbe hat noch
die in entgegengesetzter Richtung vor sich gehende Umdrehungsgeschwindigkeit v mit dem Rade gemeinschaftlich. Es ist demnach die
absolute Geschwindigkeit des austretenden Wassers:
Textabbildung Bd. 121, S. 242
und der entsprechende Arbeitsverlust ist
Textabbildung Bd. 121, S. 242
Den Geschwindigkeitscoefficienten φ = 1 angenommen,
erhält man:
Textabbildung Bd. 121, S. 242
und zieht man diesen von der disponiblen Leistung ab, so
bleibt die Nutzleistung:
Textabbildung Bd. 121, S. 242
u. s. w.″
In diese unter der speciellen Voraussetzung: φ = 1 abgeleitete Formel, auf
deren weitere Besprechung ich nicht eingehen werde, da sie für die Technik doch
keinen Werth hat, weil niemals φ = 1 werden kann, führt nun Hr. Weisbach auf Seite 6 seiner Broschüre plötzlich den
Geschwindigkeitscoefficienten wieder ein, den er hier mit μ bezeichnet, und
erhält so die Gleichung:
Textabbildung Bd. 121, S. 242
für die Leistung eines einfachen Reactionsrades. Wenn man
aber, wie recht ist, in dem obern Werthe von L1 den Coefficienten φ oder μ nicht gleich 1 setzt und beachtet, daß die größtmögliche
lebendige Kraft, welche das Wasser durch die Druckhöhe h
erhalten kann, μ2
v02
Qγ/g ist, wenn wir 2gh durch
v02 ersetzen, so findet man als strenge Folgerung
aus Hrn. Weisbach's Theorie für die Leistung des Rades
den Werth:
Textabbildung Bd. 121, S. 242
oder nach vorgenommener Reduction
Textabbildung Bd. 121, S. 242
Dieser Werth unterscheidet sich aber von dem vorhergehenden so
wesentlich, wie dieser selbst von dem Ausdruck (1), obgleich μ2 nicht sehr von 1 verschieden ist. Denn nach dem
Werthe (2) wird die Leistung Null, wenn die
Umfangsgeschwindigkeit v der Ausflußgeschwindigkeit
μ Textabbildung Bd. 121, S. 243 gleich wird, während sie in diesem Falle nach der Gleichung (3), und wie
dieß auch nach der Theorie des Hrn. Weisbach nothwendig
stattfinden muß, gerade ihren relativ größten Werth
γQ/2g μ2
v02 erreicht. Man hat dann
Textabbildung Bd. 121, S. 243
es muß also, μ2 =
0,90, μ = 0,949 angenommen, Textabbildung Bd. 121, S. 243 werden, damit die Leistung nach (2) Null wird und nach (3) den relativ
größten Werth 0,90 γ Q/2g
v02 erhält. Nach (2) dagegen erhält L seinen relativ größten Werth, wenn, wie es auch Hr.
Weisbach gefunden hat,
Textabbildung Bd. 121, S. 243
geworden ist, woraus sich für unsern Werth von μ2 sofort v = 1,04 v0 ergibt, und die
Leistung wird nach (3) erst Null, wenn man hat
Textabbildung Bd. 121, S. 243
oder v = 18,97 v0, für μ2 = 0,90. Dieser bedeutende Unterschied in den
beiden Werthen (2) und (3) von L. wird noch
einleuchtender werden durch die nachfolgende Tabelle der Leistungen bei
verschiedenen Umfangsgeschwindigkeiten und die nachstehende Figur 1, in welcher diese letztern als Abscissen, die erstern als
Ordinaten dargestellt sind. Man findet nämlich, wenn μ2 = 0,90 ist, für
Textabbildung Bd. 121, S. 243
Textabbildung Bd. 121, S. 244
Wenn also der Werth (2) von L für ein Reactionsrad mit
geraden Ausflußröhren durch die Versuche des Hrn. W., wie es scheint, als der
angenähert richtige bestätigt wird, so ist Hrn. W.'s Theorie ganz unschuldig dabei;
denn es ist damit diese Theorie gerade widerlegt, und nur eine unrichtig abgeleitete
Formel bestätigt, für welche Hr. W. noch theoretische Gründe beizubringen Hat. Denn
auch die Ableitung des Werthes von L, welche derselbe in
seiner Broschüre S. 26 der gänzlich grundlosen Theorie des Hrn. Prof. Schubert gegenüber aufstellt, führt zu dem Ausdrucke (3),
wenn der Geschwindigkeitscoefficient berücksichtigt wird. Man findet nämlich in
diesem Falle für die Arbeit L2, durch welche dem ausfließenden Wasser die Umfangsgeschwindigkeit v ertheilt wird, wie dort
Textabbildung Bd. 121, S. 244
aber für die Arbeit L3, welche nothwendig ist, um diesem Wasser, das
vermöge der Druckhöhe h die lebendige Kraft μ2
v02
Qγ/g erhalten würde,
die lebendige Kraft μ2(v02 + v2) Qγ/g zu ertheilen, ergibt sich nun der Werth:
Textabbildung Bd. 121, S. 244
und man hat demnach als wirkliche Leistung L, wenn diese Arbeiten von der Arbeit L1 der sogenannten
Reaction
Textabbildung Bd. 121, S. 245
abgezogen werden,
Textabbildung Bd. 121, S. 245
wie oben in (3).
Es liegt dieses Ergebniß aber auch in der Natur der Sache; denn bei diesen Theorien
ist nicht die geringste Rücksicht auf die Form der Ausflußröhren genommen. Es müßte
also für die Leistung eines Rades ganz gleichgültig seyn, ob diese gerade oder gekrümmt sind, während die Erfahrung schon
zur Genüge dargethan hat, daß gekrümmte Röhren einen
bedeutend höhern Nutzeffect gewähren können als gerade,
und daß der Werth (3) von L eher annähernd die Leistung
eines Rades mit richtig gekrümmten Röhren geben dürfte. Dagegen Hat Hr. W. in seiner
Maschinenmechanik (Bd. II, §. 169) bei der
Theorie der schottischen Turbinen (und der Turbinen überhaupt) so viele
Nebenverluste beigebracht, daß für dieselbe höchstens eine relative
Brutto-Leistung von 60 Procent herausspringt, wie bei einem Rade mit geraden
Ausflußröhren, und es ist gewiß sonderbar, daß Hr. W. nicht die Formeln, welche aus
letzterer, jedenfalls genauer seyn sollenden Theorie sich ergeben, für seine
Versuche zu Grunde gelegt hat, da nach seiner Meinung die Reactionsräder mit geraden
Röhren sich von den schottischen Turbinen nur darin unterscheiden, daß das Wasser
vor dem Ausfluß durch den Stoß einen neuen Verlust an lebendiger Kraft erleidet, auf
welchen übrigens bei der Formel (2) ja auch keine Rücksicht genommen ist. In der
That nimmt man in dem Ausdruck:
Textabbildung Bd. 121, S. 245
welchen Hr. W. in §. 170, Bd. II seines genannten Werkes für die Leistung einer schottischen Turbine
findet, den Winkel δ und den Coefficienten ζ gleich Null,
vernachlässigt den Quotienten (r1/r)2 neben 1 und setzt den Ausflußcoefficienten
μ statt Textabbildung Bd. 121, S. 245, so wird derselbe ganz gleichlautend mit dem obigen Werthe (2) von L, und es muß daraus geschlossen werden, daß dieser
letztere Ausdruck jedenfalls zu große Werthe für L. geben sollte, da er sich aus der genaueren Formel
durch Vernachlässigung einiger negativen Glieder ergibt. Die Versuche des Hrn. W. selbst zeigen
aber, wie wir nachher sehen werden, daß die nach Formel (2) theoretisch berechneten Leistungen kleiner
sind, als es die wirklichen Leistungen seines Rades
waren.
Noch viel größer würden aber die Differenzen zwischen der Theorie und Erfahrung
ausfallen, wenn man die Leistungen einer schottischen Turbine nach der Formel (4)
berechnen wollte, und es dürfte nicht schwer seyn, eine solche Turbine von Whitelaw zu finden, welche einen größeren reinen Nutzeffect gewährt, als nach Hrn. W.'s Theorie der Brutto-Effect eines solchen Rades seyn kann. Die
Ursache liegt darin, daß Hr. W. die Glieder
xc22 + ζ c2
welcheDas Glied ζ c2 hängt übrigens, nebenbei bemerkt, selbst wieder von der
Ausflußgeschwindigkeit c2 ab und kann in dieser Form nicht in den
Werth von e2
eingeführt werden. schon bei der Bestimmung der
Ausflußgeschwindigkeit c2 in dem Ausdrucke:
Textabbildung Bd. 121, S. 246
mit eingerechnet sind, deren Einfluß auf die Verminderung des
Nutzeffects durch die Verminderung dieser Ausflußgeschwindigkeit also schon
berücksichtigt ist, auch noch dem Arbeitsverlust hinzufügt und demnach zweimal in
Rechnung bringt. Man kann hier offenbar nur noch die dem Wasser verbleibende
lebendige Kraft und die Arbeit für die Erzeugung der Geschwindigkeit v1 beim Eintritt des
Wassers in die Röhre, also die Größe:
Textabbildung Bd. 121, S. 246
in Abzug bringen, aber nicht von der ganzen Arbeitskraft
γQh, sondern nur von der disponiblen
Textabbildung Bd. 121, S. 246
welche das Wasser überhaupt durch die Druckhöhe h bei seiner Bewegung durch die Röhre erhalten kann, so
daß als Leistung des Rades sich der Ausdruck:
Textabbildung Bd. 121, S. 246
ergibt, worin μ2 für
Textabbildung Bd. 121, S. 247 gesetzt ist. Führt man in denselben den obigen Werth von c2 ein, so hat man
vollständig
Textabbildung Bd. 121, S. 247
und dieser Werth von L, welcher,
wie wir weiter unten sehen werden, mit den Versuchen des Hrn. Treviranus etwas besser und vielleicht so nahe übereinstimmt, als es nach
dieser Anschauungsweise möglich ist, kommt wieder auf unsern Werth (3) zurück, wenn
man δ, ζ und r1 gleich Null setzte.
II.
Allein diese Anschauungsweise, welche von den meisten Schriftstellern über technische
Mechanik, namentlich auch von Navier und Redtenbacher bei der Untersuchung der Leistung der
Wasserräder zu Grunde gelegt wird, und nach welcher man sich darauf beschränkt, die
lebendige Kraft des Wassers nach dem Ausflusse und einige andere Arbeitsverluste, an
die man sich eben erinnert, oder die man für solche anzunehmen für gut findet, von
der disponiblen Arbeitskraft in Abzug zu bringen, während man sich hütet, zu
untersuchen, welchen Druck das Wasser auf das Rad ausübt, und welchen Einfluß
demnach die Gestalt der Schaufeln, Röhren oder Curven auf die Leistung des Rades
haben mag, diese Anschauungsweise ist offenbar nicht geeignet, eine genaue Theorie
dieser Wasserräder zu geben, und es dürfte wohl an der Zeit seyn, dieselbe durch
eine andere, gründlichere zu ersetzen, welche zeigt, wie das
Wasser in dem Rade wirkt.
Freilich darf man da nicht mit den unklaren Begriffen: Trägheit, Reaction, Centrifugalkraft u. s. f. herumarbeiten, wie es Hr.
Weisbach sowohl in seiner Maschinenmechanik, wo er
die Trägheit sogar zu den Kräften rechnet (§. 60)
und einen Widerstand nennt (§. 67), als auch in
seiner Broschüre in der Kritik der Schubert'schen Theorie
thut.
Die sogenannte Trägheit in ihrer richtigen Bedeutung ist
gar nichts; sie bezeichnet bloß, als Anwendung des allgemeinen Satzes, daß nichts ohne Ursache geschieht, auf die Bewegung, das
Unvermögen der Materie, sich von selbst zu bewegen
oder etwas zur Aenderung ihres Zustandes beizutragen; diese Trägheit kann also
weder Ursache noch Wirkung seyn und sollte in einer vernünftigen Mechanik nur durch
den Ausspruch angedeutet werden, daß zu einer jeden Aenderung in dem Zustande eines
Körpers eine Ursache, d. h. eine Kraft nothwendig ist. Es
hat also gar keinen Sinn, wenn Hr. W. (S. 26 seiner Broschüre) sagt, die Reaction sey eine Wirkung der
Trägheit.
Ebenso verfehlt ist die Erklärung, welche Hr. W. in Bd. II seiner Maschinenmechanik §. 146 von der Reaction des Wassers gibt, wenn er sagt: „Sowie ein in
beschleunigter Bewegung befindlicher fester Körper eine der bewegenden Kraft
desselben gleiche Reaction ausübt, ebenso ist es beim Wasser, wenn es sich beim
Ausflusse aus einem Gefäße der Mündung beschleunigt nähert u. s. f.“
Worin soll denn die Reaction eines frei fallenden Körpers bestehen? Wird er etwa
durch die Bewegung leichter, wie man fast nach dieser Erklärungsweise vermuthen
sollte, welche jeder Unbefangene gewiß so auffassen wird, als solle damit gesagt
werden, ein an einer Waage angehängtes Gefäß, aus welchem das Wasser unten vertical
ausströme, wiege weniger, als wenn die Oeffnung geschlossen ist, wenn auch in beiden
Fällen das Wasser immer auf gleicher Höhe steht?
Der Begriff Reaction rührt von der Wahrnehmung und
Folgerung her, daß alle Wirkungen in der Natur gegenseitig sind und seyn müssen, daß
der Mond ebensowohl die Erde, wie die Erde den Mond anzieht, und in solcher Weise
betrachtet kann er wohl in der Physik Platz finden, hat aber für die Mechanik wenig
oder keinen Werth. Denn diese fragt nicht, wo die Kräfte herrühren; sie sind für sie
schon da, und sie untersucht nur, welches die Wirkungen dieser Kräfte sind;
höchstens könnte man hier den an sich sehr evidenten Satz, daß
Druck und Gegendruck gleich sind, als eine Anwendung jenes allgemeinen
Satzes betrachten. Daß eine Kraft, welche zwischen zwei
materiellen Punkten thätig ist, welche also an jedem derselben angreift, auf jeden
derselben bewegend wirkt oder wirken will, liegt in der Natur der Sache und bedarf
keines besondern Begriffes. — Was man aber bei einem horizontal ausströmenden
Wasserstrahl Reaction zu nennen pflegt, ist eben ein Druck, wie jeder andere, und wie jeder andere Druck die
Wirkung einer bewegenden Kraft, welche verhindert ist,
ihren Angriffspunkt in ihrem Sinne zu bewegen. Wenn eine Kugel auf einer
horizontalen Ebene liegt, so drückt sie auf dieselbe, weil sie der Wirkung ihres
Gewichtes nicht folgen kann; aus demselben Grunde drückt sie auch auf eine geneigte Ebene,
aber weniger, weil sie nun jener Wirkung zum Theil folgen kann. Ist daher die
geneigte Ebene selbst in horizontaler Richtung beweglich, so wird dieselbe in Folge
dieses Druckes der Kugel, welcher doch gewiß auch eine Reaction ist, rückwärts ausweichen. Die Wirkung des Wassers in einer Jonval'schen Turbine ist demnach ebensogut eine Reaction, als in einer schottischen Turbine, und es hat
endlich gar keinen Sinn, die Turbinen, wenn das Wasser voll ausfließt, Reactionsturbinen, und wenn der Wasserstrahl die
Ausflußöffnung nicht ausfüllt, Druckturbinen zu
nennen.
Ueber die Größe des Druckes, welchen ein horizontal
ausfließender Wasserstrahl auf die der Ausflußöffnung gegenüberstehende Wand des
Gefäßes ausübt, kann nach dem Obigen kein Zweifel obwalten; denn er ist der Kraft
gleich, welche angewendet werden muß, um der ausflißenden Wassermasse M, welche vorher in horizontaler Richtung noch die
Geschwindigkeit Null hatte, die Geschwindigkeit v oder
die Bewegungsgröße M v in der Einheit der Zeit zu
ertheilen, und diese Kraft ist bekanntlich selbst gleich M
v oder, wenn Ω den Flächeninhalt der Ausflußmündung bezeichnet, M also durch γ Ω v/g ausgedrückt wird, gleich γ Ω
v2/g, und es ist dabei offenbar ganz gleichgültig, ob das
Gefäß in horizontaler Richtung eine Bewegung besitzt oder nicht; der Druck bleibt
immer derselbe, so lange das Wasser mit gleicher Geschwindigkeit ausfließt.
Was endlich die Centrifugalkraft betrifft, insofern man
damit eine bewegende, Geschwindigkeit erzeugende oder arbeitende Kraft, und nicht
bloß einen Druck auf eine feste Fläche oder Curve bezeichnet, so ist auch dieser
Begriff sehr geeignet, zu falschen Schlüssen zu verleiten und von der richtigen
Auffassung der Verhältnisse abzulenken; denn diese Kraft ist immer nur eine relative, welche überall auftritt, wo die Bewegung eines
materiellen Punktes als eine relative in Bezug auf einen
Körper betrachtet wird, der selbst in einer drehenden
Bewegung begriffen ist, und wobei es gleichgültig bleibt, ob jener materielle Punkt
an dieser drehenden Bewegung Theil nimmt oder nicht, was sich mit der gewöhnlichen
Vorstellung von dieser Kraft gar nicht vereinigen läßt. Es ist z. B. ganz einerlei,
ob eine Kugel in einer beliebigen Höhe über einer
horizontal mit der Winkelgeschwindigkeit φ sich drehenden Scheibe mit der
Geschwindigkeit v0, so
hinfliegt, daß ihre Projection auf der Scheibe durch deren Mittelpunkt geht, oder ob
sie, von der Reibung
abgesehen, mit gleicher Geschwindigkeit auf derselben,
sey es frei oder längs einer Rinne, von der Achse aus fortgestoßen wird; für einen
Beobachter, der sich mit der Scheibe umdreht, ist die relative Geschwindigkeit v der Kugel in beiden Fällen
Textabbildung Bd. 121, S. 250
wenn sie in der Entfernung r von
der Drehungsachse angekommen ist, und doch kann hier von einer Centrifugalkraft der sich geradlinig bewegenden Kugel keine Rede seyn.
Wenn daher Hr. Weisbach in seiner Broschüre S. 28 ff. die
Bewegung eines Wassertropfens längs einer sich drehenden Rinne mittelst der Centrifugalkraft erklären will, so zeigt er damit, daß er
über diese Bewegung noch nicht im Klaren ist, und es ist Hrn. Schubert nicht ganz zu verargen, wenn er durch eine solche Erklärung nicht
von seiner irrigen Theorie der Turbinen bekehrt wird. Hr. W. sagt nämlich a. a. O.:
„Der materielle Punkt hat jedenfalls zwei Bewegungen zugleich, eine in der
Rinne und eine zweite mit der Rinne zugleich; während er in der Rinne den Bogen C B
Fig. 2, zurücklegt, gelangt diese aus der Lage C B D in die Lage C M Q,
durchläuft also der materielle Punkt auch noch den Kreisbogen B M, im Ganzen also irgend eine krummlinige Bahn C
L M. Es hat also auch der materielle Punkt M
außer seiner Geschwindigkeit v in der Rinne noch eine
Umdrehungsgeschwindigkeit u, die wir, wenn wir die
Winkelgeschwindigkeit
Textabbildung Bd. 121, S. 250
der Scheibe durch ε und den veränderlichen Radiusvector
C M des Punktes durch z
bezeichnen, = ε z setzen können. Da ein Körper
vermöge seiner Trägheit allein nur in der geraden Linie fortgeht, so u. s.
w.“ Dieß ist nun, so wie es gesagt ist, durchaus unrichtig. Wenn die Rinne,
so wie in der Zeichnung, der Bewegung der Scheibe entgegengekrümmt ist, so hat der
materielle Punkt jedenfalls eine kleinere
Winkelgeschwindigkeit als die Scheibe; denn während die Rinne den Winkel B C M beschreibt, legt der Fahrstrahl, auf dem sich der
materielle Punkt befindet, und welcher zuerst eine Tangente an der Rinne in C war, nur den Winkel M C T
zurück. Die Winkelgeschwindigkeit dieses Fahrstrahls, also auch die des materiellen
Punktes ist demnach kleiner als die der Scheibe, und wenn die Rinne nach einer
Spirale gekrümmt ist, deren Gleichung, wie es Hr. W. selbst abgeleitet hat, die
Form
r = v0/φ ω
hat, worin r und ω die
Polarcoordinaten sind und v0 die anfängliche Geschwindigkeit des materiellen Punktes, φ die
Winkelgeschwindigkeit der Scheibe bedeutet, so bewegt sich der materielle Punkt
radial mit der constanten Geschwindigkeit v0 auswärts, wie unsere Kugel oben, als wenn keine
Rinne da wäre; er hat demnach gar keine Winkelgeschwindigkeit, also auch keine
Centrifugalkraft, und doch ist die relative Geschwindigkeit v, mit welcher der materielle Punkt die Rinne verläßt, also die
Ausflußgeschwindigkeit, wie bei jeder andern Rinne, und wie oben
Textabbildung Bd. 121, S. 251
Es wird also mit dieser an der Centrifugalkraft klebenden
Erklärung im Grunde gar nichts erklärt.
Ferner folgt aus dieser Betrachtungsweise, daß der Druck, welchen der materielle
Punkt auf die Rinne ausübt, aus der normal gerichteten Componenten jener
Centrifugalkraft bestehen müßte und aus dem eigentlichen dynamischen Druck in Folge
der Bewegung des materiellen Punktes längs der Rinne; jener Druck wird nach unserer
Bezeichnung durch
m r φ2
sin ψ = m r2 φ2
d ω/ d s
ausgedrückt, wenn noch ψ den Winkel K M P zwischen der Tangente an der Rinne und dem
Fahrstrahl des Bewegten und m die Masse des letztern
bezeichnet, und der zuletzt genannte Druck wird bekanntlich durch
m v2/ρ
vorgestellt, wenn ρ der Krümmungshalbmesser der Rinne im Punkte M ist. Der ganze Druck N
wäre demnach
N = m
v2/ρ + m
r2 φ2
d ω/d s,
und es wäre darnach nicht einzusehen, wie dieser Druck für die
obige archimedische Spirale, auf welche der Bewegte offenbar keinen Druck ausüben
kann, Null werden soll.
Ueber diese Widersprüche kommt man nur hinaus, wenn man etwas mehr wissenschaftlich
zu Werke geht, als es bis jetzt noch in der Maschinenlehre gebräuchlich ist, und
sich statt auf unbestimmte Begriffe auf die allgemeinen
Gesetze des Gleichgewichts und der Bewegung stützt;
also im vorliegenden Falle, wenn man die Bewegung des materiellen Punktes längs der
Rinne nach den Gesetzen der relativen Bewegung behandelt,
wie sie am Schlusse des vor Kurzem im Drucke vollendeten ersten Bandes meines Handbuches der Mechanik (Augsburg, Verlag der Matth.
Rieger'schen Buchhandlung) dargestellt und angewendet sind. Man wird sich dort nicht
nur von der Richtigkeit der vorhergehenden Bemerkungen über die Centrifugalkraft
überzeugen, sondern auch finden, daß der Druck des materiellen Punktes auf die Rinne
die Form hat:
N = m
(v2/ρ + r2 φ2
d ω/d s - 2 φ
v),
daß er also außer den beiden obengenannten Gliedern noch ein
drittes: - 2 m φ v
enthält, auf welches man durch die Betrachtung des Hrn. W. niemals kommen wird, und
welches gerade das wichtigste ist, wenn sich die Rinne einer Geraden nähert, da für
eine Gerade selbst sich N auf dieses negative letzte
Glied allein reducirt. Aus diesem Werthe von N wird man
dann leicht folgern, daß für eine gewisse Form der Rinne der Druck auch Null werden
kann, und daß er für die oben angegebene Spirale wirklich in jedem Punkte Null wird,
wenn die Bewegung des materiellen Punktes in der Achse mit der Geschwindigkeit v0 beginnt; denn aus der
Gleichung
r = v0/φ ω
ergibt sich zuerst
d r/d
ω = v0/φ,
d2
r/d ω2 = 0,
also
Textabbildung Bd. 121, S. 253
ferner hat man
Textabbildung Bd. 121, S. 253
und demnach mit dem Werthe v
=Textabbildung Bd. 121, S. 253
Textabbildung Bd. 121, S. 253
also für jeden Werth von r
N = 0.
Ebenso wird sich Hr. Prof. Schubert bei Durchlesung des
letzten Capitels im Isten Bande meines erwähnten
Handbuches überzeugen, daß seine, freilich ziemlich nothdürftig begründete Theorie
für die Bewegung des Wassers in einer geradlinig
ausweichenden Rinne (Beiträge zur Berichtigung etc. 1ster Abschnitt) ganz
richtig ist, daß dagegen seine Ansichten über die Bewegung in einer sich drehenden Rinne (4ter Abschnitt ff.), wornach er
glaubt, die relative Bewegung in einer sich drehenden
Rinne auf die in einer geradlinig ausweichenden
zurückführen zu können, durchaus irrig sind. Ich habe a.
a. O. bereits den Weg angedeutet, welcher allein zu einer strengen Theorie der
Wasserräder führen kann, und hoffe auch auf diesem Wege die Anforderungen der
Technik an eine solche Theorie in meiner Maschinenlehre,
welche die dritte Abtheilung des Handbuches der Mechanik bilden wird, vollkommen zu befriedigen.
III.
Wenden wir uns nun zu den Versuchen des Hrn. Weisbach und
den Folgerungen, welche derselbe aus diesen zieht, so kann man sich vor Allem nicht
genug wundern, daß derselbe bei der Sorgfalt, mit welcher er die übrigen zur
Bestimmung des Effects nothwendigen Größen ermittelt hat, nicht auch die Größe des
Luftwiderstandes von vornherein zu bestimmen suchte, was doch bei seiner Einrichtung
nicht so gar schwer gewesen wäre. Er hätte die Schnüre nur in entgegengesetzter
Richtung um die Rolle schlagen dürfen, um das Rad durch angehängte Gewichte mit verschiedenen
Beschleunigungen in demselben Sinne sich drehen zu lassen, in welchem es durch das
Wasser bewegt wird; daraus hätte mit Einrechnung der schon zuvor bestimmten Reibung
die Arbeit des Luftwiderstandes mit hinreichender Sicherheit gefunden werden können.
— Es klingt doch wirklich gar naiv, wenn man bei Versuchen, welche dazu
dienen sollen, die Uebereinstimmung zwischen der Theorie
und Erfahrung nachzuweisen, die Differenzen zwischen
beiden einer einzigen und noch dazu der Größe nach unbekannten Ursache zuschreibt
und diese Größe aus jenen Differenzen herausrechnet, als
wenn es nicht noch andere Ursachen für diese Unterschiede geben könnte. Dieses
Verfahren wäre höchstens noch zulässig, wenn jene Differenzen in ihrem Gange eine
solche Ansicht rechtfertigten. Die nachfolgende Tabelle, welche, in einigen Punkten
berichtigtIn beiden Tabellen S. 17 und 21 hat Hr. W. bei dem letzten Versuche, wo das
angehängte Gewicht G Null ist, für P1 die Zahl 0,25
Kilogr. eingesetzt, während die Formel P1 = 0,701 + 1,2115 G in diesem Falle P1 = 0,701 gibt, und die Reibung des Rades
allein schon 0,51 Kilogr. beträgt, wenn auch die Haken und Schnüre sollten
abgenommen worden seyn. Dieser letztere Werth ist dann auch für P1 in der obigen
Tabelle zu Grunde gelegt worden., der Broschüre des Hrn. Weisbach Seite 17 entnommen ist und sich auf die Versuche
mit den äußern Oeffnungen bezieht,
Textabbildung Bd. 121, S. 254
Nr. des Versuchs.; Wirkungsgrad.;
Erfahrungsmäßig. η; Theoretisch; Differenz der Wirkungsgrade; Verlust
durch den Widerstand der Luft
zeigt aber, daß die Differenzen zwischen der von der Erfahrung
gegebenen relativen Leistung η ohne Einrechnung des Luftwiderstandes und der theoretisch nach
Formel (2) berechneten η1 bis zu dem größten
Werthe derselben negativ sind und von da an erst positiv werden, daß also jene Formel die Leistung für
kleinere Umfangsgeschwindigkeiten als Textabbildung Bd. 121, S. 255
jedenfalls zu klein angibt, da der Luftwiderstand für
diese kleineren Geschwindigkeiten offenbar nicht negativ
werden kann. Im Gegentheil wird derselbe sogar größer seyn, als ihn Hr. W. berechnet
hat, da derselbe die negativen Differenzen bei der Bestimmung seines Coefficienten
mit einrechnete, während die Vermuthung nahe liegt, daß die Formel durchaus zu kleine Werthe für die Leistung gibt, und daß
die Differenzen nur wegen der Vernachlässigung des Luftwiderstandes bei der als
erfahrungsmäßig angegebenen Leistung positiv werden, sobald dieser Widerstand größer
ist, als der Unterschied zwischen der theoretischen und jener angeblichen erfahrungsmäßigen Leistung. Die Arbeit für die Ueberwindung
des Luftwiderstandes gehört aber doch ebensowohl zur Leistung, wie diejenige für die
Ueberwindung der Reibung, und wenn wir uns auch mit den Werthen η2 begnügen, die Hr. W. für den Luftwiderstand
angibt, welche aber bei den größern Geschwindigkeiten merklich kleiner sind, als die
Differenzen η1 - η, so haben wir die
Werthe η und η2 zu addiren, um die wahre erfahrungsmäßige Leistung zu erhalten, und es
stellt sich dadurch folgende Tabelle heraus,
Nr. des Versuchs.
Angeblicher erfahrungsmäßiger Wirkungsgrad ohne den
Luftwiderstand.η
Relative Arbeit des Luftwiderstandes.η2
Wirklicher erfahrungsmäßiger Wirkungsgrad mit dem
Luftwiderstand.η3 = η
+ η2
Theoretischer Wirkungsgrad.η1
Differenz der Wirkungsgrade.η1 - η3
I.
0,109
0,000
0,109
0,096
- 0,013
II.
0,333
0,001
0,334
0,298
- 0,036
III.
0,540
0,006
0,546
0,484
- 0,062
IV.
0,668
0,024
0,692
0,619
- 0,073
V.
0,661
0,066
0,727
0,665
- 0,062
VI.
0,612
0,095
0,707
0,661
- 0,046
VII.
0,539
0,125
0,664
0,646
- 0,018
VIII.
0,452
0,159
0,611
0,622
+ 0,011
IX.
0,356
0,208
0,564
0,582
+ 0,018
X.
0,250
0,243
0,493
0,551
+ 0,058
XI.
0,100
0,317
0,417
0,478
+ 0,061
in welcher nun schon zwei Drittheile der Differenzen und zwar
nacheinander regelmäßig wachsend und abnehmend negativ
sind, was gewiß nicht
zufällig ist oder Beobachtungsfehlern zugeschrieben werden kann, was vielmehr im
Hinblick auf Fig. 3, worin die Werthe von η3 und η1
anschaulich dargestellt sind, die obige Vermuthung vollkommen rechtfertigt, daß die
Formel (2) die Leistung durchaus zu klein angibt.
Jedenfalls aber ist darnach die größte erfahrungsmäßige Leistung 73 Proc. der
Wasserkraft, nicht ⅔ oder 67 Proc.; die nach Formel(2) berechnete größte
Leistung ist demnach nur 67/73 oder 0,92 von der erfahrungsmäßigen.
Textabbildung Bd. 121, S. 256
Um aber zu zeigen, daß man auf dem Wege des Hrn. W. leicht zu passendern Ergebnissen
kommen kann, will ich die Behauptung aufstellen, daß die Leistung eines einfachen
Reactionsrades durch die Formel
Textabbildung Bd. 121, S. 256
ausgedrückt werde. Berechnet man nach dieser Formel die Werthe
von η1 und aus den Differenzen mit η
die Größe des Luftwiderstandes, so ergibt sich folgende Tabelle, in welcher die Werthe der
erfahrungsmäßigen Leistung mit Einrechnung des Luftwiderstandes bei weitem besser
mit den aus der Formel gezogenen übereinstimmen, als es in der vorhergehenden
Tabelle der Fall ist, und worin nun als größte relative Leistung ¾ oder 75
Proc. hervorgehen.
Nr. des Versuchs
Angeblicher erfahrungsmäßiger Wirkungsgrad ohne den
Luftwiderstand.η
Theoretischer Wirkungsgrad nach Formel
(7).η1
Differenz der Wirkungsgrade.η1 - η
Relative Arbeit des Luftwiderstandes.η2=0,00527v3/L
Wahre relative Leistung mit dem
Luftwiderstand.η1 +
η2
Differenz zwischen der theoretischen u. Der wahren
erfahrungsmäßigen relativen Leistung.η1 - (η + η2)
I
0,109
0,108
- 0,001
0,000
0,109
- 0,001
II
0,333
0,336
+ 0,003
0.001
0 334
+ 0,002
III
0,540
0,545
+ 0,005
0,008
0,548
- 0,003
IV
0,668
0,697
+ 0,029
0,035
0,703
- 0,006
V
0,661
0,749
+ 0,088
0,095
0,756
- 0,007
VI
0,612
0,744
+ 0,132
0,135
0,747
- 0,003
VII
0,539
0,728
+ 0,189
0,177
0,716
+ 0,012
VIII
0,452
0,701
+ 0,249
0,225
0,677
+ 0,024
IX
0,356
0,656
+ 0,300
0,294
0,650
+ 0,006
X
0,250
0,620
+ 0.370
0,343
0,593
+ 0,027
XI
0,100
0,538
+ 0,438
0,448
0,548
- 0,010
Wenn nun Hr. W. schon darin einen großen Fehler begeht, daß er die Arbeit für die
Ueberwindung des Luftwiderstandes gar nicht als Leistung betrachtet, während er doch
die Reibung als Leistung berechnet, und auch die aus der Formel gezogenen Werthe,
mit welchen er die der Erfahrung entnommenen vergleicht, offenbar die ganze Brutto-Leistung
ausdrücken, so müssen die Folgerungen, welche derselbe in Bezug auf die
Geschwindigkeit des Rades aus seinen Versuchen zieht, ganz oberflächlich genannt werden. Unter der Maximalgeschwindigkeit versteht
derselbe die Geschwindigkeit, welche das Rad annimmt, wenn es leer geht, d. h. ohne Nutzlast zu heben; in solcher Weise betrachtet, geht
das Rad aber auch leer, wenn man die Zapfen desselben einklemmt oder Windflügel
daran anbringt, wie dieß nahezu bei der zweiten Versuchsreihe mit den innern
Ausflußmündungen der Fall war, wo die über die Ausflußmündungen vorstehenden
Röhrentheile wie Windflügel wirkten, und deßhalb die größte Geschwindigkeit nicht
einmal die der Druckhöhe h entsprechende erreichte. Nach
der Theorie ist die größte Geschwindigkeit diejenige, welche das Rad annehmen würde,
wenn es keinen Widerstand zu besiegen hätte, bei welcher also alle Arbeitskraft des Wassers auf die
Bewegung des Wassers selbst verwendet würde und die Leistung Null wäre; diese
Geschwindigkeit müßte aber, wie oben gezeigt wurde, etwa dreimal so groß seyn, als
die der Druckhöhe h entsprechende. Die wirkliche größte
Geschwindigkeit, welche das Rad annehmen kann, ist eine Größe, welche von der äußern
Einrichtung des Rades und dessen Widerständen abhängtHr. W. würde offenbar eine ganz andere Leistung und eine andere größte
Geschwindigkeit erhalten haben, wenn er für die erste Versuchsreihe seinem
Rade die in Fig. 4 dargestellte Einrichtung
gegeben hätte. mit welcher also die Theorie, insofern sie sich
bloß mit der Wirkung des Wassers befaßt, gar nichts zu schaffen hat, mit welcher
deßhalb auch die vortheilhafteste Geschwindigkeit, bei welcher nämlich die Brutto-Leistung die
größte ist, und mit dieser nur haben wir es gemäß der
Formel für die Leistung zu thun, gar nicht verglichen werden kann. Diese
vortheilhafteste Geschwindigkeit hat auch Hr. W. auf S. 7 aus seiner Formel
berechnet und dafür, wie schon oben bemerkt ist, den Werth
Textabbildung Bd. 121, S. 258
gefunden; ich vermag aber in seiner Schrift nirgends eine
theoretische Beziehung derselben zu der Geschwindigkeit des leergehenden Rades zu entdecken. Für den von ihm in der ersten
Versuchsreihe bestimmten Werth von μ = 0,9423 wird jene vortheilhafteste
Geschwindigkeit sehr nahe gleich Textabbildung Bd. 121, S. 258, was mit diesen Versuchen ganz gut übereinstimmt, wenn man den
Luftwiderstand der angeblichen erfahrungsmäßigen relativen Leistung des Rades
hinzufügt; für die zweite Versuchsweise gibt aber Hr. W. den Coefficienten μ
= 0,9541 an, und es müßte also die vortheilhafteste Geschwindigkeit v = 1,081 Textabbildung Bd. 121, S. 258 werden, während sich aus den Versuchen (S. 21) ergibt, daß hier, wo das
Rad seine größte Leistung gerade bei der größten Geschwindigkeit hatte, diese, wie schon bemerkt,
nicht einmal die Geschwindigkeit Textabbildung Bd. 121, S. 258 erreichte.
Textabbildung Bd. 121, S. 258
Wenn demnach Hr. W. Seite 24 und 25 behauptet, nach der Theorie müsse die
Geschwindigkeit des leergehenden Rades doppelt so groß seyn, als die
Gefällgeschwindigkeit, so ist dieß eine leere Behauptung, und selbst die von ihm
angenommene Bestätigung dieses Satzes
durch die Erfahrung wird durch seine eigenen Versuche (S. 21)
widerlegt.
Nach diesen Erörterungen wird es denn einleuchten, daß die von Hrn. W. behauptete vollkommene Uebereinstimmung der Erfahrung mit seiner Formel für die Leistung eines Reactionsrades mit geraden
Röhren — von einer Theorie dieser Räder kann man
gar nicht reden — aus seinen Versuchen nicht
hervorgeht, da vielmehr gerade durch sie die Mangelhaftigkeit dieser Formel
augenfällig gemacht wurde.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)