Titel: | Weiteres über Saccharimetrie, und über den Einfluß des Asparagins im Runkelrübenzucker auf die optische Probe; von Dubrunfaut. |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. LXXIII., S. 305 |
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LXXIII.
Weiteres über Saccharimetrie, und über den
Einfluß des Asparagins im Runkelrübenzucker auf die optische Probe; von Dubrunfaut.
Aus den Comptes rendus, Juni 1851, Nr.
23.
Dubrunfaut, über Saccharimetrie.
Die Controle der optischen Saccharimetrie mittelst der geistigen Gährung hatte mir
ergeben, daß die Umsetzung des krystallisirbaren Zuckers, auf den Runkelrübensaft
angewandt, jedesmal ungenaue Resultate liefert, wenn dieser Saft einen
Umsetzungscoefficienten darbietet, welcher von dem Coefficient des reinen Zuckers
beträchtlich abweicht. Auf diese Thatsache und einige andere, welche ich später
mitzutheilen Gelegenheit haben werde, gründete sich mein Urtheil über die Umsetzung
in der früheren Abhandlung.
Bei einigen Arbeiten mit Runkelrüben fand ich die fragliche Anomalie wieder in
hinlänglich hohem Grade, um sie studiren zu können; doch bieten sie bei weitem nicht
das Maximum der Anomalie dar, welches man in Clerget's
Ziffern antrifft; denn der durch Gährung ermittelte wahre Gehalt an krystallisirtem
Zucker weicht bei ihnen von dem durch Umsetzung mittelst der optischen Probe
erhaltenen nur um 5 Proc. ab.
Ich theile hier von diesen noch im Gang befindlichen Arbeiten nur die Hauptresultate
mit, zu welchen ich bis jetzt gelangt bin.
Die Runkelrüben enthalten, wie schon Rossignon angab,
wandelbare Mengen von Asparagin, dessen unbekannte Erzeugungsweise sonder Zweifel
von dem Wachsthum im Boden oder außerhalb des Bodens, vielleicht auch von der
Aufbewahrungsweise der Rüben abhängt.
Das reine Asparagin besitzt ein bedeutendes Drehungsvermögen, obgleich Hr. Pasteur bemerkt, daß er es bei der Temperatur von
25° C. nicht messen konnte. Es gaben nämlich 28 Gramme krystallisirten
Asparagins, in reinem Wasser zum Volum eines Liter aufgelöst, für ½
Millimeter Länge eine 5/1000 Millimeter Bergkrystall gleiche Drehung.
Mit Alkalien vermischt, schien mir diese Auflösung keine Veränderung in ihrer Drehung
zu erleiden.
Unter dem Einfluß von Säuren geht ihre Drehung zur Rechten, wie es Pasteur beobachtete, und sie wird alsdann gleich
17½ Tausendstel Millimeter Bergkrystall. Diese Zahlen, welche ich nur ein einzigesmal beobachtete
und mit Substanzen, deren völliger Reinheit ich nicht versichert war, bedürfen noch
der Bestätigung; allenfallsige Abweichungen werden aber auf die daraus zu ziehenden
Schlüsse wenig Einfluß haben.
Das Asparagin erleidet unter dem Einfluß der Säuren die oben erwähnte Umkehrung im
Augenblick der Vermischung, und es genügt 1 Aequivalent Säure, um sie vollständig
hervorzubringen.
Bruchtheile des Säure-Aequivalents schienen den zugesetzten
Säure-Mengen proportionale Drehungen der Polarisations-Ebene zu
bewirken.
Beim Erhitzen des Gemisches auf 100° C. wird die Wirkung keine andere und das
Asparagin scheint gar nicht verändert zu seyn, denn die mit einer Basis gesättigte
Lösung liefert das Asparagin wieder mit seinen charakteristischen Eigenschaften.
Die in der Drehung des Asparagins durch Säuren hervorgebrachte Veränderung ist
sicherlich das Resultat einer chemischen Verbindung in bestimmten Verhältnissen,
worin das Asparagin, welches gleichwohl Lackmus röthet, die Rolle einer Basis
spielt. Ich glaube eine derartige Verbindung mit Schwefelsäure krystallisirt
erhalten zu haben.
Nach einigen Beobachtungen muß ich glauben, daß der Asparagingehalt der Runkelrüben
auf 2–3 Proc. steigen kann.
Die Drehung dieser Substanz zur Linken und ihre Umkehrung zur Rechten unter dem
Einfluß von Säuren, Erscheinungen, welche unter den gleichen Umständen gerade die
umgekehrten von jenen des krystallisirbaren Zuckers sind, müssen bei der optischen
Zuckerprobe in den Fällen wo Asparagin zugegen ist, berücksichtigt werden, um
bedeutende Fehler zu vermeiden.Das Asparagin ist in dem Pflanzen-Organismus ohne Zweifel häufig
verbreitet; so fand ich es in neuester Zeit in den Knollen der Dahlien und
Topinambours (der knolligen Sonnenblume), ferner in der Quecke, worin es mit
Inulin vorkommt.
Das Vorkommen des Asparagins im Runkelrübensaft ist auch bei der Zuckerfabrication zu
berücksichtigen, denn die Ammoniak-Erzeugung hängt wohl mit der Gegenwart des
Asparagins zusammen, welches sich unter den gegebenen Umständen in Asparaginsäure
und Ammoniak verwandeln kann.
Ich habe noch auf das Interesse aufmerksam zu machen, welches sich an die
Beantwortung der Frage knüpft, ob die Runkelrüben wirklich Aepfelsäure enthalten, wie Payen und Braconnot behaupten,
denn diese Säure, welche ein merkliches Drehungsvermögen besitzt, könnte bei der
optischen Probe eine Rolle spielen.