Titel: | Ueber die Zusammensetzung und Darstellung einiger Kupferfarben; von I. G. Gentele, Fabrikant in Stockholm. |
Autor: | Johan G. Gentele [GND] |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. LXXXVI., S. 363 |
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LXXXVI.
Ueber die Zusammensetzung und Darstellung einiger
Kupferfarben; von I. G.
Gentele, Fabrikant in Stockholm.
Gentele, über die Zusammensetzung einiger Kupferfarben.
Die blauen im Handel vorkommenden Farben, welche hauptsächlich Kupferoxyd enthalten,
sind Bergblau, Bremerblau, und zwei Arten von Kalkblau.
Meines Wissens sind über letztere keine genauen Untersuchungen veröffentlicht
worden. Die Umstände, unter welchen sie entstehen, schienen mir aber so
eigenthümlich, daß ich vermuthete, die erzeugten Farben seyen genau zu
unterscheidende Verbindungen.
Die eine Art von Kalkblau erhält man durch Fällen von
schwefelsaurem Kupferoxyd (Kupfervitriol) mit einer sehr dünnen im Ueberschuß
zugesetzten Kalkmilch (in der Kälte) und Auswaschen des Niederschlags, worauf
derselbe sich trocknen läßt, ohne sich zu schwärzen. — Die andere mehr dem
Bergblau ähnliche Art von Kalkblau aber erhält man durch Fällen einer kalten Lösung
von 100 Theilen schwefelsaurem Kupferoxyd und 12½ Theilen Salmiak,
vermittelst einer aus 30 Theilen gebranntem Kalk bestehenden Kalkmilch, ebenfalls
kalt angewendet, wobei die Flüssigkeit blau gefärbt bleibt und sich erst nach
einigen Tagen entfärbt, worauf die Farbe fertig ist. Um diese Farbe recht schön zu
erhalten, mahlt man den Kalk nach dem Löschen noch fein, läßt die Milch einige
Wochen stehen, und wendet sie dann erst an.
Da letztere Farbe ohne Anwendung von Salmiak nie erhalten
wird, so vermuthete ich, daß das Ammoniak zu ihrer Bildung nothwendig ist. Ich
stellte mir daher eine Lösung von schwefelsaurem Kupferoxyd-Ammoniak mit
überschüssigem Ammoniak dar, indem ich eine Kupfervitriollösung so lange mit
Ammoniak versetzte, bis der entstandene Niederschlag sich wieder gelöst hatte und
die Flüssigkeit stark nach Ammoniak roch. (Dieselbe wurde filtrirt, um etwas
Eisenoxydhydrat, die gewöhnliche Verunreinigung des Kupfervitriols,
abzusondern.)
Als ich von dieser Lösung in Kalkwasser tröpfelte, entstand sogleich ein blauer
Niederschlag, und die Flüssigkeit wurde nicht eher bläulich, als bis aller Kalk
gebunden war. Von dem Niederschlag welcher entsteht, ehe diese blaue Färbung der
Flüssigkeit eintritt, wurde eine Partie ausgewaschen, getrocknet, und mit A bezeichnet zur Analyse aufbewahrt.
Tröpfelt man umgekehrt Kalkwasser oder Kalkmilch in die erwähnte Lösung, so entsteht
ebenfalls sogleich ein blauer Niederschlag, der sich aber beim Umrühren vollständig
wieder auflöst, was länger andauert, wenn die Lösung lauwarm war. Wenn endlich der
Niederschlag bleibend wird, und man filtrirt, so setzt die Flüssigkeit nach dem
Filtriren binnen einigen Tagen Ruhe prachtvolle blaue, mehrere Zoll lange, aber
haardünne Krystalle ab, welche beim Bewegen der Flüssigkeit in kleine Spieße
zerfallen. Sie sind identisch mit dem Niederschlage, wovon die Flüssigkeit
abfiltrirt wurde. Diese Krystalle wurden mit B
bezeichnet zur Analyse aufbewahrt. Setzt man jedoch zu derselben Flüssigkeit
hinlänglich Kalkwasser oder Kalkmilch, so wird auch bann die Flüssigkeit, selbst bei
sehr großem Ammoniak-Ueberschuß, entfärbt.
Die Verbindung A konnte nicht rein erhalten werden; es
bleibt ihr, da man den Kalk vorherrschend lassen muß, stets kohlensaurer Kalk
eingemengt, welcher beim Aussüßen und Trocknen entsteht. Sie hat ganz die Farbe von
Kupferoxydhydrat (Bremerblau), ist eher etwas grünlicher, flockig, nicht
krystallinisch. Beim Erhitzen verhält sie sich wie Kupferoxydhydrat, doch hält sie
eine größere Hitze aus, bevor sie braun wird.
Die Analyse ergab:
Wasser
18,76
Schwefelsäure
11,20
Kupferoxyd
46,85
Kalk
16,19
Verlust
7,00
Der Verlust besteht in Kohlensäure, welche mit Aufbrausen entweicht. Die nicht von
der Schwefelsäure gebundene Kalkmenge erfordert 6,5 Kohlensäure, wornach man
hätte:
11,20
Schwefelsäure
7,84
Kalk,
8,35
Kalk,
6,50
Kohlensäure,
46,85
Kupferoxyd,
18,76
Wasser.
Betrachtet man den kohlensauren Kalk als Einmengung, so ergibt sich die Formel
CaO, SO3 + 2HO +
4(CuO, HO)
worin jedes Atom Kupferoxyd nur mit 1 Atom Wasser verbunden
ist, während in der nachstehenden Verbindung dasselbe mit 2 Atomen Wasser
vorkommt.
Der Niederschlag, von welchem hier die Rede ist, wird sonderbarerweise nach dem
Auswaschen mit Wasser in Ammoniak löslich, während er es vorher nicht ist, wie seine
Entstehung zeigt. Es ist daher zu vermuthen, daß der Niederschlag vor dem Trocknen
und Auswaschen den Kalk gebunden hält, derselbe aber beim Trocknen durch die
Kohlensäure aus der Verbindung tritt und das Kupferoxydhydrat dann frei wird. Auch
geht beim Auswaschen schwefelsaurer Kalk weg, so daß über die eigentliche
Zusammensetzung des Niederschlags nichts sicheres zu ermitteln ist.
Die Verbindung B kann in Krystallen oder als
krystallinischer Niederschlag leicht rein erhalten werden. Unrein ist sie im
gewöhnlichen Kalkblau enthalten. Sie ist luftbeständig und feurig blau; gröbere
Krystalle haben die Farbe des Bergblau oder eine wenig hellere. Beim Erhitzen
bleiben die Krystalle ganz, nehmen eine braune Farbe an, und glänzen wie tief
braunes Glas. Sie lösen sich nicht in Wasser, wohl aber in schwefelsaurem
Ammoniak.
Die Analyse gab:
Kalk
16,19
—
Kupferoxyd
33,56
33,44
Schwefelsäure
23,83
—
Wasser
26,01
27,00
Die Formel 5 (CaO, SO3 + 2HO) + 7 (CuO, 2HO) erfordert: Kalk
16,74, Kupferoxyd 33,49, Schwefelsäure 23,98, Wasser 25,84, und in dieser Verbindung
ist das Kupferoxydhydrat = CuO, 2HO.
Bei der Digestion von schwefelsaurem Kalk mit schwefelsaurem
Kupferoxyd-Ammoniak mit überschüssigem Ammoniak entsteht diese Verbindung
nicht.
Aus dem Verhalten des Aetzkalks zu schwefelsaurem Kupferoxyd-Ammoniak, und aus
dem Unterschiede beider Niederschläge kann man die Regel ableiten wie diese Farbe
bereitet werden soll, und unter welchen Umständen sie mißlingen oder schlechter
werden muß. Die Verbindung B entsteht nämlich nicht,
wenn man soviel Kalk zufetzt, daß durch ihn alle Schwefelsäure des schwefelsauren
Kupferoxyds gefällt wird. Von 7 Atomen schwefelsaurem Kupferoxyd in der Lösung
dürfen nur 5 Atome durch Kalkhydrat gefällt werden; 2 Atome werden durch Ammoniak
zersetzt. Wendet man mehr Kalk an, so entsteht ein Theil des weniger ansehnlichen
Niederschlags A, welcher eingemengt, die Farbe
verschlechtert. Ein geringeres Quantum von Kalk verschlechtert die Farbe nicht, sondern macht
sie schöner und krystallinischer, weil sie aus dem Ueberschuß der Lösung theilweise
krystallisirt. Man kann also durch unvollständige Zersetzung der Kupferverbindung
und Verlust von Farbe, letztere schöner erhalten.
Berechnet man die quantitativen Verhältnisse, wie sie zur Bildung der Farbe
nothwendig sind, nämlich
7 Aequiv. Kupfervitriol,
2 Aeq. Ammoniak,
5 Aeq. Kalk,
und nimmt statt der 2 Aeq. Ammoniak, 2 Aequiv. Salmiak mit 2
Aeq. Kalk, so ergeben sich:
100
Theile
schwefelsaures Kupferoxyd,
24
—
Kalk und
12½
—
Salmiak.
Diese Vorschrift muß also die reinste Farbe liefern.
Die besprochene Farbe B kann als eine bestimmte
Verbindung, nämlich als schwefelsaurer Kupferoxyd-Kalk betrachtet werben. Die
Verbindung A aber möchte als ein Gemenge von
schwefelsaurem Kalk und Kupferoxyd-Kalk, CaO, SO3 + 2HO mit (CuO, HO) + (CaO, HO) anzusehen seyn.
Auf gleiche Weise wurde das Verhalten einer Lösung von schwefelsaurem
Kupferoxyd-Ammoniak mit überschüssigem Ammoniak gegen ätzendes Kali und Natron untersucht. Es
zeigte sich, daß sowohl Kali als Natron in dieser Lösung einen schönen blauen
Niederschlag hervorbringt, aber die Flüssigkeit wird nicht entfärbt, oder nur in dem
Maaße als das Ammoniak verdunstet; durch Aussüßen wird dieser Niederschlag immer
heller, bis er endlich die Farbe des Bremerblau hat; er besteht nun hauptsächlich
aus Kupferoxydhydrat, enthält aber ein wenig Kohlensäure.
Auffallend ist, daß hierbei der Niederschlag, selbst wenn ein großer Ueberschuß von
Kali oder Natron angewandt wurde, und sogar bei ziemlichem Erwärmen, nicht gebräunt
wird, was bei dem geringsten Ueberschuß von Kali oder Natron eintritt, wenn man
damit schwefelsaures Kupferoxyd fällt.
Die Gegenwart des Ammoniaks macht das Kupferoxydhydrat viel beständiger. Dieser
Umstand gestattet eine nützliche Anwendung bei der Darstellung des Bremerblau; benutzt man nämlich zum Bläuen des
Niederschlags, welchen man auf irgend eine Weise durch Fällung eines Kupfersalzes
mit nicht ganz ätzendem Alkali erhalten hat, eine mit Ammoniak oder Salmiak
versetzte Aetzkalilauge, so ist diese Arbeit bei weitem sicherer, indem die sonst so
leicht eintretende Schwärzung, wodurch das Blau verdorben wird, durchaus nicht
eintritt, selbst wenn zu concentrirte und zu viel Kalilauge angewendet wird.