Titel: | Ueber die Eigenschaften und Darstellung des Natron-Alauns; von I. G. Gentele, Fabrikant in Stockholm. |
Autor: | Johan G. Gentele [GND] |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. LXX., S. 296 |
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LXX.
Ueber die Eigenschaften und Darstellung des
Natron-Alauns; von I. G.
Gentele, Fabrikant in Stockholm.
Gentele, über die Eigenschaften und Darstellung des
Natron-Alauns.
Im Jahre 1846 besuchte ich während der Sommermonate eines der schwedischen
Alaunwerke, über welche ich mir nähere Mittheilungen vorbehalte. Um die von der
Alaunfabrication bleibende Mutterlauge in der Folge zu verwerthen, wurde ein Theil
davon sehr stark concentrirt und in großen Gefäßen erkalten gelassen, wobei sich
eine Menge einfach-gewässerter Eisenvitriol abschied und zu Boden setzte.
Ueber diesem Bodensatz krystallisirte Bittersalz und ein Alaun in Krystallen von
einigen Zollen Durchmesser, in Reihen aufeinandergehäuft, der ganz das Aussehen des
Kalialauns hatte, aber bei der Untersuchung sich als Natronalaun erwies. An ihm
saßen hie und da kleine Eisenvitriolkrystalle; er enthielt auch ein wenig
Bittersalz.
Dieser Alaun, welcher in großen Quantitäten erhalten wurde, diente mir zur nähern
Untersuchung seiner Eigenschaften, insoweit dieselben seine Darstellung oder
Anwendung betreffen.
Zuvörderst versuchte ich diesen Alaun umzukrystallisiren. Ich bemerkte dabei, daß
wenn man ihn in kochendes Wasser wirft, er trübe wird und sich langsamer löst, als
wenn man ihn mit dem Wasser erwärmt. Löst man Natronalaun in Wasser auf, bis die
Lösung auf einer Glasplatte Neigung zur Krystallisation durch Trübung zeigt, so
gesteht nach dem Erkalten die ganze Masse zu einem weißen dicken Brei. Löst man
weniger Alaun in Wasser auf, so zeigt sich keine Krystallisation.
Dieser weiße Brei ist nicht deutlich krystallisch und zeigt ganz merkwürdige
Eigenschaften. Nachdem ich mehrere Auflösungen von Natronalaun mit verschiedenen
Verhältnissen Wasser nicht zum Krystallisiren, sondern nur zu einem solchen
Erstarren bringen konnte, wollte ich untersuchen, ob nicht eine Zersetzung vor sich
gegangen sey, und brachte, um das Flüssige von dem Festen zu trennen, die Masse auf
ein Papierfilter. Ich besah sie erst am Morgen des andern Tages wieder, wo ich
bemerkte, daß sie sich auf dem Trichter vollständig in ziemlich große regelmäßige
Krystalle verwandelt hatte; auch aus der durchgelaufenen Flüssigkeit waren
prachtvolle Octaeder von Natronalaun auskrystallisirt.
Später bemerkte ich, daß ein Tropfen einer so erstarrten Lösung auf einer Glasplatte
im Verlauf einiger Stunden, aber zwischen Löschpapier gepreßt, schon in einigen
Minuten in octaedrische Krystalle übergeht. Bleibt jedoch eine erstarrte Alaunlösung
ganz ruhig stehen, so dauert es Wochen, bis sie in Octaeder verwandelt ist, welche
allmählich aus dem Brei hervorwachsen und sich vergrößern.
Eine Lösung des Natron-Alauns in weniger Wasser, als die erwähnte welche beim
Erkalten sich trübt oder erstarrt, setzt bei allmählichem Verdunsten des Wassers, z.
B. auf einem Stubenofen, ohne vorausgegangene Trübung nur octaedrischen Alaun in
regelmäßigen Krystallen ab; letztere werden aber nie groß, weil sie sich immer nur
an der Oberfläche des Glases erzeugen, dann bei gewisser Größe niedersinken und die
Flüssigkeit aufrühren.
Dieses Verhalten des Natronalauns bezüglich der Krystallisation schien mir so große
Schwierigkeiten für seine fabrikmäßige Darstellung darzubieten, daß ich mein
Augenmerk vorerst auf die Möglichkeit richtete, denselben mit Kalialaun
zusammenzukrystallisiren. Derartige Versuche ergaben aber, daß dieses durchaus nicht
angeht. Bei jeder gemischten Lösung beider Alaune krystallisirt der Kalialaun ganz
rein aus der Lösung, den Natronalaun zurücklassend. Concentrirt man aber die
Flüssigkeit zu sehr, so erstarrt das Ganze zu einer trüben, später durchsichtig
werdenden Masse, welche nicht verkäuflich wäre.
Ueberdieß verwittert der Natronalaun doch nicht in dem Grade wie das Glaubersalz;
Krystalle welche ich seit drei Jahren in einer Kiste aufbewahrte, sind theils bloß
oberflächlich, theils gar nicht verwittert. Nur an ganz trockener Luft oder bei
Luftwechsel verwittern die Krystalle schnell.
Ich hatte später Gelegenheit mich in einer chemischen Fabrik einige Wochen
aufzuhalten, in welcher künstlicher Kalialaun aus schwefelsaurer Thonerde
dargestellt wird, und wo beständig Mangel an Kalisalzen zu diesem Behufe war; ich
erzählte von meinen Erfahrungen über Natronalaun, und man beschloß ihn herzustellen.
Seine Darstellung mit schwefelsaurer Thonerde und Glaubersalz ist eben so leicht wie
die Bereitung des Kalialauns. Löst man in einer concentrirten Lauge von
schwefelsaurer Thonerde krystallisirtes Glaubersalz auf, so erstarrt das Ganze wie
oben bemerkt wurde; aber es bilden sich schnell Krystalle von regelmäßiger Form und
ziemlicher Größe, aus losen kleineren Octaedern bestehend, wenn man Glaubersalz im
Ueberschuß angewendet hat; im entgegengesetzten Falle erfordert die Umwandlung lange
Zeit.
In technischer Beziehung bietet die Darstellung des Natronalauns, Wie man sieht,
keine Schwierigkeiten dar, außer derjenigen, daß sich das Eisen aus ihm nicht durch
Umkrystallisiren entfernen läßt; man muß also eisenfreie schwefelsaure Thonerde und
eisenfreies Glaubersalz anwenden. Da der Natronalaun wegen des wohlfeilen
Glaubersalzes billig zu bereiten ist, so dürfte in Zukunft die eine oder andere
Fabrik sich veranlaßt finden, ihn herzustellen und in verwittertem Zustande in den
Handel zu bringen, in welchem er eine constante
Zusammensetzung hat. In Krystallform wird dieser Alaun darum nicht leicht Eingang
finden, weil sein theilweises Verwittern den Consument nöthigen würde, stets eine
Vorprobe auf den restirenden Wassergehalt zu machen.
Der Natronalaun würde für die technische Anwendung manchen Vorzug gegen den Kalialaun
darbieten. Sein Aequivalent ist etwas geringer; ferner ist derselbe in kaltem Wasser
so löslich, daß die Darstellung der concentrirtesten Lösungen kein Brennmaterial und
keine Kesselvorrichtung erheischtNach Zellner lösen sich die Krystalle in 2,14Thln.
Wasser von 10½°R.; sie lösen sich in ihrem gleichen Gewicht
kochenden Wassers.; auch läßt sich ihm ziemlich viel Kali oder
Natron in warmer Lösung zusetzen, ohne daß ein bleibender Niederschlag entsteht.
— Eine concentrirte Lösung von Natronalaun ist ein eben so gutes Reagens auf
Kalisalze wie schwefelsaure Thonerde, weil sie mit denselben Kalialaun erzeugt, der
sogleich in deutlichen Krystallen anschießt.
Als ich zufällig Natronalaun mit einer Lösung von salpetersaurem Natron und
überschüssiger Salpetersäure zusammenbrachte, bemerkte ich, daß aus dieser Lösung
der Natronalaun nach und nach in Krystallen anschießt, deren Größe zur
Flüssigkeitsmenge erstaunlich ist. Aus einer Lösung in zwei Unzen Wasser erhielt ich
ganze Octaeder von wenigstens einem Zoll Durchmesser; es entstanden keine kleinen
Krystalle und es bildete sich keine Haut.